Beitrag #11
13.02.2014, 19:44
(13.02.2014, 09:53)Mike-Tanja schrieb:(13.02.2014, 01:16)Eva_Tg schrieb: Ich würde mal den Abschnitt über den Job genauer lesen. Das ist Amerika, [hier gekürzt]
Ja, und wer diese Artikel geschrieben hat, hat eine klare Zielsetzung: Abschreckung. Abschreckung der Menschen, die sich unrealistischen Vorstellungen vom Frausein, vom Transitionsprozess und den Chancen einer Transfrau hingeben. Das ist alles aus meiner Sicht bewusst schwarzmalerisch und drastisch geschrieben, aber nicht in böser Absicht, sondern um Menschen wie mich, die eher im transvestitischen Bereich der emotionalen TG-Skala daheim sind, von voreiligen und gefährlichen Schritten abzuhalten. So wie es umgekehrt auch Menschen gibt, die die Zielsetzung haben, möglichst viele Menschen in die Gruppe der Transsexuellen einzubeziehen.
Abschreckung ist so ein hartes Wort, aber wenn dich die Realität erschreckt und dir Angst macht, dann ist das eben so.
Ob es schwarzmalerisch ist, ich denke nein. Es ist eine blumige Sprache, mit vielen Bildern und übertriebenen Pathos. Aber wie willst du die Realität sonst beschreiben?
Ich meine frag mich, vor zwei Jahren, noch als Mann habe ich Bargeld-Tageseinahmen von 10.000 Euro und mehr verwaltet, ich war für Warenwerte in Höhe von 30.000 Euro verantwortlich und, als Frau, darf ich Mülleimer leeren und Klos putzen. Wie möchtest du das beschreiben?
Da kann man nur noch sagen Herzlich willkommen bei „Ich bin eine Frau“., oder ist es dir lieber, das ganze nett zu verpacken, damit es nicht so hart und schlimm klingt?
Ich habe niemals erwartet eine Donald Trump Ausnahme zu sein und mir war auch sehr schnell klar, daß ich nicht zu den 10% gehöre, die ihre Transition in ihrem alten Job machen können.
Mir war klar, daß ich ganz unten laden würde und das ich mich mit allem was hier angeblich schwarzmalerisch beschrieben wird, umschlagen muß. Gut, ich lebe in Deutschland, hier gibt es noch eine Soziale Absicherung, d.h. ich brauch nicht auf den Strich gehen, um meine Miete zu bezahlen und wir haben ein Gesundheitssystem, daß die Behandlung meiner Transsexualität auch dann ermöglicht, wenn ich nicht 50.000 Euro für die Massnahmen hinlege. Aber ansonsten kurve ich ziemlich am Existenzminimum rum, ich kann mir z.B. keine teuren Pumps für 90 Euro leisten. Genau wie die rund 85% der im Artikel erwähnten Transsexuellen versuche ich seit über einem Jahr erfolglos einen Job zu finden, der ausreicht um mich selbst zu versorgen.
Also erzähl mir nichts von Schwarzmalerei, sonst erzähl ich dir mal, wie viele Bewerbungen ich geschrieben habe und auf wie viele es absolut keine Reaktion gab. Meiner Meinung nach die schlimmste Form der Ablehnung und diese Ablehnung ist sowohl in den USA als auch bei uns sehr real.
Ich würde es begrüßen, wenn ich auf die Frage "Warum sollte jemand eine Transsexuelle einstellen, wenn sich gleichzeitig 20 Bio-Frauen dafür beworben haben?" eine vernünftige Antwort bekommen würde. Das ist doch der springende Punkt. Der Artikel führt das doch sehr schön aus, keiner will unnötige Risiken eingehen.
Alles was in diesem Artikel steht, habe ich schon mal irgendwie durchgekaut und mir ist aufgefallen, daß ich einige Dinge falsch eingeschätzt habe, aber niemand von uns ist allwissend.
Soll ich mich z.B. darauf verlassen, daß ich nach Beginn der HRT und nach der PÄ/VÄ bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe? Oder muß ich doch noch umlernen, um irgendwas in einem Bereich zu machen, wo es egal ist, ob man Trans oder CIS ist? Wer weiß das schon? Ich habe jedenfalls keine große Lust 1 oder 2 Jahre in eine Umschulung zu stecken, die mich effektiv nicht weiter bringt. Es ist im Grunde hart und unfair, ich muß Entscheidungen, die sich auf Lange Sicht auswirken und ich weiß nicht was dabei rauskommen wird.
Das ist eben so, wenn man so ist wie ich. Get over it! wie es im Orginaltext heißt.
Im Grunde, freu dich, daß du nur die angenehmen Seiten des Frau-seins kennst und diese Probleme nicht kennst. Aber bedenke auch, daß du dich dadurch nur schwer in andere hinein versetzen kannst und du solltest Dinge nicht unbedingt nach deinen Massstäben bemessen. Das was du Abschreckung und Schwarzmalerei nennst, ist für mich Alltag. Hab ich Angst vor der Zukunft? Ja, wie Hölle, ich will keinen ewigen Überlebenskampf führen und ewig nur niedere Arbeiten bekommen, nur weil ich TS bin, aber so sieht mein Leben zur Zeit aus, weil ich nunmal zu den 85% gehöre.
Ich will auch den Cadillac und die rauschenden Bälle, aber das ist Träumerei und ich wäre echt dumm, wirklich daran zu glauben. Ablehnung und Diskriminierung bei der Suche nach Arbeit ist da schon wesentlich realer.
Ich frage dich, was ist schlimmer, auf der Straße als "blöde Transe" oder "Schwuchtel" beschimpft zu werden oder immer wieder zu hören: "Ich bewundere ihren Mut und ihre Offenheit, aber ich stelle doch lieber jemand anderen ein."? Das erste kränkt dich und ist verletztend, das zweite bedeutet, daß du kein Einkommen erarbeiten kannst. Was von beiden Möglichkeiten ist die größere Diskriminierung?
Ich würde das ganze mal als Denkanstoßsehen und nicht als abschreckendes Horrorszenario, was man schnell wieder verdrängen sollte.
Vielleicht einfach mal die Betroffenen fragen, was sie dabei denken und fühlen. Aber obwohl es 85% sind, redet keine über das Thema. Da nimmt man sich lieber die 10% oder noch besser die 3% zum Vorbild und sonnt sich in dem Glanz. Oh, da hat es wieder eine geschafft, Super! Das es dafür ca. 8 nicht geschafft haben, darüber schweigt man lieber.
Zitat:Zunächst einmal ist das eine tolle Übersetzung und dafür gleich einmal mein Kompliment und ein Dankeschön für die Arbeit.Für Komplimente bin ich immer empfänglich, nach ca. 6 Stunden Arbeit ist Lob immer willkommen.
Ich schau mal, ob ich in nächster Zeit noch ein paar Abschnitte übersetze, der Artikel hat einen interessanten Stil, das macht die Arbeit interessant.
Ich würde aber nicht unbedingt jedes Wort davon unterschreiben, einige Sachen sind nunmal speziell für die USA. Gerade die Frage nach Ausbildung und Qualifikation ist bei uns noch völlig anders.
Zu viel Wahrheit wird nicht erkannt; Zu viel Tod am Wegesrand.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.