Intersexualität & Non-Binary: Verfahren zu Anerkennungen eines dritten Geschlechts
RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #105
(26.08.2018, 02:10)Falling Snow schrieb: ... zitat:
"Atme considers the creation of a third gender box supportive of the structures of inequality, and considers that rather than creating 3, 4 or umpteen gender boxes, we should get to a situation where everyone can have the gender they want, when they want, or indeed have no gender at all."
...

Der komplette (deutsche) ATME-Text ist übrigens hier zu finden: http://atme-ev.de/index.php/374-keine-stellungnahme - ein erweitertes Zitat daraus:
Zitat:... Es ging uns noch nie darum "Geschlechtsidentitäten" anzuerkennen, sondern immer darum, das Geschlecht(!) eines Menschen anzuerkennen. Es ging uns nie darum, das übergriffige, wie sexistische Weltbild, das Geschlecht auf körperliche Merkmale reduziert und zugleich dann Menschen lediglich davon abweichende "Gefühle" zugesteht, weiter zu fördern. Es mag Vereine und Initiativen geben, die darin ihre Erfüllung sehen, die bestehende Geschlechterordnung aufrecht zu erhalten und sich dann damit begnügen, innerhalb dieser Ordnung eigene abgetrennte Bereiche bzw. Geschlechterghettos einzurichten, in der dann Ghettoaufseher auf die eingekastelten Menschen aufpassen. Uns ging es darum nie.
 
Wir setzen uns für echte Gleichberechtigung ein. Das bedeutet, dass unser Einsatz eine andere Motivation hat, als bestehende hierarchische Ungleichbehandlungsstrukturen zu stützen. Wir machen uns stark dafür anzuerkennen, dass Menschen ein Wissen über ihr Geschlecht und ihren Körper besitzen. Kein anderer Mensch hat das Recht, sich über dieses Wissen zu stellen und auf Grund der Deutung körperlicher Beschaffenheiten anderes zu behaupten.

Stellungnahmen, in denen nicht von der Idee abgerückt wird, das Geschlecht mit körperlichen Merkmalen gleichzusetzen und zugleich "vom Körper abweichende Geschlechtsidentitäten" propagiert werden, ändern nichts an der Realität. Wer etwas für Gleichberechtigung der Menschen tun will, erfindet auch nicht 3. 4. oder zig-te staatliche Geschlechter, sondern schafft einen Rahmen, in der jeder Mensch privat die Geschlechtsidentität haben kann, die er haben will, wenn er so möchte.
...
[Hervorhebung durch mich]

ATME finde ich einerseits großartig, andererseits hätt ich doch auch a bisserl Kritik...

Ein Mensch, der weder eindeutig biologisch "weiblich" noch "männlich" vom körperlichen Geschlecht her ist - idR wird hier von Intersexualität gesprochen -, müsste rein theoretisch das Recht bekommen, staatlich als "weder noch"-Geschlecht (inter, queer, neutral, androgyn, non-binär, x-gender oder wie immer dies zu bezeichnen sei) Anerkennung neben bestehenden staatlichen Geschlechts-Schubladen (eben weiblich oder männlich) bekommen, falls sich der betroffene Mensch nicht in das bisher vorherrschende duale Staats-System einorden kann oder will;

Dass es zB in Deutschland bei Geburt eines offensichtlich intersexen Kindes bereits keinen "Weiblich oder Männlich"-Zwang fürs staatliche Register gibt und sich das Kind zB nach seiner Volljährigkeit ohne Gutachter- bzw Behörden-Stress (ich hoffe, dem ist so) dann für eines der bisher vorherrschenden Geschlechter (weiblich oder männlich) entscheiden darf, oder diesen Register-Eintrag eben als "nichts von beidem" (inter, queer, neutral, androgyn, non-binär, x-gender, etc pp) belässt, finde ich nicht so verkehrt; Dass da noch einige Gesetze geändert gehören, um jemand "weder noch" an allen Dingen des Lebens wo der Staat irgendwie mitmischt teilhaben lassen zu können, versteht sich wohl ohnehin;

