DK: Transgender sind bald nicht mehr krank / Zahlt die KK noch ;)
RE: DK: Transgender sind bald nicht mehr krank / Zahlt die KK noch ;)
Beitrag #20
(01.06.2016, 20:17)j-unique schrieb:
Zitat:Nein Moment, mir ist es egal als was Diagnose eingestuft wird, solange die Arztkosten bezahlt werden.

Kann ich verstehen. Nur: Wenn ich das richtig verstanden habe, argumentierst du trotzdem vehement dafür, dass "Transsexualismus" weiterhin als Geisteskrankheit eingestuft wird. Warum, wenn dir die Diagnose egal ist?

Zitat:Sonstige medizinische Umstände sind aber auch sehr breit formuliert und beinhalten viele "Kann"-Leistungen, die man im Einzelfall beantragen muss.

Ich rede auch nicht davon, dass notwendige Behandlungen von TG-Personen direkt als "sonstige Behandlungen" bezeichnet werden sollen, sondern in so einer Überkategorie eingestuft werden könnten. Beispielsweise könnte man die Sache, um die es eigentlich geht, wertfrei (= unter Verzicht auf Gender-Zuweisung) und konkret benennen: "Starkes Verlangen nach mit der Geschlechtsidentität zusammenhängenden medizinischen Behandlungen, ohne die die Lebensqualität deutlich beeinträchtigt würde", dann von mir aus einen ICD- oder was weiß ich für einen Code vergeben (in der Überkategorie Sonstiges) und die Behandlung aus oben stehenden Gründen bezahlen.

Die Feststellung dieses Verlangens könnte beispielsweise durch ein einfaches psychotherapeutisches (nicht psychiatrisches) Gutachten erfolgen, noch besser aber zB durch eine verbindliche Willens- und Wissenserklärung von Patient*innenseite.

Das sind alles nur schnell erdachte Beispiele. Es gäbe sicher viele Methoden, das noch besser zu lösen. Wieso nichtmal drüber nachdenken? Warum reflexartig auf Geisteskrankheit bestehen?

Zitat:Vielleicht denke ich auch nur zu praktisch und deswegen versteht es keiner.

Den angeblichen notwendigen Zusammenhang zwischen Übernahme der HRT-Kosten durch die KK und Geisteskrankheit verstehe ich wirklich nicht.

Mag sein, dass dich das Label "Geisteskrankheit" nicht stört, aber ich behaupte, dass eine der Kernfunktionen jedes "Geisteskrankheits"-Begriffs das negative Benennen von Anders-Sein ist. Speziell wenn es um "Persönlichkeitsstörungen" geht.

Und dass man "Geisteskrankheit" wie jeder anderen Krankheit natürlich möglichst vorbeugen und somit "Gender-Wahn/-Propaganda" verhindern muss, liegt auch auf der Hand – sprich Stigmatisierung der Betroffenen, Tabusierung des Themas, zwanghafte Aufrechterhaltung strikt binärer Gender-Grenzen (in denen ein "Mann in Frauenkleidern" was grausliches und bäh ist), überhaupt Rückschritt auf allen Ebenen.

Zitat:Da ziehe ich eine verbindliche Regelung vor, auch wenn man in meinem Fall dafür die Diagnose F64.0 heranziehen muss.

Was du vielleicht übersiehst: Was, wenn du der "Diagnose" nicht 100% entsprichst, der Meinung von Psychiatern nach "nicht trans genug" bist und dir die HRT folglich verweigert wird? Das ist nicht an den Haaren herbeigezogen; ich musste mir selber sowas anhören (auch wenn es glücklicherweise gut ausgegangen ist).

Da du mir hoffentlich nicht nicht die HRT absprechen willst, nur weil ich nicht 100%-ige "Transsexualismus"-Symptomatik aufweise (ja nicht einmal wüsste, was "das andere Geschlecht" sein soll oder wie man "als Angehöriger davon lebt"; und im Moment auch kein starkes Bedürfnis nach chirurgischen Behandlungen besteht), ergibt sich, dass das derzeitige System auch nicht optimal ist und für andere Menschen gerade das verhindert, das du als Hauptargument "pro Geisteskrankheit" nennst: nämlich die Sicherheit, die Behandlung auch zu erhalten.

Zuerst; ich lehne den Begriff Transsexualismus als veraltet und irreführend ab, wenn überhaupt benutze ich den Begriff Transidentität, weil es um die Identität geht und nicht um die Sexuallität.
Und Gott sei dank hat sich diese Auffassung auch bei fast allen deutschen Therapeuten und Gutachtern durchgesetzt. In meinen Gutachten taucht jedenfalls nicht einmal das Wort Transsexualismus auf; außer die Gutachter waren gezwungen sich an den exakten Wortlaut des TSG zu halten, um Formfehler vorzubeugen. Einen Gesetzestext falsch zu zitieren wäre ein Kardinalsfehler.
Für mich selbst reicht die Bezeichung Frau und weiblich völlig aus, das passt zu 100% zu meinem Selbstbild. Im medizinischen Zusammenhang benutze ich dann den Begriff Transidentität, und ich korrigiere auch jeden der den veralteten Begriff benutzt.
Ganz, ganz selten benutze ich ich das Adjektiv transident zur Eigenbeschreibung, aber auch nur dann wenn ich weiß, dass die anderen wissen, wo rauf sich das Adjektiv bezieht.

