Weiß ncht mehr weiter... :-(
RE: Weiß ncht mehr weiter... :-(
Beitrag #11
(05.10.2016, 20:39)invisible schrieb:
(05.10.2016, 19:00)Eva_Tg schrieb: Na ja, gezwungen wirst du schon, jeder spricht dich mit Herr an, das ist nicht nur bloße Höflichkeit, sondern impliziert auch gewisse Erwartungen an die Geschlechterrolle. Männer und Frauen unterscheiden sich eben nicht nur durchs Aussehen und die Anrede.

Du hast recht. In meinem Umfeld zählen halt die typisch männlichen Klischees nicht, wie Stärke usw.
Aber es stimmt, ich hab das nicht bis ins letzte Detail durchdacht und es wird unzählige Erwartungshaltungen geben die mir gar nicht bewusst sind. Ich schätze mich einfach glücklich dass ich in gewissem Rahmen ich selbst sein darf.

Es geht nicht nur um Klischees, sondern eher um Verhalten. Na ja, das ist alles schwer zu beschreiben, ich sage es mal so, früher mochte mich niemand, weil irgendwas an mir nicht stimmte. Jetzt stimmt es und ich habe diese Probleme nicht mehr.
Es kommt sicherlich darf an wie gut die Betroffenen darin sind eine Fassade aufzubauen, um ihre Probleme mit ihrem Geschlecht zu verbergen. Aber es gibt eben so Fälle, so wie ich, da klappt es nicht und man wirkt auf andere "falsch" oder "abweisend".


(05.10.2016, 20:39)invisible schrieb:
(05.10.2016, 19:00)Eva_Tg schrieb: Und über das andere muss ich jetzt ein wenig lächeln, als begeisterte Laiendarstellerin auf Mittelalter-Märkten weiß ich das ein Kilt ein Kleidungsstück nur für Männer ist und absolut nichts mit einem Rock zu tun hat.

Ja, das ist eh klar. :-) Aber es ist mal ungewöhnlich, dass ein "Mann" was anderes anhat als nur Hosen. Somit ist es für mich eine winzig kleine Möglichkeit, mich etwas mehr auszudrücken. Nur ein kleines bisschen.
Aber: sollten wir heute nicht darüber hinaus sein, was jemand anhaben darf und was nicht? Es ist
ein Stück Stoff.

Wie gesagt, für mich ist es nicht ungewöhnlich. Viele meiner Freunde tragen regelmäßig Kilt. Es kommt eben nur auf den kuturellen Hintergrund an und der ist nicht bei allen gleich.
Ich werde auch oft belächelt, weil ich im Sommer fast jedes Wochenende im Zelt schlafe, ohne fließend Wasser und mit Feuer koche und obendrein noch komische, altertümliche Kleidung trage.


(05.10.2016, 20:39)invisible schrieb:
(05.10.2016, 09:10)Eva_Tg schrieb: Bei Transidentität geht es eigentlich darum, wie nehmen andere mein Geschlecht wahr und behandeln sie mich entsprechend meinem Geschlecht?

Ich weiß nicht... mir geht es jetzt in erster Line darum, warum fühle ICH mich so falsch in MIR SELBST. An die anderen Menschen hab ich bisher nur sehr wenig gedacht, muss ich gestehen. Klar, ich bin ja nicht auf diesem Weg der Transition. Noch nicht???? Ich weiß es nicht.

Also die rein wissenschaftliche Antwort darauf ist eigentlich ganz einfach. Neurologisch gesehen ist die Vernetzung zwischen beiden Hirnhälften dichter als bei anderen Menschen, das führt zu diesem Unwohl fühlen mit dem biologischen Geschlecht. So zu mindestens eine der neuesten Thesen.
Aber auch so liegt die Antwort mehr oder weniger auf der Hand, du fühlst dich falsch, weil du von anderen Menschen entgegen deinem Empfinden behandelt und beurteilt wirst. Das löst unauflösbare innere Konflikte aus die auf die Psyche einwirken.
Der Mensch ist nunmal ein soziales Wesen und extrem abhängig von anderen und dem Bild, was die von einem haben. Wäre es anders, wären uns die Geschlechterbilder und Rollen auch gar nicht so wichtig.
Ich bin z.B. einfach eine Frau und andere haben das selbe Bild von mir, da spielt die Tatsache, dass die Biologie nicht stimmt keine wirkliche Rolle mehr. Ich gehöre sogar zu den wenigen Transfrauen, die keine oder nur geringe Probleme mit ihren Genitalien haben und sich nicht operieren lassen.

