TransGender.at Forum
nonbinary - was es für mich bedeutet - Druckversion

+- TransGender.at Forum (http://community.transgender.at)
+-- Forum: Trans* Themen (http://community.transgender.at/forumdisplay.php?fid=1)
+--- Forum: Allgemein (http://community.transgender.at/forumdisplay.php?fid=2)
+--- Thema: nonbinary - was es für mich bedeutet (/showthread.php?tid=3954)

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11


RE: nonbinary - was es für mich bedeutet - winni - 14.04.2019

Was Nonbinary für mich bedeutet, so meine psychische Verfassung sich leider oft ändert, aber in den besseren Zeiten bin ich nicht auf der verzweifelten Flucht vor meinem Geburtsgeschlecht, mich in Äußerlichkeiten nicht anzunehmen, meinen Körper zu hassen, und um jeden Preis Männliches verheimlichen und verstecken zu müssen, sondern ich spüre die Verschmelzung beider Geschlechter als etwas Beglückendes und Wertvolles und voll zu mir Gehörendes, wie eine Erinnerung an eine frühere Identität, selbst wenn Züge von Männlichem wo auftauchen sollten. Das ist dann kein Schöndenken oder Beschränken weil die Möglichkeiten voll Frau zu sein und so wahrgenommen zu werden nicht vorhanden wären, sondern eine tiefe Übereinstimmung mit allen Geschlechteranteilen, wie ich die Bezeichnung "Drittes Geschlecht" nicht als weiteren Teil zur Begriffsverwirrung sehe, sondern in Ermangelung einer kulturellen Zugehörigkeit als Erinnerung an die historisch tausendjährig immer überall auftretenden Menschengruppen, wie etwa z.B. die 5 Geschlechter in Indonesien oder mehrere in Thailand, Samoa, Kenia, USA, Peru, Hawaii etc. Leider fühle ich heute gesellschaftlich trotz aller Beteuerung wieviel Hilfen es doch gibt eine starke Isolation, da häufig auch ein Gefühl für Transzendenz und Anerkennung einer solchen Identität fehlt, und ich landete immer wieder in Verzweiflung wenn so das Gefühl kam die unmögliche Übereinstimmung im Geschlecht schon wegen fehlender Organe und natürlicher Hormone nicht zu schaffen. Ich glaube das war auch das Unglück bei so vielen Selbstmorden wie etwa Daniel Küblböck neben einem gefährlichen Hang zu Alkoholexzessen und auch seinen Depressionen, dass er unbedingt sein Sein als Rolle glaubhaft spielen wollte und nicht fühlte dass es kein Scheitern dabei gab und die Weiblichkeit in ihm immer schon da war, egal wie er bei anderen rüberkam und natürlich auch sooft dafür gemobbt wurde.


RE: nonbinary - was es für mich bedeutet - Sunburst - 15.04.2019

(14.04.2019, 11:12)winni schrieb: [...] etwa z.B. die 5 Geschlechter in Indonesien oder mehrere in Thailand, Samoa, Kenia, USA, Peru, Hawaii etc. [...]

Darf ich fragen, wie Du auf konstant jeweils 5 kommst?


RE: nonbinary - was es für mich bedeutet - winni - 16.04.2019

Sorry ich verkürzte es und 5 Gender gibt es vor allem in Indonesien, aber ansonst auch 3 oder mehrere oder Two Spirits. Aber das Wichtige wo ich den Urgrund der Fehlentwicklung bis heute sehe, dass das erste Mal mit der westlichen Kolonisation jahrtausendalte Geschlechterdiversität zerstört wurde und in das Zwangskorsett von Zweigeschlechtlichkeit gezwungen wurde. Es gibt nur mehr nach Geburt Männer oder Frauen und das Geschlecht bestimmt das ganze Leben und das Verhalten. Und diese Unterdrückung bedingt seither weltweit unser Leben. In diesen alten Kulturen finde ich aber wieder den Respekt und die Anerkennung für alle Menschen mit diverser Geschlechtsidentität, wo man auch nicht unbedingt den Körper verändern muss und sich von zwei Geschlechterrollen unterdrücken lassen.


