Stimme, Sprache
Stimme, Sprache
Beitrag #1
Hallo Leute,
ab und zu geh ich en femme raus (Favoritenstraße, Mariahilferstraße etc). Optisches passing scheint so weit ok (zumindest werde ich nicht ständig enttarnt). Problem: Sprache: Manchmal möchte man halt doch in ein Cafe gehen oder was kaufen. Meine männliche Stimme verrät mich dann regelmäßig. Wie geht ihr damit um? Verstellt ihr die Stimme inRichtung weiblich? oder pfeift ihr schlichtweg drauf? Würd mich mal interessieren, wie ihr das macht.
lg
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RE: Stimme, Sprache
Beitrag #2
(09.11.2011, 00:29)martina621 schrieb: Hallo Leute,
ab und zu geh ich en femme raus (Favoritenstraße, Mariahilferstraße etc). Optisches passing scheint so weit ok (zumindest werde ich nicht ständig enttarnt). Problem: Sprache: Manchmal möchte man halt doch in ein Cafe gehen oder was kaufen. Meine männliche Stimme verrät mich dann regelmäßig. Wie geht ihr damit um? Verstellt ihr die Stimme inRichtung weiblich? oder pfeift ihr schlichtweg drauf? Würd mich mal interessieren, wie ihr das macht.
In den meisten Fällen mache ich mir keine großen Gedanken deswegen. Ich weiß bzw. rechne stets damit, dass mich irgendetwas "verrät" - was soll's! Aber ich bemühe mich natürlich, die Sprache ein wenig zu modulieren, weniger nach Stimmhöhe zu streben als zu versuchen, eine weibliche Sprechmelodie und Betonung zu erreichen.

Das kann man natürlich auch bei professionellen Logopäden und Sprachtrainern lernen und trainieren, wenn man Zeit und Geld dafür investieren möchte.

- Sag' Du mir, in welche Schublade ich passe! Wave   -
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RE: Stimme, Sprache
Beitrag #3
auf transgender.at gibt eine deutsch übersetzung des standard kurses zu dem thema (von melanie anne philipps)

http://transgender.at/infos/tips/stimme.html
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RE: Stimme, Sprache
Beitrag #4
(09.11.2011, 00:29)martina621 schrieb: Wie geht ihr damit um? Verstellt ihr die Stimme in Richtung weiblich? oder pfeift ihr schlichtweg drauf? Würde mich mal interessieren, wie ihr das macht.
Also ich spreche wie mir der Schnabel gewachsen ist und der ist sehr groß Smile.
Wobei ich durch Training über ein Jahr beim Autofahren, noch vor meinem Geschlechtswechsel die Stimme perfektionieren konnte. Manchmal fällt klingt sie tiefer, oder dumpfer, aber wenn ich es drauf anlege, dann ist sie recht gut, denke ich.

Jetzt, wenn ich versuche mit der alten Stimme zu sprechen, dann klingt das angeblich so, als würde eine Frau versuchen männlich zu sprechen. Ich kann es ja nicht beurteilen, weil ich mich selbst ganz anders höre.
Auf meiner Page gibt es eine Link zum Radiointerview. Dort kannst du meine Stimme von 2007 hören.

Wenn ich mit Männern rede, dann ist sie perfekt weiblich, sagt meine Freundin. Außerdem spreche ich dann betont feminin, mit all den Finessen, die das erfordert.

Ach ja, ich habe die Methode von Melanie Anne Philipps benutzt um feminin sprechen zu lernen.
Ich bin nicht mein Körper.
Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum.
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RE: Stimme, Sprache
Beitrag #5
Danke für Eure Tipps. Dachte mir eh schon, dass das Thema Stimme nicht ganz so einfach sein wird. Ich hab mir vorgenommen, halbwegs passende weibliche Interviews (zu irgendwelchen Themen) auf mein smartphone aufzunehmen und immer wenn möglich Satz für Satz nachzuahmen (versuchen) - . Den Kurs von melanie anne philipps kenn ich. Bei Logopäden hab ich schon angefragt. Die wollten alle nicht....Ich bin ohnehin eher Autodidakt, nun heißt es halt üben. Die Sache ist schwierig, drum wollte ich fragen, wie jene von Euch, die es noch nicht geschafft haben, damit beim rausgehen umgehen (Ich will ja nicht 5 Jahre nur Stimme üben und dann erst rausgehen ;-)

