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Erfahrungen mit Androcur und Estrogel
Hallo liebe Mitglieder!
Ich bin neu hier und hoffe auf eure Berichte und Erfahrungswerte!
Man hört immer wieder von der Verwendung von Androcur und Estrogel ...... Wann beginnt man mit der Einnahme ?
BEIDES in Kombination hat welche Wirkung?
WANN wende ich es an ?
WAS möchte ich damit bewirken/ erreichen? WELCHE Ziele habe ich da?
Hab gehört, dass es manche NUR zur Haar"entfernung" (um den Haarwuchs, durch das Testosteron, zu verringern) nehmen --- andere nehmen es um mit einer Hormontherapie zu7 beginnen?!!!
Jetzt bin ich verunsichert und wollte eure Meinung dazu hören.
(Noch habe ich keinen Artzt konsultiert um mir eine Meinung einzuholen)!
Wollte zuerst eure Erfahrungen erfragen :-)
Wäre super, wenn ihr weiterhelfen könntet.
Vielen lieben Dank einstweilen ....
Alles Liebe
Anna
Patricia1975
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RE: Erfahrungen mit Androcur und Estrogel
Die Hormonersatztherapie (HRT) wirst du erst beginnen können, wenn du die nötigen Gutachten bringst. Erst dann wird dir eine Gynäkologin die Meds verschreiben.
Ich muss leider jetzt selber los in die Uniklinik. Kann dir später schreiben. Bis dahin haben dir die anderen aber sicher schon alles erzählt ;-)
LG
Patricia aus Linz
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RE: Erfahrungen mit Androcur und Estrogel
Danke - das wäre super.
Meine Frage ist, ob ich alle Medis auch bekomme wenn ich einen ONLINE Arzzt konsultiere.
Was bezwecken Androcur und Estrogel?
Nimmt man diese auch einzeln? oder nur in Kombination?
Werden sie "NUR" zur Haarentfernung genommen oder "NUR" wenn man eine Therapie beginnen will?
Danke für die Info :-)
LG Anna
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RE: Erfahrungen mit Androcur und Estrogel
(29.10.2019, 21:13)Anna_1011 schrieb: Danke - das wäre super.
Meine Frage ist, ob ich alle Medis auch bekomme wenn ich einen ONLINE Arzzt konsultiere.
Vielleicht...aber eher nicht in einer österreichischen Apotheke und ganz sicher nicht auf Rechnung einer Krankenkasse.
Zitat:Was bezwecken Androcur und Estrogel?
Nimmt man diese auch einzeln? oder nur in Kombination?
Das könnte jetzt auf eine lange Abhandlung hinauslaufen. Kurzfassung: Estrogel ist eine pharmazeutische Zubreitung (zur transdermalen Applikation, also zum Auftragen auf die Haut) der natürlichen Form des wichtigsten weiblichen Sexualhormons Östrogen, Androcur ist ein Medikament, das die Wirkung des männlichen Sexualhormons Testosteron blockiert. In Kombination nimmt man die typischerweise bei einer Hormonersatztherapie für Prä-OP-Transfrauen.
Zitat:Werden sie "NUR" zur Haarentfernung genommen oder "NUR" wenn man eine Therapie beginnen will? [Rest gekürzt]
Verminderter Haarwuchs am Körper ist nur ein Nebeneffekt einer solchen Therapie.
- Sag' Du mir, in welche Schublade ich passe! -
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RE: Erfahrungen mit Androcur und Estrogel
Androcur bewirkt in den meisten Fällen Potenzverlust.
In der von dir genannten Kombination kann es zudem zu Brustwachstum verbunden mit ziehen in der Brust, Veränderung der Haut, Änderung der Wahrnehmung und Emotionalen Änderungen kommen. Zumindest habe ich das bei mir beobachtet.
Am Rand des Abgrund ist die Aussicht sehr gut
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RE: Erfahrungen mit Androcur und Estrogel
01.11.2019, 01:40
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01.11.2019, 01:42 von Windy.
Bearbeitungsgrund: ortographische Korrektur
)
Hallo Anna und alle, die mitlesen.
