TransGender.at Forum
Identitätsprobleme in der Pubertät - Druckversion

+- TransGender.at Forum (http://community.transgender.at)
+-- Forum: Trans* Themen (http://community.transgender.at/forumdisplay.php?fid=1)
+--- Forum: Allgemein (http://community.transgender.at/forumdisplay.php?fid=2)
+--- Thema: Identitätsprobleme in der Pubertät (/showthread.php?tid=4178)

Seiten: 1 2 3 4


Identitätsprobleme in der Pubertät - Dreifachmama - 10.10.2017

Hallo,

vor einiger Zeit habe ich meiner Vorstellung bereits zu meiner Situation geschrieben und möchte nun heute erneut einen Austausch mit euch suchen. Einen passenderen Titel fürs Thema konnte ich gerade nicht finden. Zur Situation noch mal...

Unser drittes und jüngstes Kind ist als Mädchen geboren und aktuell 13,5 Jahre alt. Sie befindet sich mitten in der Entwicklung zur Frau, d.h. sie hat ihre Monatsblutung schon länger und ihre Brüste wachsen. Auch im Kopf verändert sich nun einiges. Dazu gehört seit einigen Monaten der Gedanke, das sie lieber ein Junge sein möchte. Aktuell trägt sie seit einigen Wochen Jungskleidung und einen Jungshaarschnitt. Sie fühlt sich damit schon einmal wohler (wobei sie auch vorher nicht in Kleider gesteckt wurde oder ähnliches). Sie scheint seitdem freier mit sich, wenn ihr versteht, was ich sagen will?! Sie selbst hat sich einen Jungennamen ausgesucht. Wir benennen sie allerdings weiter (aus Gewohnheit und auch etwas Unsicherheit) bei ihrem Geburtsnamen, was sie akzeptiert.

Nun kam sie heute auf mich, als Mama, zu mit der Frage, ob ich ihr etwas besorgen könne, womit sie ihre (kleinen) Brüste abbinden könne?!

Und ich bin ratlos.... Das geht so schnell, überfordert uns als Eltern doch mehr, als wir möchten. Und so offen und tolerant wir damit ansich umgehen, ihr ihr SEIN zugestehen möchten... so leicht ist das nicht wirklich umsetzbar. Und wie weit kann und darf ich das zulassen, ohne negatives zu provozieren? Sie geht zur Schule (wo man sie wohl eh mehr als Jungen sieht), aber wenn sie nun einen solchen Schritt gehen will.... machbar oder zu früh? Kann ein Kind stark genug dafür sein?

Und rein medizinisch - ist es tatsächlich ok, wenn ein pubertäres Mädchen sich die Brüste wegbindet? Und was nutzt "frau" dazu?

Ich bin offen und dankbar für eure Erfahrungen und Hinweise!

LG die Dreifachmama

PS: Kontakt mit der Kinderpsychologin ist aufgenommen. Wir benötigen allerdings vorab eine Überweisung vom Hausarzt und dort haben wir für die Voruntersuchungen und das Gespräch leider erst Ende Oktober einen Termin. Abwarten bis dahin möchte mein Kind nicht.


RE: Identitätsprobleme in der Pubertät - Eva - 10.10.2017

(10.10.2017, 14:39)Dreifachmama schrieb:  Und was nutzt "frau" dazu?

http://transx.at/Pub/Spiegel_Binder.php hilft vielleicht einmal weiter.

Viel Glück
Eva


RE: Identitätsprobleme in der Pubertät - Chiara D. - 10.10.2017

Ich würde mit deinem Sohn(er hört sich für mich sehr nach Trans Mann an)zu einem Transerfahrenen Psychiater gehen.Sollte auch dieser der Meinung sein das dein Sohn Transgender ist,solltest du versuchen 
sehr Zeitnah einen Psychotherapeuten für deinen Sohn zu bekommen!Und ich würde,sollte es klarsein das dein Sohn Transident ist hoffen,das er so schnell wie möglich Testosteron bekommt.Denn um so schneller er dann mit Hrt beginnt um so besser!


RE: Identitätsprobleme in der Pubertät - Mike-Tanja - 10.10.2017

(10.10.2017, 14:39)Dreifachmama schrieb: Hallo,

vor einiger Zeit habe ich meiner Vorstellung bereits zu meiner Situation geschrieben und möchte nun heute erneut einen Austausch mit euch suchen. Einen passenderen Titel fürs Thema konnte ich gerade nicht finden. Zur Situation noch mal...

