Beitrag #1
23.05.2025, 16:08
Hallo,
ich bin neu in diesem Forum und wollte euch gern was zum Thema Transidentität fragen, denn mich beschäftigt das gerade sehr.
Erstmal ein bisschen Background-Infos:
Ich wurde biologisch als Frau geboren und bin 22 Jahre alt. Als Kind gab es einige Anzeichen dafür, dass ich mich nicht mit diesem Geschlecht identifizieren konnte. Schon sehr früh habe ich lieber Jungs Kleidung getragen und mit Jungs Spielzeug gespielt. Ab der 5. Klasse bis zum Gymnasium (also ca. 2 Jahre) hatte ich die Inkongruenz stark gespürt. Ich sprach gern tiefer und verhielt mich so, wie ich es von vielen anderen Jungs kannte. Ich war auch fest davon überzeugt, dass ich mehr männlich aussehen werde und mir auch ein Penis wachsen wird und die Brüste nie größer werden. Ich war traurig, wenn ich nicht als Junge erkannt wurde. Ich ließ mir in der 6. die Haare kurz schneiden und war sehr glücklich, weil ich so nicht mehr verwechselt werden konnte. Ich experimentierte in dieser Zeit gern, malte z.B. meine mini Haare über der Lippe leicht schwarz an und wollte so sehr einen Bart. Meine Oma hat mir einmal in einem Urlaub eine Bluse gekauft und ich hasste das so sehr, weil ich mich damit wieder so weiblich fühlte und spürte wie es andere Leute erkannten. Leider kam es dann gegen Ende der 6. auch dazu, dass die Pubertät zuschlug und meine Brüste wuchsen. Ich konnte nicht mehr oberkörperfrei schwimmen und ich hasste es so sehr, weil es dann erneut ein Beweis für andere Leute war, dass ich kein Junge bin. Ich hatte ab und zu das Gefühl sie abschneiden zu wollen. Jedenfalls gemocht habe ich sie nie.
Wenn man die Erzählung nur bis hierhin betrachten würde, hätte ich stark vermutet, dass ich Trans bin. Doch ab dem Gymnasium nahm es eine Wendung, denn ich schämte mich für mein Aussehen. Alle schauten mich komisch an und wunderten sich. Ich konnte die Blicke nicht ertragen und wurde auch von manchen Mitschüler*innen gemobbt und als hässlich betitelt. Ich wollte so schnell wie möglich wieder lange Haare und hatte Angst, dass ich sonst allein bleibe und mich nie ein Junge/Mann schön finden könnte.
Und dann lebte ich bis zum aktuellen Zeitpunkt als Frau ohne eine bewusste Inkongruenz zu erleben oder den starken Wunsch ein Mann sein zu wollen.
Habe ich es gut unterdrückt oder war es damals einfach nur eine unbedeutsame Phase? Ich dachte lange Zeit, dass ich nur verwechselt habe, dass ich Jungs attraktiv fand und dann fälschlicherweise dachte, ich müsste deshalb auch so aussehen. Aber vor kurzem habe ich alles noch einmal Revue passieren lassen. Ich fühlte mich damals als Kind so sehr nach einem Jungen und selbst von Pubertät bis jetzt gab es viele kleine Momente. Erstmal trug ich trotz meinem Wunsch lange Haare zu bekommen und wieder weiblicher auszusehen, trotzdem noch bis Ende der 9. Klasse die gleichen Jungs Klamotten und fühlte mich irgendwie gedanklich auch immer noch wie einer. Besonders, als ich mich in eine Schülerin verliebte. Ich ahmte immer noch gern Jungs nach oder Figuren aus Filmen. Ich beharrte gern noch auf meinen Fahrradsitz, der für Männer ausgelegt ist, wenn mich meine Eltern darauf ansprachen, ob er denn noch bequem ist. Dann hatte ich so ein Gefühl, dass sich mein Körper doch noch nicht in Richtung weiblich verändert hat. Ich konnte mich auch nie identifizieren, wenn jemand Frau zu mir sagte oder ich es selbst sagen musste. Oft fühle ich mich wohl, wenn ich stereotypisch männliche Kleidung trage oder mich so auf Bildern sehe. Oder wenn ich trainiere und sich mein Körper dann irgendwie maskuliner anfühlt. Als mein Exfreund mal Bilder von meinem Kurzhaar-/Jungenstyle sah und sich ein wenig lächerlich drüber machte, ging es mir überhaupt nicht gut und später in einem Streit warf ich ihm vor, dass er nicht den inneren Jungen akzeptiert und ich nicht ich sein darf. Das war eine sehr gefühlschaotische Situation und ich warf mit vielen Wörtern um mich, deswegen weiß ich nicht, ob das eine Bedeutung hatte. Nach meiner Ex-Beziehung überlegte ich mir die Haare kurz zu schneiden, aber hatte zu sehr Angst, dass ich damit so „hässlich“ wie früher aussehe. Dabei finde ich jetzt, wo ich mir nochmal die Fotos angesehen habe, dass ich damals schön aussah.