Vor drei Wochen habe ich mit der Einnahme von Estradiol (Gynokadin Gel) begonnen und davor etwa vier Wochen lang Androcur solo.
Zur Wirkung (bei mir, soweit ich das bislang beobachten konnte) komme ich später. Zunächst will ich kurz erwähnen, dass mein Hausarzt mir die Rezepte ohne endekrinologischen Befund und ohne psychologisches Gutachten ausgestellt hat.
Das kommt wahrscheinlich daher, dass mein Arzt einen eher ganzheitlichen Ansatz verfolgt und die Auffasung vertritt, jeder Mensch ist im Grunde der beste Spezialist für seinen eigenen Körper. Ich hatte mich ja auch tatsächlich intensiv mit Hormontherapien beschäftigt und wusste genau was ich will und was mich erwartet. Er kennt mich schon seit vielen Jahren und vertraut darauf, dass ich mit den Hormonen behutsam umgehe und entsprechend sorgfältig auf die Reaktionen meines Körpers achte. Das ist sicherer, als jedes medizische Screening, das ja doch nur Abweichungen von der statistischen Norm feststellt und wenig darüber aussagt, wie es mir geht.
Und wie geht es mir?
Sofort. Vorher muss ich noch ein paar Worte zum psychologischen Gutachten loswerden.
Im Grunde genommen ist sich die Fachwelt darin einig, dass Grundlage für die Diagnose Geschlechterdisphorie (oder transidentitäre/transsexuelle Abweichung oder Störung oder was auch immer) einzig und allein die subjektive Aussage des*der Betroffenen ist, d.h. dass es keine „harten“ Kriterien dafür gibt. Bestenfalls kann der*die Therapeut*in die Transition und den damit einhergehenden Lebensumbruch begleiten, schlimmstenfalls wird er*sie den Therapientritt so lange verzögern, nach dem Motto: „vielleicht ist es ja nur ein Phase“. (Der sogenannte Alltagstest ist ohnehin, je nach dem in welcher Gegend mensch lebt, nur als potentiell abschreckende Maßnahme zu begreifen.)
Vielleicht gibt es ja Menschen, die allzu leichtfertig in ihren Hormonhaushalt eingreifen, ohne sich über die möglichen Folgen im Klaren zu sein. Aber ich gehe davon aus, dass der überwiegende Teil unserer, ich sag mal: community eine freie und mündige Entscheidung getroffen hat, die nicht nachträglich pathologisiert werden sollte. Andererseits muss ich nun die Zauberhormone aus eigener Tasche bezahlen, aber Gottchen, das sind allerhöchstens 100 Euro im Monat. Mein neuer Zahnersatz kostet mit Krankenkassenbeteiligung das Zehnfache.
Jetzt aber zur Wirkung: also Andracur alleine hat bei mir keine beobachtbare Feminisierung bewirkt. Mein Testosteronhaushalt war wohl noch nie besonders üppig. Glücklicherweise hat mein erotisches Empfinden keine Nachteile erlitten, auf Samenerguss bin ich schon seit Jahren nicht mehr erpicht, daher weiss ich gar nicht, was da noch geht und was nicht.
Estradiol hab ich mit einem Hub täglich begonnen und mich jetzt auf 2 mal 2 Hübe gesteigert. Nach einer Woche traten die erwartberen Nebenwirkungen ein: Übelkeit, Kopfschmerzen, Hautirritationen, ein Ziehen in der Brust… aber alles im Rahmen und durchaus erträglich. Ich weiss nicht, ob ich die Behandlung abgebrochen hätte, wenn ich beispielsweise Migräneattacken dafür hätte in Kauf nehmen müssen. Stimmungsschwankungen sind okay, hatte ich früher auch, im Gegenteil habe ich den Eindruck, dass ich jetzt emotional eindeutiger bin, irgendwie klarer, aber das ist schwer zu beschreiben. Mein Körper ist schon ein kleines bischen üppiger geworden. Noch lange keine Rubensfigur, aber die Richtung stimmt. Und das ständige Enthaaren kann ich jetzt entspannter angehen, weil ausser im Gesicht überall kleine Häärchen nachwachsen und keine Stoppeln mehr.
