Unabhängige Mini-Studie HRT-Beginn
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Beitrag #1
Good afternoon.


Mit emotionaler Unterstützung meiner Freundin.

Jetzt hatte ich auch endlich mal die Gelegenheit, am eigenen Leib mitzuerleben, was es bedeutet, schlechte Erfahrungen mit Ärzten zu sammeln.

Ich war bei einer Ärztin (bleibt anonym) in einer Endokrinologie, um mit der offiziellen Hormontherapie zu beginnen.

Hätte meine Freundin ihren Termin nicht direkt nach meinem (30 Minuten später) gehabt, dann wäre mir gar nicht aufgefallen, dass die Ärztin rein nach subjektivem Gefühl entscheidet. Als Arzt nach subjektivem Gefühl zu entscheiden, ist natürlich total sinnvoll (Sarkasmus). Denn so gesehen könnte sich doch jede einfach eine sinnvolle Geschichte ausdenken und würde genau das bekommen, was sie braucht. Ja, bereits während des Erstgesprächs würde man, bevor auch nur ein Tropfen Blut abgenommen wurde, seine Hormone verschrieben bekommen. Sehr clever!

Schön, man hat seine Gutachten, also hat man ja auch das Recht darauf, und ich? Ich hatte meine Gutachten dabei. Sie sagte, die sind erstmal das wichtigste, um damit sofort loslegen zu können. Genau.


Und jetzt kommts:

Meine Freundin und ich haben beide erwähnt, dass wir bisher Hormone zu uns genommen haben. Wir haben also beide dieselben Angaben gemacht. Zudem hab ich auch gesagt, dass es in meiner Familie keine Krankheiten etc. gibt (also daran kann es schon mal nicht liegen). Etwa daran, weil ich eine Katzenallergie in Form von Schnupfen habe? Gut, dass ich vergessen habe, zu erwähnen, dass ich eine Heuallergie habe. Sie und ich hatten also, seit einem Jahr, die absolut gleichen Erfahrungen mit Hormone gesammelt. Denn sie und ich nahmen ja das absolut selbe in der absolut selben Anzahl und Menge. Auch sind wir etwa gleich schwer und groß und haben uns beide freundlich verhalten (daran lag es bestimmt nicht, denn das Gespräch war sogar ganz nett.)


Den Unterschied, den ich zu meinem Bedauern feststellen musste:

Mir wurde nur die Frage gestellt, wieviel Androcur ich täglich zu mir genommen habe (und was ich sonst noch genommen habe). Nämlich 12,5 mg. Aber wieviel Östrogen ich nehme, hat sie nicht nachgefragt. Dafür meinte sie dann, ich nehme wahrscheinlich zu wenig Östrogen. Aha? Falls sie Gedanken lesen kann, dann sollte sie aber noch einbisschen mehr üben. Liegt es an meinem Passing, dass sie das gesagt hat? Selbst mein Passing wird ohne FFS nie perfekt sein. Also, woran lag es? Etwa, weil ich danach soviele Fragen gestellt habe, wo ich hin muss und wie das geht? (Bin etwas orientierungslos.) (Wir müssen nämlich beide einpaar Untersuchungen nachbringen. Beide dieselben.) Hier kommen wir der Rätselslösung aber schon näher. Und danach erklärte sie mir natürlich, dass sie es ja nicht genau nachweisen können, wieviel ich immer genommen habe. Wie auch? Ist doch verständlich. Bei meiner Freundin konnten sie es genausowenig nachweisen.

Übrigens hat sie vorher noch gemeint, wir würden sofort mit den Hormonen beginnen, aber das war noch bevor ich den Fehler gemacht habe, ihr ihre nichtgestellte Frage nicht zu beantworten, wieviel Östrogen ich nehme. Und sie hat mir ja auch nicht gesagt, dass ich erstmal alles erzählen soll, sondern hat ganz schnell eine Frage nach der anderen gestellt.


