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"Hilferuf" einer Mama
Hallo,
ich bin Mama einer jetzt 13jährigen Tochter und stolpere mit ihr gerade in für mich absolutes Neuland. Hier erhoffe ich mir Orientierung und Antworten auf die vielen Fragen und einen angenehmen Austausch zum Thema.
Meine Tochter war noch nie so ein typisches "Girlie", trug nie Kleider oder Röcke, war bislang nicht mal wirklich an ihrem Äußeren an sich interessiert. Wie ein Junge war sie aber auch nie, eher so irgendwo dazwischen?! Seit einigen Monaten ist sie wohl in einer Selbstfindungsphase (klar, Pubertät) und da beschäftigt sie sich auch mit Sexualität. Wir erziehen unsere Kinder sehr tollerant, leben auch so - eben auch in Bereichen Homosexualität, Transgender usw. Unsere Tochter weiß also, dass jeder leben darf, wie er glücklich ist. Sie darf sein, wie sie ist. Soviel vorweg zur Grundeinstellung.
Nun kam meine Tochter immermal zuerst mit Fragen Richtung Bi- bzw. Homosexualität. Offen besprochen, alles ok. Vor einigen Wochen nun sprach sie mich (selbst sehr unsicher, fast scheu) an und sagte, sie glaubt, sie wäre ein Junge. Oder vielleicht wäre sie jedenfalls lieber ein Junge. "Mama, wäre es auch ok, wenn du noch einen Sohn hättest?"
Ich bin bemüht offen gewesen, habe aber eingestanden, das dies für mich ungewohnt und neu ist und ich zu diesem Thema selbst viele Fragen habe. So wie sie wohl auch. Darum bin ich nun hier.
Meine Tochter möchte sich einen Jungenhaarschnitt machen lassen - gar kein Problem. Sie hat sich ihre Klamotten jetzt in der Herren-/Jungenabteilung gekauft - auch gar kein Problem. Nun aber fragte sie, ob wir sie "Joshua" nennen würden? Puuh... ist tatsächlich schwierig für uns als Eltern, bei aller Offenheit einem solch sensiblen Thema gegenüber. Versteht ihr das?
Meine Fragen gehen erst einmal in die Anfänge... wie ernst sollte ich die Gedanken und Wünsche meiner Tochter nehmen? Kann das auch nur eine "Phase" sein oder stecken bei der Art das jetzt auszuleben doch ernste Absichten dahinter? Ich möchte das für sie weder über- noch unterbewerten. Von Freunden wurde uns geraten sie zum Kinderpsychologen zu schicken, aber ist das wirklich richtig? Sagt ihr das nicht eher - "du bist falsch od. krank"?
Mich würde interessieren, wann ihr bemerkt habt, das ihr "anders" seit? Und was ihr euch von euren Eltern gewünscht hättet?
Sollte ich all' das lieber in einer anderen Rubrik schreiben, bitte Bescheid geben...Danke fürs lesen und ich bin gespannt!
GLG die Dreifachmama (also zu "Joshua" noch ein Sohn und eine Tochter)
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RE: "Hilferuf" einer Mama
20.09.2017, 09:46
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 20.09.2017, 09:49 von Bonita.)
Liebe Dreifachmama,
schön dass Du bzw Ihr als Familie Eurer Tochter bzw eventuell Eurem Sohn so toll beisteht - das ist leider nicht immer so; Viele Kinder trauen sich mit ihren Eltern gar nicht darüber sprechen, weil sie bereits vermuten bzw wissen, dass es negative Reaktionen gäbe (hier im Forum berichten regelmäßig Jugendliche über ihre tw sehr unschönen Erfahrungen mit deren Eltern/Familie)...