In Tales of the City gibt es eine schöne Szene, wo Ann Madrigal sagt, dass du dich bei einer Geschlechtsangleichung selber gar nicht mal so stark veränderst, aber die Welt um dich herum ändert sich gewaltig. Wenn du von deinen Mitmenschen endlich als Frau gelesen wirst, oder jedenfalls männliche Zuschreibungen nicht mehr so eindeutig und automatisch erfolgen, hast du ein schönes Stückchen Freiheit gewonnen.
Das war jetzt eine ganz schön lange Antwort auf deine Frage... und für meine paar Wochen Erfahrungsvorsprung auch ein bischen altklug. Aber ich hab natürlich auch gerade einen enormen Redebedarf.
Hoffe, es hat dir wenigstens Mut gemacht.
Alles liebe
deine Windy
Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.
Sunburst
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RE: Erfahrungen mit Androcur und Estrogel
(01.11.2019, 01:40)Windy schrieb: In Tales of the City gibt es eine schöne Szene, wo Ann Madrigal sagt, dass du dich bei einer Geschlechtsangleichung selber gar nicht mal so stark veränderst, aber die Welt um dich herum ändert sich gewaltig. Wenn du von deinen Mitmenschen endlich als Frau gelesen wirst, oder jedenfalls männliche Zuschreibungen nicht mehr so eindeutig und automatisch erfolgen, hast du ein schönes Stückchen Freiheit gewonnen.
Ich wäre zwar nicht auf die Idee gekommen, sowas zu sagen, aber ich denke, es ist was dran Sehr verändert habe ich mich nicht, zudem war meine damalige Lebenssituation nicht begeisternd
ist aber schon, daß manche Leute ein bißchen verpeilt waren. Die stellten dann irgendwann fest: "Oh Himmel, es wird ja jetzt ernst!"
Aber selbst bei welchen, die am liebsten alles ignoriert und weitergemacht hätten wie gehabt, konnte man Veränderungen im Verhalten feststellen
Patricia1975
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RE: Erfahrungen mit Androcur und Estrogel
Hallo Anna!
Ist schon wieder fast 2 Jahre, dass ich mich damit beschäftigt habe und das Kapitel Hormonsystem ist beim Themenblock Anatomie meiner Ausbildung erst dran ;-)
Androcur bzw. der Wirkstoff Cyproteronacetat blockiert die Produktion von Androgenen, sprich Testosteron. Testosteron ist das männliche Geschlechtshormon. Der Verlust dieses Hormons bzw. der Produktion in deinem Organismus bewirkt eine schwindende Libido. Der androgenbedingte typisch männliche Haarausfall wird verlangsamt bzw. gestoppt. Man(n) wird sanfter, ruhiger, entspannter - weniger aggressiv, nicht im Sinne von Gewalt, sondern im ursprünglichen Sinne. Die Produktion von Spermien wird gestoppt. Ich hatte nach spät. 3 Wochen bei Ejakulationen nur mehr transparenten Outcome. Nach 3 Monaten nur mehr "trockene" Ejakulationen. Dadurch athropieren auch die Hoden, dh sie werden kleiner. Ebenso schrumpft geringfügig das Gewebe von Penisschaft und Skrotum. Deswegen sollte man mindestens 6 Monat diesen Wirkstoff vor einer GAOP einnehmen, damit das verpflanzte Gewebe nicht nachträglich schrumpft.
Zeitgleich beginnt man bei der Hormonersatztherapie meist mit der Einnahme von Estradiol, eines der 3 wichtigsten Östrogene. Ich habe 2 Monate nach Androcur begonnen. Östrogene sind die weiblichen Geschlechtshormone und bewirken andere Veränderungen im Organismus. Die Haut wird feinporiger und wirkt nach einiger Zeit viel weicher dadurch. Die beim Mann rudimentär vorhandenen Milchdrüsen beginnen wie bei einem pubertierenden Mädchen zu wachsen. Das geschieht über 2-3 Jahre hinweg in Schüben. Dabei kann die Brust spannen und auch schmerzen. Die Mamillen und Warzenhöfe werden größer und viel empfindlicher. Dir werden plötzlich deine Brüste in verschiedenen Situationen auffallen - ich habe sie mir plötzlich oft an der Autotüre angestoßen - großes Aua!
