Beitrag #74
23.03.2018, 10:21
(08.11.2017, 01:13)Eva_Tg schrieb: ich habe mir mal ein kleines Gedankenexperiment überlegt und bin auf den Ausgang gespannt.
Ob Ärzte sich so egal ob TS oder IS Patienten gegenüber verhielten? Aber schön...
Zugleich muß ich mich in Sachen IS für befangen erklären. Ich bin da mal mit welchen aneinandergeraten, die ziemlich transphob waren. Die hatten ihr Geschlecht in einem ganz makaberen Sinne "verordnet" bekommen, hielten das aber wohl trotz aller vordergründiger Kritik doch für "normal". Und so glaubten die dann auch, mit anderen Leuten umspringen zu dürfen.
Aber viel schlimmer ist, daß ich mal was mit einem IS Jungen hatte. Der hatte zwar einen dieser einschlägigen genetischen Befunde, aber hätte er mir nichts gesagt, wäre ich niemals auf die Idee gekommen. Und wir kamen uns einige Monate lang doch sehr oft körperlich sehr nahe Das Problem war nur, spätestens nachdem er mich mit zweiten Typen betrogen hatte, hatte ich fertig.
Zitat:Was würdet ihr mit diesem Wissen anfangen?
Es hätte mir Angst gemacht. Definitiv.
TS zu sein war für mich schießlich völlig ok. Ich wollte gar nichts anderes sein. Das war für mich kein "Mangelzustand" oder "Behinderung", wie das manche für sich sahen. Wäre ich nicht TS, dann wäre ich nicht ich.
(Den Begriff "non-binary" gab es damals noch nicht, aber von meiner Art zu denken wie meinen Gefühlen her war ich schon fast da. Dazu kamen freilich sehr scheußliche Erfahrungen mit Ausgrenzungen, aufgrund derer ich gar nichts anderes erwartete als in egal welcher Zweigeschlechterordnung niemals einen Platz zu finden.)
Daß ich keine Biofrau war, war ja wohl an meinen primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen deutlich genug zu erkennen. Warum dann so ein Bohai über tertiäre und noch weiter nachgeordnetere Erscheinungen? Mein Aussehen mag ja auch pre-HRT schon ganz nett gewesen sein, aber mehr eben auch nicht.
Hätte es gravierendere IS Diagnosen gegeben, hätte ich befürchtet, daß es das nur schwieriger macht.
Aber schon klar, in der Zeit vor dem TSG hatten einige den Dreh 'raus, irgendwelche zweifelhaften endokrinologischen Tests zu machen, um mit dem Attest ein PStG Verfahren einzuleiten. Andere mußten sich mit einem geschlechtsneutralen Vornamen behelfen. (Wiederum andere hatten einen Namen, den Deutsche ohnehin nicht einzuorden wissen )
Das größte Problem ist aber, nur um das nicht zu unter den Tisch fallen zu lassen, nicht irgendeine körperliche Diagnose, sondern wenn irgendsoeine Nase auf die Idee kommt, man sei aus psychischen Gründen keine geeignete Kandidatin.
Zitat:Würdet ihr jedem erzählen, dass ihr biologisch weiblich seit und all die Probleme nur durch eine Laune der Natur entstanden sind?
Nein. Warum hätte ich mir vielleicht so ½-¾ Jahr post-coming out das Leben schon wieder schwer machen sollen?
Zitat:Wer würde euch glauben?
Schätzungsweise ohnhehin keiner.
Zitat:Würdet ihr euch freuen, dass ihr nicht transident seit, sondern einfach eine Frau seit?
Nein. Wiegesagt, TS zu sein war AOK für mich.
Zitat:Oder wärt ihr traurig, weil ihr und die Ärzte es zwar wissen, aber ihr könnt es niemanden wirklich beweisen?
Nein, warum hätte ich das tun sollen?
Ich hätte wirklich ganz andere Gründe gehabt, mich im Appartement einzuschließen, den Schlüssel wegzuwerfen, und die nächsten 3600 Jahre lang unablässig zu weinen.
Zitat:Würdet ihr euch fragen, warum so was in der Natur überhaupt vorkommt?
Nein. Ganz so naiv war ich nicht.
Zitat:Was würdet ihr dann von so Dingen wie dem Wunschgeschlecht, dem gefühlten Geschlecht oder dem sozialen Geschlecht halten?
Weiß nicht. Warum hätte mich Dein Szenario in dieser Hinsicht überhaupt beeinflußt haben sollen?
Zitat:Und eine Transition macht ihr dann eigentlich auch nicht mehr, weil ihr ja schon längst einen weiblichen Körper habt.
Irgendsoein "kryptisches" IS-Syndrom, das ich hätte haben können oder auch nicht, macht keinen weiblichen Körper. Auf HRT + SRS hätte ich niemals verzichten können. Und die sozialen Aspekte der Transition waren zu der Zeit auch längst gelaufen.
Zitat:Oder würdet ihr die ganze Geschichte einfach vergessen und nicht drüber nachdenken und als vermeintlich transidente Frau weiter durchs Leben gehen?
Ich bin TS, und das nicht nur vermeintlich.
Zitat:Wobei ihr jedes mal, wenn ihr mit transidenten Menschen sprecht, im Grunde wisst, dass ihr nicht dazu gehört.
Wenn ich nicht dazugehöre, dann aus anderen Gründen
Nebenbei zum Titel des Threads:
Zitat:Was würdet ihr machen, wenn ihr einen weiblichen Körper hättet?
Wenn ich das einmal eiskalt wörtlich nehme, dann könnte ich nur sagen, wäre ich eine Cis-Frau, dann wäre das halt so. Ich könnte nur hoffen, daß ich dann kein homo- und transphobes und strikt binaristisches ********* geworden wäre. Aber so wie ich mich kenne, hätte ich ohnehin meinen eigenen Kopf gehabt.