Noch ein anderes Thema: ich möcht mir noch eine Damenbrille zulegen. Kennt jemand von Euch einen aufgeschlossenen Optikerladen oder eine Kette (ich würde dort vielleicht sogar en femme hingehen, weil in "voller Montur" (mit Perücke etc.)
lässt sich eine Brille jedenfalls besser aussuchen.
Die Erfahrung raus zu gehen macht jedenfalls Spass - unangenehme Erlebnisse hatte ich bis dato - fast - noch keine.
In einem Kleiderkettengeschäft in der Meidlinger Hauptstraße (jenes ziemlcih weit oben) hab ich neulich ein Kostüm en femme gekauft. War sowas von unproblematisch... Aber was erzähl ich da, ihr seid ja Profis...
Nochmals danke!
LG Martina
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RE: Stimme, Sprache
Beitrag #6
(09.11.2011, 23:44)martina621 schrieb: [hier gekürzt] Bei Logopäden hab ich schon angefragt. Die wollten alle nicht....Ich bin ohnehin eher Autodidakt, nun heißt es halt üben.
Die wollten dein Geld nicht nehmen? Also das verstehe, wer will! Huh Ich bin sicher, jemand kann dir da noch einen Tipp geben.
(09.11.2011, 23:44)martina621 schrieb: Die Sache ist schwierig, drum wollte ich fragen, wie jene von Euch, die es noch nicht geschafft haben, damit beim rausgehen umgehen (Ich will ja nicht 5 Jahre nur Stimme üben und dann erst rausgehen ;-)
"Speak softly and wear some pretty lipstick", könnte man in Anlehnung an einen einem berühmten US-Präsidenten zugeschriebenen Satz sagen. Eher leise sprechen, dafür deutlich mit den Lippen artikulieren (das Lippen-Make-up sollte natürlich perfekt sein...Wink), und sich vor allem nicht zu viele Gedanken darüber machen, was die anderen von dir denken. Du hast ein Recht auf Respekt, wurscht ob Passing-Faktor 99,9 oder Trümmertranse! Exclamation
(09.11.2011, 23:44)martina621 schrieb: Noch ein anderes Thema: ich möcht mir noch eine Damenbrille zulegen. Kennt jemand von Euch einen aufgeschlossenen Optikerladen oder eine Kette (ich würde dort vielleicht sogar en femme hingehen, weil in "voller Montur" (mit Perücke etc.) lässt sich eine Brille jedenfalls besser aussuchen. [Rest gekürzt]
Tanja hat diese rot-schwarze problemlos und gut bedient beim Fielmann auf der Mariahilferstraße bestellt (und im Gegensatz zu ihrem Zwillingsbruder ist die Dame eine mitunter nervende und eher wählerische Kundin Big Grin): [Bild: alltag_diverses-6.jpg]

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RE: Stimme, Sprache
Beitrag #7
Nochmals danke an alle für die Tipps. Gut zu wissen, dass es noch andere "da draussen" gibt Big Grin
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RE: Stimme, Sprache
Beitrag #8
Oh ja die Stimme, ewige Leiden so zu sagen.
Also vor weg, ich habe eine extrem tiefe Männerstimme und beim Sprechen mach ich auch noch gutturale Laute. Nun so hört es sich defintiv nicht weiblich an.
Hinzukommt noch, dass ich mit den Ausführungen von Melanie Anne Philipps nicht wirklich viel anfangen kann. Also mußte ich das alles selbst herausfinden.