Man wird auch mitfühlender, gefühlvoller, empathischer. Weiblicher eben. Das sind in Grundzügen eben keine Charakterzüge sondern tatsächliche klassisch weibliche Merkmale. Anhänger der Gender-Studies würden staunen!
Das Wachstum und auch die Ausprägung der Körperbehaarung wird geringer und feiner. Haarentfernung bewirken beide Hormongruppen nicht. Sie unterstützen sie. Es kommt durch die Einnahme von Östrogenen am ganzen Körper zu einer Umverteilung des Fettgewebes und auch zur Reduktion von Muskelgewebe.
Frauen besitzen nur etwa 65% der Muskelmasse eines körperlich vergleichbaren Manner. Das heißt, man wird schwächer, weniger leistungsfähig. Der Po wird größer, die Hüfte breiter, die Schultern und sogar die Füßchen schmaler.
Wenn du noch Fragen zu Geschlechtsmerkmalen und Hormonsystem hast - wie gesagt, ich stekc da grad drin an der Uniklinik Linz.
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RE: Erfahrungen mit Androcur und Estrogel
(01.11.2019, 17:39)Sunburst schrieb: Aber selbst bei welchen, die am liebsten alles ignoriert und weitergemacht hätten wie gehabt, konnte man Veränderungen im Verhalten feststellen
Das ist abgefahren, nicht wahr?
Wie viele Leute instinktiv versuchen, dich in die andere Richtung zurückzudrängen. Das sitzt offentsichtlich ganz tief bei denen.
Zum Glück habe ich auch Freund*innen, die sagen "stimmt. Irgendwie warst du immer schon ein Mädchen."
Es kommt mir fast so vor, als ob die Hormone Signale an meine Mitmenschen aussenden, wie sie mich wahrnehmen sollen. Und wahrscheinlich bin ich selber die Letzte, die die Entwicklung wahrnimmt. Darum werde ich jetzt auch aufhören, andauernd im Spiegel nach Anzeichen zu suchen. Esse est percipi, wie wir Gymniasastinnen sagen, Sein heisst wahrgenommen werden. Denk da mal drüber nach.
Biographische Randnotiz: Als Kind habe ich mich immer mit Kristy MacNichol identifiziert, und die war ja wiederum ein klassischer Tomboy. Also alles ganz schön queer bei mir.
Oder um es mit Hildegard Knef zu sagen: "Ich glaub 'ne Dame werd ich nie."
Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.
Sunburst
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RE: Erfahrungen mit Androcur und Estrogel
(01.11.2019, 21:54)Windy schrieb: Wie viele Leute instinktiv versuchen, dich in die andere Richtung zurückzudrängen. Das sitzt offentsichtlich ganz tief bei denen.
Ja, scheint denen ganz wichtig zu sein Endete nur damit, daß es mir wichtiger war, mir nichts dergleichen bieten zu lassen, und ich sie aus meinem Leben hinaus drängte
(01.11.2019, 21:54)Windy schrieb: Esse est percipi, wie wir Gymniasastinnen sagen, Sein heisst wahrgenommen werden. Denk da mal drüber nach.
Oder, anders gesagt: " If a tree falls in a forest and no one is around to hear it, does it make a sound?"
(Vgl. u.a. a. Yogācāra)
(Zugegeben, für mich eher ein ideengeschichtlicher Nebenschauplatz An eine Anwendung auf Geschlecht und aktuelle Konflikte dürfte ich mich insofern zumindest gegenwärtig eher nicht so schnell setzen )
(01.11.2019, 21:54)Windy schrieb: Oder um es mit Hildegard Knef zu sagen: "Ich glaub 'ne Dame werd ich nie."
Ich auch nicht
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