Beitrag #42
25.07.2012, 09:04
Es gehört zwar nicht unmittelbar zu diesem Thread, aber ich möchte einleitend dennoch darauf zurück kommen, und zwar zur Inselfrage von Anglika:
Wenn man als einziger Mensch auf diesem Planeten leben würde, und dein Inselbeispiel wäre damit gut vergleichbar, würde es keine eigentlichen Geschlechter mehr geben. Es ginge uns dann wie der letzten Schildkröte einer aussterbenden Art auf Galapagos.
So gesehen wäre es völlig egal, ob man als Mann oder als Frau leben würde. Es gibt kein vis a vis mehr, keine Fremdwahrnehmung, somit keine gesellschaftliche Reflexion, keinerlei Passingproblem, keinen Flirt, keine Möglichkeit einer partnerbezogenen Sexualität. Nur Selbstbefriedigung bliebe, und auch die vermutlich nur, solange der Penis noch da ist, denn rund 80 Prozent aller MzF Transgender sind nach der OP ohne Libido und nicht orgasmusfähig, egal was darüber berichtet wird. Wie immer beim Sex wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Und gerade in unserem Fall neigen einige dazu, sich die Realität zurechtzurücken. Das fängt beim eingebildeten tollen Passing an und endet bei multiplen Orgasmen. Alles Dinge, die nur ganz, ganz wenige unter uns tatsächlich erleben dürfen.
Um den Kreis wieder zu schließen: Wozu dann also die Angleichung des Sexualorgans, all die Schmerzen und möglichen negativen Nachwirkungen, wenn ich quasi der letzte Mensch auf dem Erdenrund wäre, ohne jede Chance auf ein partnerschaftliches Leben? Noch dazu, wo Komplikationen, primär der ableitenden Harnwege bei nicht wenigen Betroffenen quasi abonniert sind. Und die können einen mächtig nerven, ich weiß das aus eigener schmerzhafter Erfahrung.
Ich war als körperlicher Mann sexuell immer aktiv, wenngleich nicht so, wie das normale Männer sind. Bei mir klappte der Orgasmus nur über geistige Umwege. Aber er klappte.
Das hat sich nach der GA-Op rasch verändert. Schon mit Beginn der Einnahme von Androcur verlor ich nahezu jegliche Libido, zunächst empfand ich dies als Bestätigung meines Wegs. Heute sehe ich das differenzierter.
In den ersten Jahren nach der großen OP verlor sich die Libido völlig. Damit änderte sich - unter anderem - auch mein Bekleidungsstil. Ich legte - im Privatleben - nicht mehr soviel Wert auf mein Äußeres und lief häufig ungeschminkt in Jeans und T-Shirt herum. Aus reiner Bequemlichkeit und weil es mir zunehmend egal wurde, wie mich meine Umgebung wahrnahm. Mag sein, auch als Trotzreaktion auf wiederkehrendes erkannt werden im Ursprungsgeschlecht und die Erkenntnis, es ohnehin nie zu schaffen, endgültig drüben anzukommen.
So gesehen empfinde ich mich heute eher als sächlich, als Neotrum, denn als Frau mit weiblicher Libido, obwohl ich heute wieder sehr viel Wert auf mein Äußeres lege. Ja, ich sehe aus wie eine Frau, gar nicht mal so schlecht, wenn ich den männlichen Reaktionen trauen darf. Ich habe mein Leben im Griff, bin beruflich selbständig und schreibe schwarze Zahlen, stehe mit beiden Beinen in dieser Welt und bin auch keinen Anfeindungen oder blöden Blicken ausgesetzt, wenn ich auf die Straße gehe. Aber wenn man keinerlei Libido hat, ist es mAn egal, ob man Mann oder Frau ist. Ja, mittlerweile denke ich so. Denn dann verschwimmen die Geschlechtergrenzen, definieren sich eher über Äußerlichkeiten, wie Kleidung, Make-Up, Frisur, öffentliches Verhalten, als über den wesentlichsten Trieb im Menschen. Die Libido ist das Salz in der Suppe des Lebens, sie ist es auch, die uns mAn primär zum körperlichen Geschlechtswechsel treibt. Da bin ich mir heute sicher. Was denn sonst?