Natürlich könnte es sein, dass Eure Tochter einfach homosexuell/lesbisch oder bi ist - also das "nur" mit der sexuellen Orientierung zu tun hat;
Es könnte aber auch sein, dass es trans ist - also das Geschehen mit der individuellen Identität der Persönlichkeit des Kindes zu tun hat; Dann wäre es eben Euer Sohn, Joshua (ganz egal, ob er dann auf Mädels oder Jungs oder ev beides steht); Auf alle Fälle sollte das von Euch Eltern bzw der weiteren Familie sehr ernst genommen werden, auch wenn sich in einigen Monaten/Jahren herausstellen sollte, dass es doch nur eine "Phase" war...
Am Besten wäre es, wenn Ihr gemeinsam - bzw alsbald auch Dein Kind alleine - professionelle Hilfe in Anspruch nehmt; Es gibt einige Links für Deutschland mit Adressen, zB:
https://www.lsvd.de/
http://www.dijg.de/transsexualitaet-gesc...en-kinder/
http://transintersektionalitaet.org/?page_id=261
http://www.trans-kinder-netz.de/wer-sind-wir.html
http://www.dgti.org/kinderundeltern.html
http://forum.ftm-portal.net/
Dort findet man sicherlich auch andere Betroffene, also Anghörige bzw Kinder wie Deines - da kann man sich wohl schon ein bisschen besser austauschen; Letztlich müsste dann aber doch auch Unterstützung aus dem medizinsch/psychologischen Bereich in Anspruch genommen werden, die Angst vor dem Stempel "falsch oder krank" ist idR unbegründet - vor allem wenn man jemanden mit Erfahrung auf dem Gebiet aufsucht (von den anderen Betroffenen gibts da sicherlich auch schon Erfahrungswerte bzw Adressen);
Liegt Transsexualität bzw Transidentität vor, dann ist in DE derzeit noch das Aufsuchen von Pschotherapeuten bzw Psychologen oder entsprechende (klinische) Einrichtungen nötig, um zB den Personenstand (also statt weiblich männlich) und den Namen ändern zu lassen - also ganz offiziell, nicht nur innerhalb Eurer Familie - solange Euer Kind minderjährig ist seid Ihr als Eltern ohnehin als Entscheidungsinstanz gefordert; Wenn Dein Kind vielleicht sogar medizinische (anfänglich wohl nur hormonelle) Hilfe benötigt, benötigt man therapeutische Unterstützung jedenfalls auch; Die jeweiligen Kosten werden grundsätzlich von Eurer Krankenkasse übernommen...
Ich wünsche Euch alles Gute und Liebe!
„NATSUME! NATSUMEe! NATSUMEee!“ — Nyanko-Sensei en.wikipedia.org/wiki/Natsume%27s_Book_of_Friends
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RE: "Hilferuf" einer Mama
Vielen Dank liebe Bonita für deine tolle Antwort! Ich werde mich dann mal durch die zahlreichen Links arbeiten...
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RE: "Hilferuf" einer Mama
Machst bisher ja eh alles richtig. Hier hört man eher von Eltern die ihre Kinder unterdrücken bis zum Rausschmiss. 13 ist halt noch sehr Jung. Ich wollt mit 13 Astronautin werden. So ändert das Informationszeitalter den Rhythmus des Lebens. Sei für dein Kind da (check); Mach dich schlau (check); nur nix überschnell Entscheiden.
(c ..)~ \(._. D)
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RE: "Hilferuf" einer Mama
20.09.2017, 10:30
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 20.09.2017, 10:32 von Josefine_H.)
(20.09.2017, 08:49)Dreifachmama schrieb: Mich würde interessieren, wann ihr bemerkt habt, das ihr "anders" seit? Und was ihr euch von euren Eltern gewünscht hättet?
Sollte ich all' das lieber in einer anderen Rubrik schreiben, bitte Bescheid geben...Danke fürs lesen und ich bin gespannt!
GLG die Dreifachmama (also zu "Joshua" noch ein Sohn und eine Tochter)
Dann will ich einmal auf diese Frage antworten:
Ich habe im Kindergartenalter schon bemerkt das irgend etwas mit mir nicht stimmt, aber natürlich keine Ahnung was los ist.
