Phoenix Fernsehtipp - Wege aus der Depression
RE: Phoenix Fernsehtipp - Wege aus der Depression
Beitrag #21
(27.02.2014, 20:15)Mike-Tanja schrieb:
(27.02.2014, 18:42)Eva_Tg schrieb: Nein, daß war eine ernstgemeinte Frage. Ich habe mehrere depressive Episoden hinter mir, hatte aber niemals Suizidgedanken.
Also wie kommt man auf die Idee, daß Depressionen automatisch den Gedanken an Selbstmord beinhalten? [Rest gekürzt]

Ich glaube, das ist einfach eine Frage der Intensität.

Leichte depressive Episoden - also das, was die Ärzte und Therapeuten heute recht locker als solche diagnostizieren - habe auch ich sicher immer wieder. Aus meiner Sicht sind Suizidgedanken das Resultat einer sehr starken Intensität und Dauer solcher Gefühle, des Gefühls der Ausweglosigkeit und der Unlösbarkeit aller Probleme, das sich dann auftürmt und einen zu begraben scheint. Kenne ich durchaus auch.

Meine Strategie ist der Einbau von dunklen Gefühlen in die eigene Persönlichkeit. Man muss dem "schwarzen Zwerg namens Melancholie, der dir auf dem Kopf sitzt", sozusagen die Hand schütteln und ihn begrüßen. Er gehört zu deiner Welt, zu deinem Leben, aber er muss eben klein bleiben und sich an gewisse Grenzen halten.

Auf diese Weise habe ich das bisher immer ohne Psychotherapie oder Psychopharmaka unter Kontrolle gehalten. Aber, auch das ist ein Teil meiner Botschaft an den schwarzen Zwerg, es wäre keine Schande, einmal auch sozusagen den Seelen-Kammerjäger zu rufen, wenn's nicht mehr anders geht.

Ich glaube du verwendest hier den Begriff der Intensität anders als Therapeuten und Betroffenene. Der Schwere-Grad einer Depression wird nicht danach bemessen, wie schlimm sich der Betroffene fühlt, sondern danach wie sehr ihn die Depression einschänkt.
Nach deiner Logik wäre somit beinahe jeder Mensch mit einer mittelschweren oder schweren Depression Suizidgefähretet.
Und dich als notorische Freiheits-Ruferin weise ich nochmal explizit daraufhin, daß suizidgefährete Menschen durchaus zwangsbehandelt werden können.
Allein deswegen wäre ich sehr vorsichtig einen causalen Zusammenhang zwischen Selbstmordgedanken, Depression und Intensität aufzustellen.

Ich würde Depression und Melancholie nicht unbedingt gleich setzen. Damit wäre im Grunde jeder Mensch, der von Trauer, Verlustängsten, Schwierigkeiten, Hoffnungslosigkeit und negativen Gefühlen übermahnt wird, zu einer Depression verdammt. Was aber nicht der Fall ist. Der artige Gefühle und widrige Lebensumstände sind zweifelslos ein möglicher Auslöser einer Depression, aber bei weitem nicht bei jedem Menschen. Theoretisch kann die Depression auch dann auftreten, wenn diese äußeren Faktoren objektiv gesehen gar nicht so schlimm sind. Das ist natürlich unwahrscheinlicher, aber nicht unmöglich.

Die Depression manivestiert sich letztlich in der Sinnlosigkeit des eigenen Tuns und des daraus erfolgtem nicht mehr Handeln. Und die schwere der Depression läßt sich eigentlich nur daran messen, was man alles als sinnlos erachtet. Ich weiß, für normale Menschen ist sowas beinahe unverständlich, aber wenn man keine emotionale und kognitive Verbindung zu den Dingen hat, die man früher machte, dann macht man sie einfach nicht mehr. Und man kann noch nicht mal einen Grund benennen, warum man etwas nicht mehr tut und das wiederum führt oft zu Schuldgefühlen. Das ist wahrscheinlich die einzige emotionale Verbindung, die man noch irgendwie knüpfen kann.
Und das schlimme ist ja, die ursprünglichen, auslösenden Faktoren können schon länge vorbei sein, aber trotzdem wird der eigene Zustand anhalten. Und das ist der Punkt an dem man mit Psychopharmaka und/oder einer Therapie ansetzen muß und hoffen, daß man die Betroffenen aus diesem Zustand lösen kann.
Banal gesagt hat der Verstand einfach alle Gefühle ausgeschaltet, aber daß heißt nicht, daß depressive Menschen nun völlig rational und logisch handeln würden. Es handeln ja nur um die gefühlsmäßige Verbindung, ich gehe mal davon aus, daß die Gefühle unterbewußt nach wie vor aktiv sind.
Und in der Therapie lernt man eigentlich nichts anders als einerseits die Gefühle wieder zu erleben und anderseits mit Problemen und Schwierigkeiten umzugehen, um in Zukunft einen erneuten Verlust der Verbindung zu verhindern.
Ein Therapeut ist kein Exorzist, der irgendwas austreibt, sondern eher ein Mensch der Gefühlsregungen erkennt und benennt und gegebenfalls verstärkt. Notfalls macht sich ein Therapeut auch zum Affen und ist sich nicht zu schade sich über Banalitäten übertrieben zu freuen oder zu lachen, nur um die Gefühlsregungen des Patizenten auszulösen. Leider bleibt es einem auch nicht erspart negative Gefühle auszuleben, aber das gehört nunmal auch zum Spektrum dazu. Wer lachen kann, kann auch weinen. Betroffenene müssen lernen mit allen Gefühlen umzugehen.
Zu viel Wahrheit wird nicht erkannt; Zu viel Tod am Wegesrand.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
WWW
Zitat



Nachrichten in diesem Thema
RE: Phoenix Fernsehtipp - Wege aus der Depression - von Cappuccetto - 26.02.2014, 08:51
RE: Phoenix Fernsehtipp - Wege aus der Depression - von Eva_Tg - 28.02.2014, 14:22
RE: Phoenix Fernsehtipp - Wege aus der Depression - von Cappuccetto - 27.02.2014, 21:00

Gehe zu: