Beitrag #66
14.06.2016, 10:31
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.06.2016, 12:01 von Bonita.)
[Thema mit bestehendem vereint; Bonita]
Mit der SPG-Novelle 2016 soll "Verhalten, das geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen", zur polizeilichen Wegweisung führen können (während derzeit noch "besonders rücksichtsloses Verhalten" notwendig ist):
Aus der Begründung im Initiativantrag:
Die Schwelle ist ziemlich niedrig angelegt, wenn man bedenkt, dass sogar schon das "Verstellen von Geschäftspassagen" als "Störung der öffentlichen Ordnung" angesehen wird:
Hintergrund sind angeblich die bekannten Problemen mit öffentlichem Dealen in Wien (siehe ebenfalls Begründung). Zur Drogenpolitik habe ich sowieso eine andere Einstellung, die ich hier nicht breittreten will, aber:
Da bekanntlich die strikte Zwei-Geschlechter-Trennung (zB auf Toiletten) zu den wichtigsten Grundwerten der öffentlichen Ordnung gehört und "Männer am Frauenklo" oder "Frauen am Männerklo" wohl bei den meisten Cis-Durchschnittmenschen "berechtigtes Ärgernis" im Sinne dieses Gesetzes erregen (insbesondere wenn man die höchst kritische "Örtlichkeit der Vornahme" der "Handlung" bedenkt), frage ich mich, ob ich deswegen besorgt sein sollte … dass es kein verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht auf angstfreie körperliche Entleerung gibt, dürfte den meisten bekannt sein, die schon einmal in der Situation waren, nicht sicher zu wissen, welche Toilette sie benutzen sollen.
Bzw., wenn man noch einen Schritt weiter denkt: erregen nicht selbst "falsch gekleidete" Personen "berechtigtes Ärgernis" beim "Durchschnittsmenschen"? (EMRK Art. 8 hin oder her, sowas gilt in Österreich sowieso erst, wenn es erkämpft ist, und dann auch nur für diesen einen Spezialfall.)
Wieder ein Gummiparagraph mehr, der (selbst wenn er vielleicht nicht in dieser Absicht entworfen wurde) jederzeit gegenTrans-Menschen gefährliche ToilettentäterInnen und eventuell auch Sich-Falsch-AnzieherInnen eingesetzt werden könnte, wie ich meine.
Derartige Regelungen dienen meiner Meinung nach einzig dazu, die "sittliche Ordnung" (zu der die herrschenden Gendernormen als wichtiger Bestandteil gehören) aufrechtzuerhalten, bei gleichzeitiger Feigheit, unerwünschte Dinge beim Namen zu nennen – was natürlich auch insofern praktisch ist, als eigentlich nichts Konkretes da ist, das man kritisieren kann.
Mit der SPG-Novelle 2016 soll "Verhalten, das geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen", zur polizeilichen Wegweisung führen können (während derzeit noch "besonders rücksichtsloses Verhalten" notwendig ist):
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV...34333.html schrieb:5. In § 38 wird der Abs. 1 zum Abs. 1a und Abs. 1 (neu) lautet:
„(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Menschen, der durch ein Verhalten, das geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, die öffentliche Ordnung stört, vom Ort der Störung wegzuweisen, wenn das Verhalten nicht gerechtfertigt ist, insbesondere durch die Inanspruchnahme eines verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts.“
Aus der Begründung im Initiativantrag:
Zitat:Ärgernis ist eine tiefgreifende Empfindung, die durch die Verletzung eines Wertgefühls hervorgerufen wird und sich gegen die verletzende Handlung oder ihren Urheber richtet. Die Eignung der Handlung, Ärgernis zu erregen, bestimmt sich im Allgemeinen am Gefühl des sittlich normal empfindenden Durchschnittsmenschen (EBRV 1971, 366). Dadurch, dass das Ärgernis ein berechtigtes sein muss, wird noch darüber hinaus ausgedrückt, dass die Bewertung nicht auf einer extrem subjektiven Auffassung beruhen darf. Maßgebliche Faktoren für die Annahme einer solchen Eignung sind, neben der Art und (erhöhten) Intensität der Handlung, insbesondere der in Betracht kommende Personenkreis, die Örtlichkeit ihrer Vornahme und die Begleitumstände der Tat. Nur wenn sich daraus die konkrete Gefahr eines Ärgernisses, wenn auch nur bei einzelnen der die Handlung unfreiwillig wahrnehmenden Personen, ergibt, ist der Tatbestand erfüllt. Ob jemand von ihnen tatsächlich Anstoß nimmt, ist irrelevant.
Die Schwelle ist ziemlich niedrig angelegt, wenn man bedenkt, dass sogar schon das "Verstellen von Geschäftspassagen" als "Störung der öffentlichen Ordnung" angesehen wird:
Zitat:Weiters muss durch dieses Verhalten auch eine (ungerechtfertigte) Störung der öffentlichen Ordnung, sohin eine Änderung des Ablaufs des äußeren Zusammenlebens von Menschen in wahrnehmbarer Weise erfolgt sein. Beispielsweise kann das aufdringliche Nachgehen bzw. Verfolgen einer Person oder das Verstellen von Geschäftspassagen das Zusammenleben in der Öffentlichkeit nachhaltig beeinträchtigen, weil Betroffene dazu bewogen werden, sich anders zu verhalten, als ohne die Störung.(also quasi "Nötigung light")
Hintergrund sind angeblich die bekannten Problemen mit öffentlichem Dealen in Wien (siehe ebenfalls Begründung). Zur Drogenpolitik habe ich sowieso eine andere Einstellung, die ich hier nicht breittreten will, aber:
Da bekanntlich die strikte Zwei-Geschlechter-Trennung (zB auf Toiletten) zu den wichtigsten Grundwerten der öffentlichen Ordnung gehört und "Männer am Frauenklo" oder "Frauen am Männerklo" wohl bei den meisten Cis-Durchschnittmenschen "berechtigtes Ärgernis" im Sinne dieses Gesetzes erregen (insbesondere wenn man die höchst kritische "Örtlichkeit der Vornahme" der "Handlung" bedenkt), frage ich mich, ob ich deswegen besorgt sein sollte … dass es kein verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht auf angstfreie körperliche Entleerung gibt, dürfte den meisten bekannt sein, die schon einmal in der Situation waren, nicht sicher zu wissen, welche Toilette sie benutzen sollen.
Bzw., wenn man noch einen Schritt weiter denkt: erregen nicht selbst "falsch gekleidete" Personen "berechtigtes Ärgernis" beim "Durchschnittsmenschen"? (EMRK Art. 8 hin oder her, sowas gilt in Österreich sowieso erst, wenn es erkämpft ist, und dann auch nur für diesen einen Spezialfall.)
Wieder ein Gummiparagraph mehr, der (selbst wenn er vielleicht nicht in dieser Absicht entworfen wurde) jederzeit gegen
Derartige Regelungen dienen meiner Meinung nach einzig dazu, die "sittliche Ordnung" (zu der die herrschenden Gendernormen als wichtiger Bestandteil gehören) aufrechtzuerhalten, bei gleichzeitiger Feigheit, unerwünschte Dinge beim Namen zu nennen – was natürlich auch insofern praktisch ist, als eigentlich nichts Konkretes da ist, das man kritisieren kann.
Das Leben ist eine Komödie und wir sind die Clowns.