Beitrag #66
26.04.2015, 20:25
Nach längerer Zeit mal wieder eine "Einmischung" von mir ...
Wie nachstehend zitiert sowie insb. von Mike-Tanja zuvor schon ähnliches in dem thread:
Ohne jetzt konkrete Fälle oder Statistiken bei der Hand zu haben: Das ist durchaus zutreffend, dass bei entsprechender psychiatrischer Indikation die Brustvergrößerung (aber auch umgekehrt: -verkleinerung, hier zusätzlich manchmal auch medizinische Indikation gegeben) bei Cisfrauen von den KK übernommen werden [müssen]. Das ist also gar nicht so abwegig.
Hiezu volle Zustimmung.
Zum letzten Satz: Ja, das ist in sich richtig. Aber auch gleichzeitig der Knackpunkt. Hier - im Fall von TS-bedingtem Brustaufbau - geht es nicht um ein kosmetisches Problem nach Abs. 3, sondern wenn gegeben um eine psychiatrische Indikation, womit mit dem Brustaufbau der nach § 120 Abs 1 Z 1 ASVG regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht, beseitigt oder allenfalls gelindert wird..
Aus diesem psychiatrischen Blickwinkel, der wiederum nur einen jeweiligen Einzelfall betreffen kann, erübrigt sich damit jedweder Vergleich mit Körbchengrößen von Cisfrauen. Gleichfalls unerheblich ist, ob durch HRT gar kein Brustwachstum zustande kommt, Körbchengröße irgendwas oder - weil genetisch vorbedingt - die Explosion der Oberweite.
Grundsätzlicher, judizierter Ansatzpunkt bei allfälligen Leistungen aus der Krankenversicherung im Zusammenhang mit TS/TG ist OGH 12.09.1996 10 ObS 2303/96s, Veröff: SZ 69/209, Rechtssatz:
Es war - jedenfalls in den späten 1990er und 2000er Jahren - bisher durchaus schon common sense (und ist wohl auch fixer Bestandteil der internationalen Erkenntnisse und Behandlungsrichtlinien), dass zu den Behandlungen der gaOP vulgo "Geschlechtsumwandlungsoperationen" bei Bedarf auch der Brustaufbau Bestandteil der von KK in dem Zusammenhang zu übernehmende Leistungen ist. Anders gesagt: Die Kostenübernahme - war zumindest damals - die Regel und nicht die Ausnahme.
Die WGKK konnte sich z.B. in einem Verfahren vor dem Wiener ASG nach 1995 nur deshalb herauswinden, weil die Betroffene es gewagt hatte, den Brustaufbau im Zuge der Nach-OP bei der ga-Operateurin im Ausland zu machen. Wären die beiden OPs (Nach-OP/Brust) im Inland gemacht worden, hätte die WGKK, so vor dem ASG dezitiert festgestellt, bezahlt.
Wenn also heutzutage wegen der Kostenübernahme für einen Brustaufbau von den gesetzlichen KK "Manderln" gemacht werden, bleibt nur mit entsprechenden Argumenten und notfalls mit neuerlichen Verfahren vor den Sozialgerichten aufzufahren. Mit sehr guten Erfolgschancen.
Für die Kostenübernahme für eine FFS hingegen sehe ich jedoch nach dem aktuellen Stand der Lage - sowohl seitens der Krankenkassen als auch seitens dem Stand der Forschung - eher weniger Chancen.
Abschließend noch eine sehr persönliche Meinung:
Meiner Einschätzung nach wird von einigen hier - Stichwort: Passing - vielzusehr auf das "außen" geschielt um der Umgebung ein gefälliges Aussehen zu geben. Die FFS ist sicher fein (wenn frau es sich leisten kann) aber nicht das Allheilmittel: Erstens hängt das Passing nicht allein vom Gesicht ab, sondern - und das ist nicht zu unterschätzen -nicht zuletzt auch vom Körperbau. Bei diesbezüglich schlechten Voraussetzungen ist das tolle operierte Gesicht möglicherweise sogar kontraproduktiv. Zweitens hilft auch das tollste Gesicht nichts, wenn das Gesamtpaket "nicht rüberkommt". Stichwörter: psychisches Auftreten, Sprache, etc.).
So wie auch die gaOP und bei Bedarf ein Brustaufbau nicht für ein außen, für ein Gegenüber, für eine andere Person als sich selbst gemacht werden soll: Jedwede medizinische Maßnahme setzt ihr nur für euch allein - ihr müsst damit in euch selbst ruhen. Alles andere ist mMn Trugschluss.
Wie nachstehend zitiert sowie insb. von Mike-Tanja zuvor schon ähnliches in dem thread:
(17.04.2015, 12:53)Mike-Tanja schrieb: Das Problem im Bereich der Leistungen der plastischen Chirurgie, konkrete der Brustimplantate, ist, dass man eine psychologisch begründete Indikation nicht auf Transfrauen beschränken kann.
Man kann durchaus argumentieren - was nicht heißt, dass der Erfolg garantiert ist! -, dass ein zu kleiner Busen eine Frau psychisch krank machen kann. Und dass eine OP hier effektiver und vielleicht sogar kostengünstiger helfen würde als eine lange Psychotherapie oder Psychopharmaka bis zum Erbrechen.
Ohne jetzt konkrete Fälle oder Statistiken bei der Hand zu haben: Das ist durchaus zutreffend, dass bei entsprechender psychiatrischer Indikation die Brustvergrößerung (aber auch umgekehrt: -verkleinerung, hier zusätzlich manchmal auch medizinische Indikation gegeben) bei Cisfrauen von den KK übernommen werden [müssen]. Das ist also gar nicht so abwegig.
Zitat:Aber: Für diese Indikation wäre Cisfrau gleich Transfrau, auch Cisfrauen können entsprechend leiden, das ist nur eine Frage des Nachweises. Jede andere Auslegung ist rechtlich ausgeschlossen, jede Änderung des § 133 Abs. 3 ASVG im Sinne einer Privilegierung von Transmenschen wäre m.E. verfassungswidrig.
Hiezu volle Zustimmung.
Zitat:Ich würde davon ausgehen, dass eine unterentwickelte Brust kein "anatomischer" oder "funktioneller" Krankheitszustand ist, denn bis auf Körbchengröße A wird eine Transfrau durch die HRT meistens schon kommen. Alles andere ist bei jeder Frau (genetische) Glückssache. Daher glaube ich nicht, dass eine OP zur Brustvergrößerung bei derzeitiger Rechtslage als Pflichtleistung möglich ist. Bitte beachtet, dass § 133 Abs. 3 ASVG psychische Krankheitszustände als Indikationen für kosmetische Behandlungen nicht umfasst. Und natürlich gilt auch hier die "Notwendigkeitsgrenze" gemäß § 133 Abs. 1 ASVG.
Zum letzten Satz: Ja, das ist in sich richtig. Aber auch gleichzeitig der Knackpunkt. Hier - im Fall von TS-bedingtem Brustaufbau - geht es nicht um ein kosmetisches Problem nach Abs. 3, sondern wenn gegeben um eine psychiatrische Indikation, womit mit dem Brustaufbau der nach § 120 Abs 1 Z 1 ASVG regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht, beseitigt oder allenfalls gelindert wird..
Aus diesem psychiatrischen Blickwinkel, der wiederum nur einen jeweiligen Einzelfall betreffen kann, erübrigt sich damit jedweder Vergleich mit Körbchengrößen von Cisfrauen. Gleichfalls unerheblich ist, ob durch HRT gar kein Brustwachstum zustande kommt, Körbchengröße irgendwas oder - weil genetisch vorbedingt - die Explosion der Oberweite.
Grundsätzlicher, judizierter Ansatzpunkt bei allfälligen Leistungen aus der Krankenversicherung im Zusammenhang mit TS/TG ist OGH 12.09.1996 10 ObS 2303/96s, Veröff: SZ 69/209, Rechtssatz:
RIS schrieb:Transsexualität ist dann als einen Anspruch auf Krankenbehandlung gemäß § 133 ASVG auslösende Krankheit zu werten, wenn die innere Spannung zwischen dem körperlichen Geschlecht und der seelischen Identifizierung mit dem anderen Geschlecht eine derartige Ausprägung erfahren hat, daß nur durch die Beseitigung dieser Spannung schwere Symptome psychischer Krankheiten behoben oder gelindert werden. (Mit Hinweisen auf die deutsche Judikatur und Literatur.)Link: http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justi...0_002.html
Es war - jedenfalls in den späten 1990er und 2000er Jahren - bisher durchaus schon common sense (und ist wohl auch fixer Bestandteil der internationalen Erkenntnisse und Behandlungsrichtlinien), dass zu den Behandlungen der gaOP vulgo "Geschlechtsumwandlungsoperationen" bei Bedarf auch der Brustaufbau Bestandteil der von KK in dem Zusammenhang zu übernehmende Leistungen ist. Anders gesagt: Die Kostenübernahme - war zumindest damals - die Regel und nicht die Ausnahme.
Die WGKK konnte sich z.B. in einem Verfahren vor dem Wiener ASG nach 1995 nur deshalb herauswinden, weil die Betroffene es gewagt hatte, den Brustaufbau im Zuge der Nach-OP bei der ga-Operateurin im Ausland zu machen. Wären die beiden OPs (Nach-OP/Brust) im Inland gemacht worden, hätte die WGKK, so vor dem ASG dezitiert festgestellt, bezahlt.
Wenn also heutzutage wegen der Kostenübernahme für einen Brustaufbau von den gesetzlichen KK "Manderln" gemacht werden, bleibt nur mit entsprechenden Argumenten und notfalls mit neuerlichen Verfahren vor den Sozialgerichten aufzufahren. Mit sehr guten Erfolgschancen.
Für die Kostenübernahme für eine FFS hingegen sehe ich jedoch nach dem aktuellen Stand der Lage - sowohl seitens der Krankenkassen als auch seitens dem Stand der Forschung - eher weniger Chancen.
Abschließend noch eine sehr persönliche Meinung:
Meiner Einschätzung nach wird von einigen hier - Stichwort: Passing - vielzusehr auf das "außen" geschielt um der Umgebung ein gefälliges Aussehen zu geben. Die FFS ist sicher fein (wenn frau es sich leisten kann) aber nicht das Allheilmittel: Erstens hängt das Passing nicht allein vom Gesicht ab, sondern - und das ist nicht zu unterschätzen -nicht zuletzt auch vom Körperbau. Bei diesbezüglich schlechten Voraussetzungen ist das tolle operierte Gesicht möglicherweise sogar kontraproduktiv. Zweitens hilft auch das tollste Gesicht nichts, wenn das Gesamtpaket "nicht rüberkommt". Stichwörter: psychisches Auftreten, Sprache, etc.).
So wie auch die gaOP und bei Bedarf ein Brustaufbau nicht für ein außen, für ein Gegenüber, für eine andere Person als sich selbst gemacht werden soll: Jedwede medizinische Maßnahme setzt ihr nur für euch allein - ihr müsst damit in euch selbst ruhen. Alles andere ist mMn Trugschluss.