Duales Geschlechtssystem: theoretische Chancen zur Berücksichtigung von TG/IS?
Duales Geschlechtssystem: theoretische Chancen zur Berücksichtigung von TG/IS?
Beitrag #1
In den anderen Thread passt es nicht mehr, deswegen schreibe ich hier:

(10.02.2016, 19:31)Mike-Tanja schrieb: Im Gleichbehandlungsrecht geht es um - erraten - Rechtsfragen. Und das Geschlecht ist hier eine rechtliche Kategorie: dychotomisch, zweitgeteilt, schwarz oder weiß, rosa oder blaues Strampelhoserl. Tertium non datur, wie die (Küchen-) Lateinerin sagt, eine dritte Variante gibt es nicht.

Wie passt das eigentlich zum Gebot, zB im Streitfall (wie der "Kloverbots-Streitfall" einer wäre), die "materielle Wahrheit festzustellen"? Bei TG könnte man ja noch als "materielle Wahrheit" ansehen, dass sie (je nach Penis/Vagina bei der Geburt) geistesgestörte Männer/Frauen wären, die sich halt einbilden, das "andere" Geschlecht zu sein. Wie schaut's aber aus, wenn die körperliche Bestimmung *nicht* eindeutig ist (IS)? Außerdem kommt die Entpathologisierung von TG ja langsam auch in der Wissenschaft an und wird somit zum aktuellen Stand des Wissens, das ja wohl berücksichtigt werden sollte?

Oder anders gefragt: Im Recht gibt es ja eindeutig "Männer" und "Frauen" und sonst gar nichts, soweit klar. Nur: Wo ist definiert, wer Mann und wer Frau ist? Bei der Geburt ist Mann/Frau als Personenstand in der Geburtsurkunde einzutragen und das ist dann lebenslänglich definiert. Aber was ist, wenn schon bei der Geburt das Geschlecht nicht eindeutig festgestellt werden kann (IS)? Muss man es hinnehmen, dass IS als Behinderung gesehen wird, hinter der sich ein "richtiger Mann" oder eine "richtige Frau" versteckt?

Und wie kann man den Umstand, dass das Geschlecht eben ein mehrschichtiger Begriff ist und bei manchen Personen nicht nur davon abhängt, ob bei der Geburt ein Penis oder eine Vagina rechtswirksam festgestellt wird, dem Rechtswesen klar machen? Oder werden TG ewig einfach nur als geistesgestörte Männer/Frauen gelten?

Der Zustand, dass es "uns" einfach nicht gibt, kann ja wohl kaum dem Grundgedanken der Nichtdiskriminierung (Art 14 und 8 EMRK) entsprechen, auch wenn die aktuelle Rechtslage schlicht und einfach so (diskriminierend) ist.

Wäre es nicht zumindest theoretisch denkbar, die grundrechtskonforme Auslegung der Nichtdiskrimierung aufgrund des Geschlechts (zB GlBG) so zu gestalten, dass das "tatsächliche" (gefühlte, gelebte, [mittlerweile] reale körperliche, …) Geschlecht zum Tragen kommt (und nicht das Personenstands-Geschlecht), selbst wenn das nicht eindeutig Mann/Frau sein sollte? Das könnte dann in weiterer Folge bedeuten, dass die Benützung der "richtigen" Toilette eben doch sogar legal ist.

Natürlich ist mir klar, dass der Großteil der Bevölkerung und der Entscheidungsträger dem niemals zustimmen und darauf beharren wird, dass TG/IS geistesgestörte/behinderte Männer oder Frauen sind. Aber es war doch bisher bei fast allen "Errungenschaften" so, dass sie höchstgerichtlich erkämpft werden mussten… ist nur die Frage ob es Chancen gibt?

Hab ich hier irgendwo einen Logikfehler? Oder gibt es vielleicht doch die winzigkleine Chance, dass – vorausgesetzt, dass männliche weiße wohlhabende heterosexuelle und somit normsetzungsbefugte Psychiater irgendwann zugeben, dass IS und vlt sogar TG keine Behinderung bzw. Persönlichkeitsstörung eines Mannes/einer Frau sind (ICD11) – zumindest das gelebte (= eigentlich "materiell wahre") Geschlecht in Streitfällen berücksichtigt wird?

Von einer Eintragung desselben wage ich ja gar nicht zu träumen… da könnt ja a jeder kommen und dann müssen wir auch die eintragen, die sich als Elefant fühlen. Das wären sicher ganz viele und dann bricht das Abendland endgültig zusammen.
Das Leben ist eine Komödie und wir sind die Clowns.
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Duales Geschlechtssystem: theoretische Chancen zur Berücksichtigung von TG/IS? - von j-unique - 11.02.2016, 13:40

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