Ich fing an mich beim Sprechen auf Video aufzunehmen. So konnte ich genau beobachten wie ich welche Laute mit welcher Lippenstellung erzeugte. Dann konnte ich daran arbeiten, wie ich die Laute auch anders erzeugen konnte.
Ein wichtiger Punkt dabei ist, man muß die Stimme, die man bekommen will erstmal mal im Kopf haben. Das mag komisch klingen, aber der Kopf hilft dem Körper die Wünsche umzusetzen.
Und dann heißt es üben, weil man quasi jeden Laut neu erlernen muß. Am Anfang ist man entweder zu hoch oder zu tief.
Das passiert mir ständig, aber das ist nicht schlimm. Mir ist nämlich aufgefallen, daß viele Frauen mit einer eindeutig zu hohen Stimme sprechen, wenn sie Aufmerksamkeit erregen wollen. Zum Beispiel zur Begrüssung, viele Frauen quietschen wenn sie sagen "Hi, wie gehts?" und reden dann erst normal weiter.
Gut, es besteht da natürlich immer das Problem, daß ich dann vielleicht wie ein Mann klinge der versucht eine Frau nachzumachen. Aber ich würde mir um die Details erstmal keine großen Gedanken machen.
Eine einfache Technik ist auch, mehr oder weniger normal zu sprechen, vielleicht etwas leiser als normal und mit weniger Bass in der Stimme und am Ende des Satzes einfach mit der Stimme nach oben gehen. Am besten aus jedem Satz eine Frage machen. Anstatt zu sagen: "Ich habe Hunger.", daraus ein "Ich habe Hunger?" machen.
OK, ob das wie eine Frau klingt, das weiß ich nicht, aber es klingt definitv nicht mehr wie ein Mann. Diese geschlechtsneutrale Stimme, zusammen mit einem weiblichen Aussehen, reichen meistens um mich als Frau einzuordnen.
Und ich denke bei anderen dürfte das genauso gehen.
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RE: Stimme, Sprache
Beitrag #9
Ich beschäftige mich schon seit zwei Jahren sehr intensiv mit meiner Stimme, habe alle verfügbaren Methoden zum Selbststudium probiert (M.A. Phillips, A. James, Exceptional Voice usw.) und auch schon bei zwei verschiedenen Logopädinnen trainiert. Als Musikerin ist mir bei meiner Transition die Stimme fast am wichtigsten - ich kann mich ja meistens nicht selber sehen, aber hören muss ich mich ständig! Zufrieden bin ich leider trotzdem nicht...

Generell kann ich den Beiträgen hier nur zustimmen, was aber ein wenig untergeht, ist die Tatsache, dass man seine mittlere Sprechstimmlage sehr wohl auch höher trainieren muss. Wenn man das nicht macht, bringen Änderungen der Artikulation usw. nur sehr wenig!! Ich habe schon so viele TG's gehört, die nur letzteres gemacht haben, und ich höre dann ehrlich gesagt immer Männer sprechen! Für die Geschlechtseinordnung einer Stimme sind nämlich vor allem zwei Faktoren wichtig: 1. Tonhöhe und 2. Resonanzcharakteristik. Alles andere ist sekundär. Ich kenne genug Biofrauen in meinem Bekanntenkreis, die viel männlicher artikulieren als viele TG's, und dennoch werden sie wegen dieser zwei Punkte niemals als männlich gehört! Gerade im deutschsprachigen Raum ist die Sprachmelodie bei Männern und Frauen gar nicht so grundverschieden wie beispielsweise in den USA. Deutsch ist einfach eine sehr unmelodische Sprache.

Die mittlere Stimmlage liegt für Frauen ungefähr bei A=220Hz. Ein wenig tiefer ist (je nach Resonanz der jeweiligen Person) auch gut bzw. für viele sogar besser. Nur höher sollte man auf keinen Fall werden, denn sonst klingt's nach Falsett und sehr künstlich. Ich spreche beispielsweise um das G# herum. Die richtige Resonanz ist auch erst dann möglich, wenn man sich von der Tonlage her in diesem Bereich bewegt - weiter unten reißt die Stimme dann (wie bei den Biofrauen auch) ab, wenn man mit der richtigen Resonanz spricht.

Einen sehr wichtigen Punkt habe ich kürzlich außerdem noch gelernt: Viele Männer, aber auch manche Frauen sprechen zur Betonung mit einem harten Stimmeinsatz bei den Vokalen (sogenannter "vocal fry"). Dabei knallen die Stimmlippen sehr hart aufeinander. Wie schon vorher erwähnt, wäre das theoretisch auch kein Unterscheidungsmerkmal zwischen männlicher und weiblicher Stimme. Allerdings ist es für uns TG's so, dass wir diesen "vocal fry" unbedingt vermeiden lernen müssen, denn bei uns klingt's dann aufgrund des größeren Kehlkopfs plötzlich männlich, auch wenn wir sonst eine perfekt trainierte Stimme haben!

Viel Spaß beim Trainieren & liebe Grüße,
Iris
*** Bitte keine Anfragen mehr bezüglich OP-Bilder von Dr. Schaff. Ich versende diese schon lange nicht mehr. Vielen Dank! ***
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RE: Stimme, Sprache
Beitrag #10
Ich überlese jetzt mal alle Beiträge und schreibe einfach auf, wie ich das handhabe.

Grundsätzlich achte ich tatsächlich nicht bewusst auf die Stimme. Sie ist von Haus aus nicht ein Bass, für viele klingt es halt nach Frau mit etwas rauchiger Stimme. Ich glaube auch, schon einige Frauen kennen gelernt zu haben, die mindestens so tiefe Stimmen habt wie ihr. Das solltet ihr immer im Hinterkopf behalten Smile Ganz ehrlich, das beruhigt. Und wenn ihr euch zu viel Gedanken darüber macht, werdet ihr unsicher und fällt in ein anderes Schema. Dann beginnen die Zuhörer erst, es zu merken.

Das zweite ist, Stimme alleine wird meiner Meinung nach nicht alleine durch eine Tonfrequenz bestimmt. WIE IHR BEI EINEM MENSCHEN ANKOMMT - das ist wichtig. Auch wenn ein Zuhörer sich also unsicher ist, was ihr seid, so kann man ihn täuschen oder zumindest in seiner Unsicherheit belassen, solange man ihm den Eindruck verschafft, Frau zu sein. Dazu gehören viel mehr als die Stimme: Mimik und Gestik. Die Lippenbewegungen, das Spielen der Zunge, die Bewegungen der Augen, die Bewegungen aus den Handgelenken und Ellbogen müssen komplett weiblich verlaufen. Wer Frauen intensiv beim Sprechen beobachtet, kann das lernen. Wichtig ist, viele Leute übertreiben es, womit es dann nicht mehr weiblich wirkt, sondern - bitte verweist mich in die Schranken wenn ich jetzt über eine Grenze trete aber es ist nicht einfach das zu formulieren - wie bei einem Mann, der gleichgeschlechtlich interessiert ist, durch die Nase redet und ständig diese abwinkende Bewegung mit der Hand macht. Wer schon mal Bully Herbig gesehen hat, weiss wovon ich spreche. Tut sowas nicht, das kommt nicht mehr weiblich rüber. Dezent aber bestimmt sollte es sein.

Eine dritte und letzte Sache. Denkt darüber nach, was für ein Typ Frau ihr seid. Ich bin klein, sanft und herzig - und genauso rede ich. In der Stimme darf nur Ehrlichkeit stecken, lasst Gefühle einfliessen. Wenn mich jemand anruft z.B. dann hebt sich meine Stimme total an und wird fast schon mädchenhaft, weil ich mich freue. Da spielen sich ganz vorne im Mund die Worte ab und nicht hinten auf den Stimmbändern. Manchmal kann man auch Worte umgehen und stattdessen nur mit Lauten etwas ausdrucken. Und gerade da kann man die Kopfstimme wieder etwas einsetzen.

Zuletzt, ein Beispiel für alle Punkte:
Wenn ich also wo zustimme, dann sag ich nicht "JA."
Meine Hände pressen sich an den Handflächen in der unteren Hälfte meiner Oberschenkel aneinander, mein Kopf macht eine leicht zitternde Nickbewegung (ohne wirklich zu nicken), im selben Moment gehen meine Augen ein wenig weiter auf (Frauen machen grosse Augen wenn etwas "JA!" ist) und aus mir heraus kommt ein Geräusch bei geschlossenen, lächelnden Lippen: "Mhm."
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