Und hier die Rätselslösung:

Meine Freundin hat, anstatt, wie ein braves Hündchen es tun würde, einfach nur die Fragen zu beantworten, von sich aus, auf alle Details angesprochen. Mit den Details meine ich die genaue Menge von Östrogen, die sie genommen hat und alles, was man dann noch wissen sollte. Die Ärztin meinte zu ihr, sie wäre ja sehr kompetent. Ach, und ich nicht? Nun gut, ich hätte auch von mir aus was sagen können, aber ich hab halt nur die Fragen beantwortet, die sie mir gestellt hat. Liegt es nicht eher in ihrer Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sie sich auch die noch unausgeprochenen Informationen einholt, die sie braucht, um einschätzen zu können, was bzw. wieviel man braucht? Wäre das nicht der Job eines Arztes?

Dann hat sie meiner Freundin ein Rezept geschrieben, und zwar BEVOR man ihr überhaupt zum ersten Mal Blut abgenommen hat. Wozu auch? Wer kompetent wirkt, weil er zufällig auf die Idee kommt, von sich aus was hinzuzufügen, was nicht nachgefragt wurde, der bekommt natürlich sofort ein Rezept. Da ist es dann völlig wurscht, was die Blutwerte noch ergeben werden. Und an Zeit hat es bei mir nicht gemangelt, denn ich hatte meinen Termin vor ihrem. Eigentlich musste sie sich erst bei ihr, aufgrund eines weiteren Termins, beeilen, denn bei mir hat sie sich genug Zeit gelassen. Genug Zeit um nachzufragen, oder nicht?

Dann wurde uns beiden Blut abgenommen. Wenigstens haben wir beide das Rezept für die Testoblockerspritze bekommen. Ich wurde natürlich nicht darüber informiert, dass das Deca in den ersten Wochen zu einem Testoaufschwung führt, bevor es sich reguliert. Sie hingegen wurde darüber informiert, denn sie wirkte ja, dank ihren Erzählungen, kompetenter und hat weniger Extrafragen gestellt. Das heißt also, dass Patientinnen, die wenig erzählen und lieber Fragen beantworten und stellen, nichtmal über die Nebenwirkungen informiert werden. Was wäre denn, wenn es meine Freundin nicht gäbe? Dann hätte ich halt Pech gehabt. Natürlich wurde auf mein Rezept nicht Transgender raufgeschrieben, auf ihres aber schon. Der Apotheker meinte dann, ja, dass er das normalerweise so nicht verschreiben dürfe, aber er hats dann selbst raufgeschrieben.

Also, wirklich?

Und nein, ich bin nicht selbst schuld. Sie ist Ärztin und entscheidet nach subjektivem Gefühl, je nachdem, wie das Gespräch verlaufen ist, und wenn man nicht genug erzählt, dann bekommt man keine Hormone. Das wissen ja nicht alle. Ich bekomme die Hormone ja zum Glück, phu! Aber erst beim nächsten Termin. Beim nächsten Termin werde ich aber absichtlich nicht mehr erzählen, es sei denn, sie fragt nach. Mal sehen, was dann passiert. Oder vielleicht sollte ich ihr mehr erzählen als alle anderen (und als Ausrede, dass ich mich beim letzten mal schwindlich fühlte). Vielleicht bekomme ja ich dann die Rezepte der nächsten 6 Monate.

Ich seh nicht ein, warum die Patientin die alleinige Verantwortung darüber trägt, welche Informationen beim Gespräch ausgetauscht werden und worüber sie informiert wird. Sie kann nicht wissen, dass ich zuwenig Östrogen genommen habe, wenn sie nicht nachfragt. Liegt es nicht an ihr, nachzufragen? Ja, warum stellt sie mir dann überhaupt irgendwelche Fragen? Sowas hab ich einfach noch nie erlebt.

Einerseits geht es um das Leiden, aber, ein Monat kann man vielleicht noch warten. Andererseits geht es aber um die Gesundheit. Und genau, weil es um die Gesundheit geht, bekommt man, sofern man kompetent genug wirkt, die Hormone sofort verschrieben, bevor sie sich das Blut überhaupt angesehen haben. Das ist doch verantwortungslos. Eigentlich sollte doch jede Patientin, sicherheitshalber, zuerst auf die Testergebnisse warten, bevor man ihr Hormone verschreibt.

