Beitrag #7
06.02.2015, 09:55
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 28.01.2016, 06:40 von Bonita.)
[Titel angepasst, da es auch um androgenartige pflanzliche "Hormone" geht; Bonita]
Phyto-Östrogene sind Pflanzeninhaltsstoffe, die strukturell dem weiblichen Hormonen aus der Klasse der Östrogene ähneln und können wie diese an den Östrogenrezeptor binden. Dieser hat sich in vielen Millionen Jahren Evolution auf Östrogene als Bindungspartner eingestellt; diese aktivieren ihn also besonders gut und passen wie ein Schlüssel ins Schloss.
Die Wirkung von Östrogenen und auch Phyto-Östrogenen wird durch die Bindung an diese Rezeptoren vermittelt; fehlen die Rezeptoren, haben die zugehörigen Hormone auch keine entsprechende Wirkung. Ein gutes Beispiel dafür ist die komplette Androgenresistenz, auch testikuläre Feminisierung genannt: dabei sind die Rezeptoren für männliche Hormone defekt, weshalb der Körper trotz wahnsinnig hoher Testosteronspiegel nicht vermännlicht.
Es ist für die Wirkung (und Nebenwirkung, inklusive Krebsrisiko!!) unerheblich, ob körpereigenes Östrogen oder ein pflanzlicher Inhaltsstoff mit ähnlicher Struktur den Rezeptor aktiviert - die Wirkung ist dieselbe*. Es ist aber bezüglich der notwendigen Dosis nicht unerheblich, denn während das körpereigene Hormon wie ein Schlüsel ins Schloss passt, passt der Pflanzeninhaltsstoff eher wie ein Dietrich. Da braucht es eben mehr (10-100x so viel) davon, um die gleiche Anzahl Rezeptoren zu aktivieren!
Und diese Flut an Molekülen muss auch abgebaut werden; in der Regel von der Leber. Und während die Leber sehr viel Zeit hatte, sich evolutionär auf den Abbau der körpereigenen Östrogene einzustellen, hat sie keinerlei Erfahrung im Abbau dieser hormonell wirksamen Pflanzeninhaltsstoffe!
Die Einnahme von Phytoöstrogenen hat also gegenüber der konventionellen Therapie mit dem körpereigenen Östradiol keinerlei in wissenschaftlichen Studien nachgewiesene Vorteile, aber die bereits erwähnten Nachteile. Sie können (in moderater Dosierung) dazu beitragen, Wechselbeschwerden zu lindern - von einem Einsatz zur Selbstfeminisierung bei Transmenschen will ich aber dringend abraten!
Jeder Effekt, der sich mit Phytoöstrogenen erreichen lässt ist auch mit "klassischem" Estradiol zu schaffen - und zwar wesentlich ungefährlicher. Die bei Hochdosis Pueraria mirifica (konnte leider keine Daten finden, anhand derer sich die gängigen Kapseln mit Estradiol vergleichen ließen) eventuell eintretende Brustvergrößerung ist vermutlich nichts anderes als das, was in jeder schwangeren Frau passiert - eine körperliche Anpassung an die bevorstehende Stillzeit, die sich nach dem Ende der hormonellen Ausnahmesituation wieder zurückbildet! Nur dummerweise sind während einer Schwangerschaft noch ein paar andere Dinge vergrößert, unter anderem das Thromboserisiko.
Es gibt übrigens einen Standard-Labortest für den Estradiolspiegel im Blut; dieser zeigt auch eingenommenes Estradiol an, weil es die gleiche Struktur aufweist. Phytoöstrogene, Premarin oder synthetische Derivate fliegen dagegen "unter dem Radar" - es lässt sich also nur durch die beobachtbaren Effekte eine Überdosierung feststellen!
Ich hoffe, damit ein paar Fragen beantwortet zu haben.
Martha
*: Möglicherweise nicht ganz dieselbe. Es gibt zwei verschiedene Subtypen vom Östrogenrezeptoren; ER alpha und ER beta. Deren Aktivierung hat unterschiedliche Effekte, die in Kombination die "Östrogenwirkung" ergeben. Körpereigenes Östrogen aktiviert beide; andere Substanzen wirken vielleicht auf einen Subtyp mehr als auf den anderen.
