"Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
"Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Beitrag #1
[MODERATION: Abgetrennt von hier; Bonita]

(03.08.2012, 08:22)Alexandra schrieb: Ich war schon immer Frau.

Woran merkt man das eigentlich? Ich kann lediglich behaupten, mich nicht als männlich zu fühlen, aber wie fühlt man sich als Frau? Ich für meinen Teil will die Geschlechterzugehörigkeit nicht von primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen abhängig machen und auch nicht von der Bekleidungswahl und der Verwendung von Kosmetika und Schmuck, wenngleich ich mich insgesamt wohler und ausgeglichener fühle, wenn ich mich der drei letztgenannten als weiblich zugeordneten Attribute bediene. Letztenendes bin ich doch ich selbst und verstelle mich nicht. Diese scheinbar einfache Frage nach dem Frausein ist für mich jedoch der Dreh- und Angelpunkt aller künftigen Entscheidungen und ich wüßte nicht, wie ich die jemals zufriedenstellend beantworten oder beantwortet bekommen könnte. Vielleicht haben die im ersten Posting dieses Threads erwähnten Post-Ops genau diese Frage nie wirklich durchdacht?

Liebe Grüße
Granada
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RE: "Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Beitrag #2
Ich denke, das Beschreiben von "wie fühlt man sich als ..." reicht oft nicht aus...

Ich zB habe es bereits als Kind/Jugendliche gemerkt, als andere Menschen mich als "Mädchen" bezeichneten, egal, ob sie es "besser" wussten oder auch nicht; Doch als Kind kann man nicht unbedingt schon artikulieren, was man "fühlt", ich zumindest fühlte mich weder bei den Buben wohl, noch durfte ich als augenscheinlich solcher bei den Mädchen (in der Puppen/Küchen/Ecke) mitspielen - ja, ausgegrenzt wird schon im Kindergarten;

Und nie konnte ich mich mit der Art und Weise des Verhaltens, Sprechens, dem Setzen von Handlungen etc von Buben, Burschen oder Männern identifizieren, sehr wohl aber in jenem Verhalten, Artikulierens und Tun oder Lassens von Mädchen oder Frauen finden;

Kein Mann denkt "normaler" Weise darüber nach, wie man sich als Mann fühlt - sowie vice versa sich keine Frau Gedanken darüber macht, wie man sich wohl als Frau fühlt; AutorInnEn, SchauspielerInnen, Philosophen, etc wären hier dann die/eine Ausnahme...

Dass es aber in jeder Frau und jedem Mann wohl das Gefühl ;-) geben kann, dass man sich vermutlich "unterschiedlich fühlt" als das jeweils andere Geschlecht, würde wahrscheinlich auch eine große Mehrheit so meinen bzw bestätigen;

Doch wie unterschiedlich sind nun Frau und Mann tatsächlich? Natürlich, in der Art und Weise wie man etwas tun oder lassen will, es dann auch macht bzw nicht, oder wie man spricht, usw usf;

Niemand weiß genau, wie sich jemand anderes fühlt, egal welchen Geschlechtes - doch jeder Mensch agiert bzw reagiert auf sein Gegenüber, und das alleine schon verrät vieles - auch einem selbst...

Bliebe nur noch die Frage, wie intensiv das Alles ist - und ob es durch körperliche Gegebenheiten zu Dissonanzen oder gar Unmöglichkeiten (im täglichen Leben) kommt; Denn in einem Fall genügt es nur die "zivilisatorische" Hülle (Kleidung, etc) anzupassen, im andren dann doch mehr;

Aber das fühlt man dann tatsächlich entsprechend stark, und passt eben noch mehr als nur diese Hülle an... Wink
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RE: "Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Beitrag #3
Also alles auf Spielzeuge zu reduzieren (ich hab nur mit Puppen gespielt etc) ist genauso Schubladendenken finde ich.

Ich kannte ein Mädchen, das gerne mit AUtos gespielt hat, weil der Bruder auch gerne damit gespielt hat.
Genauso wie Frauen, die gerne technische Berufe ausüben oder gar Automechanikerinnen oder Soldatinnen sind. Sind das alles etwa keine Frauen?
Die Interesse entstehen rein in dem Umfeld, in dem das Kind aufgewachsen ist. Dass Mädchen lieber mit Puppen und Buben lieber mit Autos spielen, ist ja klar. Dennoch gibt es auch die andere Seite, wenn auch nicht so häufig.