Na ja, eigentlich beginnt die Transition erst mit dem Outing, würde ich sagen, aber vor einem Besuch beim Therapeuten sollte man sich vielleicht mal ein paar weiter reichende Gedanken machen. Weil mit Antworten wie "Keine Ahnung" oder "darüber habe ich nicht nachgedacht", damit können Therapeuten immer sehr schwer arbeiten. Also sieh es als eine Art Übungsrunde.


(05.10.2016, 20:39)invisible schrieb:
(05.10.2016, 09:10)Eva_Tg schrieb: Ich kann hier nur für meine Person sprechen, aber selbst wenn ich mit zusammen gebundenen Haaren und leichtem Make-up da sitze und viele Menschen vielleicht mein Geburtsgeschlecht erkennen/erahnen, werde ich eher gefragt, ob ich mal ein Mann war, als dass ich gefragt werde ob ein Mann bin. Ich hoffe dieser Unterschied zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist verständlich.
Darf ich dich fragen wie es dir dann in so einer Situation geht? Empfindest du das als negativ? Versuchst du, dein Gegenüber zu "lesen", ob es etwas von deiner früheren Identität merkt oder nicht?
Klar darfst du fragen, ich hab keine Probleme über meine Transidentität zu reden.
Mir ist es im Prinzip egal, ob andere etwas merken oder nicht. Natürlich lese ich andere instinktiv, weil ich ein sehr gefühlsbetonter und emphatischer Mensch bin, aber bewußt interessiert es mich eher weniger.
Ob ich es postiv oder negativ aufnehme, dass kommt immer auf die Situation drauf an. Wie gesagt, wenn man direkt fragt, ob ich mal ein Mann war, gibt es eine ehrliche Antwort, ich halte nichts vom lügen. Und warum soll ich nicht dazu stehen? Den meistens ist es auch immer peinlich sowas zu fragen, weil sie sich absolut nicht sicher sind, die sind dann immer ganz froh, wenn ich so unkompliziert mit dem Thema umgehe. Wie gesagt, mir ist die Gegenwart wichtiger als die Vergangenheit.
Negativ empfinde ich es, wenn die Leute trotz aller offensichtlichen Gegenbeweise immernoch denken ich sei ein Mann. Wie z.B. auf dem einem Mittelalter-Markt, als mich tatsächlicher jemand fragte, ob ich Travestie machen würde. Den habe ich nur ganz empört angeguckt und gesagt: "Himmel nein, ich bin eine Frau.", der war aber ganz schnell weg, dass war ihm wohl selbst peinlich.
Über diese Frechheit habe mich zwei Tage lang aufgeregt, aber letztlich denke ich war der einfach nur dumm. (Ich hab Fotos von dem Tag, kann jeder selbst entscheiden, ob ich da wie ein Mann aussehe! )


(05.10.2016, 20:39)invisible schrieb:
(05.10.2016, 09:10)Eva_Tg schrieb: Ich will dich nicht entmutigen, aber da die Schere zwischen dem was man empfindet und dem wie andere einen wahrnehmen immer weiter auseinander geht, kann es sehr wohl noch schlimmer werden.
Ich glaube dir, obwohl es mir echt durch und durch gegangen ist, das zu lesen. :-(

(05.10.2016, 09:10)Eva_Tg schrieb: Natürlich steht das jedem offen, aber wenn man von Transidentität betroffen ist, dann gibt es wenig bis gar keine Alternativen. Das sind zwar keine Gesetzmässigkeiten, aber Erfahrungswerte aus vielen, vielen Einzelfällen.
Ich strebe die Transition aber nicht bewusst an. Ich möchte mir keine falschen Hoffnungen machen, dass damit alles gut werden würde. Manchmal glaube ich, ich kann nicht gewinnen, ich werde unglücklich sein egal was ich tue. Aber ich darf so nicht denken.
Jetzt hoff ich mal, dass die Therapeutin Rat weiß. Ich muss an die nächsten Schritte denken.

