Beitrag #5
09.10.2017, 21:56
(09.10.2017, 10:53)Tammy1 schrieb: Ich habe es seit meiner Pubertät gewusst, aber Zweifel plagen einen in schlechten Zeiten immer mal wieder, das ist normal, besonders wenn man gerade mal wieder ein paar doofe Blicke oder Sprüche abbekommen hat.Das ist bei mir irgendwie auch mal wieder anders. Wenn ich dumme Sprüche abbekomme, bin ich entweder traurig, verletzt oder beleidigt bis sauer. Gezweifelt habe ich nie, ich kann mir das auch gar nicht vorstellen, irgendwann mal an mir oder meinem Weg zu Zweifeln.
Und doofe Blicke? Ehrlich gesagt, die meisten Menschen merken nicht, dass ich transident bin, also werde die doofen Blicke wohl andere Gründe haben. Oder anders gesagt, es ist mir einfach zu mühsam, jedesmal darüber nachzudenken, ob jemand nun vielleicht gemerkt hat, dass ich transident bin oder nicht. Auch diese Zweifel habe ich nicht, ich fühle mich nicht von anderen Menschen "abgecheckt". Guck mal, in meinem Beruf habe sehr viel Kundenkontakt und mit solchen Zweifeln würde mir die Arbeit sicherlich keinen Spaß mehr machen, aber das tut sie.
Vielleicht liegt es auch daran, dass ich sehr lange in Therapie war und hunderte von Therapiestunden gemacht habe, dabei sind dann alle Zweifel verschwunden. Vor der HRT hatte ich schon lange keine Zweifel mehr, aber Bedenken und Sorgen wegen der Nebenwirkungen und dem Verlauf der HRT. Das habe ich aber auch immer offen gesagt, immer wenn ich gefragt wurde, ob ich die HRT will. Ich habe immer geantwortet: Ja, natürlich will ich die HRT, aber ich mache mir schon Gedanken darüber wie mein Körper und meine Psyche darauf reagieren und wie ich mit den Nebenwirkungen klar komme.
Na gut, da habe ich mir völlig umsonst Sorgen gemacht, mein Körper und meine Psyche reagieren sehr gut darauf. OK, bis auf das starke Schwitzen, ganz besonders in der Nacht, dass ist nicht gerade schön, aber damit kann ich leben.
Ich weiß auch gar nicht mehr, wann ich zu letzt Zweifel hatte. Zu Beginn der Therapie vielleicht? Oder vielleicht auch nicht, immerhin habe ich da ein ziemlich eindeutiges Statement gesetzt, mit Rock und Top und Alltags-Make-up. Meine Therapeutin war auch entsprechend verwirrt und fragte mich wirklich, ob ich eine transidente Frau oder eine Cis-Frau bin, dafür hatte sie mich nämlich gehalten. Nach der zweiten oder dritten Therapiestunde sagte sie mir dann auch: "Also für mich liegt die Sache auf der Hand, Sie werden ihr Leben nur in den Griff kriegen und glücklich werden, wenn komplett als das leben, was sie sind: eine Frau!" Da habe ich erstmal geschluckt, weil das so knapp und hart vor den Kopf geknallt zu kriegen, daran hatte ich zu kauen. Aber trotzdem habe ich ihr völlig Recht gegeben und sagte, dann mache ich eben das volle Programm, mit kompletten Outing, der PÄ/NÄ, Therapie und HRT. Das war mir da schon klar, dass ich irgendwann die HRT machen will.
(09.10.2017, 10:53)Tammy1 schrieb: Eine echte Hilfe kann und wird dir dein/e Therapeut/in sein, dort bekommst du ja auch die Diagnose, ohne die das mit der HRT ohnehin nichts wird.Ja, das dauert ein wenig, nur weil man sagt man sei transident und will jetzt die HRT, passiert das nicht sofort. Man sollte sich gedulden können, wenn man diesen Weg geht. Also ich bin da wohl im Moment Rekordhalterin, bei mir hat es von der Diagnose bis HRT 4 Jahre gedauert. Dafür habe ich jetzt nach 3,5 Monaten HRT schon eine vernünftige Oberweite, das nennt man wohl ausgleichende Gerechtigkeit... Ich sollte nicht immer alles was ich denke, auch laut sagen...
Zu viel Wahrheit wird nicht erkannt; Zu viel Tod am Wegesrand.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
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