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Spät aber doch - Druckversion

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Spät aber doch - Petramaria - 29.10.2025

Ich wuchs in Wien in einem bürgerlich geprägten Haushalt auf. Mein Vater war konservativ erzogen worden und auch der Altersunterschied von fast fünfzig Jahren dürfte eine Rolle gespielt haben. Meine Mutter, Wissenschaftlerin und Lehrerin, hatte zwar ein großes Herz, war aber in vielen Dingen sehr naiv. Aus Familientradition erhielt ich mehrere Vornamen darunter als letzten „Maria“.
In meiner Erinnerung war ich schon sehr früh auf meine ältere Schwester eifersüchtig, die in eine Ballett- und Tanzschule für Aufführungen immer schöne Tanzkleider, darunter auch einmal ein Tütü bekam, dass ich gerne selbst angezogen hätte.
In den letzten beiden Jahren in der Volkschule und den ersten Jahren im Gymnasium hatte ich einen guten Freund, mit dem ich viel unternahm. Neben Detektivspielen und der ersten Zigarette kamen wir auch einmal auf die Idee (ich weiß nicht mehr, von wem sie kam) uns nackt auszuziehen. Wir waren beide sicherlich noch nicht aufgeklärt, trotzdem kuschelten wir nackt miteinander und ich bestand darauf, der weibliche Part zu sein. Es blieb aber alle sehr unschuldig, keiner kam zu einem Höhepunkt und das war auch bis heute der letzte halbwegs intime Kontakt mit einem gleichgeschlechtlichen Partner.
Um dieselbe Zeit begann bei mir eine Obsession nach Damenwäsche-Reklame. Ich schnitt Seiten mit Bildern von Frauen in Damenwäsche aus und sammelt sie in einem Album. Bald genügte das nicht mehr und ich durchsuchte, wenn meine um vier Jahr ältere Schwester nicht zu Hause war, ihre Wäscheladen. Ich hatte bald ein paar Lieblingsstücke, meistens Spitzenhöschen meiner Schwester und ich benutzte jede Möglichkeit, um sie auch heimlich zu tragen. Ich bastelte mir aus Watte auch Brustformen, um die BHs meiner Schwester auszufüllen. Das endete alles mit einem großen Donnerschlag als die Brustformen und auch einige Wäschestücke entdeckt wurden. Mein Vater nabelte sich endgültig emotionell von mir ab und meine Mutter war in der Situation überfordert. Für einige Zeit war das Verlangen, meine feminine Seite zu erkunden und zu erleben, ausgelöscht.
Die nächsten Jahre verliefen bis auf zwei Ausnahmen unauffällig. Die erste Ausnahme war, dass, obwohl normal angezogen und nicht geschminkt ich für ein Mädchen gehalten wurde (ich wurde und werde bis heute immer jünger als mein tatsächliches Alter gehalten) und die andere Ausnahme war, dass ein älterer Herr mir eindeutige Avancen machte (die von mir nicht erwidert wurde).
Das Verlangen, meine feminine Seite auszuleben wurde, durch den zufälligen Fund eine Pornomagazins mit Transsexuellen Protagonisten wieder entfacht und später durch die Möglichkeiten des Internets noch gesteigert- Und das, obwohl ich mittlerweile einen Job beim Sicherheitswesen hatte und verheiratet war. Aber auch meine Ehe scheiterte schließlich auch an der Erkenntnis, dass sich meine Frau nicht mit diesem Teil meines Wesens anfreunden konnte, obwohl es in unserem gemeinsamen Leben keine Rolle spielte. Genauso wie im Berufsleben wie auch im sozialen Bereich lebt ich ausschließlich meine männliche Rolle aus.
Nun, im Alter von über 70 und seit acht Jahren im Ruhestand, vergeht kaum ein Tag, wo ich mir keine Gedanken über mein Geschlechtsidentität mache. Nach außen bin ich der pensionierte Security, bin in meiner Gemeinde stark im männlich dominierten Vereins-Leben verankert und bekannt, jedoch zu Hause trage ich an der liebsten weiblichen Unterwäsche. Auf der eine Seite trage ich einen Vollbart, auf der anderen Seite habe ich mit Nahrungsergänzungsmittel experimentiert, die angeblich meine weibliche Seit zum Erblühen bringen. Wobei, und das möchte ich betonen, ich mich auch in der männlichen Rolle wohlfühle und sie gerne in der Außenwelt auslebe. Das größte Problem ist dabei, dass ich in der Gemeinde, in der ich seit nun 30 Jahren wohne, kein Ansprechpartner habe, um mich mitzuteilen.