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Wichtiges Urteil des ECHR bzgl. Hetzreden - Druckversion

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Wichtiges Urteil des ECHR bzgl. Hetzreden - Sarah-Michelle - 09.02.2012

Wichtiges Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Hetzredefall

9. Februar 2012

Zur sofortigen Veröffentlichung

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellt fest, die strafrechtliche Verurteilung für die Verbreitung von homophoben Flugblättern widerspreche nicht der Meinungsfreiheit.

Heute fällte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im folgenden kurz Gerichtshof genannt) ein einstimmiges Urteil im Fall Vejdeland und andere vs. Schweden und stellte fest, dass die strafrechtliche Verurteilung unter schwedischem Gesetz von Einzelpersonen, welche homophobe Flugblätter verteilt hatten, keinen Bruch der Europäischen Menschenrechtskonvention darstelle und ihre Aktivität nicht von der durch Artikel 10 der Konvention garantierten Meinungsfreiheit geschützt werde.

ILGA-Europe begrüßt dieses wichtige Urteil, welches sich zum allerersten Mal mit Hetzreden gegen homosexuelle Menschen befasst. In diesem Fall bezeichneten die von den Beschwerdeführern verteilten beleidigenden Flugblätter Homosexualität als "abartige sexuelle Neigung" mit "moralschädigender Auswirkung auf die Substanz der Gesellschaft". Die Flugblätter enthielten auch Behauptungen, Homosexualität sei verantwortlich für die Entwicklung von HIV und AIDS, zudem versuche "die Homosexuellenlobby", Pädophilie zu verharmlosen.

Der Gerichtshof bestätigte, jene Aussagen stellten ernste und vorurteilsbehaftete Behauptungen dar, selbst angesichts des Fehlens eines unmittelbaren Aufrufs zu Hasstaten. Der Gerichtshof betonte, Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung wiege ebenso schwer wie Diskriminierung aufgrund von "Rasse, Herkunft oder Hautfarbe".

Martin K. I. Christensen, Co-Vorsitzender von ILGA-Europes Leitungsgremium, sagte: "Dies ist ein ausgesprochen wichtiges und bahnbrechendes Urteil. Viele Jahrzehnte lang waren lesbische, schwule, bisexuelle, Trans*- und Intersex-Menschen einer Lawine beleidigender, unbegründeter, diskriminierender und diffamierender Rhetorik ausgesetzt. Viel zu lang beriefen sich jene, die solche Aussagen machten, auf ihr Recht der Meinungsfreiheit. Heute stellte der Gerichtshof klar fest, dass solche Aussagen die Gemeinschaft als Ganzes beleidigen, und sagte, dass Einzelpersonen und Organisationen, die solche Aussagen tätigen, veröffentlichen und verbreiten, sich nicht auf das in der Konvention garantierte Recht auf Meinungsfreiheit berufen können. Dies ist ein ernstes Signal an eine gewisse Zahl von Organisationen und Einzelpersonen in ganz Europa, die nicht damit aufhören, diffamierende und beleidigende Aussagen über LGBTI-Menschen zu machen. Das Ausdrücken von Hass ist nicht hinnehmbar, und der Schutz der Meinungsfreiheit durch die Konvention kann nicht als Vorwand hergenommen werden, dass solche Hetzreden vom Gesetz nicht verhindert und bestraft werden."

ENDE

Weitere Informationen:

Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betreffs Urteil im Fall Vejdeland und andere vs. Schweden (Beschwerde Nr. 1813/07)

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Vejdeland und andere vs. Schweden (Beschwerde Nr. 1813/07)

Gemäß Artikel 43 und 44 der Konvention ist dieses Kammerurteil nicht endgültig. Während der Dreimonatsperiode nach Urteilsverkündung kann jede Seite verlangen, dass der Fall der Großen Kammer des Gerichthofs vorgelegt wird.

Datenblatt über Hetzreden des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

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Original unter http://www.ilga-europe.org/home/news/for_media/media_releases/important_judgment_in_hate_speech_case_by_the_european_court_of_human_rights