(03.08.2012, 08:22)Alexandra schrieb: Ich war schon immer Frau.
Woran merkt man das hmm *grübel* nunja ich kann von mir nicht behaupten, dass ich seit ich laufen kann wusste, dass ich eigentlich ne Frau bin.
Ich wusste zwar, ich bin irgendwie anders, doch einordnen konnte ich das damals noch nicht.
Musste ich zudem auch gar nicht, als Kind ist man nicht so an die Geschlechterrollen gebunden. Aber enes wusste ich: ich interessiere mich für DInge, die eigentlich nur Mädchen interessieren. Trotz männlicher Freunde unternahm ich aber lieber was mit Mädchen, da deren Verhalten einfach mehr zu meinem passte.
Erst mit 8-10 Jahren kam dann schön langsam das, was viele immer behaupten ("ich war schon immer Frau"). Denn da beginnt die BIndung an eine Geschlechterrolle (um mal einen großen Faktor zu nennen - Schule).
Natürlich beginnt man dann auch auf Mode und Kleidung zu achten, was einen weiteren Stein ins Rollen bringt - nämlich die Art sich zu kleiden. Ich fühlte mich in weiblicher Kleidung einfach wohler als in männlicher. Nur aufgrund der Schule konnte ich mich nie so richtig kleiden, wie ich das wollte - Undenkbar in einer katholischen Schule.

So kommen nacheinander Gefühle zum Vorschein, die immer unterbewusst da waren und mit dem Beginn der Schule wieder verdrängt werden mussten (du bist ein Bub, so etwas tun nur Mädchen mach sowas nicht etc.)

Nachdem all diese Gefühle quasi "erwachten", konnte ich das schon einordnen und ungefähr sagen,wie ich mich damals fühlte und noch immer fühle.

Ein Psychologe hat mich bei dem Gespräch für das psychologische Gutachten mal eine gute Frage gestellt:
"stellen Sie sich als Mann vor" oder so etwas (kann mich an den genauen Wortlaut leider nicht mehr erinnern)

Aufjedenfall saß ich da und grübelte. Mir fiel einfach nichts ein, was ich als Mann machen könnte (mal ein paar Beispiele was gemeint war: Bierkneipe mit Freunden etc. ich kann euch leider wirklich nicht mehr Beispiele sagen, mir fällt echt nichts ein kaum zu glauben ist aber so Undecided keine Ahnung, was Männer typisch gerne machen)

Das alles war nichts für mich, ich wäre todunglücklich wenn ich so sein müsste, da ich mich nur verstelle um anderen was vorzumachen.

Aber am besten kann ich die Gefühle spüren, wenn ich im Bett liege und nachdenke. Oder aber auch, wenn ich schlafen gehe. Ich träume immer NUR als Frau meinen Alltag zu absolvieren, eine Männerrolle kam mir seit ich mir darüber Gedanken mache, nie in den Sinn.


Also um das nochmals kurz zusammenzufassen:
Zitat:"Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Eigentlich merkt man das erst, wenn man mit der Schule beginnt und erstmal in Schubladen untergeordnet wird. Die Gefühle die dann aufkommen und das unscheinbare Verhalten in der Kindheit stimmen ganz einfach übereinander.

Dabei ist es aber völlig irrelevant, ob jemand mit Puppen oder Autos spielt.

Und ich würde auch behaupten, dass ein Kind sowas gar nicht merken kann. Erst wenn es mit aller Gewalt in eine Schublade gedrängt wird, kommen die anderen Gefühle zum Vorschein, die alles auslösen. Das passiert in der Regel langsam mit der Schule. Strenge Eltern, die ihr Kind nach Schubladendenken erziehen, können das natürlich schon vor Schulbeginn "erzwingen" und die Kinder merken das noch früher. Aber ohne diese Schubladenerziehung würde das nicht so leicht zum Vorschein kommen.

Deshalb gibt es für mich auch keine primären oder sekundären TS. Auch entwickelt sich TS nicht mit der Zeit, es hat vielleicht nur den Anschein, weil einige ihrer Gefühle besser unterdrücken können oder nicht einem extremen Schubladendenken unterworfen waren etc. - jeder Mensch ist anders.

Ich denke halt nur, ein MAnn würde sich nie Gedanken darüber machen, lieber ein Leben als Frau zu verbringen - ebenfalls umgekehrt. Auch hier sehe ich einen Indikator, der natürlich erst überprüft werden muss, sofern nicht andere Anhaltspunkte vorhanden sind.


