Diskriminierung in der Arbeit ohne Personenstandsänderung (PÄ)
RE: diskriminierung in der arbeit ohne Pä
Beitrag #83
(20.02.2016, 00:01)Mike-Tanja schrieb:
(19.02.2016, 11:46)Elisabeth I. schrieb: [...]
Erinnerlich hat schon mal ein Arbeitgeber ein derartiges Verfahren vor der Datenschutzkommission verloren [...]

Datenschutzkommission??? Eher die Gleichbehandlungskommission (für die Privatwirtschaft), wie ich annehme.

Ups! ...

Korrekt, du hast selbstverständlich recht. Das war wohl eine übernachtige Fehlleistung. Danke, MT, für die Richtigstellung.

(Wenn du als Mod. magst, wäre auch eine Korrektur in meinem Beitrag erwünscht, ich selbst kann es ja wegen der Editierungsbeschränkung nicht mehr. Sinnvoll wäre es allemal, da der Fehler zu Verwirrung führen kann.) [Erledigt; Bonita]

(20.02.2016, 00:01)Mike-Tanja schrieb:
(19.02.2016, 10:40)Elisabeth I. schrieb: [hier gekürzt]
Eine Kündigung, wie im Anlassfall dieses Threads erfolgt ist, hält mE auch vor keinem Arbeitsgericht. Dies ist eine verbotene Diskriminierungskündigung aufgrund des Geschlechts mit Beweislastumkehr (d.h., dass nicht die Arbeitnehmerin beweisen muss wegen ihrer TS gekündigt worden zu sein, sondern der AG beweisen muss, dass er aus anderen, sachlichen Gründen gekündigt hat). [hier auch gekürzt]

Das bezieht sich wohl auf § 12 Abs 7 und 12 GlBG. Dazu muss aber der/die Diskriminierte zunächst einmal beweismäßig glaubhaft machen (= herabgesetztes Beweismaß, Wahrscheinlichkeits-, nicht Wahrheitsbeweis), dass hinter der (nicht begründungsbedürftigen) Beendigung des Dienstverhältnisses während der Probezeit ein verpöntes Motiv steckt (und nur dieses Motiv, also in unserem Fall etwa die Diskriminierung einer Transfrau). Nur wenn das gelingt, dann muss der Dienstgeber sich anschließend freibeweisen. Freibeweisen, das heißt, dass er beweisen muss, dass keine Beendigung aus diskriminierenden Motiven vorliegt. Er muss keine sachlichen Gründe beweisen, weil man für die Beendigung eines Dienstverhältnisses auf Probe keine Gründe angeben muss.

Ich glaube, dass schon die Glaubhaftmachung der diskriminierden Motive hier nicht gelingen wird. Genausowenig wie meiner Meinung nach der Beweis gelingen wird, dass tatsächlich jemand gesagt hat, mrs.moustache werde (auf der Damentoilette) Sexualstraftaten begehen. Soweit ich das verstanden habe, hat der Dienstgeber von Anfang an über mrs.moustache und ihre Transidentität Bescheid gewusst. Wer wird da schon glauben, dass sie später aus diesem Grund gefeuert worden ist?

Meiner Meinung nach unterschätzt du die "Mächtigkeit" der Gleichbehandlungskommission und das Instrument der Beweislastumkehr.

Darüber hinaus liegst du mE in manchem deiner Argumentation im Irrtum:

* Von "beweismäßig glaubhaft" machen ist im GlBG keine Rede, von der diskriminierten ANin muss nichts bewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht werden. Dass dazu Beweise (sei es Unterlagen, Material oder auch Zeugenaussagen) hilfreich sind, steht außer Frage. Allerdings bedeutet das nicht, dass eine Glaubhaftmachung nicht auch ohne Beweise gelingt.

* Das Freibeweisen müssen aus der Diskriminierung ist wesentlich stärker als das grundlose Beendigen des DV in der Probezeit. Nicht "zufällig" ist der Fall der Probezeit explizit im § 12 Abs 7 verankert.

* Zum Konkreten bedarf es eben keines Beweises, dass jemand gesagt hat; es genügt hierzu allein, wenn Mrs.Moustache glaubhaft macht, dass die Kollegin sich mit dem Argument beschwert hat, dass die Vorgesetzte sich an MM mit dem auf die muslimische Frau ausgeschmückten Argument gewendet hat, dass es unter Zeuginnen von der Kollegin unter Vorschiebung einer fiktiven Person die potentielle Vergewaltigung seitens MM an der fiktiven Person gegeben hat und dass letztlich ja nicht ohne Angabe von Gründen, sondern mit dem Argument der einmaligen Verfehlung des Zuspätkommens die Kündigung erfolgt ist. Dass diese jedoch in Wahrheit infolge des "Häusltheaters" erfolgt ist, liegt mehr als auf der Hand und ist damit Grund genug die gesetzkonforme Glaubhaftmachung anzunehmen.

