Beitrag #6
04.03.2015, 01:31
Ich würde Euch gerne meine Sichtweise und bisherige Erfahrung mit dieser Thematik schildern, wo (meiner Meinung nach!) die Probleme liegen bzw. welche Gedanken einem da durch den Kopf schwirren. Leider neige ich dazu, mir über Dinge den Kopf zu zerbrechen, als es einfach zu tun. Manchmal ist das ein Vorteil (wohlüberlegt), manchmal ein Nachteil (Spontanität).
Die Evolution des Affen vom Menschen ist ja bewiesen und die Intelligenz des Menschen wird ja daran gemessen, wie Mensch auf Situationen reagiert, die absolutes Neuland sind. Meiner Meinung nach gibt es aber nichts von Menschenhand Geschaffenes, das perfekt und ohne Tadel ist. Perfektionismus gibt es nur in der Natur, da diese auf jede Änderung reagiert und sich fortan dagegen evolutionstechnisch anpasst. Eine Softwareanwendung kann zB nur so gut sein, wie der Programmierer, ein Auto nur so gut, wie der Konstrukteur und ein Gesetz/ Verordnung nur so gut, wie der, der es verfasst...
Der Mensch hat das irgendwann erkannt und nutzt dies für seine Zwecke. Die Statik von Wolkenkratzern ist zB keine Erfindung des Menschen, sondern aus der Natur abgeschaut (Getreide-Ehre: oben schwer, Halm flexibel). So hat der Mensch gelernt, "Unbekanntes" mit "Bekannten" zu vergleichen und anzupassen. D.h., der Mensch modelt etwas Neues, unlogisches solange um, presst es in Formen, versucht es zu katalogisieren, zu beschreiben...und archiviert es dann, wobei damit sein Wissensdurst gestillt und die Aufgabe erfüllt ist - Problem gelöst.
So kommt es auch bei unserer Krankheit/ Störung/ Missbildung der Transidentität vor. Warum? Weil der (Durchschnitts-) Mensch der Meinung ist, wir sind "außerhalb der Norm", des "Normalzustand". Und dann versucht er, dieses Unbekannte solange in eine Form zu pressen, bis er meint, es zu verstehen. Und da liegt meiner Meinung nach genau das Problem. Manche Dinge kann man nicht bis ins kleinste Detail ergründen, somit auch nicht wirklich verstehen.
Jeder kennt den Schmerz beim Zahnarzt, wenn er irgendwo rumbohrt, aber jemanden beschreiben, wie sich das anfühlt oder sich noch Monate später daran zu erinnern, wie das war...das können wir nicht. Nachfühlen ja, dunkel daran erinnern ja, aber wirklich dieses Gefühl realistisch darzustellen: nein.
Und da sehe ich auch genau das Problem: Wie soll man unser Gefühl, unser Unwohlsein in der biologischen Geschlechtsrolle, beschreiben, darstellen oder einordnen? Auch wenn dafür eine Bezeichnung gefunden wurde (F64.x), denke ich, dass es da unzählige Schattierungen gibt und nicht nur 100% Transidentität oder eben 0%=keine.
Und die ganzen diagnostischen Test laufen doch darauf hinaus, dass man solange therapiert wird, bis man auf 100% auf- oder auf 0% abrunden kann und dann eben die Hormondfreigabe bekommt...oder eben nicht.
Und diese Angst, "abgerundet" zu werden, macht mir persönlich Angst. Man informiert sich im Web, versucht hinter die Bewertungskriterien zu schauen und stellt sich vorab die Frage, ob man das überhaupt schaffen wird. Diverse Online-Tests, die mehr der Motivation, als der Realität dienen, machen uns Mut, manche Forenbeiträge ziehen einen wieder runter. Und in dem ganzen Schlamassel aus emotionaler Berg- und Talfahrt kommen noch Unsicherheiten auf, den "richtigen" Weg zu finden...
Das es Richtlinien/ Empfehlungen gibt, finde ich sehr gut, denn es wird damit ein Entwicklungsprozess gestartet, der sich immer wieder verbessert...und somit lebt! Klar gibt es für diese Updates geeignete (einfühlsame?) Personen, aber leider auch Bürokraten, die den finanziellen Teil in den Prozess integrieren, und das aber auf Kosten der Anwendbarkeit. Dummerweise wird auch alles, was nicht eindeutig zuordnend ist, schwammig formuliert, um genug Spielraum einzuräumen. Und damit ergeben sich meist wieder neue Probleme, obwohl es eigentlich Lösungen anbieten sollte. Aber ich denke, es wird sich diesbezüglich noch sehr viel zum Guten wenden, zumal jeder Einzelne etwas dazu beitragen kann, es Foren wie dieses hier gibt und diverse Institutionen sich stark für unsere Bedürfnisse machen. Und das finde ich schon sehr positiv und baut mich etwas auf, auch wenn ich wahrscheinlich nicht kurzfristig davon profitieren kann.