Phyto-Östrogene sind Pflanzeninhaltsstoffe, die strukturell dem weiblichen Hormonen aus der Klasse der Östrogene ähneln und können wie diese an den Östrogenrezeptor binden. Dieser hat sich in vielen Millionen Jahren Evolution auf Östrogene als Bindungspartner eingestellt; diese aktivieren ihn also besonders gut und passen wie ein Schlüssel ins Schloss.
Die Wirkung von Östrogenen und auch Phyto-Östrogenen wird durch die Bindung an diese Rezeptoren vermittelt; fehlen die Rezeptoren, haben die zugehörigen Hormone auch keine entsprechende Wirkung. Ein gutes Beispiel dafür ist die komplette Androgenresistenz, auch testikuläre Feminisierung genannt: dabei sind die Rezeptoren für männliche Hormone defekt, weshalb der Körper trotz wahnsinnig hoher Testosteronspiegel nicht vermännlicht.
Es ist für die Wirkung (und Nebenwirkung, inklusive Krebsrisiko!!) unerheblich, ob körpereigenes Östrogen oder ein pflanzlicher Inhaltsstoff mit ähnlicher Struktur den Rezeptor aktiviert - die Wirkung ist dieselbe*. Es ist aber bezüglich der notwendigen Dosis nicht unerheblich, denn während das körpereigene Hormon wie ein Schlüsel ins Schloss passt, passt der Pflanzeninhaltsstoff eher wie ein Dietrich. Da braucht es eben mehr (10-100x so viel) davon, um die gleiche Anzahl Rezeptoren zu aktivieren!
Und diese Flut an Molekülen muss auch abgebaut werden; in der Regel von der Leber. Und während die Leber sehr viel Zeit hatte, sich evolutionär auf den Abbau der körpereigenen Östrogene einzustellen, hat sie keinerlei Erfahrung im Abbau dieser hormonell wirksamen Pflanzeninhaltsstoffe!
Die Einnahme von Phytoöstrogenen hat also gegenüber der konventionellen Therapie mit dem körpereigenen Östradiol keinerlei in wissenschaftlichen Studien nachgewiesene Vorteile, aber die bereits erwähnten Nachteile. Sie können (in moderater Dosierung) dazu beitragen, Wechselbeschwerden zu lindern - von einem Einsatz zur Selbstfeminisierung bei Transmenschen will ich aber dringend abraten!
Jeder Effekt, der sich mit Phytoöstrogenen erreichen lässt ist auch mit "klassischem" Estradiol zu schaffen - und zwar wesentlich ungefährlicher. Die bei Hochdosis Pueraria mirifica (konnte leider keine Daten finden, anhand derer sich die gängigen Kapseln mit Estradiol vergleichen ließen) eventuell eintretende Brustvergrößerung ist vermutlich nichts anderes als das, was in jeder schwangeren Frau passiert - eine körperliche Anpassung an die bevorstehende Stillzeit, die sich nach dem Ende der hormonellen Ausnahmesituation wieder zurückbildet! Nur dummerweise sind während einer Schwangerschaft noch ein paar andere Dinge vergrößert, unter anderem das Thromboserisiko.
Es gibt übrigens einen Standard-Labortest für den Estradiolspiegel im Blut; dieser zeigt auch eingenommenes Estradiol an, weil es die gleiche Struktur aufweist. Phytoöstrogene, Premarin oder synthetische Derivate fliegen dagegen "unter dem Radar" - es lässt sich also nur durch die beobachtbaren Effekte eine Überdosierung feststellen!
Ich hoffe, damit ein paar Fragen beantwortet zu haben.
Martha
*: Möglicherweise nicht ganz dieselbe. Es gibt zwei verschiedene Subtypen vom Östrogenrezeptoren; ER alpha und ER beta. Deren Aktivierung hat unterschiedliche Effekte, die in Kombination die "Östrogenwirkung" ergeben. Körpereigenes Östrogen aktiviert beide; andere Substanzen wirken vielleicht auf einen Subtyp mehr als auf den anderen.