Verluste

[Chrissy25]

Hallo ihr lieben!!

Mich würde schwer interessieren, wie viele nach ihrem Outing die Lebenspartnerin/ Partner oder Freunde verloren haben.
Bin ich da eine von wenigen oder ist das Standard?

Wie war das bei euch??

LG, Chrissy

[iris_evenstar]

Ich kann nur für Transfrauen (also F64.0), die sich vor dem Outing in einer Beziehung mit einer (biologischen) Frau befanden, sprechen. Aus eigener Erfahrung, vielen Gesprächen und Beobachtungen bei anderen Transfrauen ist mein Eindruck:

- Besteht die Beziehung nicht schon seit vielen Jahren (eher Jahrzehnten) und/oder spielt Sexualität noch eine Rolle in der Beziehung, geht diese zu 99 % in die Brüche. Das gilt also praktisch für alle jüngeren Transfrauen, die ich kennengelernt habe. Mir ist kein einziger Fall bekannt, wo bei so einer Konstellation die Beziehung die Transition "überlebt" hat. (Ist vielleicht Eva_Tg hier eine Ausnahme? Leider postet sie im Moment nicht mehr.)

- Bei älteren Paaren (ca. 60+), die ein sehr inniges und eher freundschaftliches Verhältnis pflegen, bei dem Sexualität eine untergeordnete Rolle spielt, habe ich es schon öfters gesehen, dass diese nach der Transition der Transfrau zusammen geblieben sind.

- Bei Freundschaften ist es komplexer: Einerseits hängt es davon ab, auf was diese basieren. Wenn es z.B. für einen männlichen Freund einer Transfrau sehr wichtig war, mit dieser in der alten Rolle eher in männlicher Art und Weise zu interagieren oder eher stereotyp maskuline Aktivitäten auszuüben, dann wird's schwieriger. Und dann hängt es davon ab, wie man selbst mit der Transition umgeht und die eigene Situation kommuniziert. Meiner eigenen Erfahrung und Beobachtung nach wenden sich Freunde eher selten ab, außer sie erleben die Transition als Verlust des Freundes/der Freundin in der alten Rolle und können mit der neuen nichts mehr anfangen. Das gilt insbesondere für Männer, ich habe stark den Eindruck, dass Frauen hier generell viel toleranter sind (unabhängig ob es um eine Transfrau oder um einen Transmann geht).

[Chrissy25]

Danke für deine ausführliche Antwort! Meine Sicht ist eh auch aus der einer Transfrau.
Meine Freunde kann ich leider nicht alle einschätzen. Schau ma mal!

[Yuna]

Es hängt wohl viel von der Partnerin ab, wie gern sie dich hat. Und solch eine Verbundenheit entwickelt sich nunmal erst im Laufe der Zeit.

Allerdings muss ich auch erwähnen, dass viele junge Frauen eine Familie (Mann + Frau) gründen wohl. Mit einer Transexuellen ein Ding der unmöglichkeit. Schon alleine deshalb, weil es keinen Papa gibt, doch das größerere Problem ist wohl, dass sie von dir nicht schwanger werden kann, sofern du schon in HRT bist.

Auch wenn das in diesem Forum vielleicht völlig stupide klingt, aber es leben noch enorm viele Menschen nach dem, was uns mal die Kirche gelehrt hat. Eine Familie hat Mann und Frau und ein Kind zeugt nur der Mann. Es ist deshalb auch egal, ob sie künstlich befruchtbar wäre oder nicht, es geht rein um eine "normale" Familie.

Dazu kommt noch, dass sich auch viele vor Verwanden etc. schämen oder denken, das Kind wird im Kindergarten / Schulalter Nachteile haben, wenn es keinen Papa hat.

Das sind die üblichen Probleme und Vorurteile, deshalb gibt es auch solche Probleme mit der Homoehe und Kindern gleichgeschlechtlicher Paare.

[Chrissy25]

Wir sind eh schon 13 Jahre zusammen und die Kinderplanung war für mich nie ein Thema, trotzdem will sie flüchten...

[iris_evenstar]

Das tut mir sehr leid, aber ich kann es auch irgendwie nachvollziehen... Wenn du dich vorher nie geoutet hast, dann phantasiere ich jetzt mal folgendes zusammen (korrigiere mich natürlich, wenn ich falsch liege):

Deine Partnerin empfindet sich als heterosexuell, hat sich damals einen Mann gesucht und sich ihrem Empfinden nach in einen solchen verliebt. Sie wird dich auch immer als einen solchen wahrgenommen haben (vielleicht hat sie auch feminine Züge an dir gesehen und auch gemocht, aber trotzdem an einem Mann). Nachdem sie jetzt erfahren hat, dass die Lage anders ist, ist für sie eine ganz grundlegende Basis der Beziehung weg, nämlich die Geschlechtlichkeit. Das ist eine Schwierigkeit, die fast unüberbrückbar ist. Wenn sie nicht eine ausgesprochene Bi-Ader hat bzw. in Wirklichkeit lesbisch ist und dies immer unterdrückt hat (was ich nicht annehme), kann sie sich nach der Transition (oder auch schon nach dem Outing) auf dieser GESCHLECHTLICHEN Ebene nicht mehr von dir angezogen fühlen. Auch wenn ansonsten viel Zuneigung da ist, kann eine Beziehung im Normalfall ohne diese wichtige - biologisch vorprogrammierte - Ebene nicht mehr funktionieren. Außer eben bei älteren Paaren, die diese Ebene verloren haben (oder über sie hinausgewachsen sind?) und trotzdem (oder gerade deshalb) zusammengeblieben sind. Wie alt seid ihr denn, wenn ich fragen darf?

[Yuna]

Eine weitere Frage wäre, wie schnell du deine Transition gemacht hast, sprich vom mündlichen Puting hin zu 24/7 Frau

[iris_evenstar]

Ich denke, sie ist noch dabei/davor - oder?

[Chrissy25]

Meine Partnerin ist schon Bi, aber das reicht ihr anscheinend nicht zum Glück. Ich bin 30 sie 43 und wir sind 12 Jahre zusammen.
Ich bin mitten am Weg zur Vollzeitfrau. Zu Hause lebe ich schon die ganze Zeit als Frau, draussen noch nicht überall, da ich noch nicht zu 100 % geoutet bin. Man könnte sagen ich lebe zu 85% als Frau. Aber das ganze Thema ist jetzt seit einigen Monaten aktuell.

[Tanja_Jasmin]

Meine langjährige Freundin ( 32 Jahre Beziehung ) hat sich auch von mir distanziert, ob wir noch eine Zukunft haben wird sich zeigen ... ich hab´ mich bisher nur ihr erklärt, sonst kennt mich jeder nur als Mann.