Intersexualität & Non-Binary: Verfahren zu Anerkennungen eines dritten Geschlechts
RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #159
(10.01.2019, 03:18)Falling Snow schrieb:
(04.01.2019, 23:24)Mike-Tanja schrieb: Das ist eine Situation, in der ein Sachverständigenbeweis zu erbringen ist...

was mich daran irritiert, abgesehen von dem punkt, das m/w-ts recht auf einen entsprechenden eintrag haben, OHNE entsprechende körperliche "definitionen" erfüllen zu müssen...

wenn ich einen beweis zu erbringen habe über meine körperliche konstitution und nur daraufhin anspruch auf einen entsprechenden eintrag hab...
dann dürften z.b. im umkehrschluß frauen, deren eierstöcke/gebärmutter/brüste whatever entfernt wurden, keinen anspruch darauf haben, weiterhin als frau eingetragen zu sein, sondern wären rechtens "divers"? (oh mein gott, wie sehr ich dieses wort hasse)
Also in Fällen einer Personenstandsänderung (PÄ) aus dem Grund der Transsexualität (nur m --> w oder w --> m) wird jene Bestimmung im Personenstandsrecht angewendet, nach der die entsprechende Eintragung nachträglich (ex-nunc) unrichtig geworden und daher zu ändern ist (§ 41 PStG 2013). Die entsprechende Rechtsprechung geht erkennbar davon aus, dass hier kein (rein) biologischer (insbesondere genetischer) sondern ein sozialer Geschlechtsbegriff zur Anwendung kommt - also mehr "Gender" und weniger "Sex". Gefordert ist aber nicht nur die Selbstdeklaration als Angehörige/r des Nicht-Geburtsgeschlechts (soziale Transition) sondern auch eine nicht näher definierte äußere "Annäherung" an das Nicht-Geburtsgeschlecht durch eine geschlechtsangleichende Behandlung (medizinische Transition). Diesbezüglich ist rechtlich nur klargestellt, dass eine geschlechtsangleichende Operation nicht erforderlich ist (VwGH, E 27.02.2009, VwSlg 17640 A/2009). Faktisch kriegt inzwischen jede/r in Österreich die PÄ, wenn der Personenstandsbehörde eine entsprechende gesicherte Diagnose und Therapie nachgewiesen wird. Eine körperliche Begutachtung ist nicht üblich, ebensowenig ein Real-Life-Test.

Bei Fällen einer PÄ auf "divers" aus dem Grund der Intersexualität ist das möglicherweise ein bisserl anders. Im Anlassfall der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH, E 15.6.2018, G 77/2018-9) wurde ausdrücklich eine rückwirkende (ex-tunc) Berichtigung der Eintragung des Geschlechts in den Personenstandsregistern beantragt, gestützt auf § 42 PStG 2013. Der für die zukünftige Verfahrensführung entscheidende Satz dürfte sich in Rz 15 des VfGH-Erkenntnisses finden: "Dabei handelt es sich bei der (im Folgenden relevanten) Fallkonstellation der Intersexualität um eine Variante der Geschlechtsentwicklung, die, weil die geschlechtsdifferenzierenden Merkmale durch eine atypische Entwicklung des chromosomalen, anatomischen oder hormonellen Geschlechts gekennzeichnet sind, die Einordnung eines Menschen als männlich oder weiblich nicht eindeutig zulässt." Für eine Berichtigung des Geschlechtseintrags auf "divers" (o.ä.) muss daher wohl eine atypische Entwicklung des chromosomalen, anatomischen oder hormonellen Geschlechts nachgewiesen werden.


Von einer, am Ende gar amtswegigen, Änderung von Personenstandseintragungen aus anderen Gründen des Gesundheitszustandes (wie Zeugungs- oder Gebärfähigkeit) kann keine Rede sein.
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts - von Mike-Tanja - 13.01.2019, 22:51
(m/w/d) -> "d" schon möglich? - von mike. - 05.04.2019, 21:21

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