TransGender.at Forum

Normale Version: Vorstellung, die 2te
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Hallo Ihr Lieben,

Seitdem ich mich im April schon kurz vorgestellt habe, habe ich bemerkt was ich als Forum-Neuling nicht richtig gemacht habe. Ich habe mir auch einige Eurer Vorstellungsnachrichten angesehen.

Mein Name ist Rebecca, ich werde demnächst 52 Jahre alt bin verheiratet und habe 2 Teenager. Bis zu meinem Outing bei meiner Frau im Dezember 2020 war es eine sehr glückliche Ehe bis auf den Umstand, dass ich mein Transsein immer irgendwo in einer Box versteckt hielt. 2019 geriet ich dann in ein tiefes Loch und ich beschloss, dass ich endlich etwas tun musste. Anfang 2020 trat ich einer TG Selbsthilfegruppe in Luxemburg bei und startete meine Suche nach Hilfe - Psychiater, Psychologe, usw. Dann kam Covid und alles dauerte etwas bis die Therapien in Schwung kamen. Ich wusste was mein Problem war.

Ich wuchs in Tirol auf, landete in den 1990igern in Wien, dann in Schottland, gefolgt von England und bin nun seit 12 Jahren in Luxemburg. Als Kind gab es viele Anzeichen, dass ich nicht ganz wie andere war aber ich verstand nicht was los war und habe auch mit niemanden darüber gesprochen. In Wien lebte ich in Margareten und kam über amerikanische Zeitschriften aus einem Shop an der Wienzeile an das Thema Transexualität heran. Es hat mich sofort fasziniert, aber das konnte doch nicht ich sein, oder? Ich hatte mir dann auch ein Buch über das Thema gekauft, was meine Vermutungen leider nur bestätigte. Aber, ich wollte das nicht. Ich war damals bereits mit meiner zukünftigen Frau verlobt und erlangte meinen Uni-Abschluss. Ich wollte nur Mann sein, heiraten, eine Familie gründen, ein Haus bauen und erfolgreich in meinem Job sein. Das ist mir auch gelungen nur auf Kosten von Rebecca.

Anfang der 2000er kam es dann doch heraus und meine Frau und ich hatten einen großen Streit, bei welchem sie alle meine Damenkleidung zerstörte und ich versprechen musste, Hilfe zu suchen. Ich ging damals zum Hausarzt und gestand, dass ich glaube eine Frau zu sein. Der war komplett überfordert und wusste nicht was er sagen sollte oder wie er mir helfen konnte. Etwas danach, hat er mir die Broschüre zur Eheberatung gesandt. Naja, ich konzentrierte mich auf die Arbeit und zusammen mit meinem Schwiegervater renovierten wir unser damaliges Haus. Es vergingen 17 Jahre in welchen Rebecca nie mehr zum Vorschein kam aber das Gefühl in mir nicht verschwand und eigentlich nur stärker wurde. Bis ich in 2019 extrem depressiv wurde und ich mich auf nichts mehr anderes fokussieren konnte.

Ich verstehe jetzt, dass ich mein Leben meiner Frau und Familie zu verdanken habe, und dass ich mit Rebecca nur Leben konnte, da ich mich immer extrem in meine Arbeit vertiefte, sei es beruflich oder privat. Ich habe nun auch ein Haus in Luxemburg grundrenoviert, denn das ist ja, was man von einem Mann erwartet. 

Seit meinem Outing bei meiner Frau und Kindern, habe ich mich heuer im April auch bei meiner weiteren Familie geoutet. Mein Outing bei Freunden und der Familie meiner Frau sind für die nächsten Monate geplant. Wie ich dass auf der Arbeit mache, weiß ich noch nicht. Hier in Luxemburg ist die Rechtslage auf meiner Seite aber es könnte trotzdem das Ende meiner wissenschaftlichen Karriere sein. Seit ich mich für die Namensänderung in Luxemburg, Österreich und UK informiert habe, ist mir klar geworden, dass ich meinen Familiennamen beibehalten muss und es gut wäre, Vornamen mit den gleichen Initialen zu haben. Da passt Rebecca nicht, denn Rebecca war ein Name der mir vor 20 Jahren ans Herz gewachsen ist und ich einfach Rebecca bin. Ich glaube dieses Problem gelöst zu haben. 
 
Seit Mai 2021 nehme ich Östrogen und seit Jänner 2022 Antiandrogen. Demnächst hoffe ich Progesteron dazu verschrieben zu bekommen. Vom ersten Moment an, hatte ich dass Gefühl, dass ich mein ganzes Leben darauf gewartet habe und war nur froh. Endlich! Es ging mir auch sofort besser. Leider waren die letzten Monate, seit ich Androcur startete nicht so positiv. Ich habe wieder Depressionen was eines der Nebenwirkungen sein kann. Naja, ich werde dies demnächst mit meiner Endokrinologin besprechen. Meine Psychologin meinte, dass ich nicht genug Kontakt mit anderen Transpersonen habe und der Umstand, dass Rebecca noch nicht Vollzeit Rebecca sein kann, hätten damit auch was zu tun. 

Obwohl Rebecca viel glücklicher ist, habe ich immer noch Zweifel und finde es eigentlich schwer zu akzeptieren, dass ich Transfrau bin. Da spricht meine interne Transphobie. Es ist auch schwierig zu sehen, wie all dies meine Frau und Kinder betrifft. Der Schmerz zwischen meiner Frau und mir ist allgegenwärtig und tief. Oft denke ich daran, Rebecca wieder in die Box zu stecken und zu versuchen das ganze zu vergessen. Leider scheint der Zug für das schon abgefahren zu sein und ich kann mir ein Leben ohne Hormonbehandlung und den einhergehenden physischen Veränderungen nicht mehr vorstellen.

Wenn es mit meiner Transition so weitergeht wie bisher, dann kommt irgendwann der Punkt der Personenstands- und Namenänderung in Luxemburg mit meinem Outing in der Arbeit. Dann folgt das gleiche in Österreich und UK, wo ich hoffe, dass wenn alles gut in Lux gelaufen ist, dies auch ohne Probleme in den anderen zwei Ländern klappen wird. Es fühlt sich aber noch wie ein langer steiniger Weg an.

Wie im April in meiner Nachricht “Calling Wien” erwähnt, komme ich demnächst auf Besuch nach Wien. Unabhängig davon würde ich mich freuen von euch aus dieser Community zu hören. Vielleicht würde ich sogar ein Treffen ausgehen.

Danke fürs Lesen.
LG, Rebecca