RE: nonbinary - was es für mich bedeutet - Bonita - 16.04.2019

(16.04.2019, 02:41)winni schrieb: ... mit der westlichen Kolonisation...
Konkreter war bzw ist das aufgrund der sich durch diese Kolonisation ausbreitenden drei monotheistischen Religionen - Judentum, Christentum, Islam - so entstanden, wo es eben "nur" Gottes Ebenbild "Mann" und seine ihm zu Diensten zu sein müssende "Frau" geben soll; Vor allem die beiden letzteren (weil größeren bzw verbreiteteren) Religionen resp deren Anhänger/innen taten und tun sich dabei überwiegend hervor...


RE: nonbinary - was es für mich bedeutet - Sunburst - 16.04.2019

Warum es so schlimm gekommen ist, weiß ich nicht Sad Es kam nur schon vor der Entstehung besagter Religionen dazu.

Ganz interessant zur Situation in Europa ist immer noch:



Robb, John & Oliver J.T. Harris (2018): Becoming gendered in European prehistory: Was Neolithic gender fundamentally different? American Antiquity 83.1 (Jan. 2018): 128-147.  DOI: https://doi.org/10.1017/aaq.2017.54.

Abstract

It is notable how little gender archaeology has been written for the European Neolithic, in contrast to the following Bronze Age. We cannot blame this absence on a lack of empirical data or on archaeologists’ theoretical naïveté. Instead, we argue that this absence reflects the fact that gender in this period was qualitatively different in form from the types of gender that emerged in Europe from about 3000 cal BC onwards; the latter still form the norm in European and American contexts today, and our standard theories and methodologies are designed to uncover this specific form of gender. In Bronze Age gender systems, gender was mostly binary, associated with stable, lifelong identities expressed in recurrent complexes of gendered symbolism. In contrast, Neolithic gender appears to have been less firmly associated with personal identity and more contextually relevant; it slips easily through our methodological nets. In proposing this “contextual gender” model for Neolithic gender, we both open up new understandings of gender in the past and present and pose significant questions for our models of gender more widely.


RE: nonbinary - was es für mich bedeutet - Katherine - 31.05.2019

Was ich mich hier an der Stelle interessieren würde, wäre folgender Sachverhalt:

Nehmen wir mal an eine Person, eingetragen Männl. lässt sich in Deutschland wie beschrieben "umschreiben" zu Divers mit dieser Eidestaatlichen Versicherung etc.
Nun ist diese Person offiziell Divers, was aber wenn diese Person sich mit Divers dann unwohl fühlt, beispiele: Wird nicht Gesellschaftlich anerkannt, Psychischer Druck steigt, kann sich nicht mehr mit Divers indentifizieren etc. etc. (ist ja egal weshalb).
Könnte sich diese Person ebenso einfach wieder Männl. eintragen lassen? Konnte dazu bisher nichts finden, vermutlich auch weil das noch nicht vorgekommen ist Big Grin
Würde mich aber einmal stark interessieren ^^


RE: nonbinary - was es für mich bedeutet - Sunburst - 01.06.2019

Man könnte zum Personenstand "d" einen geschlechtsneutralen Vornamen wählen. Damit könnte man sich als egal welches Geschlecht präsentieren, man hätte eben nur diesen Akteneintrag, der im praktischen Alltag eher nicht so die große Rolle spielen dürfte.

Wenn der deutschen Gesetzgeber schon alles in ein drittes Geschlecht zusammenmengt, dann ist das immerhin eine mögliche Konsequenz, die gar nicht so subversiv ist wie sie auf den ersten Blick scheint.


