Beitrag #10
28.03.2013, 20:44
(28.03.2013, 12:00)iris_evenstar schrieb: Ich wollte mal unsere "Rechtsexperten" (Mike-Tanja vielleicht?) fragen, ob ihr wisst, wie die Rechtslage bei uns in Österreich in folgender Situation ist:
Nehmen wir an, ich möchte als lesbische Transfrau (Personenstand auf weiblich geändert) mit meiner Partnerin (Cisfrau) ein Kind bekommen. Samenzellen habe ich mir vor Beginn meiner Hormontherapie einfrieren lassen. Ist dies in Österreich ohne Probleme möglich? Ich habe nämlich folgendes gelesen:
"Mit dem Inkrafttreten des Partnerschaftsgesetzes dürfen nur heterosexuelle Ehepaare künstliche Befruchtung in Anspruch nehmen. Single-Frauen und Eingetragene lesbische Paare sind davon ausdrücklich ausgenommen." (http://www.ggg.at/index.php?id=341)
Es würde mich sehr interessieren, ob Österreich schon reif für solche Konstellationen ist. Vielleicht kann ja jemand den Paragraphendschungel ein wenig durchleuchten...
Danke, Iris
Das meiste ist bereits gesagt worden. In Österreich darf derzeit kein Arzt für ein Paar aus einer Trans- und einer Cisfrau eine künstliche Befruchtung durchführen.
Das steht in § 2 Abs. 1 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992 idF BGBl. I Nr. 111/2010:
Zitat:Zulässigkeit
§ 2. (1) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig.
Ein Arzt, der dieses Verbot nicht beachtet, riskiert eine Verwaltungsstrafe in Höhe von bis zu € 36.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 14 Tagen).
Das Paar könnte eine künstliche Befruchtung im liberaleren Ausland vornehmen lassen. Das Problem beginnt bei einer Geburt außer Ehe im Inland dann mit der Anerkennung der Vaterschaft.
Das österreichische bürgerliche Recht (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch - ABGB) sieht nämlich nur die Anerkennung der Vaterschaft durch einen Mann vor:
Zitat:c) Abstammung vom Vater
§ 144. (1) Vater des Kindes ist der Mann,
- der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder
- der die Vaterschaft anerkannt hat oder
- dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.
Eine "Elternschaft" mit zwei Müttern (von denen eine der genetische "Vater" ist) ist nicht vorgesehen. Dafür sind die Jugendämter verpflichtet, eine Feststellung der Vaterschaft (zwecks Sicherung der Unterhaltsansprüche des Kindes) zu erwirken. Wie die das dann bei den Personenstandsbehörden, also bei den Standesämtern (müssen die Namen der Eltern beurkunden), Jugendämtern und Gerichten (bei den beiden letzteren kann ein Vaterschaftsanerkenntnis in gesetzlicher Weise zu Protokoll gegeben werden) handhaben würden, auch z.B. wenn eine Cisfrau ein Kind bekommt, die legal mit einer Transfrau, gleichzeitig genetischer "Vater" des Kindes, verheiratet ist (auch dieser Fall ist im Gesetz definitiv nicht vorgesehen)?
Ich weiß es nicht, es ist m.W. nicht einmal bekannt, ob und gegebenenfalls wie oft so etwas schon vorgekommen ist!
Meiner Meinung nach müsste man hier vom Personenstand absehen und auf die genetische Vaterschaft abstellen. Das würde zwar zum seltsam klingenden Ergebnis führen, dass die Vaterschaft von Frau A**** anerkannt und eingetragen würde, aber diese Lösung entspricht sicher dem Wunsch des Gesetzgebers, der eine wahrheitsgetreue Beurkundung von Familien- und Abstammungsverhältnissen und die Sicherung der Unterhaltsansprüche des Kindes im Auge hat, am Besten.
- Sag' Du mir, in welche Schublade ich passe! -