Unser drittes und jüngstes Kind ist als Mädchen geboren und aktuell 13,5 Jahre alt. Sie befindet sich mitten in der Entwicklung zur Frau, d.h. sie hat ihre Monatsblutung schon länger und ihre Brüste wachsen. Auch im Kopf verändert sich nun einiges. Dazu gehört seit einigen Monaten der Gedanke, das sie lieber ein Junge sein möchte. [hier gekürzt]
Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass die Themenstarterin die Situation ihres Kindes aus meiner Sicht sehr ruhig und verständnisvoll beschreibt.

Auch wenn wir hier wohl mehrheitlich dazu neigen, die Sache vom Standpunkt des Kindes aus zu betrachten, so sollte man doch einmal Folgendes aussprechen: Auch die Eltern haben in so einer schwierigen Lage ein Recht darauf, dass ihre Gefühle und Gedanken geachtet und respektiert werden! Transgender-Sein ist kein Freibrief für ungehemmte Egozentrik.



RE: Identitätsprobleme in der Pubertät - Dreifachmama - 10.10.2017

Ich danke euch für eure Antworten! Ganz besonders auch Mike-Tanja, denn sie erwähnt einen sehr wichtigen Punkt, der uns als Eltern betrifft.

Ich spreche mal nur für mich als Mama. Ich habe ein Mädchen geboren, es als solches tolerant und offen erzogen, ohne es bewusst in eine (Mädchen-)Rolle zu zwängen. Dies ist nun seit mehr als 13 Jahren so. Wenn aus unserer Tochter nun in relativ kurzer Zeit ein Sohn werden soll, ist das bei aller Liebe & Offenheit, eben doch auch sehr schmerzhaft, ungewohnt und man bleibt hilflos zurück. Wir suchen uns Hilfe und so gut das hier in der sehr, sehr ländlichen Gegend geht auch fach-versierte Hilfe. Und da fängts schon an... es gibt hier KEINE Fachleute dafür. Und ich kann ein Schulkind nicht mal eben für Diagnostik oder gar regelmäßige Therapie 2h pro Strecke fahren. Das ist nicht realisierbar. Ich muss also einen Mittelweg finden. Unser Kind ernst nehmen und Hilfe für sie/ihn finden, aber schauen was machbar ist.

In der Situation kommt ja noch mehr dazu - es gibt Geschwisterkinder, Großeltern, Schulfreunde und und und... alle sind gefordert, nicht bei allen ist Verständnis zu erwarten. Unser Sohn (also der Bruder unseres Trans-Kindes) ist total überfordert und stößt seine (noch-)Schwester weg, sobald das Thema darauf kommt. Ich vermute hier hinter Unsicherheit und auch Angst.

Meine Hoffnung hier war, einen Austausch für den Alltag zu finden. Ob das geht? Könnt und wollt ihr das überhaupt?

Ratschläge wie Therapeut & Arzt hilft mir nicht (mehr) weiter, denn das läuft schon an. Eine Hormontherapie bei einem 13jährigen Kind? Das macht mir Angst und geht doch vielleicht auch zu schnell oder? Immerhin ist das die Pubertät und mitunter ist unser Kind in 3 Jahren der Meinung sie will doch Mädchen sein, wenn auch kein typisches Girlie, sondern eben maskuliner?

Ihr als erwachsene Betroffene habt doch sicher auch Anfangsschwierigkeiten gehabt? Begann es bei einem von euch auch so früh? Also ich meine eher den Therapiebeginn, die Entgültigkeit? Kann es tatsächlich sein, das unser Kind mit 13 Jahren schon sicher sein kann?

Es tut mir leid, ich bin sehr aufgewühlt und das ist meinen Zeilen sicher zu entnehmen....


RE: Identitätsprobleme in der Pubertät - Kosmonautin - 10.10.2017

Dreizehn ist sehr jung und man geht in so einem Fall auch mal durch "Phasen". Ich versuch mir das vorzustellen, was würde ich als Mama machen. Also irgenwie komme ich ganz ehrlich auf keinen Plan. Wie man es anfängt macht mans falsch, oder? Das wichtigste machst du aber richtig, du bist für dein Kind da. Tipps für den Alltag? Ich bin um einige Jahrzehnte älter als dein Kind, und ich komm nicht immer mit den blöden Blicken (bis zur Agression von Fremden) auch noch nicht klar.

