Depathologisierung - Stoppt F64.0 - Druckversion +- TransGender.at Forum (http://community.transgender.at) +-- Forum: Trans* Themen (http://community.transgender.at/forumdisplay.php?fid=1) +--- Forum: Rechtliches und Transpolitisches (http://community.transgender.at/forumdisplay.php?fid=4) +--- Thema: Depathologisierung - Stoppt F64.0 (/showthread.php?tid=424) |
Depathologisierung - Stoppt F64.0 - Eva - 30.10.2011 Die EU hat Position bezogen: De-Psychiatrisierung! Siehe auch "Über das Pathologisieren ..." Wie ist deine Position: Bist du krank? pS: Es ist nicht jeder krank, der medizinischer Leistungen bedarf und die ICD-Nennung garantiert die Krankenkassenfinanzierung nicht (sonst wären ja alle Maßnahmen zur Angleichung von den Krankenkassen zu finanzieren, ebenso wie notwendiger Zahnersatz etc.) Eva RE: Depathologisierung - Mike-Tanja - 31.10.2011 (30.10.2011, 21:53)Angelika schrieb: Sollte es tatsächlich zur Depathologisierung kommen, dann werden sich die Krankenkassen über eine der größten Massenheilungen aller Zeiten freuen."Krankheitskataloge" wie der ICD-10 haben in erste Linie den Anspruch, Gesundheitsstörungen wissenschaftlich zu erfassen und zu definieren. Durch die Diagnose "F-64.0" (die psychopathologische Identitätsstörung namens Transsexualismus) hat man rein rechtlich auf gar nix Anspruch. Erst durch den sinngemäßen sozialversicherungsrechtlichen Satz, nach dem Krankenversicherungsträger (insbesondere) nutzbringende (= heilende oder die Gesundheit verbessernde) Behandlungen (= Krankheitsbehandlungen) bezahlen müssen, entsteht der Anspruch. Von HRT oder gaOP steht aber nix im Gesetz. Die Kassen könnten theoretisch auch eine Wagenladung neuer Gutachten auffahren lassen, wonach sich F-64.0 mit neuen Psychopharmaka und neuartiger Psychotherapie viel kostengünstiger "heilen" lässt, ihre Leistungen darauf beschränken, und Betroffene auf den Klagsweg verweisen. Und auf hoher See und vor Gericht.... Natürlich rein theoretisch, mir sind keine derartigen Absichten (oder namhaften wissenschaftlichen Meinungen) bekannt, ich möchte keine Angstschübe auslösen! Dennoch fazit: Man hat sozialversicherungsrechtlich immer nur auf das Anspruch, was die medizinische Wissenschaft für sinnvoll und zweckmäßig hält. Statt Angelikas rethorischer Schlussfrage (Antwort = "nein", no-na!) sollten wir uns daher meiner bescheidenden Meinung nach die Frage stellen, ob sich nach wissenschaftlichen Kriterien der "Krankheitswertigkeit" etwa F-64.0 von F-64.1 (Transvestitismus unter Beibehaltung beider Geschlechtsrollen) deutlich genug unterscheiden lässt? RE: Depathologisierung - Eva - 31.10.2011 Liebe Angelika, (30.10.2011, 21:53)Angelika schrieb: Sollte es tatsächlich zur Depathologisierung kommen, dann werden sich die Krankenkassen über eine der größten Massenheilungen aller Zeiten freuen. Ich halte das für eine Angstpropaganda. Angesichts der Zahlen, kann man bestenfalls eine "marginale Heilungsquote" erwarten. F64.0-Behandlung fallen bei den Krankenkassen de facto nicht ins Gewicht. F64 ist ein nettes Argument, dass man gegen Leistungskürzungen einbringen kann, aber eindeutig nicht die Grundlage der Leistungserbringung. Wie immer, gerade nach der Initiative des EU-Parlaments ist es kaum vorstellbar, dass F64.0 in der jetzigen Form im ICD11 überlebt. Anstatt des ewiggestrigen Jammerns um mögliche Leistungskürzungen sollten wir
Einen Missbrauch der Pathologisierung für die Anerkennung des Personenstands lehnen wir wohl alle ab. eVa Ich bin zwar auch blöd, aber wenigstens F64.0! RE: Depathologisierung - Mike-Tanja - 31.10.2011 (31.10.2011, 12:51)Angelika schrieb: [hier gekürzt]Tja, wir hätten wahrscheinlich allesamt kein oder nur ein geringeres Problem, wenn "Transsexualismus" und "Transvestitismus" im ICD-10 nicht gerade nicht unter den körperlichen (somatischen) Erkrankungen sondern unter Kapitel V, Notation F00–F99, Psychische und Verhaltensstörungen, eingereiht wären..... RE: Depathologisierung - Mike-Tanja - 01.11.2011 (30.10.2011, 21:29)Eva schrieb: [hier gekürzt] Wie ist deine Position: Bist du krank? [hier auch gekürzt]Ich persönlich fühle mich nicht im geringsten "krank". Ich betrachte den Wunsch und die Fähigkeit zu "switchen" mehr als Gabe denn als Fluch. Zum einen macht es mich zu einem besonderen Menschen, zum anderen ermöglicht es Erfahrungen und Grenzüberschreitungen, die anderen versagt bleiben. Wenn ich, selten genug, mit meinem Tivi-Sein ein Problem habe, dann ist es eher gesellschaftlicher Natur. Im erweiterten Wortsinn wäre das gewissermaßen ein "soziopathisches" aber ganz sicher kein psychopathisches Problem! Ich habe es schon einmal wo geschrieben, iirc, aber findet ihr es nicht faszinierend, dass Transsexualität eine "Krankheit" ist, die unter "Psychische und Verhaltensstörungen" firmiert, bei der aber in vorderster Linie weder die Seele noch das Verhalten therapiert werden, sondern vielmehr der Körper verändert wird? Ist das nicht allein schon irgendwie der Beweis dafür, dass jedenfalls die geltende Einordnung im System komplett falsch ist? RE: Depathologisierung - Eva - 02.11.2011 (01.11.2011, 15:06)Angelika schrieb:(01.11.2011, 10:46)Mike-Tanja schrieb: Ist das nicht allein schon irgendwie der Beweis dafür, dass jedenfalls die geltende Einordnung im System komplett falsch ist?[/color][/size][/font] Wer fordert was? Die EU-Resolution "calls in particular for the depsychiatrisation .." und Kostendeckung durch die Sozialversicherung (Abs. 13). Das ist durchaus mit einer Reklassifikation vereinbar. Die Position der spanischen STOP-P-2012 Initiativen lese ich als politische Forderung mit Verhandlungspuffer - wenn's ernst wird. Ich selbst halte eine völlige Streichung im ICD11 derzeit für unrealistisch (siehe Standard). Im DMS5 wird's ja wahrscheinlich auch noch eine abgemilderte Klassifikation für unsere Perversität geben. Ob die WHO viel unpsychiatrischer als die APA-Psychiater hinter dem DSM sind ist fraglich. Der ICD ist ein normatives Werk. Lesenswert sind insbesondere die erfassten Persönlichkeitsstörungen: Abnorme Gewohnheiten (F63), SM (F65.5), Sodomie (F65.8), Voyeurismus (F65.3), ungelebtes sexuelles Begehren (F66.1), Pädophilie (F65.4) - wohlgemerkt nicht Päderastie! etc. Dieser Katalog dient der Diskreditierung von mit Scham belegten Lebensformen! Ich bin sehr froh, dass wir als TGs diesen Wahn in die öffentliche Diskussion einbringen und würde auf eine breite De-ICD'isierungs- Bewegung hoffen. Die OP-Finanzierungsfrage ist auf jeden Fall eine politische. Hier geht's aber um den pseudowissenschaftlichen Missbrauch der Medizin: Normalitäskonstruktion durch Brandmarkung der Abnormalität. Das brauchen wir nicht! eVa RE: Depathologisierung - signo - 02.11.2011 (02.11.2011, 13:30)Eva schrieb: (...) Ich bin sehr froh, dass wir als TGs diesen Wahn in die öffentliche Diskussion einbringen und würde auf eine breite De-ICD'isierungs- Bewegung hoffen. das unterschreibe ich voll und ganz signo RE: Depathologisierung - signo - 02.11.2011 (02.11.2011, 13:30)Eva schrieb: Die OP-Finanzierungsfrage ist auf jeden Fall eine politische. Damit ist doch alles beantwortet, wobei ich glaube damit war nicht "Parteifarbenkonstellationskaffeesudlesen" in mini-at gemeint. RE: Depathologisierung - Eva - 02.11.2011 Liebe Angelika. (02.11.2011, 19:54)Angelika schrieb: Strebst Du eine HRT oder eine GA-OP an?[Moderationseingriff. Bitte keine rote Farbe in Postings, da diese zur Kennzeichnung von Moderationseingriffen dient (Punkt 8.11.4 der Forumsregeln) Mike-Tanja] Die Frage ist untergriffig und unfair! Du unterstellst, dass gesellschaftspolitische Meinungen nur der Sicherung persönlicher Vorteile dienen. Dein Bild ist sicher durch deine Erfahrungen in der SPÖ geprägt, aber es ist unpassend das einer Community-Teilnehmerin zu unterstellen. Aber es ist ja noch schlimmer: Du unterstellst sogar, dass sich S. persönlicher Vorteile auf Basis deiner nun wirklich übertriebenen GaOP-Finanzierungsparanoia sichern will. Und das ist einfach unrealistisch. Eva RE: Depathologisierung - Mike-Tanja - 02.11.2011 Bremst euch bitte ein wenig ein! Man muss nicht transsexuell sein, um eine Meinung zur Frage der Depathologisierung haben zu dürfen. Und parteipolitisch motivierte oder gefärbte Angriffe halte ich ebenfalls für nicht angebracht. |