Will mich nicht mehr "Vater" nennen müssen

[Atellana]

Moinsen,

ich habe seit einiger Zeit, und jetzt noch stärker wegen meiner bevorstehenden Scheidung, das "dringende Bedürfnis", das Wort "Vater" loszuwerden. Meine Kinder sprechen mich ja eh bereits seit fast Anfang mit meinem Vornamen an, weil ich ihnen das so geraten hatte. (Ganz am Anfang wurde kurz mal aus "der Papa" halt "die Papa", aber das klingt echt doof.)

Nur, was geht stattdessen, vor allem im Gespräch mit Anderen? ("Wer hat dir denn da bei deinen Schularbeiten geholfen?"- "Die Papa!" / Die Eva / Mein Lerncoach . ) 

"Elter" wäre mir in den Sinn gekommen, geht ja auch mit beiden oder ganz ohne Artikel. (Elternteil gefällt mir wieder weniger, da fühle ich mich irgendwie wie so ein platonischer Kugelmensch.)

Sagt mal, was sind eure Ideen dazu? Wie löst ihr das?

(Und falls das Thema hier schon mal war, ich habs nicht gefunden, dann bitte gerne auch verweisen!)

[Kosmonautin]

Erziehungsberichtigendes Organ

Mei Oide

Boomer

Ihre hochheilige Majestät

Also in so lustig progressiven Familien geht das mit Vornamen. Das funktioniert dann halt nicht in der fremden Öffentlichkeit ala Schule, Beamtenaparat, Ausbeuterfabrik etc. Ich würde da halt, im Sinne deiner Seelenwelt, nicht mit Kompromissen rumjonglieren. Als was fühlst du dich denn?

[Atellana]

Danke für die gute Frage. Hätte ich mir auch selber mal stellen können, aber nein, ich dachte, ich frag mal in die Runde, muss ich's Rad nicht neu erfinden. Leider sind meine Gefühle meistens eher kompliziert auszudrücken.

Also mir geht es ja primär um die diversen "Apparate". Da fühle ich eher ein dezidiertes "Leute, es geht euch eigentlich einen Scheißdreck an, ob ich den Samen oder das Ei beigetragen habe, oder?"

Und bei so allgemeinen Diskussionen kommt da ja eher "Haste Kinder?" "Ja, vier insgesamt!" "Aha." (aus, meistens).

Und falls mal die Frage kommen sollte, ob ich Mutter oder Vater bin, werde ich wohl das selbe sagen wie auf die Frage, ob ich Frau oder Mann bin: "Nein". Weil ich fühle mich einfach als "Beides und gleichzeitig keines davon (figure that out, suckers!)".

***Heteronormativity is a plague!***

[Kosmonautin]

Das ist die Last des der Zeit voraus sein. Man fühlt sich oft so als ob man Steinzeitmenschen eine Versicherung andrehn muss. Bleibt oft wirklich nur sich seinen Teil zu denken und sich gelegentlich in der eigenen Einzigartigkeit zu sonnen.

Also ganz im Ernst, ich hab da auch keine Antwort. Der Aparat ist nun mal so gemacht dass er nur die eigene Sprache erkennt bis es von irgendwo eine gestempelte Weisung gibt dass es nun ein neues Wort gibt.
Ich würd sicher schnoddrig sein in solchen Fällen.
"Sind sie der Vater?" Das ist mein Kind/Sohn/Töchterlein oder Ich bin Erziehungsberechtigt, sonst noch Fragen?
Wenn einer im Ernst fragt ob ich Eier oder eine Muschi hab frag ich dann schon gern zurück ob mein Gegenüber nicht ein wenig deppert ist.

[Rabenmädchen]

In einer Doku war eine der Eltern die "Mama" und die andere die "Mutti".
Das scheint mir für viele Fälle ein guter Kompromiss.
Es muss ja nicht immer einen Vater in einer Lebensgemeinschaft geben.
Wie ist das bei lebischen Paaren?
Wird da gefragt, ob das Kind adoptiert oder von einem der Eltern geboren worden ist?
Ist dann die eine Frau Mutter 1. Klasse und die andere 2. Klasse?

Ja, es geht die Behörden nichts an.
Genausowenig wie die blöde Frage nach "geschieden" neben ledig und verheiratet.

[Atellana]

Ach ja. Wir waren jetzt bei der verpflichtenden Elternberatung für die Scheidung, da war dann am Schluss, als wir die Bestätigung erhalten haben der Kommentar, dass sie das (Word)Formular ändern mussten, damit bei beiden die Anrede "Frau" davor steht Aber leider, meinte sie, in der Broschüre steht halt noch Vater und Mutter beziehungsweise Mann und Frau drin… (Ich möchte wetten, auch in dieser Reihenfolge, hab das Elaborat nicht angeschaut).

Zu Hause meinte ich dann, "wie lang gibt's jetzt schon die gleichgeschlechtlichen Ehen bei uns? Da hätten sie mittlerweile doch was tun müssen?" Meine LNF (Leider-Noch-Frau) meinte, dass sich Lesben halt nicht scheiden lassen, weil sie froh sind, endlich heiraten zu dürfen…

O tempora, o Zores, wie schon Karl Farkas sagte.


Aber, @ Rabenmädchen:
Es gibt da den deutschen Film Transpapa aus 2012 (Buch und Regie offenbar von einer Frau mit trans* Vater), da kam der Vorschlag "Umma", was wohl in irgend einer nahöstlichen Sprache, habs vergessen, Mama bedeutet. Ich habs nur unbrauchbar gefunden, weil sich das sehr nach Oma anhört (vor allem, weil das in Deutschland auch oft mit Doppel-M ausgesprochen wird im Gegensatz zum österreichischen mit langem O). Und eigentlich bin ich ja auch bereits Oma...

Und ja, ich denke auch, da steht in Formularen viel zu viel Zeug drin, was eigentlich niemenschen was angeht. Eigentlich sollten alle üblichen Diskriminierungs-Attribute aus den Menschenrechtskonventionen und Verfassungsgesetzen allesamt aus den Formularen rausgenommen werden.

Aber, das ist halt noch ein weiter Weg dorthin. Tja, spucken wir in die Hände, es gibt viel zu tun für uns!

Ich habe mir jetzt überlegt, ich bin die eine Elter und die LNF ist die andere Elter. Oder auch, ich bin die ältere Elter und sie die jüngere. Bißchen Denksport für arme Formularmägde und -knechte.

[Sunburst]

(23.04.2021, 22:37)Rabenmädchen schrieb: Wie ist das bei lebischen Paaren?

Der alte Kalauer (wie auch bei Schwulen): "Wer ist bei Euch der Mann und wer die Frau?"

Man sollte eben wenigstens noch so hetero-konform sein, daß man in Butch/Femme Beziehungen lebt