Ich weiß, viele werden sagen, das stimmt nicht, aber der Sexualtrieb ist nach dem Selbsterhaltungstrieb der stärkste Trieb im Menschen. Unabhängig vom Geschlecht! Er liegt nahezu über allem, was wir so tun, denken und treiben, er bestimmt über geschlechtsspezifische Kleidung, soziales Verhalten, sexuelles Begehren, sorgt für den Kinderwunsch bei Frauen, die sexuelle Agression des Mannes, und vieles mehr.
Wenn er wegfällt, fällt etwas weg, das alle Menschen gemeinsam haben, ja miteinander verbindet und letztlich unsere Spezies erhält. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Weg noch einmal ginge, könnte ich die Zeit zurückdrehen. Vermutlich aber schon, denn freiwillig macht niemand diesen Wahnsinn. Es ist immer eine Überlebensstragie, der Strohhalm, an den sich der Ertrinkende klammert, das Mittel der letzten Wahl, vor der völligen Verzweiflung. Ich habe mich lange dagegen gewehrt, weil ich wusste, es würde nie 100%ig funktionieren, wollte diesen steinigen, schmerzhaften Weg mit aller Kraft verhindern; im Alter von 38 war Schluss mit lustig. Es ging nicht mehr anders, dafür konnte es mir dann nicht schnell genug gehen. Glücklich bin ich deshalb nicht geworden, aber ruhiger, ausgeglichener, nicht so unstet und getrieben, wie vorher. Nach immerhin 15 Jahren im anderen Geschlecht kann ich das heute mit Gewissheit sagen.
Heilung, im eigentlichen Sinn, sehe ich in einer GA-OP bzw. dem Geschlechtswechsel insgesamt, keine, eher Linderung und auch das nicht in allen Fällen. Viele Betroffene tauschen nur ein Problem gegen ein anderes und hoffen, es wäre das kleinere.
Ich hätte mein Leben vermutlich auch als Mann weiterführen können, als unglücklicher, depressiver, einsamer Mann, keine Frage, aber ich denke, ich hätte es bis zur Bahre durchgehalten. Ich habe trotz allen leidvollen Sehnens und Träumens und das seit Kindesbeinen an, weder meinen männlichen Körper gehasst, noch jemals an Verstümmelung oder gar Selbstmord gedacht. Vielleicht hätte ich mich versoffen oder verjunkt, aber erschossen hätte ich mich sicher nicht. Dafür lebe ich zu gerne. Egal in welchem Geschlecht: Das Leben ist immer lebenswert!
Wenn man als einziger Mensch auf diesem Planeten leben würde, und dein Inselbeispiel wäre damit gut vergleichbar, würde es keine eigentlichen Geschlechter mehr geben. Es ginge uns dann wie der letzten Schildkröte einer aussterbenden Art auf Galapagos.
So gesehen wäre es völlig egal, ob man als Mann oder als Frau leben würde. Es gibt kein vis a vis mehr, keine Fremdwahrnehmung, somit keine gesellschaftliche Reflexion, keinerlei Passingproblem, keinen Flirt, keine Möglichkeit einer partnerbezogenen Sexualität. Nur Selbstbefriedigung bliebe, und auch die vermutlich nur, solange der Penis noch da ist, denn rund 80 Prozent aller MzF Transgender sind nach der OP ohne Libido und nicht orgasmusfähig, egal was darüber berichtet wird. Wie immer beim Sex wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Und gerade in unserem Fall neigen einige dazu, sich die Realität zurechtzurücken. Das fängt beim eingebildeten tollen Passing an und endet bei multiplen Orgasmen. Alles Dinge, die nur ganz, ganz wenige unter uns tatsächlich erleben dürfen.
Um den Kreis wieder zu schließen: Wozu dann also die Angleichung des Sexualorgans, all die Schmerzen und möglichen negativen Nachwirkungen, wenn ich quasi der letzte Mensch auf dem Erdenrund wäre, ohne jede Chance auf ein partnerschaftliches Leben? Noch dazu, wo Komplikationen, primär der ableitenden Harnwege bei nicht wenigen Betroffenen quasi abonniert sind. Und die können einen mächtig nerven, ich weiß das aus eigener schmerzhafter Erfahrung.
Ich war als körperlicher Mann sexuell immer aktiv, wenngleich nicht so, wie das normale Männer sind. Bei mir klappte der Orgasmus nur über geistige Umwege. Aber er klappte.
Das hat sich nach der GA-Op rasch verändert. Schon mit Beginn der Einnahme von Androcur verlor ich nahezu jegliche Libido, zunächst empfand ich dies als Bestätigung meines Wegs. Heute sehe ich das differenzierter.