Mit dem Beginn des Gymnasiums begannen auch psychische Probleme, vor allem eine starke soziale Phobie und ein schlechtes Körper- und Selbstwertgefühl, die bis jetzt anhalten. Alles korreliert mit der Zeit, wo ich mich von dem Junge-sein verabschiedete. Aber es könnte auch durchaus andere Ursachen haben. Ich denke, dass das Mobbing und sich ausgeschlossen fühlen in der 7. Klasse bestimmt einen Beitrag geleistet hatte, aber ob es direkt von einer möglichen unterdrückten Geschlechtsidentität ausgeht, weiß ich nicht.
Mir sind jetzt viele Erinnerungen, Gedanken und Gefühle von der Vergangenheit hochgekommen und manchmal auch Enttäuschungsgefühle, dass ich nicht für mich selbst eingestanden habe ab der 7. Es fühlt sich irgendwie nach Verrat an. Es war traurig zu sehen, wie ich wieder lange Haare bekam.
Ich habe vor Kurzem auch einen kleinen Kaufrausch gehabt und viele stereotypisch männliche Sachen eingekauft. Ich möchte gern ein wenig austesten, wie es sich anfühlt. Aber ich habe auch Angst. Weil das alles so viel verändern würde. Ich bin mir noch sehr unsicher, was ich mit den neuen Gefühlen und alten Erinnerungen, die wieder hochgekommen sind, anfangen soll...
Hat jemand ähnliche Erfahrungen und wie seht ihr das? Kann man so etwas so sehr und so lange unterdrücken? Ich würde mich sehr über ein paar Antworten freuen. Vielen Dank schon mal!
ich bin neu in diesem Forum und wollte euch gern was zum Thema Transidentität fragen, denn mich beschäftigt das gerade sehr.
Erstmal ein bisschen Background-Infos:
Ich wurde biologisch als Frau geboren und bin 22 Jahre alt. Als Kind gab es einige Anzeichen dafür, dass ich mich nicht mit diesem Geschlecht identifizieren konnte. Schon sehr früh habe ich lieber Jungs Kleidung getragen und mit Jungs Spielzeug gespielt. Ab der 5. Klasse bis zum Gymnasium (also ca. 2 Jahre) hatte ich die Inkongruenz stark gespürt. Ich sprach gern tiefer und verhielt mich so, wie ich es von vielen anderen Jungs kannte. Ich war auch fest davon überzeugt, dass ich mehr männlich aussehen werde und mir auch ein Penis wachsen wird und die Brüste nie größer werden. Ich war traurig, wenn ich nicht als Junge erkannt wurde. Ich ließ mir in der 6. die Haare kurz schneiden und war sehr glücklich, weil ich so nicht mehr verwechselt werden konnte. Ich experimentierte in dieser Zeit gern, malte z.B. meine mini Haare über der Lippe leicht schwarz an und wollte so sehr einen Bart. Meine Oma hat mir einmal in einem Urlaub eine Bluse gekauft und ich hasste das so sehr, weil ich mich damit wieder so weiblich fühlte und spürte wie es andere Leute erkannten. Leider kam es dann gegen Ende der 6. auch dazu, dass die Pubertät zuschlug und meine Brüste wuchsen. Ich konnte nicht mehr oberkörperfrei schwimmen und ich hasste es so sehr, weil es dann erneut ein Beweis für andere Leute war, dass ich kein Junge bin. Ich hatte ab und zu das Gefühl sie abschneiden zu wollen. Jedenfalls gemocht habe ich sie nie.
Wenn man die Erzählung nur bis hierhin betrachten würde, hätte ich stark vermutet, dass ich Trans bin. Doch ab dem Gymnasium nahm es eine Wendung, denn ich schämte mich für mein Aussehen. Alle schauten mich komisch an und wunderten sich. Ich konnte die Blicke nicht ertragen und wurde auch von manchen Mitschüler*innen gemobbt und als hässlich betitelt. Ich wollte so schnell wie möglich wieder lange Haare und hatte Angst, dass ich sonst allein bleibe und mich nie ein Junge/Mann schön finden könnte.
