Beitrag #18
25.04.2016, 14:56
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.04.2016, 19:36 von Mike-Tanja.
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(25.04.2016, 13:24)j-unique schrieb:Die allgemein anerkannte und vielfach praktizierte Form der Behandlung von Gender-Dysphorie am Körper mit den Mitteln der Chirurgie ist eben die gaOP.Zitat:Aber der Konnex zur Heilbehandlung und damit zur Sittenkonformität ist bei einer Orchiektomie dünner als bei einer gaOP.
Worauf stützt sich diese Aussage? [hier gekürzt]
In einer idealen, von den Prinzipien der Vernunft und Selbstverantwortung regierten Welt hätte ich nicht das geringste Problem damit, dass ein erwachsener, handlungsfähiger und über die Folgen aufgeklärter Mensch wirksam über jeden Teil seines Körper verfügen darf.
Aber strafrechtliche Beschränkungen dieses Rechts wie § 90 Abs. 1 und 3 StGB dürfen nicht stur aus der Perspektive "Ich Transgender, Cis-Menschen Feinde!" betrachtet werden. Sie haben nämlich regelmäßig wenig bis gar nix mit TG-Problemen zu tun. Der von § 90 Abs.1 StGB für eine gültige Einwilligung in eine Verstümmelung geforderte "sittliche Konnex" richtet sich in erster Linie gegen einen sonst möglichen Handel mit Spenderorganen (der Verkauf z.B. einer eigenen Niere wäre so ein klassisches sittenwidriges Geschäft). Die Verpönung des Organhandels knüpft wiederum an der Erkenntnis an, dass entsprechende Einwilligungen, die Menschen abgeben, a) nicht immer ganz freiwillig erfolgen und b) im Nachhinein oft bereut werden. Damit wären wir dann gleichzeitig bei Verstümmelungen im Dunstkreis extremer Sexualpraktiken, obskurer (Sekten-) Aufnahmerituale und ähnlicher Dinge (der Wandel der Rechtsprechung zu Verletzungen im Zuge maßvoller BDSM-Sexspiele seit 1980 ist übrigens m.E. ein gutes Beispiel für die Flexibilität des Strafrechts). § 90 Abs. 3 StGB richtet sich, wie gesagt, speziell gegen die in manchen in Österreich fremden Gesellschaften, deren Bräuche durch Migration eingeschleppt worden sind, verbreitete Klitorisverstümmelung bei Mädchen oder jungen Frauen. Der Wortlaut umfasst aber jede Verstümmelung oder Verletzung der Genitalien, die geeignet ist, eine nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen.
Ich sage nur, dass die Reichweite dieser Bestimmung noch nie ausgetestet worden ist. Und keine Ärztin und kein Arzt möchte sich wohl ohne Not auf einen Versuch einlassen. Meiner Meinung nach muss die Anwendung der Bestimmung, wie schon gesagt, auf Fälle von "eindeutig lustfeindlichen" Eingriffen beschränkt bleiben (und auch da gibt's eine Menge heikler Fragen, ich sage nur: religiös motivierte Penisbeschneidung bei Buben im Judentum und Islam). Daher ist die gaOP weiterhin legal (weil nicht per se lustfeindlich und eine anerkannte medizinische Behandlung). Der für die Orchiektomie verbleibende "Grauzonen-Rest" ist die Frage, ob sie eine anerkannte Behandlung bei F-64.0 ist. Bei letzterem muss ich passen bzw. kann meinen schon gebrachten Argumenten nichts hinzufügen.
- Sag' Du mir, in welche Schublade ich passe! -