RE: nonbinary - was es für mich bedeutet - Falling Snow - 01.06.2019

zitat § 45b PStG

"(1) Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung können gegenüber dem Standesamt erklären, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag durch eine andere in § 22 Absatz 3 vorgesehene Bezeichnung ersetzt oder gestrichen werden soll. Liegt kein deutscher Personenstandseintrag vor, können sie gegenüber dem Standesamt erklären, welche der in § 22 Absatz 3 vorgesehenen Bezeichnungen für sie maßgeblich ist, oder auf die Angabe einer Geschlechtsbezeichnung verzichten..."

da keine entsprechende einschränkung oder endgültige festlegung enthalten ist, kann der eintrag im nachhinein auch wieder geändert werden. allerdings… wird man im standesamt wohl spätestens beim dritten mal schief angeguckt werden Tongue .

übrigens besteht auch die möglichkeit, direkt beim ersten mal auf m/w korrigieren zu lassen, „divers“ ist kein muss. was der grund ist, warum das gesetz stark von m/w-ts genutzt wird zur PÄ/NÄ. allerdings ist das dem innenministerium auch schon aufgefallen und es wird versucht, mit anweisungen u.ä. die standesämter davon abzuhalten, das gesetz so anzuwenden, wie es geschrieben ist, sprich: m/w-ts die nutzung zu verweigern. ohne rechtliche grundlage. deswegen kann es dem gesetzgeber in D nach -zig jahren nix-tun auf einmal gar nicht schnell genug gehen mit einer „reform“ des TSG. kann ja nicht sein, das die leute einfach so und ohne jegliche schikanen das tun, was für sie richtig ist und das auf existenzieller ebene...

nebenbei würde ich nicht darauf wetten, das die kommende gesetzesreform es noch einfacher macht, als es gerade möglich ist. von daher… würde ich es mit der PÄ/NÄ zwar nicht eilig haben, aber zeit verschenken würde ich wiederum nun auch nicht.


RE: nonbinary - was es für mich bedeutet - Katherine - 01.06.2019

Ah interessant, siehste nen Forum ist einfach besser als Google, da kriegste Infos raus wofür google dich Stunden bluten lässt ^^ Zumal meine Zeit aktuell leider beschränkt ist :/ Würde das ganze auch lieber Recherchieren als dumme Nachfragen zu stellen, aktuell bleibt mir da wohl aber nichts anderes über.

Aber cool, weiß ich zumindest darüber bescheid. Was aber zu 100% nicht gereglt ist (so vermute ich) ist folgendes:
Wenn du dich als Divers eintragen lässt, hast du dann auch Anrecht auf Hormone? Bspw als Mann eingetragen Divers dann auf Weibl? Glaube nicht, oder?
Wenn du dich jetzt als Weibl. eintragen lässt (durch das "ausnutzen") sollte das Anrecht ja bestehen, immerhin bist du ja dann per Definition weibl. (Also nich falsch verstehen, weiß aber nich wie ich das jetzt Formulieren soll).

Ist deshalb interessant und wichtig für mich zu wissen da aktuell was echt schräges bei meinen Ärzten abgeht, das kann ich aber nich öffentlich posten ohne dass der Shitstorm des Jahres abgeht xD


RE: nonbinary - was es für mich bedeutet - Falling Snow - 02.06.2019

das rechtliche und das medizinische sind zwei pfade, die voneinander getrennt sind. aus dem einen ergibt sich nix zwingendes für den anderen. und was eben den medizinischen part betrifft:
wenn der eingeschlagene weg der gleiche ist wie auch bei m/w-ts (icd-10 behandlungsrichtlinien, diagnose, indikation und der ganze tralala), dann sollte es schwer für die krankenkasse werden, entsprechende leistungen zu verweigern, die einen psychischen/emotionalen leidensdruck lindern/abstellen. es wäre eine geschlechtliche diskriminierung und damit ein fall für das sozialgericht, naja, wenn es denn auf die harte tour hinauslaufen sollte.

ich wäre nicht überrascht, wenn es aufgrund der aktuellen unsicherheit in diesem bereich von kasse zu kasse verschiedene arten des umgangs damit gibt und eventuelle ablehnungen dann eher darauf beruhen als auf ein vorsätzliches „steine in den weg legen“.