Beitrag #15
26.10.2015, 18:18
(25.10.2015, 13:40)Johanna Dornal schrieb: Hallo allerseits.
Wie kann ich verläßlich eine Eigendiagnose stellen, ob ich tatsächlich eher TS als TV bin? Das ganze Dilemma an sich ist ja die Tatsache, daßder Übergang fließend ist, vielleicht nicht mal auf den ersten Blick erkennbar. Es gibt ja leider keine Parameter für dieses Phänomen, sonst könnte man ja leichterdings zum Endo laufen und entsprechend behandelt werden. Aber wo kann ich für mich selbst die Trennlinie zwischen TV/TG und TS setzen. [... hier gekürzt ...]
Und in weiterem Posting:
(25.10.2015, 19:51)Johanna Dornal schrieb: Naja, solange ich mich noch nicht auf meine Intuition verlassen kann, die mir verläßlich sagt, wer und vor allem was ich bin, bleibt mir nichts anderes übrig, sozusagen den Tarnmodus zu leben.
[... hier gekürzt ...]
Wie du richtig darstellst, ist der Übergang fließend. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, hie weiblich, da männlich, hie TV, da TS - es gibt das ganze Universum von TG (und ich gehöre seit jeher jenen an, die TS nicht von TG abzuspalten suchen, sondern TS - bis zu jener in der klassischen Definition mit gaOP und Namens-/PStÄ - als eine Nuance von TG, meinetwegen auch als ein Ende der Bandbreite von TG zu betrachten).
Ich habe in den 90ern, in meiner aktiven Zeit, viele kennengelernt. Einige darunter kamen und definierten sich erst als TV und in weiterer Folge kamen sie drauf, doch TS - oder im weiteren Sinne TG - zu sein. Die sich heute als TS definieren, wenn auch ohne gaOP, aber mit Namens-/PStÄ, was ja heutzutage dank "Aufsässiger", die sich die Rechtspraxis nicht gefallen ließen und es ausjudizierten (in Ö wie in D), möglich ist.
Andererseits waren unter denen, die ich da so kennenlernen durfte, so manche darunter, die in der festen Überzeugung ankamen, TS zu sein und so schnell wie nur irgendgeht - am besten gestern - die gaOP zu bekommen. Und nach einiger Zeit, einigen intensiven Gesprächen und Beobachtungen, kamen sie zu dem Schluss doch "nur" TV, bestenfalls TG aus der gesamten Bandbreite zu sein.
Infolgedessen ohne dem Druck zu glauben TS zu sein und die OP bekommen zu müssen, wurde das Leben dann für sie wesentlich leichter; wurde es für sie leichter, als sie es hinbekamen, ihr TG-Sein in ihr Leben integrieren zu können.
Es gibt weder "echte" TS, keine "guten" TS, noch gibt es "echte" oder "unechte" TV; TVs, auf die arrogant hinunterzuschauen ist. Auch wenn das die Verfechterinnen der Dualität unter den "guten" TS so nicht (wahr)haben möchten und sie sich von den "unechten", von den "schlechten" TS abzugrenzen suchen und vielfach TG-Formen, die nicht in ihr duales Schachterldenken ganz genau hineinpassen, bis in den Bereich des Fetisch abzuschieben suchen.
Kurzum: Das Schachterldenken und -suchen hilft nur bedingt weiter. Integriere soweit es nur irgendgeht dein aktuelles Sein in dein Leben, dann musst du auch nicht im Tarnmodus bleiben, wenn dir in Wahrheit nach mehr ist.
(25.10.2015, 13:40)Johanna Dornal schrieb: [... hier gekürzt ...]
Allerdings kann ich für mich sagen, daß der Zeitraum zwischen Outing und heute eine Menge geändert hat. Während ich vor dem CO alles sporadisch und heimlich gemacht habe, kann ich zumindest an wenigen Tagen auch vor meiner Frau mich weiblich geben. Durch diese Veränderung in so kurzer Zeit habe ich mittlerweile das Gefühl, daß sich doch noch mehr tut, wie auch immer das aussehen mag.
Das ist doch schon was. Sehr gut sogar, wenn es auch deine Frau zulässt und sich dir wegen deinem Sein hier nicht eine unerwünschte bis hässliche Front auftut.
Lass es fließen, gib dir die Zeit, die du brauchst. Probiere aus was du brauchst. Teste aus was dir guttut.
(25.10.2015, 19:51)Johanna Dornal schrieb: [... hier gekürzt ...]
Mit anderen Worten befinde ich mich in einer Selbstfindungsphase, in der ich Informationen sammle, aber auch kritische Standpunkte von Transfrauen erhalte, die ebenso wichtig sind, um falsche Entscheidungen zu vermeiden. Dieser Prozess kann vielleicht Jahre dauern, und dann kommt immer der Zeitfaktor hinzu, denn in meinem Alter oder später dürfte alles noch viel komplizierter werden.
Du sprichst einen wesentlichen Punkt an: "um falsche Entscheidungen zu vermeiden."
Der Zeitfaktor spielt biologisch betrachtet ironischerweise mit zunehmenden Alter wieder weniger eine Rolle - gleichen sich doch die biologischen Geschlechter durch Verringerung der jeweils eigenen Sexualhormonproduktion mit dem Alter zunehmend an. ... Ok, ich weiß, ein schwacher Trost.
Wenn es dir in deiner Selbstfindungsphase zu langsam geht, könntest du dich auch professioneller Hilfe bedienen und dir eine einschlägige psychotherapeutische Begleitung zur Selbstfindung suchen - wobei das offensichtlich weniger in deinem Plan entsprechend ist, wie ich einem weiteren, früheren Posting von dir entnehme:
(21.10.2015, 00:27)Johanna Dornal schrieb: Vielen Dank erstmal für Eure Begrüßung.
Naja, bei mir stellt es sich so dar, daß ich das Gefühl habe, daß mein gesamtes Leben als Kind, also als männlicher Heranwachsender katapultartig an mir vorbeizieht. Die ganzen Stationen wieder präsent werden, wie in einem Film. Ich sehe die Zeit mit meinen Eltern, die beide mittlerweile verstorben sind, und viele Situationen, die ich erlebt habe. Und dann kommt die Realität im Jahre 2015 mit der im Eingangsthread geschilderten Lage. Ich bin nicht in Therapie, weil ich glaube, daß irgendwie gebacken zu bekommen. Aber, ich habe das Gefühl, ich rutsch da irgendwie weg. Ich kann es nicht anders oder genauer beschreiben. Es ist eine diffuse, nicht greifbare Angst, die mich umgibt. Schlimm.
LG
Johanna
Deinen bisherigen Beträgen herauslesend bekommst du es augenscheinlich doch nicht so ganz hin das (Zitat) "irgendwie gebacken zu bekommen". Das ist aber auch kein Schande. Therapeutische Begleitung (eine "klassische" Therapie in dem Sinn wird es ja vielleicht eh nicht brauchen) kann dir helfen das - was immer es im Endergebnis sein wird - greifbar zu machen und nicht mehr wegzurutschen.
In dem Sinne: Alles Gute!
Verbunden mit dem Wunsch, dass du mit deiner Frau im guten Auskommen bleibst - es gibt wenig Schlimmeres als in einen Rosenkrieg abzudriften. Überhaupt, und schon gar wegen TG-Sein.
Hoffe, ich als "Altgediente" konnte dir ein bisserl Anregung geben.