Von meinen Eltern hätte ich mir gewünscht dass ich mit ihnen über dieses Thema reden hätte können - wurde immer geblockt!
In meinem Blog kannst du auch ein wenig über meine Kindheit nachlesen, ist zwar noch nicht alles geschrieben aber doch so einiges:
martinatvblog.wordpress.com
So gesehen machst du alles richtig, gebt euch einfach Zeit und überstürzt nichts.
Professionelle Hilfe wäre sicherlich förderlich.
Danke dass du eine so aufgeschlossene Dreifachmama bist
GLG
Martina
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RE: "Hilferuf" einer Mama
Hallo Dreifachmama
Zuerst möchte ich dir und eurer Familie ein großes Lob aussprechen für eure tolerante und weltoffene Einstellung.
Als ich merkte, dass mit mir etwas nicht "stimmt" war es bis ins Erwachsenenalter unmöglich, mich meiner Familie anzuvertrauen und ich finde es so wichtig, dass sich jeder Mensch so entfalten kann und darf, wie er nun einmal ist, alles andere wäre zurechtgebogen.
Links hast du ja nun zur Genüge, aber auch ich möchte mich dem Rat anschließen, für euren Sohn/eure Tochter psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, das verhilft zu neuen Erkenntnissen und generell dabei das alles auch richtig einzuordnen und zu bewältigen, sowohl für euer Kind als auch für euch.
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RE: "Hilferuf" einer Mama
Ich danke euch allen für eine Antworten und Gedanken!
Ja, wir geben uns als Eltern viel Mühe - damit jedes der Kinder so zu nehmen, wie es ist oder sein mag und ihm auf seinem Weg zu helfen. Auch mir tut es weh, immer wieder mal zu lesen, das leider nicht alle Eltern zu denken. Das es dadurch zu sovielen schweren Lebenswegen kommt, tut mir leid!
Wir haben hier im Ort eine Institutsambulanz, in der auch Kinderpsychologen arbeiten. Ich werde mich dorthin wenden und mal vorfühlen, wie offen sie diesem Thema gegenüber sind und wieviel Erfahrungen sie damit haben. Hier im Osten Norddeutschlands scheint es leider kaum bis keine Themenbezogenen Ansprechpartner zu geben, schade.
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RE: "Hilferuf" einer Mama
Ich kann dir eine gute Psychotherapeutin empfehlen, wenn du magst, ich komme selber aus Mecklenburg-Vorpommern, ob sie aber auch Kinder betreut kann ich dir nicht sagen, außerdem ist die Kassenärztliche Vereinigung auch eine gute Anlaufstelle.
http://www.kvmv.info/patienten/40/
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RE: "Hilferuf" einer Mama
Dankeschön Tammy. MecklenburgVorpommern ist ja auch nicht ganz so klein und bisher fand ich durch die Links nur Ansprechpartner in HRO und Schwerin. Das ist zu weit weg. Wir wohnen quasi einen Luftsprung von Polen entfernt. Wäre aber für Ideen sehr offen, gern auch per PN.
Erst einmal bemühe ich mich um eine Überweisung für die Kinderpsychologen hier im Ort und versuche es dort. Geht ja auch nicht von heute auf morgen.
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RE: "Hilferuf" einer Mama
Ich habe auch schon sehr früh Anzeichen gezeigt, aber selbst sie nicht verstanden, genauso wie meine Eltern, erst später als ich 12-14 war habe ich selbst bemerkt das ich anders als die anderen meines Geschlecht war. Wo ich dann schon Erwachsen war, war ich mir leider erst sicher.
Am besten ist es zum Psychotherapeut zu gehen um es raus zu finden, sollte aber einer sein der sich damit auskennt. Mir selbst hätte das wahrscheinlich geholfen, heute bereue ich es sehr das ich nicht früher angefangen habe.
Ist auf jeden Fall sehr schön das ihr euch so um euer Kind kümmert. Wäre mein Vater noch da würde er mich sogar jetzt noch verprügeln wollen.
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