(05.10.2016, 09:10)Eva_Tg schrieb: Ich weiß nicht, ob das irgendwas mit Risiko zu tun hat, oder der Angst davor, aber irgendwann wird der Schmerz einfach zu groß. Dann spielt die Angst auch keine Rolle mehr.
Danke für deine ehrlichen Worte.

Ich denke Hoffnungen sind das wichtigste, egal ob richtig oder falsch, sonst würde man nie versuchen etwas zu ändern. Und ich glaube nicht das irgend jemand absichtlich unglücklich bleiben will.
Was man natürlich machen kann ist, Hoffnungen auf Realitätsnähe prüfen und sie dann abschreiben.
Ich habe mir z.B. nie Hoffnungen gemacht, dass ich meinen alten Job behalten könnte oder leicht wieder Arbeit finden würde. Das hatte ich abgeschrieben und konnte da also auch nicht enttäuscht werden.
Ein recht realitischer Wunsch hingegen ist, dass ich durch die Hormone endlich mal eine Oberweite wie andere Frauen auch kriege (da habe ich echte Komplexe).
Man muss sich immer die Details angucken, fragen was kann ich erwarten und was ist unrealistisch, so erzielt man auf lange Sicht einen Gewinn an Lebensqualität. Darum geht es der Transition, die Lebenssituation soll sich verbessern und stabilisieren. Das ist jetzt aber auch nicht unbedingt der Weg zur Glückseeligkeit. Die zu finden ist schwer und daran sind schon ganz andere gescheitert.
Dazu habe ich noch eine nette Geschichte, aber die erzähle ich ein andere mal.

Und einmal muss ich noch einharken, nämlich hier:
Zitat:Ich bin bald fertig mit allem (OP-Termin im März 2017) und kann auf die Zeit zurückblicken, die noch vor Dir liegt. Es wird Gesprächsstoff geben und Du wirst auf Widerstand stoßen, aber solange Du einfach nur Du selbst bleibst, reagieren gut gebildete Menschen beim Thema Transidentität mehrheitlich aufgeschlossen und neugierig. Ich habe alle Fragen immer offen beantwortet und klargestellt, daß ich mir selbst treu bleiben werde.
Das ist überall gut angekommen und hat viele Türen geöffnet. Du weißt ja noch gar nicht, was für ein gutes Gefühl das sein kann, das richtige Namensschild an der Bürotür zu haben, die Bankomatkarte auf den richtigen Namen ausgestellt zu haben, die Jahreskarte der Öffis mit dem richtigen Namen zu haben, Post an die richtige Adresse zugestellt zu bekommen und so weiter und so fort.


Welcher Zusammenhang besteht noch gleich zwischen Bildung und Toleranz?
Also die Hälfte meiner Freunde und meiner Familie sind ganz sicher nicht die hellsten Leuchten, aber aufgeschlossen und neugierig sind sie alle und keiner hat ein Problem mit mir oder meinem Geschlecht. Im Gegenteil, die nehmen mich sogar noch in Schutz, so nach dem Motto "Sie ist eine Frau und wenn du weiter disskutieren willst, hau ich dir ein paar aufs Maul!", wenn das einer sagt, der 2m groß ist, breit gebaut und Vollbart, dann wirkt das natürlich entsprechend einschüchternd.
Toleranz und Verständnis für Transidentität hat mehr mit Mitgefühl zu tun als mit Bildung und Wissen. So zu mindestens meine Erfahrung nach und ich kenne eine Menge Leute aus vielen unterschiedlichen Schichten.
Teilweise habe ich sogar schon das Gegenteil erlebt, das einige ihre Nase wegen ihrer Bildung zu hoch trugen und "mit sowas wie mir" nichts zu tun haben wollten. Offenbar war denen das Thema an sich schon anrüchig und schmuddelig.

Aber das andere stimmt schon, es fühlt sich ungeheuer gut an, wenn man endlich seinen richtigen Namen offiziell benutzen kann. Wobei ich noch nicht alles geändert habe, einiges zieht sich echt wie Kaugummi.
Zu viel Wahrheit wird nicht erkannt; Zu viel Tod am Wegesrand.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
WWW
Zitat



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