Beitrag #8
23.11.2011, 11:42
Da keine weiteren Fragen oder Rateversuche zu kommen scheinen, hier die Auflösung:
Der gesuchte Roman ist "Der lange Abschied" ("The Long Goodbye") von Raymond Chandler.
(spoilerfreier) Inhalt: Los Angeles, Kalifornien, etwa 1950. Philip Marlowe, Privatdetektiv, freundet sich mit Terry Lennox an, einem charmanten Müßiggänger, der vom Geld seiner Frau Sylvia, einer kühlen, berechnenden Schlampe, abhängig ist und zu viel trinkt. Als Terry eines Morgens mit einer Pistole in der Hand vor seiner Haustüre steht, fährt Marlowe den Freund, ohne lange zu fragen, wie gewünscht über die Grenze zum Flugplatz von Tijuana, Mexiko. Zurück in L.A. wartet bereits die Polizei auf ihn. Sylvia Lennox wurde grausam ermordet, Terry ist Hauptverdächtiger. Marlowe kassiert wegen seiner Weigerung, gegen Terry Lennox auszusagen, vom "homicide skipper" persönlich, dem Chef der Mordkommission des L.A.P.D., im Verhör ein paar kräftige Faustwatschen, bevor er auf Anordnung des Bezirksstaatsanwalts (D.A.) unter Verdacht der Beihilfe ins Gefängnis wandert.
Doch der Mordfall Lennox, der D.A. Springer ein paar saftige Schlagzeilen für seine Wiederwahl verschaffen sollte, "stirbt" ebenso schnell, wie er aufgekommen ist. Terry Lennox hat sich auf der Flucht in einem Kaff in den Bergen von Mexiko erschossen und ein schriftliches Geständnis hinterlassen. Der Lokalreporter Lonnie Morgan meint zu Marlowe, Sylvia Lennox' Vater, der Zeitungsmagnat Harlan Potter, habe wohl seinen ganzen politischen Einfluss geltend gemacht, um die Hintergründe der Sache zu vertuschen. Auch von Mendy Menendez, dem Besitzer eines illegalen Spielklubs mit Verbindungen zum Mob in Las Vegas, bekommt Marlowe den Wink, seine Nase da nicht zu tief reinzustecken. Menendez hat angeblich mit Randy Starr aus Las Vegas und Terry Lennox im 2. Weltkrieg gemeinsam bei einem britischen Spezialkommando gedient, wobei Terry beiden das Leben gerettet hat und selbst schwer verwundet wurde.
Marlowe geht wieder seinen Geschäften als Privatermittler nach und wird vom New Yorker Verleger Howard Spencer und der wunderschönen Blondine Eileen Wade engagiert, Roger Wade, Bestsellerautor und Quartalssäufer, zu finden. Marlowe spürt Wade auf, der sich zum Alk-Schnellentzug in der illegalen Klinik eines Quacksalbers verkrochen hat, bringt ihn nach Hause zurück und freundet sich mit den Wades an. Zwischen Marlowe und Eileen Wade knistert es. Doch als der nach einem Rückfall wieder einmal sturzbetrunkene Roger scheinbar mit seiner Pistole Selbstmord begeht, beginnt Marlowe erste Verbindungen zwischen den Fällen Lennox und Wade zu erkennen.....
Ramond Chandler stand an einem Wendepunkt seines eher unsteten Lebens, als er im Jahr 1954 dieses Buch geschrieben hat. Obwohl als Autor und Drehbuchautor erfolgreich (seine Erfahrungen im Hollywood der 1940er-Jahre spiegeln sich teilweise in dem Roman "Die kleine Schwester") begann er im selben Jahr nach dem Tod seiner geliebten Ehefrau seiner Alkoholsucht die Zügel schießen zu lassen. Fünf Jahre später war er tot.
