Beitrag #13
23.04.2016, 22:08
(21.04.2016, 14:50)Granada schrieb:(21.04.2016, 11:20)chipsi schrieb: Wenn man die Orchiektomie, für die man ja ohnehin auch eine Freigabe und Kostenübernahme der KK benötigt, als Verstümmelung bezeichnet, dann müsste man aber auch die GaOP konsequenterweise als Mega-Verstümmelung bezeichnen (das ist jetzt aber ganz und gar nicht meine Meinung).
Das hat Dr. Schrögendorfer sogar genau so gesagt, aber mit dem Hinweis, daß das Ergebnis dieser Verstümmelung eines funktionierenden Organs wenigstens die Angleichung an ein anderes funktionierendes Organ darstellt.
Eine Kastration als Entfernung eines nicht-nachwachsenden Körperteils ist aus strafrechtlicher Sicht immer eine Verstümmelung. Also solche muss sie medizinisch indiziert (notwendig oder zumindest der Gesundheit förderlich) sein, damit sie nicht sittenwidrig ist, und man damit wirksam in ihre Durchführung einwilligen kann (§ 90 Abs. 1 StGB). Bei einer gaOP gilt diese Bedingung klar als erfüllt. Bei einer bloßen Orchiektomie ist das nicht so klar, also bewegt sich die/der Ärztin/Arzt bei so einem Eingriff rechtlich in einer Grauzone. Die Gesetzesmaterialien (Erläuterungen zur Regierungsvorlge des Strafrechtsänderungsgesetzes 2001, 754 BlgNR XXI GP, 9) besagen:
Zitat:In einer von allen vier Parlamentsparteien getragenen Entschließung des NR vom 5. Dezember 2000 wurde der Justizminister aufgefordert, bei den Strafverfolgungsbehörden darauf hinzuwirken, dass Fälle der Genitalverstümmelung in Österreich konsequent verfolgt werden, und ferner ersucht, dieses Problem einer ausdrücklichen Regelung im Strafrecht zuzuführen. Mit einer Ergänzung in § 90 StGB soll nun klargestellt werden, dass in derartige Körperverletzungen nicht eingewilligt werden kann.
Ziel der Einfügung von § 90 Abs. 3 StGB war nachweislich, die weibliche Klitorisbeschneidung zu ächten und ihre Rechtfertigung durch Einwilligung der Verletzten ausdrücklich unwirksam zu machen. Die männliche Kastration (Orchiektomie) sollte nicht zwingend verboten werden, und es hat seit 2001 auch keinen mir bekannten Fall einer Anwendung des Strafrechts auf eine Orchiektomie (wenn es denn in Österreich überhaupt eine gegeben hat) oder gaOP gegeben. In der Praxis könnte das wohl auch nur im Fall einer Reuepatientin geschehen.
Aber der Konnex zur Heilbehandlung und damit zur Sittenkonformität ist bei einer Orchiektomie dünner als bei einer gaOP. Ich würde sagen, dass sie bei einer Patientin mit PÄ unproblematisch ist, da allgemein einsichtig ist, dass eine Frau keine männlichen Gonaden braucht oder haben möchte. In jedem Fall liegt die Entscheidung, ob es gemacht wird, letztlich bei der Ärztin oder beim Arzt.
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