In den ersten Jahren nach der großen OP verlor sich die Libido völlig. Damit änderte sich - unter anderem - auch mein Bekleidungsstil. Ich legte - im Privatleben - nicht mehr soviel Wert auf mein Äußeres und lief häufig ungeschminkt in Jeans und T-Shirt herum. Aus reiner Bequemlichkeit und weil es mir zunehmend egal wurde, wie mich meine Umgebung wahrnahm. Mag sein, auch als Trotzreaktion auf wiederkehrendes erkannt werden im Ursprungsgeschlecht und die Erkenntnis, es ohnehin nie zu schaffen, endgültig drüben anzukommen.
So gesehen empfinde ich mich heute eher als sächlich, als Neotrum, denn als Frau mit weiblicher Libido, obwohl ich heute wieder sehr viel Wert auf mein Äußeres lege. Ja, ich sehe aus wie eine Frau, gar nicht mal so schlecht, wenn ich den männlichen Reaktionen trauen darf. Ich habe mein Leben im Griff, bin beruflich selbständig und schreibe schwarze Zahlen, stehe mit beiden Beinen in dieser Welt und bin auch keinen Anfeindungen oder blöden Blicken ausgesetzt, wenn ich auf die Straße gehe. Aber wenn man keinerlei Libido hat, ist es mAn egal, ob man Mann oder Frau ist. Ja, mittlerweile denke ich so. Denn dann verschwimmen die Geschlechtergrenzen, definieren sich eher über Äußerlichkeiten, wie Kleidung, Make-Up, Frisur, öffentliches Verhalten, als über den wesentlichsten Trieb im Menschen. Die Libido ist das Salz in der Suppe des Lebens, sie ist es auch, die uns mAn primär zum körperlichen Geschlechtswechsel treibt. Da bin ich mir heute sicher. Was denn sonst?
Ich weiß, viele werden sagen, das stimmt nicht, aber der Sexualtrieb ist nach dem Selbsterhaltungstrieb der stärkste Trieb im Menschen. Unabhängig vom Geschlecht! Er liegt nahezu über allem, was wir so tun, denken und treiben, er bestimmt über geschlechtsspezifische Kleidung, soziales Verhalten, sexuelles Begehren, sorgt für den Kinderwunsch bei Frauen, die sexuelle Agression des Mannes, und vieles mehr.
Wenn er wegfällt, fällt etwas weg, das alle Menschen gemeinsam haben, ja miteinander verbindet und letztlich unsere Spezies erhält. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Weg noch einmal ginge, könnte ich die Zeit zurückdrehen. Vermutlich aber schon, denn freiwillig macht niemand diesen Wahnsinn. Es ist immer eine Überlebensstragie, der Strohhalm, an den sich der Ertrinkende klammert, das Mittel der letzten Wahl, vor der völligen Verzweiflung. Ich habe mich lange dagegen gewehrt, weil ich wusste, es würde nie 100%ig funktionieren, wollte diesen steinigen, schmerzhaften Weg mit aller Kraft verhindern; im Alter von 38 war Schluss mit lustig. Es ging nicht mehr anders, dafür konnte es mir dann nicht schnell genug gehen. Glücklich bin ich deshalb nicht geworden, aber ruhiger, ausgeglichener, nicht so unstet und getrieben, wie vorher. Nach immerhin 15 Jahren im anderen Geschlecht kann ich das heute mit Gewissheit sagen.
Heilung, im eigentlichen Sinn, sehe ich in einer GA-OP bzw. dem Geschlechtswechsel insgesamt, keine, eher Linderung und auch das nicht in allen Fällen. Viele Betroffene tauschen nur ein Problem gegen ein anderes und hoffen, es wäre das kleinere.
Ich hätte mein Leben vermutlich auch als Mann weiterführen können, als unglücklicher, depressiver, einsamer Mann, keine Frage, aber ich denke, ich hätte es bis zur Bahre durchgehalten. Ich habe trotz allen leidvollen Sehnens und Träumens und das seit Kindesbeinen an, weder meinen männlichen Körper gehasst, noch jemals an Verstümmelung oder gar Selbstmord gedacht. Vielleicht hätte ich mich versoffen oder verjunkt, aber erschossen hätte ich mich sicher nicht. Dafür lebe ich zu gerne. Egal in welchem Geschlecht: Das Leben ist immer lebenswert!