Liebe TAnja,
Danke für das Zitat
(05.11.2011, 15:03)Mike-Tanja schrieb: [ -> ]§ 90 Abs 3 StGB (nicht-einwilligungsfähiges Verbot der das sexuelle Empfinden beeinträchtigenden Genitalverstümmelung, "Lex Anti-Clitoris-Beschneidung") wurde diesbezüglich, so weit ich einen Überblick habe, noch nie ausjudiziert.
Ich hätte es auf die Schnelle nicht geschafft den Paragraph zu nennen.
Genitalverstümmelung und Kastration sind juristisch doch etwas anderes als ein Brustaufbau. Ich denke, dass alle GaOPs unter diesen §90 Abs 3 fallen. Ausjudifiziert würde es sicher wenn sich die erste Reuepatientin ein Taschengeld verdienen möchte. Wenn die medizinische Indikation wegfällt - so denke ich - wird's GaOPs nur mehr in Hinterhöfen geben. Das Risiko es offen zu machen wäre für seriöse Ärzte zu hoch.
Immer mit der Ruhe, liebe Freundinnen!
Wäre § 90 Abs 3 StGB auf gaOPs anzuwenden - was man dem Wortlaut nach durchaus sagen könnte -, würde sich jeder in Frage kommende Arzt seit zehn Jahren weigern, solche Eingriffe durchzuführen, weil er sonst schon sitzen würde (so etwas passiert ja nicht heimlich). In einen solchen Eingriff kann man nämlich nicht rechtswirksam einwilligen, da kann man unterschreiben, was und wieviel man will. Und die Krankenkasse dürfte selbstverständlich nix davon bezahlen.
Es ist daher aus meiner Sicht klar, dass diese Bestimmung (in Übereinstimmung mit dem Wortlaut, der im Strafrecht ja nur die äußerste Grenze der Anwendbarkeit einer Rechtsvorschrift bildet) teleologisch reduziert so gelesen werden muss und gelesen wird, dass nur Eingriffe zustimmungsfeindlich-verboten sind, die genau den Zweck verfolgen, das sexuelle Empfinden nachhaltig zu beeinträchtigen. Und gemeint ist eben insbesondere die Klitorisbeschneidung.
(05.11.2011, 17:40)Angelika schrieb: [ -> ] (05.11.2011, 16:29)Eva schrieb: [ -> ]Ich hätte es auf die Schnelle nicht geschafft den Paragraph zu nennen.
Genitalverstümmelung und Kastration sind juristisch doch etwas anderes als ein Brustaufbau. Ich denke, dass alle GaOPs unter diesen §90 Abs 3 fallen. Ausjudifiziert würde es sicher wenn sich die erste Reuepatientin ein Taschengeld verdienen möchte. Wenn die medizinische Indikation wegfällt - so denke ich - wird's GaOPs nur mehr in Hinterhöfen geben. Das Risiko es offen zu machen wäre für seriöse Ärzte zu hoch.
Liebe Eva!
Bedeutet das jetzt, dass sich TransX in Zukunft dafür einsetzen wird, dass es keine GA-OP´s mehr gibt? Oder wird TransX gemeinsam mit uns dafür kämpfen, dass die gute Qualität der Behandlungen in Österreich erhalten und noch verbessert wird?
Es ist für mich eine Horrorvorstellung, dass die Betroffenen wieder gezwungen sein könnten das volle Risiko von Pfuschoperationen auf irgendwelchen Küchentischen, verbunden mit der zu erwartenden minderen Qualität in Kauf zu nehmen, so sie finanziell nicht in der Lage sind sich eine GA-OP in Thailand zu leisten.
Nein, das darf nicht passieren. Hier sind wir alle gemeinsam aufgerufen dafür Sorge zu tragen, dass dieses Szenario nicht eintritt.
Ich verspreche, dass sowohl Trans-Austria, als auch die SoHo alles in ihrer Macht stehende tun werden, damit es nicht dazu kommt.
Immer diese JuristInnen, ich hab die Nase voll von Pragraphen!
Die Problematik der "Körperverletzung" durch genitalanpassende Operationen ist nicht so weit hergeholt. Es war zu entscheiden, unter welchen Umständen genitalanpassende Operationen als Heilbehandlung zu werten sind.
Als das StGB im Jahr 2001 novelliert wurde, waren die genitalanpassenden Operationen im Rahmen der Diskussion um den Paragraphen 90 ein wichiges Thema. Ich hänge hier zwei ganz interessante Dokumente als .pdf an. (Die Regierungsvorlage und eine Stellungnahme des Gesundheitsministeriums.)
Im Kommentar der Regierungsvorlage wird auf die "Behandlungsrichtlinien" verwiesen und klargestellt, dass genitalanpassende Operationen unter diesen Umständen als Heilbehandlung anzusehen sind:
S.13:
"Die Transsexualität, psychische Intersexualität, stellt eine Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 dar, deren Behandlung die Vornahme einer operativen Geschlechtsumwandlung einschließt; für den Behandlungsprozess von Transsexuellen wurden im Jahr 1997 vom (damaligen) BMASG Empfehlungen herausgegeben, die ua. Voraussetzungen für eine solche Operation festlegen. 7 ) In diesem Fall ist die Geschlechtsumwandlung als Heilbehandlung anzusehen, die schon die Tatbestandsmäßigkeit der im Zuge der Operation zugefügten Verletzungen und Verstümmelungen ausschließt. Die Strafbarkeit der bei einer solchen Operation gesetzten Verletzungshandlungen ist daher schon aus diesem Grunde nicht gegeben, weshalb eine ausdrückliche Ausnahmeregelung im § 90 Abs. 3 StGB betreffend operative Geschlechts-
umwandlungen für diese Fälle keine Bedeutung erlangen würde."
Wir wissen, dass die "Behandlungsrichtlinien" ganz wesentlich darauf zurückgehen, dass sich die Ärzte, die genitalanpassende Operationen (und sonstige irreversible medizinische Behandlungen) durchführen, gegenüber von Vorwürfen der Körperverletzung absichern wollten.
Es gab - soweit ich mich erinnere in den USA und in Australien - sehr wohl Fälle von Transsexuellen, die nach genitalanpassenden Operationen die Chirurgen auf Körperverletzung geklagt haben.