"Nicht-binär" als Geschlechtseintrag zulässig?
"Nicht-binär" als Geschlechtseintrag zulässig?
Beitrag #1
Exclamation 
Das Verwaltungsgericht Wien hat in einem Erkenntnis (= Urteil in einer Verwaltungssache) vom 26. Jänner 2023 erstmals in der österreichischen Rechtsgeschichte entschieden, dass ein Anspruch auf Änderung des Geschlechtseintrags in den Personenstandsregistern auf "nicht-binär" besteht.

VGW-101/V/032/11370/2022 vom 26.01.2023 (PDF zum Download von der Website des Gerichts)

Bisher hat es nur die Möglichkeiten "weiblich", "männlich" und "inter/divers/offen" gegeben, wobei letzterer Eintrag auf Fälle von medizinisch nachgewiesener Intersexualität beschränkt war ("nachweisbare Variante der Geschlechtsentwicklung, die sich durch eine atypische Entwicklung des chromosomalen, anatomischen oder hormonellen Geschlechts kennzeichnet"). Auch diese Anerkennung der Intersexualität musste erst durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) durchgesetzt werden.

Die beschwerdeführende Partei hatte bisher eine für Transmenschen nicht untypische Lebensgeschichte und hätte sich in die Schublade (Trans-) Mann stecken lassen können, was aber, ebenso wie der bei der Geburt erfolgte Eintrag "weiblich", als unpassend empfunden wurde. Die Personenstandsbehörde (Bürgermeister von Wien) hatte eine Eintragung als "nicht-binär" jedoch unter Hinweis auf einen entsprechenden Erlass des BMI an die Personenstandsbehörden, der nur die drei oben erwähnten Einträge vorsieht, abgelehnt.

Dies ist vom Verwaltungsgericht Wien nunmehr korrigiert worden.

Das heißt jedoch (leider) nicht, dass man in Österreich nunmehr die Kategorie "nicht-binär" frei wählen kann!

  1. Die Entscheidung ist meines Wissens noch nicht rechtskräftig. Die Revision (Rechtsmittel an den Verwaltungsgerichtshof [VwGH] als Höchstgericht) ist ausdrücklich zugelassen worden. Ich rechne damit, dass der Bundesminister für Inneres (an Stelle der Personenstandsbehörde erster Instanz) diese sicher versuchen wird. Die Chance, dass der VwGH die Entscheidung bestätigt, liegt meiner Einschätzung nach bei 50:50.
  2. Bleibt es bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien, dann steht die Eintragung "nicht-binär" Menschen mit diagnostizierter geschlechtlicher Transidentität (F-64.0 bzw. aktuellere Bezeichnungen) oder Intersexualität offen, denen diese Option eröffnet wird, wenn sie eine entsprechende Diagnose und Fachgutachten vorweisen können, in denen "nicht-binär" als passende Beschreibung ihrer Geschlechtsidentität bestätigt wird. Ohne Gutachten geht also weiterhin gar nichts.
    Zitat:Die beschwerdeführende Partei beschreibt ihre Geschlechtsidentität selbst als "nicht-binär", nach den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren getroffenen Feststellungen ist die beschwerdeführende Partei zudem aus psychiatrischer, psychologischer und psychotherapeutischer Sicht mit der Geschlechtsidentität "nichtbinär"zu beschreiben. Es bestehen daher keine Zweifel, dass diese Bezeichnung die Geschlechtsidentität der beschwerdeführenden Partei adäquat zum Ausdruck bringt.

    Nach der in Pkt. III.4.3. dargestellten Rechtsprechung wird die "nicht-binäre" Geschlechtsidentität der beschwerdeführenden Partei durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützt, es besteht daher ein Rechtsanspruch, diese Geschlechtsidentität entsprechend personenstandsrechtlich abzubilden.

Warten wir daher ab, wie es weitergeht!

Das hier beschriebene Verfahren ist vom Verein Nicht-Binär (Venib) im Rahmen der Kampagne genderklage.at unterstützt worden.
- Sag' Du mir, in welche Schublade ich passe! Wave   -
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Zitat

RE: "Nicht-binär" als Geschlechtseintrag zulässig?
Beitrag #2
Rainbow 
das bei "inter/divers/offen" im gegensatz zu "m/w" explizit und ausschließlich auf physische eigenheiten abgestellt wird, hört sich für mich an wie z.b. früher mal der sterilisationszwang für transgeschl. menschen (zumindest in D), sprich: wie ein eingriff in die körperliche unversehrtheit. schließlich müßte trans person x mit entsprechendem geschl. selbstverständnis erst eine hormontherapie machen oder anatomische korrekturen vornehmen lassen, um z.b. dem kriterium "atypische entwicklung" zu entsprechen.
zufälligerweise... um solche transfälle von vornherein auszuschließen, ist z.b. in D der ganze trans-begutachtungskram etc. explizit binär ausgelegt.
 
und wenn ich das ganze so ganz gleichwertig auf "m/w" anwende... was ist z.b. mit frauen, die aufgrund von brustkrebs tragischerweise eine o. beide brüste verloren haben. eine anatomische atypische entwicklung, aufgrund derer sie nicht mehr weiblich, sondern, zumindest rechtlich, inter/divers/offen sind? als näxtes dann eine geschlechtsentwicklungspolizei, die überprüft, ob der körper (noch) dem eintrag entspricht?
 
na wie auch immer, irgendwie schnuppert das abstellen auf körperliche eigenheiten explizit bei "inter/divers/offen" sowie das inkludieren von transgeschl. entwicklungen ausschließlich für die kategorien "m/w" nach aufrechterhaltung des binären normativs, indem versucht wird, den davon abweichenden personenkreis so klein wie nur irgendwie möglich zu halten.
eine weitere kategorie ala "nicht binär" zu schaffen anstatt der dritten kategorie das inkludieren von transgeschl. menschen zu ermöglichen u. somit gleichwertiger gegenüber den kategorien "m/w" zu machen zementiert die versuchte normative aufrechterherhaltung von "m/w" nur. und was nun eine negativ-angabe, die sagt, was ich nicht bin (nicht-binär), über mich aussagt, sei mal dahingstellt. (mensch = nicht-pflanze? männlich = nicht-weiblich? etc.)
 
nixdestotrotz... ist die dann zumindest vorläufige anerkennung immernoch besser als die aktuelle komplettausgrenzung von nicht-binär. mal schauen, wie sich das ganze so einfädelt, gleiches gilt für D, siehe in der mache befindliches selbstbestimmungsgesetz.
 
inwieweit hier wie da  rechtlich u./o. medizinisch eine angreifbare ungleichbehandlung aufgrund des geschlechts, gerade vor den hintergründen "dritte kategorie" sowie cis/trans besteht... seufz, keine ahnung, es fühlt sich lediglich arg danach an. cis/binärer (macht-u.) herrschaftsanspruch at is best.

lex ende Smile
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"Gender/Sex Identity" oder auch:
"Die Geschichte vom Regenbogen, der dachte, er wäre ein Halbkreis...."

Inter/Nonbinary?
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Zitat



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