Das bedeutet, sie hat es, obwohl es ihr nicht bewusst war, bei mir richtig gemacht.

Danach wollte ich natürlich, nachdem meine Freundin mir das noch rechtzeitig mitgeteilt hat, wissen, warum ich warten muss und sie die Hormone sofort verschrieben bekommt. Ich habe sie gefragt. Erst tat sie so als hätte sie meine Frage nicht verstanden (aber sonst jede Frage auf Anhieb verstanden). Dann sagte sie, ja ich hätte doch sicher noch Hormone übrig. (Klar, deswegen geh ich ja auch zur Endokrinologie, weil ich ja eh selbst welche habe. Das ist ja der Sinn der ganzen Sache. Sarkasmus.) Und danach konnte sie mir die gleiche Frage immer noch nicht beantworten. Sprich unauthentisches Lächeln und authentisches Schweigen. Ich habe also nichtmal das Recht, eine Antwort von einem Arzt auf diese Frage zu bekommen? Oder sie hat nicht die Pflicht darauf eine Antwort zu geben? Nichtmal irgendeine? Vertrauen konnte sie bei mir damit aber nicht aufbauen, aber dafür konnte sie damit mein Vertrauen abbauen. Wenigstens das.

Ein Termin wurde dann natürlich nur für mich vereinbart, obwohl die Ärztin mir sogar bestätigte, dass der Termin für uns beide sein wird. Weil ich darum gebeten habe.


Also, ich kann euch mal einen ganz guten Tipp geben:

Wenn jemand von euch die offizielle Hormontherapie und einen Termin vor euch hat, dann entweder gar nicht erst erwähnen, dass ihr schonmal Hormone genommen habt, falls dem so sein sollte (denn die Laufzeit verkürzt sich dadurch nicht, zumindest nicht in der Endokrinologie, in der ich war) oder, wenn ihr so ehrlich seid, dann achtet bitte darauf, dass ihr möglichst viele Details erzählt, unabhängig davon, ob ihr danach gefragt werdet oder nicht. Das spielt keine Rolle. Denn in der Endokrinologie läuft es ab, wie ein einem Bewerbungsgespräch. Wenn man einen kompetenten Eindruck macht, dann hat man den Job (wobei beim Bewerbungsgespräch ist es noch etwas mehr eine Glückssache), sprich das Rezept. Wenn man schüchtern ist und nur Fragen beantwortet und dann noch vielleicht nichtmal alles weiß, was sie erklärt und sogar Fragen stellt, dann läuft es halt nicht so, wie es geplant war. Egal, was sie euch im Lauf des Gesprächs verspricht. Das kann sich dann innerhalb von Minuten wieder ändern. Dann müsst ihr halt damit rechnen, dass ihr nichtmal über wichtige Nebenwirkungen aufgeklärt werdet. Tja.

Wenn ich das also richtig verstanden habe, brauchen Ärzte gar nicht objektiv und verantwortungsvoll vorgehen. Wenn sie wollen, entscheiden sie einfach nach subjektivem Gefühl, wer was zu welchem Zeitpunkt erhält, unabhängig davon, ob etwaige Testergebnisse vorliegen oder nicht, und natürlich mit dem Gewissen, zuwenig Informationen erhalten zu haben. Vertrauen aufbauen? Kann man sich getrost abschminken, es sei denn, man hat das Glück/Pech, keinen Verdacht zu schöpfen oder nicht dahinter gekommen zu sein. Also, am besten gar nicht erst an Gerechtigkeit und Vertrauen denken.

Ich wäre ja froh gewesen, wenn sie mir zumindest abschließend meine Frage beantwortet hätte. Aber anscheinend war es ihr peinlich, dass sie darauf keine sinnvolle Begründung geben konnte. Also muss da was faul sein.

Es könnte aber auch sein, dass nur die Pechvögel unter euch solches Pech haben. Dann brauchen sich die Glückspilze ja keine Sorgen machen, dass ihnen so etwas zustoßen könnte.
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Unabhängige Mini-Studie HRT-Beginn - von jennybabe - 20.09.2013, 16:31
RE: Unabhängige Mini-Studie HRT-Beginn - von Yuna - 20.09.2013, 21:15
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