Die Behandlungsrichtlinien werden zwar als objektives Beurteilungsmuster herangezogen, mir kommt es aber schon manchmal sehr subjektiv vor und daß die schwammige Beschreibung ausgenutz werden kann. Es gibt zB keine Mindeststundenzahl mehr beim Psychotherapeuten, trotzdem kommt der Verdacht auf, dass versucht wird, möglichst viel Stunden zu empfehlen, um damit auch kräftig zu verdienen. Und wenn ich nicht gerade einen "freien" Behandlungsplatz bekomme, spielt die Anzahl der Stunden sehr wohl eine Rolle. Klar kann man keine Fixstunden-Anzahl definieren, der eine braucht mehr, der andere eben weniger. Aber wie erkenne ich, dass es nicht vordergründig um meine Belange geht, sondern um die des Spezialisten?
Mir ist auch klar, dass es nur da Schiffe nur gibt, wo Wasser ist, aber die Anzahl von Berufsgruppen, die sich mit unserer Thematik auskennen und beschäftigen, ist zB in Wien sehr gut, weiter im Westen (T, Vbg) eher rar. Und dann noch das Glück zu haben, von dieser Minorität verstanden und gefördert zu werden, ist sehr, sehr gering. Damit habe ich schon, bevor ich den ganzen Prozess überhaupt durchlaufen will, die erste Hürde: Wer ist meine erste Ansprechperson, die mir weiterhelfen kann, mich unter seine/ ihre Fittiche nimmt und mich zumindestens einen Schritt weiterbringt?
Habe ich Glück(!), komme ich meinem Ziel näher, gibt es aber da schon Schwierigkeiten, geht die Motivation gegen null und man verfällt (auch ohne Endrocur ) in leichte Depressionen.
Ich habe nach langem Recherchieren herausgefunden, dass es in Tirol eine Selbsthilfegruppe (Hosi Tirol) gibt, die sich einmal im Monat trifft, um Erfahrungen auszutauschen. Ob mich das weiterbringt, kann ich (noch) nicht sagen, aber ich bin dadurch meinem Ziel näher gekommen...wenn auch nur einen kleinen Schritt. Ich mache mir übrigens keine Gedanken, wie lange ich dafür brauche, mir ist wichtiger, dass ich Schritte (so klein sie auch sein mögen) nach vorne komme, OHNE wieder zurückgehen zu müssen
Die Evolution des Affen vom Menschen ist ja bewiesen und die Intelligenz des Menschen wird ja daran gemessen, wie Mensch auf Situationen reagiert, die absolutes Neuland sind. Meiner Meinung nach gibt es aber nichts von Menschenhand Geschaffenes, das perfekt und ohne Tadel ist. Perfektionismus gibt es nur in der Natur, da diese auf jede Änderung reagiert und sich fortan dagegen evolutionstechnisch anpasst. Eine Softwareanwendung kann zB nur so gut sein, wie der Programmierer, ein Auto nur so gut, wie der Konstrukteur und ein Gesetz/ Verordnung nur so gut, wie der, der es verfasst...
Der Mensch hat das irgendwann erkannt und nutzt dies für seine Zwecke. Die Statik von Wolkenkratzern ist zB keine Erfindung des Menschen, sondern aus der Natur abgeschaut (Getreide-Ehre: oben schwer, Halm flexibel). So hat der Mensch gelernt, "Unbekanntes" mit "Bekannten" zu vergleichen und anzupassen. D.h., der Mensch modelt etwas Neues, unlogisches solange um, presst es in Formen, versucht es zu katalogisieren, zu beschreiben...und archiviert es dann, wobei damit sein Wissensdurst gestillt und die Aufgabe erfüllt ist - Problem gelöst.
So kommt es auch bei unserer Krankheit/ Störung/ Missbildung der Transidentität vor. Warum? Weil der (Durchschnitts-) Mensch der Meinung ist, wir sind "außerhalb der Norm", des "Normalzustand". Und dann versucht er, dieses Unbekannte solange in eine Form zu pressen, bis er meint, es zu verstehen. Und da liegt meiner Meinung nach genau das Problem. Manche Dinge kann man nicht bis ins kleinste Detail ergründen, somit auch nicht wirklich verstehen.
Jeder kennt den Schmerz beim Zahnarzt, wenn er irgendwo rumbohrt, aber jemanden beschreiben, wie sich das anfühlt oder sich noch Monate später daran zu erinnern, wie das war...das können wir nicht. Nachfühlen ja, dunkel daran erinnern ja, aber wirklich dieses Gefühl realistisch darzustellen: nein.