Vergleiche allgemein:

http://www.gleichbehandlungsanwaltschaft...fault.aspx schrieb:Beweise und Unterlagen sammeln

Wenn es zu einer Diskriminierung kommt, sind oft nicht nur die direkt an der Diskriminierung beteiligten Personen anwesend, sondern auch noch andere, die etwas gesehen oder gehört haben. Sprechen Sie diese Menschen an. Wenn Sie die Personen nicht ohnehin kennen, bitten Sie sie um Namen, Adresse und Telefonnummer. Sie können später wichtige ZeugInnen sein.
Machen Sie sich auch selbst Notizen. Schreiben Sie sich auf, wo und wann (Datum, Uhrzeit) die Diskriminierung geschehen ist, solange es noch frisch im Gedächtnis ist.
Wenn sich eine diskriminierende Situation über längere Zeit hinzieht, zum Beispiel bei fortgesetzter Belästigung am Arbeitsplatz, kann es sinnvoll sein, ein eigenes Tagebuch darüber zu führen.

Diskriminierung melden

Auch wenn Sie keine weiteren Schritte einleiten möchten, können Sie Diskriminierungen einfach bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft melden. Wir dokumentieren alle uns gemeldeten Fälle von Diskriminierungen. Dies trägt wesentlich dazu bei aufzuzeigen, in welchen Lebensbereichen Ungleichbehandlungen vorkommen, deren Häufigkeit, aber auch, wo noch Verbesserungen beim Schutz vor Diskriminierung notwendig sind.

Antrag an die Gleichbehandlungskommission

Die Gleichbehandlungskommission besteht aus drei Senaten mit jeweils 10 bis 12 Mitgliedern und einer/einem Vorsitzenden. Diese kommen aus Ministerien und Interessenvertretungen von ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen. Die Gleichbehandlungskommission prüft in einem nicht öffentlichen und kostenlosen Verfahren, ob in einem Fall eine Diskriminierung vorliegt oder nicht.
Sie können alleine oder mit Unterstützung der Gleichbehandlungsanwaltschaft oder anderer Einrichtungen ein Verfahren bei der Gleichbehandlungskommission einleiten. Die Gleichbehandlungskommission entscheidet durch ein rechtlich unverbindliches schriftliches Prüfungsergebnis. Sie kann keinen Schadenersatz zusprechen.

Und dass - trotz sonstiger Akzeptanz der trans-Arbeitnehmerin durch ihren AG - die Toilettenproblematik ja keineswegs ein absurd an den Haaren herbeigezogener arbeitsrechtlicher Problem- bzw. wie hier: Kündigungsgrund ist, sondern der mehr oder weniger übliche Normalzustand, ist über die Studie von Frketić/Baumgartinger nachgewiesen (siehe mein Posting von vorgestern, 19.2., 12:19 Uhr, #78, über dem deinen).

Einem für Mrs.Moustache Vorstoß über die Gleichbehandlungsanwaltschaft mit nachfolgendem Antrag an die Gleichbehandlungskommission gebe ich gute Erfolgschancen. Und wenn sonst, wider meines Erwartens, nichts dabei herauskommt, so ist zumindest der Fall bei der GlB-Anwaltschaft dokumentiert, wie von dieser entsprechend obigem Zitat vorgeschlagen.

Ausreichend dokumentiert - bereits _vor_ der Kündigung - ist der Fall ja bereits hierzuforum mit diesem Thread hier, was mE durchaus erfolgreich zu Beweiszwecken herangezogen werden kann.

Bleibt die Frage nach bisheriger fallbezogener wie analog heranziehbarer Rechtsprechung, die ich jedoch der Übersichtlichkeit halber und voraussichtlich in einem separatem Posting zu einem anderen Zeitpunkt darstellen werde.
Zitat



Nachrichten in diesem Thema
RE: diskriminierung in der arbeit ohne Pä - von Ann Lie - 10.02.2016, 12:08
RE: diskriminierung in der arbeit ohne Pä - von Foxy Lady - 14.02.2016, 09:36
RE: diskriminierung in der arbeit ohne Pä - von Ann Lie - 14.02.2016, 11:21
RE: diskriminierung in der arbeit ohne Pä - von Ann Lie - 15.02.2016, 00:13
RE: diskriminierung in der arbeit ohne Pä - von Ann Lie - 15.02.2016, 00:55
RE: diskriminierung in der arbeit ohne Pä - von Ann Lie - 15.02.2016, 17:29
RE: diskriminierung in der arbeit ohne Pä - von Foxy Lady - 19.02.2016, 11:14
RE: diskriminierung in der arbeit ohne Pä - von Elisabeth I. - 21.02.2016, 07:25

Gehe zu: