Beitrag #9
22.03.2019, 02:20
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 24.03.2019, 07:50 von Bonita.
Bearbeitungsgrund: Anmerkung
)
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Da ist sicherlich etwas dran. Bei Frauen ist mehr Variation möglich. [...]Mir ist bewusst, dass Frauen es in vielerlei Hinsichten nicht unbedingt einfach haben (ich habe schließlich selbst immerhin 20 Jahre als biologische Frau gelebt) aber in manchen Aspekten, wie ich jetzt erkenne, hatte ich damals doch mehr Freiheiten als jetzt. Insbesondere, was mein öffentliches Auftreten angeht. Eine Frau mit kurzem Haarschnitt und keinem Make-Up wird längst nicht so schräg angeschaut, wie ein Mann mit Vollbart, langem, geflochtenen Haar und Lippenstift. Aber das haben wir leider unserer verklemmten Gesellschaft und falschen Idealen, wie dem Schubladendenken zu verdanken. Menschen könnten so viel mehr sein, als das... freier leben, ohne sich verstecken zu müssen.
Das ist nicht einfach nur Verklemmtheit, sondern schamlose Repression... Und tragische Dummheit obendrein, weil sie nicht einsehen, daß es ihnen nichts nützt.
Ich würde mich jedenfalls freuen, öfter mal so schicke Leute zu Gesicht zu bekommen
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Vielleicht eine nicht-binäre Norm? Es gibt in diesem Bereich nun äußerst interessante Entwicklungen, die Leuten enorme persönliche Freiräume erschließen. Aber die sind keineswegs beliebig, sondern folgen auch wiederum bestimmten Normen.Das ist mir bereits durch den Kopf gegangen. Im Moment wird mir wohl auch nichts anderes übrig bleiben, wenn ich sowohl das eine, als auch das andere ausleben möchte. Auf Dauer aber fürchte ich, dass mich das nicht glücklich stimmen wird. Ich werde immer männliche, als auch weibliche Seiten haben, das ist mir nun klar, aber die weibliche Seite erscheint mir, trotz all der Zeit, von beiden am ausgeprägtesten.
Kann ich nur zu gut verstehen.
Muß ja auch nicht sein, daß man als NB vollkommen neutral zu sein hätte.
Trotzdem bekomme ich auch nicht mehr hin, als zu sagen, ich finde Binarismus nicht zu rechtfertigen. Wie ich hier so lebe, steht auf einem anderen Blatt. Da mir niemand auf die Füße tritt, kann ich das ganz locker laufen lassen, wie es nunmal so ist.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Dumme Gaffer würde ich schlichtweg nicht ernstnehmen. Und deren psychiatrische Kenntnisse schon gar nicht. [...]Das versuche ich. Ich will mir einreden, dass es mir egal ist, was andere denken, aber dann merke ich immer wieder, dass es eben doch nicht so ist. Ich lebe nicht für andere, sondern alleine für mich selbst, und doch kann ich die anderen nicht ausblenden. Vielleicht bilde ich mir auch vieles ein, aber dann gibt es auch wieder Momente, beim Einkaufen auch gerne, wenn mir ganz klar gezeigt wird, dass ich nicht der Norm entspreche und somit ein 'Freak' bin, blöde Sprüche fallen, die ich versuche, zu ignorieren, sie aber doch ziemlich weh tun. Ich war schon immer eher zart besaitet, nehme mir Dinge gerne zu Herzen. Das ist mein Fehler, mein Schwachpunkt.
Mich würde sowas auch treffen.
Bzw. hat es ja auch, aber nur während der ersten paar Jahre in D. Danach war ich für die meisten Leuten nur noch ein unsichtbarer Spuk, oder unerreichbar, oder sie hatten Angst.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Verblendet würde ich nicht sagen. Woher soll man das auch wissen können?Man kann es nicht wissen, solange man es nicht erfahren hat. Und ich glaube mittlerweile, dass ich JETZT erst, wo es nicht mehr gegeben ist, realisiere, wie wichtig mir meine Weiblichkeit eigentlich war und das ich sie gerne in vollem Ausmaß wieder zurückhätte. Wenn etwas nicht mehr da ist, beginnt man es zu vermissen, weil es doch Teil der Existenz ist, mehr als geglaubt. Wenn der Weg meiner Transition schon nicht das gebracht hat, was ich mir erhofft hatte, dann hat es mir zumindest gezeigt, wie sehr ich meine Weiblichkeit eigentlich liebe und zu schätzen weiß.
Bestimmte Erfahrungen muß man machen. Im Guten wie im Schlechten. Könnte man alles nur durch gedankliche Durchdringung erreichen, wäre ich bestimmt die letzte, die etwas dagegen hätte. [...]
Ja, manchmal sind Entwicklungen eben etwas komplexer.
Wie heißt es so schön: "Gott schreibt auch auf krummen Linien gerade." In irgendeiner Weise haben wohl sehr viele Menschen keine so eintönige Lebensgeschichte.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Ja klar, Du gerätst damit wieder in so ein Spannungsfeld.Das ist ein Zwischending. An manchen Tagen fühle ich mich stärker 'zurückgeworfen' als an anderen. Vor knapp zwei Jahren war es mehr ein schleichendes Gefühl, welches sich gut unterdrücken und mit Gedanken ala 'das ist nur Einbildung, mach dir nichts draus' vertreiben ließ. Mittlerweile aber ist das nicht mehr möglich, denn je mehr ich unterdrücke und ignoriere, desto trauriger werde ich, bis ich die Tränen bei der kleinsten Sache nicht mehr zurückhalten kann. Ich kann sagen, dass ich mich entwickelt habe, bis zu einem Punkt, mich nun aber irgendwie wieder zurückbewege, mehr und mehr. Als würde ich wegrennen wollen, weg von dem, was ich nun bin.