Somit finde ich auch jenes staatliche Vorhaben nicht verkehrt, Intersexuellen, denen man es auf den 1. Blick (eben bei Geburt) nicht ansah/ansieht oder die als Kind medizinische Zwangsmaßnahmen erdulden mussten, das Recht einzuräumen, zB ab Volljährigkeit - auch hier hoffentlich ohne Gutachter- bzw Behörden-Stress - frei entscheiden zu dürfen, ob Betroffen* nun weiblich, männlich oder eben inter, etc pp ins staatliche Register einzutragen lassen;

Intersexualität ist nun mal - ob medizinisch nachweisbar oder nicht (das wäre ua wohl die transsexuelle Variante) - eine naturgegebene Erscheinung, quasi als drittes Geschlecht, was ein staatliches System mit bisher zwei Geschlechtern nicht ignorieren darf;

Ob dann aber auch ein viertes oder fünftes Geschlecht oder auch "zig-te" Geschlechter - aufgrund einer bestimmten Identität Sinn machen wage ich anzuzweifeln; Dann könnte jeder Staat ja tatsächlich gleich alle Geschlechter "abschaffen", es also kein "weiblich, männlich, inter, etc pp" gäbe - das wäre sicherlich eine "Einsparung" auf mehreren Ebenen; Könnte bei bestimmten verwaltungstechnischen Abläufen auch auf ein Mehr hinauslaufen, womöglich hielte es sich die Waage;

Geschlecht (weiblich, männlich, inter, etc pp) und Identität (Frau, Mann, ... ?) wären dann tatsächlich eine rein private Sache...

Eine ATME-Grundsatz-Erklärung: http://atme-ev.de/index.php/transsexuali...as-ist-das
Zitat:Transsexualität - Was ist das?

Transsexualität meint Körpermerkmale, die vom eigenen geschlechtlichen Selbstverständnis bzw. dem eigentlichen Geschlecht eines Menschen abweichen. Das Wissen darüber ist angeboren. Autoritäre Vorstellungen über Geschlecht (soziales, kulturabhängiges Geschlechtsrollenverständnis) verhindern in manchen Gesellschaften ein gesundes Coming-Out.

Unabhängig von Kultur und gesellschaftlichen Identifikationsmodellen (ob binär, non-binär, ...), haben Menschen mit Transsexualität das Bedürfnis, ihren Körper mit ihrem eigentlichen Geschlecht in Einklang zu bringen. Dazu gehören Hormonbehandlungen, aber auch Operationen.

Transsexualität ist keine Frage der Geschlechtsidentität.

Das Dumme ist nur, dass ein transsexueller Mensch mit (staatlich) zur Verfügung gestellten Geschlechter-Schubladen (weiblich, männlich oder inter, etc pp; aber womöglich auch alien(?)) argumentieren muss, um körperlich notwendige Änderungen staatlich gestützt zu bekommen, also zB kostengünstig neue Registereinträge und Papiere oder Hormone und Operationen auf Krankenkasse;

Transsexuelle müssen ihr Geschlecht überwiegend an Schubladen festmachen, da es wohl sonst tatsächlich auf eine rein private Ebene geschoben werden würde, wo sich "der Staat" dann aus der Verantwortung nimmt, sprich es keine finanziellen Leistungen mehr für TS gäbe, egal ob es in irgendwelchen internationalen Listen (ICD, DSM) für medizinische Abrechnungen wie bisher zu finden ist; Wenn ich TS oder "alien" bin und genügend finanziellen Hintergrund habe, kann mir das natürlich egal sein; Nur haben sowas nicht alle Betroffen*...

Staatlich "gespart" wird ja idR an den falsch(est)en Ecken und Enden, wie bisher immer groß und breit für die nicht betroffene (Geschlechts-Schubladen-) Mehrheit wahlgekämpft bzw Politik respektive Gesetzgebung gemacht wurde und wird, aber wenn sich eine solche Möglichkeit auftut, dann wird das idR auch ausgenutzt...
[Bild: avatar_202.jpg] „NATSUME! NATSUMEe! NATSUMEee!“ — Nyanko-Sensei en.wikipedia.org/wiki/Natsume%27s_Book_of_Friends
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts - von Bonita - 26.08.2018, 08:59
(m/w/d) -> "d" schon möglich? - von mike. - 05.04.2019, 21:21

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