outside the gender binary - Genderqueer, bigender (englisch)
RE: outside the gender binary - Genderqueer, bigender (englisch)
Beitrag #53
(10.07.2012, 01:23)Eva_Tg schrieb: Dann würde ich vorschlagen ziehst du nach Dänemark oder in die USA. Aber in den USA gibt es nicht mal ein vernünftiges Krankensystem, da kriegst du vielleicht alles leichter, aber brauchst auch das nötige Kleingeld, um das alles zu bezahlen.

geh doch nach drüben wenns dir hier nicht passt, war noch nie ein argument. ausser vielleicht am stammtisch, wenn alle schön besoffen sind. und auch da kann man es net ernstnehmen. you are better than that. Smile
und ich muss beim gegenwärtigen system auch so gut wie alles selbst bezahlen. laserepilation: vergiss es. übernimmt die kasse nicht
logopädie: vergiss es, übernimmt die kasse nicht.
psychotherapie: vergiss es. übernimmt die kasse nicht, fordert sie aber im aussmass von 50 stunden, damit sie
- eine hormontherapie bezahlt
- die GaOP ( die ich nicht zwimgend anstrebe) bezahlt.
dass unter der prämisse relativ hoher sozialabgaben. wirklich praktisch ist unser krankensystem auch nicht, imho. zumindestens nicht in dem bereich.


(10.07.2012, 01:23)Eva_Tg schrieb: Aber im Grunde läuft alles wieder auf die Frage hinaus: "Krankheit oder Lifestyle?"
Krankheit -> es müssen gewisse Standards bei der Behandlung eingehalten werden.
Lifestyle -> was ich mache ist mein Ding, ob das anderen paßt oder nicht.
ich würde es eher einen regelwidrigen körperzustand nennen. deine schlussfolgerungen hier kann ich nicht so ganz nachvollziehen. nimmt eine krankheit dem kranken das recht auf selbstbestimmung, was eine behandlung angeht?
was die "anderen" angeht, die versuchen auf diesem gebiet regeln aufzustellen: sie tragen die folgen meines handelns nicht, es hat keinerlei einfluss auf ihr leben, sie tragen keine verantwortung dafür, mit negativen folgen ihres handelns hätte zu hundert prozent ich zu leben. das heisst: ich hab in dem system das höhere risiko und die höhere verantwortung, habe die geringeren ressourcen, das heisst weiter, es läuft nach meinen regeln oder garnicht. rein schon aus kampftaktischen gründen. failiure is not an option.

(10.07.2012, 01:23)Eva_Tg schrieb: Finde ich schon interessant, daß einige z.B. nach einer Hormonbehandlung schreien, sonst wäre ihr Leben nicht mehr lebenswert. Da kann man schon irgendwo von einer Krankheit sprechen. Anderseits heißt dann aber immer: Nein, was ich mache geht nur mich was an. Das ist dann wirklich nur ein Lebensstil oder ein Motto. Das heißt dann aber wirklich, daß man für alles selbst verantwortlich ist, auch für die Kosten so eines Lebenstils. Wenn man sich das nicht leisten kann, dann muß man eben einen anderen Lebensstil pflegen.
Und ein Rechtsanspruch auf irgendwas besteht dann gleich schon mal gar nicht. Wenn es nur ein Lebensstil wäre, wären wir nichts anderes als Männer, die behaupten sie wären Frauen. Auch keine besonders tolle Vorstellung.
Aber genau das läuft darauf hinaus, wie die Erwachsenenwelt immer funktioniert: Das eine was man will, daß andere was man muß.
nun, ich habe auf dem experimentweg herausgefunden, dass ich als mann mit männlichen hormonspiegel weder für mich noch für meine umgebung sonderlich sinnvoll bin.