 Hör ihr zu aber mach die Sache nicht zum einzigen Thema. Unternimm Dinge mit ihr, vergiss dabei nicht auf deine anderen Kinder. Letztendlich kann sie nur selber dahinter kommen was mit ihr ist. Aber das scheinst du ja alles eh zu wissen. Vergiss bei der ganzen Sache aber nicht auf dich selbst. Lass dich von dem Thema nicht überfordern, so schwer das im Moment ist, auch wenn es ein Junge ist, gibts ja noch andere Dinge im Leben.

Das war natürlich keine Hilfe jetzt. Wie denn auch. Bleib stark. Alles gute und hier kannst du dich jederzeit ausheulen, ausfrusteln oder einfach Fragen stellen. Einige hier werden meinen die Weisheit mit dem Löffel gefressen zu haben. Diese Leuchten am besten gleich mal ignorieren.


RE: Identitätsprobleme in der Pubertät - Tammy1 - 10.10.2017

Natürlich kannst du dich hier mit uns austauschen, man muss nicht transident sein, um hier willkommen zu sein Smile

Ich verstehe deine Angst davor, was eine HRT mit einem Kind machen kann, aber eigentlich ist das, wovor ihr euch fürchtet das, was sie vielleicht ersehnt und so manche Änderung einer "falschen" Pubertät ist im Nachhinein nicht mehr zu ändern.

Um Sicherheit zu haben, sofern das geht, ist ja auch der Besuch beim Psychotherapeuten wichtig, hier werden möglicherweise die Weichen für das restliche Leben eures Sohnes/eurer Tochter gestellt.


RE: Identitätsprobleme in der Pubertät - Bonita - 10.10.2017

(10.10.2017, 19:12)Dreifachmama schrieb: ... Eine Hormontherapie bei einem 13jährigen Kind? Das macht mir Angst und geht doch vielleicht auch zu schnell oder? Immerhin ist das die Pubertät und mitunter ist unser Kind in 3 Jahren der Meinung sie will doch Mädchen sein, wenn auch kein typisches Girlie, sondern eben maskuliner?

Ihr als erwachsene Betroffene habt doch sicher auch Anfangsschwierigkeiten gehabt? Begann es bei einem von euch auch so früh? Also ich meine eher den Therapiebeginn, die Entgültigkeit? Kann es tatsächlich sein, das unser Kind mit 13 Jahren schon sicher sein kann?

Es tut mir leid, ich bin sehr aufgewühlt und das ist meinen Zeilen sicher zu entnehmen....

Das ist doch verständlich, dafür musst Du Dich nicht entschuldigen Hug

Aus der Erfahrung der meisten transsexuellen Menschen heraus hört man überwiegend/regelmäßig, dass sie sehr dankbar gewesen wären, wenn sie bereits in der Kindheit bzw Teenagerzeit eine adäquate - medizinisch/therapeutische - Behandlung bekommen hätten, also noch bevor eine Pubertät absolviert wird, welche einem als transsexueller Mensch auf dem weiteren Lebensweg zum Teil sehr hinderlich sein bzw werden kann; Ein erfahrener Mediziner/Arzt bzw (Psycho-) Therapeut kann Euch da sicherlich genaueres dazu mitteilen...

Auch muss man als vorsichtige Eltern nicht Angst vor einer medizinsch/hormonellen Therapie bei einem transgender/transsexuellen Kind haben, denn vor bzw während der Pubertät werden zunächst keine gegengeschlechtlichen Hormone gegeben, sondern höchstens sogenannte "Blocker"; Das bedeutet, dass zumindest die biologisch vorhandenen Hormone (im Falle Deines Kindes Östrogene) im Körper "blockiert" werden und Dein Kind so eine bessere Chance auf das kommende Erwachsenenleben haben kann...