Und dann lebte ich bis zum aktuellen Zeitpunkt als Frau ohne eine bewusste Inkongruenz zu erleben oder den starken Wunsch ein Mann sein zu wollen.
Habe ich es gut unterdrückt oder war es damals einfach nur eine unbedeutsame Phase? Ich dachte lange Zeit, dass ich nur verwechselt habe, dass ich Jungs attraktiv fand und dann fälschlicherweise dachte, ich müsste deshalb auch so aussehen. Aber vor kurzem habe ich alles noch einmal Revue passieren lassen. Ich fühlte mich damals als Kind so sehr nach einem Jungen und selbst von Pubertät bis jetzt gab es viele kleine Momente. Erstmal trug ich trotz meinem Wunsch lange Haare zu bekommen und wieder weiblicher auszusehen, trotzdem noch bis Ende der 9. Klasse die gleichen Jungs Klamotten und fühlte mich irgendwie gedanklich auch immer noch wie einer. Besonders, als ich mich in eine Schülerin verliebte. Ich ahmte immer noch gern Jungs nach oder Figuren aus Filmen. Ich beharrte gern noch auf meinen Fahrradsitz, der für Männer ausgelegt ist, wenn mich meine Eltern darauf ansprachen, ob er denn noch bequem ist. Dann hatte ich so ein Gefühl, dass sich mein Körper doch noch nicht in Richtung weiblich verändert hat. Ich konnte mich auch nie identifizieren, wenn jemand Frau zu mir sagte oder ich es selbst sagen musste. Oft fühle ich mich wohl, wenn ich stereotypisch männliche Kleidung trage oder mich so auf Bildern sehe. Oder wenn ich trainiere und sich mein Körper dann irgendwie maskuliner anfühlt. Als mein Exfreund mal Bilder von meinem Kurzhaar-/Jungenstyle sah und sich ein wenig lächerlich drüber machte, ging es mir überhaupt nicht gut und später in einem Streit warf ich ihm vor, dass er nicht den inneren Jungen akzeptiert und ich nicht ich sein darf. Das war eine sehr gefühlschaotische Situation und ich warf mit vielen Wörtern um mich, deswegen weiß ich nicht, ob das eine Bedeutung hatte. Nach meiner Ex-Beziehung überlegte ich mir die Haare kurz zu schneiden, aber hatte zu sehr Angst, dass ich damit so „hässlich“ wie früher aussehe. Dabei finde ich jetzt, wo ich mir nochmal die Fotos angesehen habe, dass ich damals schön aussah.
Mit dem Beginn des Gymnasiums begannen auch psychische Probleme, vor allem eine starke soziale Phobie und ein schlechtes Körper- und Selbstwertgefühl, die bis jetzt anhalten. Alles korreliert mit der Zeit, wo ich mich von dem Junge-sein verabschiedete. Aber es könnte auch durchaus andere Ursachen haben. Ich denke, dass das Mobbing und sich ausgeschlossen fühlen in der 7. Klasse bestimmt einen Beitrag geleistet hatte, aber ob es direkt von einer möglichen unterdrückten Geschlechtsidentität ausgeht, weiß ich nicht.
Mir sind jetzt viele Erinnerungen, Gedanken und Gefühle von der Vergangenheit hochgekommen und manchmal auch Enttäuschungsgefühle, dass ich nicht für mich selbst eingestanden habe ab der 7. Es fühlt sich irgendwie nach Verrat an. Es war traurig zu sehen, wie ich wieder lange Haare bekam.
Ich habe vor Kurzem auch einen kleinen Kaufrausch gehabt und viele stereotypisch männliche Sachen eingekauft. Ich möchte gern ein wenig austesten, wie es sich anfühlt. Aber ich habe auch Angst. Weil das alles so viel verändern würde. Ich bin mir noch sehr unsicher, was ich mit den neuen Gefühlen und alten Erinnerungen, die wieder hochgekommen sind, anfangen soll...
Hat jemand ähnliche Erfahrungen und wie seht ihr das? Kann man so etwas so sehr und so lange unterdrücken? Ich würde mich sehr über ein paar Antworten freuen. Vielen Dank schon mal!