"männer die behaupten, sie wären frauen" : das ist eine ziemlich gute zusammenfassung der diagnostischen kriterien von icd 64.0. Wink die armen hascherln haben eine identitätsstörung, die so schlimm ist, dass man ihnen jegliche verantwortung und entscheidungsfähigkeit für die zentralthemen ihres lebens absprechen muss, die brauchen unbedingt gutachter, um glaubwürdig darlegen zu können,wer und was sie sind. ich weiss nicht, wie es dir damit geht, ich habe was dagegen, eine derartige definition umgehängt zu bekommen.

ein zettel vom onkel doktor macht keine identität, das wäre ungefähr so, als würde man sagen, ich bin mein morbus crohn oder meine sichelzellenanämie. ich bin, was ich bin. und zwar vollkommen egal, was ich mit meinem körper anstelle, was für kleidung ich trage, keine hormontherapie oder gaop dieser welt können daran was ändern. ich habe dieses thema in meinem leben, jeden tag meines lebens, bis zum ende dieses lebens und ich muss einen weg finden damit zu leben, oder daran krepieren. man kann davon weder geheilt noch befreit werden. die position einer kranken bringt mich nicht weiter, liefert mir bestenfalls eine ausrede, verantwortung auf ärzte, gutachter und ähnliches abzuschieben, mich zurückzulehnen und zu sagen, bitte, ich kann nix dafür, ich bin krank. und ihr müsst mich jetzt akzeptieren, weil ich hab ja den zettel vom onkel doktor, der mein leben und so-sein rechtfertigt. das ist meiner meinung nach unmündig. und ziemlich entwürdigend.
mein körper entscheidet nicht, wer ich bin, ein arzt entscheidet nicht, wer ich bin. und schon garnicht enscheidet irgendjemand ausser mir, wie ich mein leben führe, ausser meine lebensführung hat auswirkungen darauf, wie sein leben aussieht. dann, aber nur dann hat derjenige ein individuell auszuhandelndes mitbestimmungsrecht.

und: ich muss atmen. wenn ich nicht mehr atmen muss, muss ich sterben. und bis zu diesem zeitpunkt muss ich wahrscheinlich nich des öfteren aufs klo. everything else is optional. überspitzt formuliert. natürlich gibt es entscheidungen, die mir ärger mit der gesellschaft, dem staat oder sonstwem eintragen. da braucht es dann eben eine güterabwägung: sind die gründe für meine entscheidung gut genug, diesen ärger auszuhalten? ein müssen lässt sich hier aber nicht zwingend ableiten.

(10.07.2012, 01:23)Eva_Tg schrieb: Und um dann doch noch mal den Bogen zu diesem Anarcho-Mist zu schlagen, deswegen lautet mein Motto auch: "Du willst überleben? Okay, dann pass' auf! Besorg' dir ein gutes, schnelles Motorrad, lerne zu fahren wie der Teufel, und bete, dass es am Jüngsten Tag nicht regnet."
Ich fahre zwar kein Motorrad, aber die Botschaft sollte klar sein.

dennis hopper ist nicht unbedingt das beste beispiel Wink
ich würde eher leute wie foucault, deleuze, ahrendt, goldman, bakunin vorschlagen.und camus. ahja, und kafka, von wegen gatekeeper Big Grin Big Grin und damit wir net ganz so erwachsen unterwegs sind und das innere kind auch seinen spass hat, nen touch pippi langstrumpf und die rote zora.

ganz generell gesprochen, aus deiner argumentationslinie scheint mir immer wieder das gute alte patriarchlische "solang du deine füsse unter meinen tisch steckst" durchzuschimmern, was jetzt keine beleidigung oder abwertung sein soll.
schatz, das ist nicht deren tisch. das ist unserer. und er hat genug platz für alle. machtstrukturen und -ansprüche mit den bedürfnissen von menschen zu festigen, sei es nun wohnungfressenheizenkleidung, eine hormontherapie, kulturelle und gesellschaftliche teilhabe und anerkennung, liebe oder sonstetwas, ist schlicht und ergreifend falsch. und auf jeder ebene unmoralisch. und entwürdigend. für beide seiten. sollte jemand versuchen, auf diese art und weise mir gegenüber zu agieren, nun, dann werde ich eben lernen müssen, ohne diesen menschen auszukommen. menschen sind kein mittel zum zweck, sie SIND der zweck. und zwar jeder. ausnahmslos. immer. womit wir bei kant wären Smile

und ja, falls die frage jetzt auftaucht: ich würde es vorziehen zu krepieren, als mich derartigen ansprüchen zu unterwerfen. kein leichtes leben, aber ein potentiell sinnvolleres.
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