Dein Kind bekommt also nicht sofort die "gegengeschlechtlichen" Hormone, sprich Testosteron, was den Körper erst tatsächlich verändern würde (Stimmbruch, Bartwuchs, Muskulatur, usw usf); Falls sich für Dein Kind in den kommenden Jahren herausstellt, dass es doch keine weiteren medizinischen, also auch hormonellen Schritte möchte, dann können diese Blocker wieder abgesetzt werden und der Körper tut nur verzögert - nach quasi einer "Pause" - das, was er bereits jetzt tut...

Bezüglich des "Abbindens" der kleinen Brüste könnt Ihr selbstverständlich auch Mediziner/Ärzte fragen, allerdings getraue ich mir bereits jetzt zu sagen, dass das kein Problem werden wird (falls sie über eher kurze Zeit nicht noch sehr viel größer werden - damit kann ein Bub, soweit Dein Kind einer ist, klarerweise relativ schwer umgehen)...

Es ist - wie schon in Deinem anderen Thread erwähnt - sehr gut, dass Ihr Euch als Eltern entsprechende Gedanken über Euer wahrscheinlich Transgender-Kind macht und es auch (sinnvoll) unterstützen wollt - da gibt es ja leider etliche andere negative "Beispiele"...

Weiterhin alles Gute und Liebe Euch allen! Favorite


RE: Identitätsprobleme in der Pubertät - Dreifachmama - 10.10.2017

(10.10.2017, 19:51)Bonita schrieb: Auch muss man als vorsichtige Eltern nicht Angst vor einer medizinsch/hormonellen Therapie bei einem transgender/transsexuellen Kind haben, denn vor bzw während der Pubertät werden zunächst keine gegengeschlechtlichen Hormone gegeben, sondern höchstens sogenannte "Blocker"; Das bedeutet, dass zumindest die biologisch vorhandenen Hormone (im Falle Deines Kindes Östrogene) im Körper "blockiert" werden und Dein Kind so eine bessere Chance auf das kommende Erwachsenenleben haben kann...

Dein Kind bekommt also nicht sofort die "gegengeschlechtlichen" Hormone, sprich Testosteron, was den Körper erst tatsächlich verändern würde (Stimmbruch, Bartwuchs, Muskulatur, usw usf); Falls sich für Dein Kind in den kommenden Jahren herausstellt, dass es doch keine weiteren medizinischen, also auch hormonellen Schritte möchte, dann können diese Blocker wieder abgesetzt werden und der Körper tut nur verzögert das, was er bereits jetzt tut...

Vielen Dank für diese Antwort. Besonders der zitierte Teil hilft mir gerade selbst sehr, denn ich wusste das einfach nicht so macht es mir schon deutlich weniger "Bauchschmerzen".

Ich möchte noch sagen, das dieses "Thema" hier nicht alltäglich ist. Unser Kind kommt von Zeit zu Zeit wegen Fragen, aber im Alltag läuft es meist wie früher auch. Sie ist nur offener ansich, fröhlicher, eben weil sie inzw. einfach etws mehr "sie" sein kann durch Kleidung, Frisur ect. Aber wir reden nicht dauernd hierüber. Auch belese ich mich immer nur zwischendurch um Thema, wenn sie/er nicht da ist. Und ich suche ja noch... Betroffene andere Eltern zu finden wäre toll.... aber das fand ich noch nicht.

Danke, das ich hier sein kann, mit allem was mich beschäftigt!

PS: Wir haben hier eine psychiatrische Kinderklinik, dort auch ambulante Therapieangebote. Kommende Woche habe ich dort einen Termin (erstmal nur ich als Mama) um nachzufragen, inwieweit sie am Thema dran sind oder Erfahrungen haben und auch wie offen sie dafür sind. Ich hoffe....


RE: Identitätsprobleme in der Pubertät - Mike-Tanja - 10.10.2017

(10.10.2017, 19:30)Kosmonautin schrieb: Dreizehn ist sehr jung und man geht in so einem Fall auch mal durch "Phasen". [hier gekürzt]


Das war natürlich keine Hilfe jetzt. Wie denn auch. Bleib stark. Alles Gute und hier kannst du dich jederzeit ausheulen, ausfrusteln oder einfach Fragen stellen. Einige hier werden meinen, die Weisheit mit dem Löffel gefressen zu haben. Diese Leuchten am besten gleich mal ignorieren.
Man hätte es kaum besser schreiben können als die Kosmonautin. Clap

Und ich glaube schon, dass das hilfreich war.