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Hallo zusammen - Johanna Dornal - 18.10.2015

Hi, lese schon ´ne Weile hier mit, und denke, es wird Zeit, mich mal vorzustellen.
Ich bin die Johanna, 55 Jahre alt, und seit ich zurückdenke, ein CD. Wobei ich das natürlich als Kind und Jugendlicher so nicht wußte. In der Zeit bin ich mehrmals von meiner Mutter als Mädel angezogen erwischt worden. Worauf ich schuldbewußt alle Klamotten weggeschmissen habe. Aber immer wieder besorgte ich mir weibliche Kleidung, entsorgte sie, und kaufte mir wieder neu, usw., usw. In den letzten Jahren, als Fünfziger, und dank des Internet, wird mir mehr und mehr bewußt, daß ich möglicherweise nicht nur TV bin, sondern evtl. TS. Die einzige Person, die davon bisher weiß, ist meine Frau. Sie vermutet, ich entnehme das ihren Kommentaren, daß ich vielleicht doch irgendwann mal den Weg einer Transition gehe. Ich bin momentan ziemlich verwirrt, weil seit meinem Outing ihr gegenüber, meine TG-Entwicklung ein rasantes Tempo aufgenommen hat. Sie meint z.B., daß ich dann als Frau lesbisch wäre. Und sie in dem Fall kaum noch mit mir zusammenleben könnte. Also, es ist eine vertrackte Geschichte, aber nun mal nicht zu ändern. Muß halt schauen, wie alles weitergeht. Meine Lage dürfte zum Großteil der anderer Mädels hier entsprechen. Insofern bin ich gespannt auf Eure Meinungen.
Liebe Grüße
Johanna


RE: Hallo zusammen - Ann Lie - 19.10.2015

Hallo Johanna

Erst mal willkommen. Die Situation kenn ich, auch seit meinem Outing ist das Tempo rasanter geworden. Hab allerdings Diagnose TS 64.0 schon als Jugendliche bekommen, lebte auch über 2 Jahre als Mädchen und begann mit 18 HRT. Ich wusste von der TS, weiß nicht warum ich Transistion nicht fertig machte, machs nun zum zweiten Male. Hab meinen alten Freundeskreis und auch Familie teilweise verloren. Wir leben zwar zusammen wie WG. Lesbisch war ich immer schon nur das ich halt früher als hetero durchging da die anderen ja den Körper und somit einen Mann sehen. Da ich auch intersexuell bin gings nicht mehr anders als den Weg zu beginnen. Inter bist wohl nicht und was die TS für den Falle das es eine ist musst du dir natürlich überlegen obs dir wert ist die Beziehung zu riskieren die dann in die Brüche gehen könnte. Hängt auch davon ab wie stark der Druck psychisch ist was die TS anbelangt, ob jemand dem standhält oder nicht. Besch... ist die Situation für einen immer, der Zwiespalt in dem man steckt wenn man sich sein bisheriges Leben womöglich zusammenhaut für ein neues und nicht weiß wies aussieht. Trotzdem ich würds wieder machen weil der alte Druck, Zwänge und das ständige Verstecken und Verstellen endlich ein Ende haben und ich auch sein will was ich bin.

Grüße Ann Lie


RE: Hallo zusammen - Johanna Dornal - 19.10.2015

Hi Ann Lie,
ich habe mein Transgenderleben (ich nenne das jetzt einfach mal so) sehr erfolgreich verdrängen können. Das wäre wahrscheinlich auch so geblieben, wenn meine Frau nicht hinter mein Geheimnis gekommen wäre. Aber das führt jetzt zu weit. Also, nach dem folgenden Outing hatte ich einfach zunehmend das Bedürfnis, meiner inneren Neigung nachzugehen. Gottseidank konnte meine Frau sich einigermaßen damit arrangieren, so weit, daß ich schon meine Johannawochenenden haben kann. Sicher gibt es auch mal Rückschläge, da wird es für sie einfach zu viel. Aber ich merke, daß es mir dann immer schwerer fällt, wieder in den Mannmodus zu wechseln. Das Ganze ist wie so eine Wand, über die man gerne drüberklettern möchte, aber nicht weiß, wie es dahinter aussieht. Huh
LG
Johanna


RE: Hallo zusammen - Elisabeth I. - 20.10.2015

(19.10.2015, 20:15)Johanna Dornal schrieb: Hi Ann Lie,
ich habe mein Transgenderleben (ich nenne das jetzt einfach mal so) sehr erfolgreich verdrängen können. Das wäre wahrscheinlich auch so geblieben, wenn meine Frau nicht hinter mein Geheimnis gekommen wäre. [..]