Bisschen viel aber ich habe mir darüber wirklich schon sehr viele Gedanken gemacht und nach einer plausiblen Erklärung gesucht, wie es überhaupt zu sowas kommt, was es auslöst usw.
Das ist halt meine Erfahrung und Meinung zu dem Thema, muss wie gesagt nicht jedem schmecken.

Schönen Abend noch Heart
Zitat

RE: "Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Beitrag #4
Ach Yuna,
es war doch nur ein Beispiel - von vielen... Wink

Das, was Du zB alles nun nanntest, ist mir und wohl auch vielen anderen ähnlich oder gleich widerfahren...

Ps: es ging (mir) darum, MIT den Mädchen spielen zu wollen (aber nicht zu dürfen) - ganz egal mit was sie da in ihrem Bereich nun spielten; Eine Puppe mit Kinderwagen hatte ich mir zuhause vom Christkind ohnehin gewünscht und bekommen; Meine Schwester hatte "ihre" Puppen massakriert etc, und auch gern mit Autos gespielt; Dennoch war/ist meine Schwester nicht trans*... Cool
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RE: "Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Beitrag #5
(17.10.2012, 13:08)Granada schrieb: Woran merkt man das eigentlich? Ich kann lediglich behaupten, mich nicht als männlich zu fühlen, aber wie fühlt man sich als Frau?
[hier gekürzt] Diese scheinbar einfache Frage nach dem Frausein ist für mich jedoch der Dreh- und Angelpunkt aller künftigen Entscheidungen und ich wüßte nicht, wie ich die jemals zufriedenstellend beantworten oder beantwortet bekommen könnte. [hier auch]

Ich bin überzeugt, letztlich ist es nicht ein Frage des "Was bin ich?" sondern des "Wie bin ich?". Wie fühle ich mich wohl, wie spüre ich mich im Einklang mit meinem Körper?

Der im Betreff zitierte Satz kommt in den Lebensgeschichten von Transsexuellen zu oft vor, um ihn blank als "Schönreden im Nachhinein" abtun zu dürfen. Er muss also sehr oft wahr sein. Dennoch glaube ich, dass das Geschlechtsempfinden, das emotionale Geschlecht, das innere Geschlecht, das Identitätsgeschlecht, keine saubere Scheidelinie "hie Mann", "hie Frau" kennt. Es gibt nach meiner Überzeugung eine ziemlich breite Grau- oder Übergangszone. Grob geschätzt, beginnt da bei 51 % Frau der TS-Bereich, aber ob und wie man diesen Wert feststellen kann, und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind...? Undecided

Bei mir war es so, dass ich vielleicht kein prototypisch männlicher Bub oder männlicher Teenager war (meine Eltern haben mich nie auf eine bestimmte Gender-Rolle hin getrimmt), ich bis zu meinem etwa 30. Lebensjahr aber nie ernsthaft über die Frage nachgedacht habe, ob eine oder wieviel von einer Frau in mir stecken könnte. Das waren eindeutig Überlegungen, die nach dem endgültigen Ende meiner jugendlichen Entwicklungsphase, also im Alter der Reife gekommen sind.
- Sag' Du mir, in welche Schublade ich passe! Wave   -
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RE: "Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Beitrag #6
(17.10.2012, 19:40)Bonita schrieb: Ach Yuna,
es war doch nur ein Beispiel - von vielen... Wink

Ich wollte das nur allgemein anmerken, weil ja in der Gesellschaft viel gesprochen wird.
Soll ja auch als Info für andere Dienen, die hier nicht registriert sind und kaum was mit dem Thema am Hut hatten.Smile
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RE: "Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Beitrag #7
Vielen lieben Dank für eure ausführlichen Beiträge! Das ist doch alles sehr konstruktiv und ich habe alles gerne gelesen. In dem einen oder anderen Punkt kann ich mich wiederentdecken, in anderen wieder weniger oder ich sollte mal aktiv drauf achten, wie und ob überhaupt und so weiter. Daß ich morgens vor dem vollen Kleiderschrank stehe und nicht weiß, was ich anziehen soll, ist ja auch nur ein winziges Indiz.