"Der lange Abschied" ist mehr als eine klassische "Noir"-Kriminalgeschichte rund um Eifersucht, Betrug und Mord, schwache Männer und berechnende Frauen. Der Roman ist ein weit gespanntes, fast analytisches Zeitportrait der USA am Beginn der Eisenhower-Jahre, des hohlen Fortschrittsglaubens, der Vorurteile und der allgegenwärtigen großen und kleinen Korruption dieser Zeit. Etwa wenn Bernie Ohls, ein mit Marlowe lose befreundeter, abgebrühter alter Bulle aus der Mordkommission des L.A. County Sheriff's Department, über den ihn irritierenden Psycho-Boom meint:
Marlowes berühmte Schlussworte:
werden allerdings vom Autor selbst widerlegt. Philip Marlowes One-night-stand mit Linda Loring, der Schwester des ersten Mordopfers Sylvia Lennox, wird im folgenden Roman "Playback" (Chandlers letztem, zu Lebzeiten veröffentlichten Buch) wiederholt und entwickelt sich zu einer festen Beziehung. Der prototypische Einzelgänger, der zynische aber im Kern doch faire und ritterliche Detektiv, der sich gerade mit seinen ersten grauen Haaren konfrontiert sieht, beginnt sesshaft zu werden.
"The Long Goodbye" wurde 1973 (kurz nach dem Erscheinen des Romans gab es schon eine Adaption fürs Fernsehen) von Robert Altman verfilmt (deutscher Titel: "Der Tod kennt keine Wiederkehr"). Elliott Gould spielte Philip Marlowe, Arnold Schwarzenegger ist in einer Mini-Rolle (als Unterwelt-Schläger) erstmals in einer großen Hollywood-Produktion zu sehen.
Der gesuchte Roman ist "Der lange Abschied" ("The Long Goodbye") von Raymond Chandler.
(spoilerfreier) Inhalt: Los Angeles, Kalifornien, etwa 1950. Philip Marlowe, Privatdetektiv, freundet sich mit Terry Lennox an, einem charmanten Müßiggänger, der vom Geld seiner Frau Sylvia, einer kühlen, berechnenden Schlampe, abhängig ist und zu viel trinkt. Als Terry eines Morgens mit einer Pistole in der Hand vor seiner Haustüre steht, fährt Marlowe den Freund, ohne lange zu fragen, wie gewünscht über die Grenze zum Flugplatz von Tijuana, Mexiko. Zurück in L.A. wartet bereits die Polizei auf ihn. Sylvia Lennox wurde grausam ermordet, Terry ist Hauptverdächtiger. Marlowe kassiert wegen seiner Weigerung, gegen Terry Lennox auszusagen, vom "homicide skipper" persönlich, dem Chef der Mordkommission des L.A.P.D., im Verhör ein paar kräftige Faustwatschen, bevor er auf Anordnung des Bezirksstaatsanwalts (D.A.) unter Verdacht der Beihilfe ins Gefängnis wandert.
Doch der Mordfall Lennox, der D.A. Springer ein paar saftige Schlagzeilen für seine Wiederwahl verschaffen sollte, "stirbt" ebenso schnell, wie er aufgekommen ist. Terry Lennox hat sich auf der Flucht in einem Kaff in den Bergen von Mexiko erschossen und ein schriftliches Geständnis hinterlassen. Der Lokalreporter Lonnie Morgan meint zu Marlowe, Sylvia Lennox' Vater, der Zeitungsmagnat Harlan Potter, habe wohl seinen ganzen politischen Einfluss geltend gemacht, um die Hintergründe der Sache zu vertuschen. Auch von Mendy Menendez, dem Besitzer eines illegalen Spielklubs mit Verbindungen zum Mob in Las Vegas, bekommt Marlowe den Wink, seine Nase da nicht zu tief reinzustecken. Menendez hat angeblich mit Randy Starr aus Las Vegas und Terry Lennox im 2. Weltkrieg gemeinsam bei einem britischen Spezialkommando gedient, wobei Terry beiden das Leben gerettet hat und selbst schwer verwundet wurde.