Falls es dir zum Troste gereicht: Damit bist du nicht die einzige. Das kommt öfters vor, findet sich so oder ähnlich in nicht wenigen "Transgender-Karrieren". ... Und danach kommt:

Die Wahrheit ist wie eine Zwiebel - einmal zu Schälen begonnen, gibt es kein Zurück. Oder, mit anderen Worten gesagt (nicht TG-bezogen, aber dennoch auch auf TG passend):

Susanne Bobek in Kurier, 1992, schrieb:Isabel hat ihre Ehe mit einer Lüge begonnen und das Kind des Präsidenten dem langweiligen Ehemann in den Arm gelegt. [...]
Fay Weldon, "Das Kind des Präsidenten", schrieb:Die Wahrheit ist eine komische Sache. Eine Schicht nach der anderen muß abgetragen werden: wenn man einmal angefangen hat, kann man nicht mehr zurück. Manchmal ist es besser, nicht anzufangen, sondern sich mit den Dingen, so wie sie sind, zurechtzufinden. Es gibt keine Garantie, daß die Wahrheit Glück oder inneren Frieden bringt. Sie kann gefährlich sein.

* Susanne Bobek: Buchbesprechung des Romans "Das Kind des Präsidenten" in: Kurier, 16. Mai 1992.
* Fay Weldon: "Das Kind des Präsidenten." / "The president's child." Roman, Eintrag in der DNB.
* Fay Weldon in der deWP.


RE: Hallo zusammen - Rea - 20.10.2015

Dem bleibt nichts besonders hinzuzufügen, du erkennst, das es jedesmal schwerer wird sich wieder als Mann geben zu müssen, und irgendwann kehrt es sich auch in Frust, es trotzdem tun zu müssen. Das ist etwas das du für dich ausarbeiten mußt, eventuell mit einem Psychotherapeuten wenn du nicht selber weiterkommst grad was deine Ängste um die Zukunft betrifft. Elisabeth´s Beispiel mit der Zwiebel hats recht genau getroffen ^^ 23 Jahre konnte ich mich unzufrieden aber dennoch irgendwie mit dem Leben arangieren, kaum wußte ichs, hat sich das ganze von langsam und vorsichtig immer mehr und mehr beschleunigt bis man glaubt man sitzt in einer Rakete und dann sollte man halbwegs wissen wie man sein Leben gestalten möchte. Sprich darauf muß man frühzeitig reagieren, wie gesagt Therapeut, auch ich bin zu spät hingegangen (brauchte ihn aber nicht unbedingt zur Bewältigung von Ängsten obwohl es gut ist jemanden für Problem in Hinterkopf zu haben, sondern nur weils nötig ist, aber es war trotzdem zu spät obwohl ich nur ne Begleittherapie habe Wink).

Und ja, willkommen bei uns in der Runde Johanna Wink


RE: Hallo zusammen - Johanna Dornal - 21.10.2015

Vielen Dank erstmal für Eure Begrüßung.
Naja, bei mir stellt es sich so dar, daß ich das Gefühl habe, daß mein gesamtes Leben als Kind, also als männlicher Heranwachsender katapultartig an mir vorbeizieht. Die ganzen Stationen wieder präsent werden, wie in einem Film. Ich sehe die Zeit mit meinen Eltern, die beide mittlerweile verstorben sind, und viele Situationen, die ich erlebt habe. Und dann kommt die Realität im Jahre 2015 mit der im Eingangsthread geschilderten Lage. Ich bin nicht in Therapie, weil ich glaube, daß irgendwie gebacken zu bekommen. Aber, ich habe das Gefühl, ich rutsch da irgendwie weg. Ich kann es nicht anders oder genauer beschreiben. Es ist eine diffuse, nicht greifbare Angst, die mich umgibt. Schlimm. Confused
LG
Johanna