Übrigens beschäftigt mich das Thema, "was bin ich eigentlich?" schon sehr lange, auch wenn ich mich jetzt erst in diesem Forum angemeldet habe. In meinem erweiterten Freundeskreis gibt es zwei Transfrauen. Eine hatte sich kurz geoutet und darauf von sich aus den Kontakt zu unserer Gruppe abgebrochen, bei der anderen habe ich recht gut mitbekommen, wie alles vonstatten ging und wir haben weiterhin sehr unregelmäßig Kontakt. Dabei habe ich es aber nie zustandegebracht, mich dahingehend zu offenbaren, daß ich selbst nicht so recht mit mir im Reinen bin.
Aber ich habe dabei gelerrnt, daß es ohne ein gewisses Maß an Mut (oder auch Chuzpe) nicht geht. Also habe ich seit einiger Zeit meinen eigenen kleinen Alltagstest gestartet, der aber 100% konträr zu den meisten zu verlaufen scheint. Ich kann interessanterweise im Job meine weibliche Seite viel mehr zeigen als daheim, wo ich immer nur despektierlich behandelt werde. Top-Hit: "Willst Du Dich jetzt auch noch umbauen lassen!?". Das halte ich nicht mehr lange aus. Im Job bin ich frei und erweitere Schritt für Schritt meinen Auftritt. Jetzt enthaare ich mich (noch mühsam mit dem Rasierer) überall, lasse die Haare am Kopf wachsen, trage sichtbar BH (aber nur 75A ohne sonstwas drin), trage komplette Damengarderobe (dem Job angemessen leicht sportlich-leger) und habe angefangen, Tagescreme und Damendeo zu verwenden. Als nächste Schritte würde ich gerne meine Frisur etwas in Richtung weiblich verändern, die Augenbrauen passend machen (lassen) und lernen, ein genauso zum Job passendes legeres Tagesmakeup schminken zu können und damit ein vielleicht halbwegs passables Passing hinzukriegen. Und die Haare im Gesicht und auf der Brust würde ich gerne dauerhaft loswerden, die stören mich schon lange. Völlig unabhänging davon, wie es wirklch weitergeht.
Was das alles mit der Frage zu tun hat? Sehr viel, denn ich muß ja noch immer rausfinden, welches der F-64.x ich bin, da ich ebenfalls von meinen Eltern nicht als "Mann" sozialisiert wurde, sondern mir selbst überlassen blieb.

LG
Granada
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RE: "Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Beitrag #8
Es ist viel leichter, deine Entscheidung erstmals ohne dem F64.x im Hinterkopf zu entscheiden, das tut eh dein Therapeut / Psychiater.

Wichtig ist doch erstmal, wie weit willst du gehen bzw. was du dir überhaupt vorstellst.
Überlege dir, ob du auch mit all den Nachteilen und Verpflichtungen nachkommst, die dir im Leben aufgetragen werden.

Zum Thema Haare gibt es genug Lesematerial. Laser Enthaarung im Gesicht, vorerst Epilierung bei anderen Bereichen (Braun SilkEpil etc.)

Also ohne erstmal der Klassifizierung (F64.x) gerecht zu werden ist es doch wichtig sich die Frage zu stellen, ob man das dauerhaft machen will (siehe oben) und mit all den Veränderungen und neuen Verpflichtungen zurecht kommt.
Zitat

RE: "Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Beitrag #9
Brauchr keinen Psichiater,schon beim ersten Thermin wusste ich was ich bin.
Entweder,das Gefühl eine Frau zu sein überweltig dich,lernen kannst du es nicht

Thank God J' m a Woman
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RE: "Ich war schon immer Frau" - Woran merkt man das?
Beitrag #10
(17.10.2012, 21:50)Yuna schrieb: [...]

Also ohne erstmal der Klassifizierung (F64.x) gerecht zu werden ist es doch wichtig sich die Frage zu stellen, ob man das dauerhaft machen will (siehe oben) und mit all den Veränderungen und neuen Verpflichtungen zurecht kommt.

Ich kann mir nicht vorstellen, welche Nachteile und Verpflichtungen mir aus einem Gang durchs Leben als Frau erwachsen könnten, mit denen ich nicht derzeit auch schon belastet wäre. Sex? Dazu sag ich hier nichts. Weibliche Rollenklischees in Beruf und Haushalt? Die fülle ich längst aus. Weiter fällt mir ad hoc nichts ein. Ja, ist ein etwas zynischer Kommentar. Tut mir leid.

LG
Granada
Zitat



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