Marlowe geht wieder seinen Geschäften als Privatermittler nach und wird vom New Yorker Verleger Howard Spencer und der wunderschönen Blondine Eileen Wade engagiert, Roger Wade, Bestsellerautor und Quartalssäufer, zu finden. Marlowe spürt Wade auf, der sich zum Alk-Schnellentzug in der illegalen Klinik eines Quacksalbers verkrochen hat, bringt ihn nach Hause zurück und freundet sich mit den Wades an. Zwischen Marlowe und Eileen Wade knistert es. Doch als der nach einem Rückfall wieder einmal sturzbetrunkene Roger scheinbar mit seiner Pistole Selbstmord begeht, beginnt Marlowe erste Verbindungen zwischen den Fällen Lennox und Wade zu erkennen.....
Ramond Chandler stand an einem Wendepunkt seines eher unsteten Lebens, als er im Jahr 1954 dieses Buch geschrieben hat. Obwohl als Autor und Drehbuchautor erfolgreich (seine Erfahrungen im Hollywood der 1940er-Jahre spiegeln sich teilweise in dem Roman "Die kleine Schwester") begann er im selben Jahr nach dem Tod seiner geliebten Ehefrau seiner Alkoholsucht die Zügel schießen zu lassen. Fünf Jahre später war er tot.
"Der lange Abschied" ist mehr als eine klassische "Noir"-Kriminalgeschichte rund um Eifersucht, Betrug und Mord, schwache Männer und berechnende Frauen. Der Roman ist ein weit gespanntes, fast analytisches Zeitportrait der USA am Beginn der Eisenhower-Jahre, des hohlen Fortschrittsglaubens, der Vorurteile und der allgegenwärtigen großen und kleinen Korruption dieser Zeit. Etwa wenn Bernie Ohls, ein mit Marlowe lose befreundeter, abgebrühter alter Bulle aus der Mordkommission des L.A. County Sheriff's Department, über den ihn irritierenden Psycho-Boom meint:
Zitat:[Marlowe:] "You two characters been seeing any psychiatrists lately?"
"Jesus", Ohls said, "hadn't you heard? We got them in our hair all the time these days. We've got two of them on the staff. This ain't police business any more. It's getting to be a branch of the medical racket. They're in and out of jail, the courts, the interrogation rooms. They write reports fifteen pages long on why some punk of a juvenile held up a liquor store or raped a schoolgirl or peddled tea to the senior class. Ten years from now guys like Hernandez and me will be doing Rorschach tests and word associations instead of chin-ups and target practice. When we go out on a case we'll carry little black bags with portable lie detectors and bottles of truth serum. Too bad we didn't grab the four hard monkeys that pourd it on Big Willie Magoon [Anmerkung: ein korrupter Sittenpolizist der von Unterweltschlägern eine "Abreibung" kassiert hat]. We might have been able to unmaladjust them and make them love their mothers."
Marlowes berühmte Schlussworte:
Zitat:"I never saw any of them again - except the cops. No way has yet been invented to say goodbye to them."
werden allerdings vom Autor selbst widerlegt. Philip Marlowes One-night-stand mit Linda Loring, der Schwester des ersten Mordopfers Sylvia Lennox, wird im folgenden Roman "Playback" (Chandlers letztem, zu Lebzeiten veröffentlichten Buch) wiederholt und entwickelt sich zu einer festen Beziehung. Der prototypische Einzelgänger, der zynische aber im Kern doch faire und ritterliche Detektiv, der sich gerade mit seinen ersten grauen Haaren konfrontiert sieht, beginnt sesshaft zu werden.
"The Long Goodbye" wurde 1973 (kurz nach dem Erscheinen des Romans gab es schon eine Adaption fürs Fernsehen) von Robert Altman verfilmt (deutscher Titel: "Der Tod kennt keine Wiederkehr"). Elliott Gould spielte Philip Marlowe, Arnold Schwarzenegger ist in einer Mini-Rolle (als Unterwelt-Schläger) erstmals in einer großen Hollywood-Produktion zu sehen.
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