Würdest Du... es noch einmal machen?
RE: Würdest Du... es noch einmal machen?
Beitrag #57
Nach der freundlichen Einladung im Warnende Stimmen-Thread versuche ich es halt mal, auch wenn das hier ungleich komplexer ist.

Zunächst den Thread-Titel als einfache Frage genommen mit einer einfachen Antwort: Ja.

Allerdings bin ich nicht gerade was man unter einer "Erfolgsgeschichte" verstehen könnte. Ich war noch nie ein unkomplizierter Mensch. Und ich stellte schon immer sehr hohe Ansprüche an mich selbst. Wahrscheinlich ist das ein Luxus, den sich nicht viele leisten können.

Ein bißchen war das mit mir schon noch als kleinem Kind wie mit diesem so schön lakonischen Zitat: "If you're a philosopher, there is an overland route from England to America." (Edward St Aubyn: Some Hope. 1994). Das ist schon ein paar Nummern härter als nur mit dem erwähnten Silberstreif am Horizont.

Als ich dann irgendwann noch ganz zu Anfang der 1970er in D erfuhr, wie das hier mit TS so ist, war das spontan klar, daß ich das machen wollte (wenn ich das so schön haben kann, dann mache ich das doch!).

Schwul sein war für mich Teil der Lösung, nicht des Problems oder auch nur der Landschaft. Immerhin war ich in Schwule ernsthaft verliebt. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Mit Heten und deren Familien (oder Familien überhaupt – einschließlich meiner eigenen, wo ein κύκλος τῶν κακιστῶν ablief...) habe ich dagegen bis heute Probleme. Meine Beziehungen sind immer nur ziemlich schwierig und daher relativ kurz.

Das Thema Fortpflanzung hat mich immer nur kaltgelassen. Offensichtlich bin ich kein Familienmensch. Wäre nach meinen bitteren Erfahrungen auch eher verwunderlich.

So allgemeinhin bin ich auch nicht unbedingt so wahnsinnig "sozial". Alleine wenn ich daran denke, wie schlecht es mir meistens an Schule und Uni ging, nimmt das auch nicht wunder.

Was mich verwundert hat, ist daß ich zumindest hier in diesem Thread wohl bislang diejenige bin, die in jüngstem Alter die GA-OP hatte. Ich denke immer, ich bin die totale Versagerin, und die Zeit bis dahin war für mich wirklich nicht so großartig. (Aber s.o. zu meinem elitären Anspruchsdenken.) Es hat mich aber erstaunlich wenig Mühe gekostet (andere Dinge dafür umso mehr), und ich habe eigentlich nicht so sehr viel getan außer hauptsächlich zu warten (und herumzuhängen). Da mag aber "privileged access to information" und sodann "just things falling into place" eine Rolle gespielt haben. Planvolles Vorgehen war das jedoch bestimmt nicht, ich hätte immer noch total scheitern können, und diesen Gedanken finde ich bis heute schauderhaft.

Die Unterschiede zwischen "Realos" (und wer sind hier die "Fundies"?), TS, TG, TV, NB, XG usw. stellen sich aus meiner Perspektive gar nicht so arg dramatisch dar. (Ich hoffe, man unterstellt mir jetzt nicht, das läge lediglich daran, daß ich in Südindien genauer hinsähe als im Rest der Welt.) Ob die GA-OP überhaupt noch als Definitionskriterium für TS in Frage kommt, ist andernorts längst problematisiert worden (vgl. zuletzt TSQ The Surgery Issue). Begriffliche Schluderei kenne ich noch von früher auch aus D. Da war man als TS auch schonmal TV oder DQ.




Exkurs zu Schubladen: Zu Hijṛā-s und Aravāṉi-s habe ich nur im Kūvākam-Thread etwas gesagt. Aber hier an dieser Stelle bringt's das wohl nicht, religiöse Kulte darzustellen. (Ziemlich klar wäre das etwa im Falle dessen der ಯೆಲ್ಲಮ್ಮ Yellamma, ansonsten bedeutet ಜೋಗಪ್ಪ jōgappa (m), ಜೋಗಮ್ಮ jōgamma (f) "devotee, worshipper", ist aber nicht unbedingt als ದೇವದಾಸಿ dēvadāsi "servant of a god" zu lesen). Oder regionale und soziale Unterschiede zu diskutieren. (Paradebeispiele für Eigenständigkeiten wären etwa కొజ్జ kojja, నపుంసకుడు napuṃsakuḍu, మాడ māḍa). Es gibt dann auch noch im Westen weniger beachtete Kategorien wie Kothi oder MSM (men who have sex with men). Dazu eine ganze Menge begrifflicher Schluderei. Und was ist eine तृतीयाप्रकृति tr̥tīyāprakr̥ti "third nature"? (Man merkt schon an der Rhetorik, die ich von einem meiner beeindruckendsten akademischen Lehrer abgeguckt habe... Shy Also ausbuchstabiert: sowohl hinsichtlich Universalität als auch Essenzialismus dürfen wir gerne skeptisch sein.) Am Ende des Tages haben wir jetzt auch LGBT (...தி. = நங்கை, நம்பி, ஈரர், திருனர் naṅkai, nampi, īrar, tiruṉar). Aber auch in dieser umgekehrten Richtung gilt, daß wir nicht alle dasselbe sind.
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