Therapeuten, die sich nicht an die neue Nomenklatur halten, würde ich übrigens mal fragen, ob sie fachlich überhaupt noch auf dem neusten Wissenstand sind?!

Warum ich für die F64.0 Einordnung bin? Wo sonst sollte man Identittätsprobleme einordnen? Bis jetzt habe ich keine überzeugende Alternative gehört.
Außerdem glaube ich keine Sekunde, dass das die Diagnose gestrichen wird und die Kostenfrage geklärt ist.
Meiner Erfahrung nach führt sowas immer zu Leistungskürzungen. Diese werden im Gesundheitswesen immer da angesetzt, wo es wenig Betroffene gibt oder wenig öffentliches Interesse oder bei denen, die keine medienwirksame Lobby haben.
Ups, alles drei trifft ja auf uns zu... aber trotzdem wird das bestimmt alles für uns besser werden.
Tut mir leid, aber diesen Optimismus teile ich nicht.

Ich glaube nicht, dass es besser wird und ich glaube, dass die Identitätsstörung nach dem aktuellen Wissensstand da erstmal stehen bleiben kann. Für mich ist das erstmal gut so, schlechter geht es immer, aber besser ist meistens sehr schwer umzustetzen.

Ich weiß auch nicht, was für ein Problem du mit Psychiatern hast? Oder vielleicht sind die bei euch alle einfach nur schlecht?!
Wie gesagt ich wurde durchweg als idealtypischer Fall bezeichnet und um mal Klartext zu reden, was ich denen alles gesagt:
1. forensisches Gutachten: "Ich hab vor drei Tagen noch schnell meine Frau geheiratet, weil es in Deutschland ja noch nicht die Ehe für alle gibt."
Das einzige was der Gutachter wissen wollte, ob ich im Brautkleid geheiratet habe. Ich hab ihn angeguckt: "Natürlich, rein weiß, mit großen Reifrock und vielen Rüschen und weißem Schleier... oder meinen Sie, ich hätte mich dafür als Mann verkleidet? Auf meiner eigenen Hochzeit?!"
Er hat nur gegrinst und meinte, dass hätte mir sowieso niemand abgenommen, dann habe ich ihm noch die Handy-Fotos von der Hochzeit gezeigt.
Dann habe ich ihm noch erzählt, dass wir wenn möglich gerne noch Kinder hätten. Mein Sexleben ist ganz ok, Geschlechtsverkehr mag ich weniger. Mein Penis stört mich eigentlich selten und eine GAOP ist mir zu risikoreich. Aber ich hoffe das die HRT bald losgeht, weil ich unter der fehlenden Oberweite leide. Außerdem das ich mich seit meiner Kindheit als Mädchen bzw. jetzt als Frau empfinde, ich kann mich nicht bei den Männern einordnen, das paßt nicht, aber bei den Frauen hingegen paßt es.
Und was war das Ergebniss? "zweifelsfreie Transidentität seit frühster Kindheit, idealtypischer Verlauf."
2. forensisches Gutachten: Da habe ich genau das gleiche erzählt, außer das die Psychiaterin gar nichts von meinem Sexleben wissen wollte. Ich hatte sie direkt gefragt und die Antwort war: "Sie haben ein Sexleben und zwischen Ihnen und ihrer Ehefrau läuft es. Solange sie beide glücklich sind und das hinkriegen, interessieren mich die Details so gar nicht..."

Warum erzähle ich das alles? Ganz einfach, es gibt kein Mindestmass an Transidentität was man erreichen muss. Und jeder der so denkt, ob nun Laie und Fachmann, ist auf dem Holzweg.
Wie hieß es bei meinem zweiten Gutachten so schön: "Geschlechtsempfinden ist keine objektiv messbare Größe. Das kann ich nicht messen, das will ich nicht messen und das zu beurteilen ist nicht meine Aufgabe. Ich will nur wissen, wie lange die Probleme bestehen und wie bedrückend sie das empfunden haben und ich muss das Vorhandensein von neurologischen oder psychischen Erkrankungen, die ihre Eigenwahrnehmung verändern könnten ausschließen. Danach muss ich alles andere, was Sie über sich sagen als gegeben akzeptieren."
Also mit fachlich kompetenten Leuten funktioniert auch das aktuelle System, die müssen nur die aktuellen Erkenntnisse anwenden.
Es geht nicht darum irgendwas zu beweisen oder das man ein Mindestmass erreichen muss, um anerkannt zu werden. Entweder liegt eine Transidentität vor oder nicht. Wie ein Mensch nun seinen Weg ausgestaltet, dass liegt beim ihm.

Wie gesagt, es gibt viele Möglichkeiten das zu gestalten und letztlich sind alle Beschreibungen immer irgendwie fremdbestimmt, also spielt das irgendwo für einen selbst keine Rolle. Oder sollte es zu mindestens nicht.
Zu viel Wahrheit wird nicht erkannt; Zu viel Tod am Wegesrand.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
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RE: DK: Transgender sind bald nicht mehr krank / Zahlt die KK noch ;) - von Eva_Tg - 02.06.2016, 00:41

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