Und da sehe ich auch genau das Problem: Wie soll man unser Gefühl, unser Unwohlsein in der biologischen Geschlechtsrolle, beschreiben, darstellen oder einordnen? Auch wenn dafür eine Bezeichnung gefunden wurde (F64.x), denke ich, dass es da unzählige Schattierungen gibt und nicht nur 100% Transidentität oder eben 0%=keine.
Und die ganzen diagnostischen Test laufen doch darauf hinaus, dass man solange therapiert wird, bis man auf 100% auf- oder auf 0% abrunden kann und dann eben die Hormondfreigabe bekommt...oder eben nicht.
Und diese Angst, "abgerundet" zu werden, macht mir persönlich Angst. Man informiert sich im Web, versucht hinter die Bewertungskriterien zu schauen und stellt sich vorab die Frage, ob man das überhaupt schaffen wird. Diverse Online-Tests, die mehr der Motivation, als der Realität dienen, machen uns Mut, manche Forenbeiträge ziehen einen wieder runter. Und in dem ganzen Schlamassel aus emotionaler Berg- und Talfahrt kommen noch Unsicherheiten auf, den "richtigen" Weg zu finden...
Das es Richtlinien/ Empfehlungen gibt, finde ich sehr gut, denn es wird damit ein Entwicklungsprozess gestartet, der sich immer wieder verbessert...und somit lebt! Klar gibt es für diese Updates geeignete (einfühlsame?) Personen, aber leider auch Bürokraten, die den finanziellen Teil in den Prozess integrieren, und das aber auf Kosten der Anwendbarkeit. Dummerweise wird auch alles, was nicht eindeutig zuordnend ist, schwammig formuliert, um genug Spielraum einzuräumen. Und damit ergeben sich meist wieder neue Probleme, obwohl es eigentlich Lösungen anbieten sollte. Aber ich denke, es wird sich diesbezüglich noch sehr viel zum Guten wenden, zumal jeder Einzelne etwas dazu beitragen kann, es Foren wie dieses hier gibt und diverse Institutionen sich stark für unsere Bedürfnisse machen. Und das finde ich schon sehr positiv und baut mich etwas auf, auch wenn ich wahrscheinlich nicht kurzfristig davon profitieren kann.
Die Behandlungsrichtlinien werden zwar als objektives Beurteilungsmuster herangezogen, mir kommt es aber schon manchmal sehr subjektiv vor und daß die schwammige Beschreibung ausgenutz werden kann. Es gibt zB keine Mindeststundenzahl mehr beim Psychotherapeuten, trotzdem kommt der Verdacht auf, dass versucht wird, möglichst viel Stunden zu empfehlen, um damit auch kräftig zu verdienen. Und wenn ich nicht gerade einen "freien" Behandlungsplatz bekomme, spielt die Anzahl der Stunden sehr wohl eine Rolle. Klar kann man keine Fixstunden-Anzahl definieren, der eine braucht mehr, der andere eben weniger. Aber wie erkenne ich, dass es nicht vordergründig um meine Belange geht, sondern um die des Spezialisten?
Mir ist auch klar, dass es nur da Schiffe nur gibt, wo Wasser ist, aber die Anzahl von Berufsgruppen, die sich mit unserer Thematik auskennen und beschäftigen, ist zB in Wien sehr gut, weiter im Westen (T, Vbg) eher rar. Und dann noch das Glück zu haben, von dieser Minorität verstanden und gefördert zu werden, ist sehr, sehr gering. Damit habe ich schon, bevor ich den ganzen Prozess überhaupt durchlaufen will, die erste Hürde: Wer ist meine erste Ansprechperson, die mir weiterhelfen kann, mich unter seine/ ihre Fittiche nimmt und mich zumindestens einen Schritt weiterbringt?
Habe ich Glück(!), komme ich meinem Ziel näher, gibt es aber da schon Schwierigkeiten, geht die Motivation gegen null und man verfällt (auch ohne Endrocur ) in leichte Depressionen.
Ich habe nach langem Recherchieren herausgefunden, dass es in Tirol eine Selbsthilfegruppe (Hosi Tirol) gibt, die sich einmal im Monat trifft, um Erfahrungen auszutauschen. Ob mich das weiterbringt, kann ich (noch) nicht sagen, aber ich bin dadurch meinem Ziel näher gekommen...wenn auch nur einen kleinen Schritt. Ich mache mir übrigens keine Gedanken, wie lange ich dafür brauche, mir ist wichtiger, dass ich Schritte (so klein sie auch sein mögen) nach vorne komme, OHNE wieder zurückgehen zu müssen