RE: Hallo zusammen - Ann Lie - 24.10.2015

Hallo

Wenns mal losgeht gibt's kaum ein zurück mehr, ist bei mir so. Habs nach dem Abbruch meiner ersten Therapie auch über 20 Jahre verdrängt und verleugnet, dann ist die TS sozusagen durchgebrochen. Bin im Prinzio losgelaufen auf dem Weg und kann auch nicht anders weil der Druck zu stark ist. Dann noch die Symptome von der IS wie Wechsel als ob sich beides verschworen hätte. Das paradoxe ist das gerade die IS den Druck der TS mindert so blöd es klingt weil ich ja so schon eine femininere Statur und Behaarung hab dadurch und der Prozess der Transistion leichter ist, brauch keine Blocker z.B. An der Therapie selber ändert sich nix. Zieh mich auch fraulich an, lauf zwar nicht in Kleidern rum, aber einfach weil ich mich wohl fühl damit. Frag mich selber wie ich es fertigbrachte früher als Mann aufzutreten ohne aufzufallen, tagsüber wenigstens. Der Druck nimmt zu im Laufe der Zeit und will dir keine Angst machen damit aber setz dich damit auseinander, auch mit deiner Frau weil ob sie im Falle der Therapie noch bleibt ist meistens fraglich. Viele gehen dann. Will zumindst ein freundschaftliches Verhältnis beibehalten. Lassen kann ichs nicht weil mich das sonst umbringt und da hat niemand was davon. Habs mittlerweile akzeptiert und steh dazu auch wenns schwer fällt. Sag nicht das es bei dir auch so ist aber reden und vorsorgen für den Fall der Fälle schadet nicht. Ich wurde einfach überrumpelt, das verleugnen und abdrücken war nicht sonderlich intelligent aber im Nachhinein ist man immer gescheiter. Bin damit wies aussieht nicht alleine.

Grüße Ann Lie


RE: Hallo zusammen - Madleine - 24.10.2015

Hi Johanna, herzlich willkommen.

Leider können nur sehr wenige Ehe-Frauen gut damit umgehen. Finde raus, ob du wirklich TS bist, bevor du irgendwas entscheidest.

LG


RE: Hallo zusammen - Johanna Dornal - 25.10.2015

Hi Madleine,
es ist ja nicht so, daß das eine Laune ist. Ich denke schon die letzten Jahre über mich und meine Situation nach. Ich denke mal, mit 55 Jahren ist das wohl keine spätpubertäre Sache, sondern der Ernst dahinter ist schon klar. Und genau das ist ja auch mein Problem. Ich bin in einem Alter, wo es eben nicht gerade einfach ist, mal eben, salopp gesagt, die Seite zu wechseln. Ich bin nun mal mehr als fünfzig Jahre als Mann sozialisiert. So, nun möchte ich den Rest meines (besch...) Lebens vielleicht als Frau leben? Mir fehlt einfach die Kraft und Vorstellung, wie ich das hinkriegen soll. In meinem Umfeld, privat, wie beruflich sehe ich da nur Widerstände. Mein Gott, wir leben im 21.Jahrhundert, die Homosexuellen werden mittlerweile geduldet. Aber sag mal, daß Du trans....bist.ich kapier´s nicht.


RE: Hallo zusammen - Ann Lie - 25.10.2015

Hallo Johanna

Genau das war auch mein Problem. Was ich in meiner Zeit als Mann so alles verbockt hab war den Leuten so ziemlich egal, wurd auch einfach hingenommen. 15 Jahre auf Tour nach meinem ersten Transistionsanlauf als ich 18 war, da kommt schon was zusammen würd zuweit führen alles aufzuzählen. Man hat sich zwar mal die ums männlich auszudrücken die Mäuler zerrissen aber so angegriffen wie jetzt wegen der TS wurde ich nie. Deshalb frag ich mich eigentlich das gleiche was ist daran eigentlich so furchtbar an dieser TS Sache das es die Leute so aushängt wenn ihnen doch sonst auch alles egal ist. Ich mach nun Therapie auch wenn ich mir damit praktisch den Großteil meines bisherigen Lebens damit schon ruiniert hab. Trotzdem ich würds wieder tun, will einfach sein wie ich bin und nicht wie ich sein soll. Überleg dir natürlich gut ob und was du machst, obs dir wert ist deine Beziehung zu riskieren. Es hängt einfach davon ab wie stark der Druck ist, ob man ihn aushält oder nicht. Ich hatte keine andere Wahl auch wegen der IS und dem damit verbundenen Hormonmangel ists überlebenswichtig, gilt natürlich auch für diejenigen ohne IS da sich viele ja dann andere Probleme zusätzlich einhandeln deshalb. Vielleicht redest du mal mit einem Therapeuten drüber, aber die letzte Entscheidung fällst du für dich alleine.

Grüße Ann Lie