Fühlst Du Dich eigentlich irgendwie "zurückgeworfen"? Oder kannst Du dem den Aspekt einer progressiven Entwicklung abgewinnen?
Weglaufen würde ich das nicht nennen. Man ist eben nicht so einfach gestrickt wie leider oft getan wird. Solche Gefühle kann man nicht übergehen. Immerhin hast Du ja Grund, so traurig zu sein.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Gegen Hormonausfallerscheinungen gibt es anscheinend mehrer Therapiemöglichkeiten, aber damit kenne ich mich nicht aus. Wenn Du möchtest kann man natürlich eine Östrogen-/Gestagensubstitution vornehmen.Wäre das wirklich so einfach? Würde ein Endokrinologe das auf Wunsch tun? Vielleicht nicht sofort aber - wäre das denn ohne erneute Therapie möglich? Davor habe ich nämlich Angst. Ich war so froh, diese langwierige Therapie hinter mir zu haben und sie dann erneut zu beginnen... verängstigt mich sehr. Auch wenn ich mir die Frage stelle, warum man für sein biologisches Ursprungsgeschlecht eine Indikation benötigen sollte. Immerhin liegt das in den Genen, anders als bei der Transition mit gegengeschlechtlicher Hormonbehandlung. Aber ich bin kein Bürokrat... denn die finden normalerweise immer einen Weg, die Dinge unnötig komplizierter zu machen.
Ich würde es halt versuchen.
Leider habe ich dazu auf die Schnelle keine Erfahrungen im iNetz gefunden, geschweige Therapiempfehlungen.
Warum man sich mit einer aufgenötigten Psychotherapie quälen lassen soll, ist ohnehin nicht einzusehen. Eine "Therapie", die den Namen verdient, kann unter solcherlei Umständen doch gar nicht möglich sein.
Mein allgemeiner Eindruck war, daß "normalen" Menschen Detransitioner willkommener sind als sowas uneinsichtiges wie ich.
Allerdings habe ich jetzt auch gelesen, daß in der TS Szene, bei Feministinnen, bei Politisch Korrekten, selbst in der Wissenschaft ganz massive Denkverbote zum Thema "Detransition" verhängt werden. Bei sowas werde ich schon aus Prinzip rebellisch.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Man muß das eben nicht als Fehler auffassen, sondern kann es als einen Entwicklungsprozeß sehen, der anders nicht zu erreichen war.Ja, das stimmt. Denn ich glaube wirklich, dass ich es niemals herausgefunden hätte, wäre ich diesen Weg nicht gegangen. Nun ist es zwar traurig zu realisieren, dass ich sehr viel Leid, Schmerz und Zeit für diesen Weg aufgebracht habe, aber es schien auch nicht umsonst gewesen zu sein, denn nun weiß ich meine weibliche Seite wirklich zu schätzen und zu lieben, wie nie zuvor. Ich möchte mir nicht länger Vorwürfe machen aber irgendwo glaube ich auch, dass wenn ich vielleicht noch ein wenig gewartet hätte, damals, mit meinen 20 jungen Jährchen, dann hätte ich doch erkennen können, dass es nicht der richtige Weg ist. Andererseits aber wäre ich dann vielleicht auch nicht mehr am Leben gewesen, denn meine Depressionen waren wirklich stark ausgeprägt. Die Transition hat mir durch diese schwere Zeit der Selbstfindung geholfen, das kann ich aus vollster Überzeugung sagen. Sie wird auch immer ein Teil von mir sein, egal für was ich mich entscheide.
Daraus ist Dir kein "Vorwurf" zu machen. Das ist nur menschlich.
Das ist schon eine sehr bewundernswerte Einstellung.
Ja, also wenn ich an meine Zeit damals zurückdenke, dann ängstigen mich auch so einige Abgründe. Und für mich kann ich bis heute nicht einmal in der Rückschau erreichbare Alternativen erkennen. TS zu sein ist manchmal schon ein bißchen eine Herausforderung.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Physiologisch sind Hysterektomie/Ovarektomie und Mastektomie irreversibel, aber das ist auch das einzige. In der Frage, was Du aus Deinem Leben machst, steht Dir alles offen, was Du möchtest.Das ist für mich auch ehrlich gesagt kein Problem. Ich habe nicht vor, Kinder zu bekommen (habe schon sehr lange eine Lebensgefährtin) und meine Brüste waren Pre-OP nicht sonderlich groß sondern eher kleine 'Mäusestiche', weshalb ich damit ganz gut leben kann. Es hat zu meiner zierlich kleinen Person gepasst. Auch für meinen Bartwuchs würde ich Möglichkeiten finden, meine Stimme ist ebenfalls nicht sonderlich tief, trotz einsetzen des Stimmbruchs. Den Rest würden die Hormone übernehmen, schätze ich. Es ist nichts, das mich abschrecken würde, den Weg wieder zurückzugehen. Doch wie umsetzbar ist es? Wer könnte mir Steine in den Weg legen? Die Ärzte? Die Justiz? ...
Die Justiz wird einem Antrag auf Aufhebung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zustimmen.
(Leider weiß ich nicht, wie man einen solchen Antrag stellt. Ich wüßte es wirklich zu schätzen, wenn mir da mal jemand aushelfen könnte )
In der Ärzteschaft sollte längst angekommen sein, daß es Detransitioner gibt. Wenn man da nicht gerade an einen dieser politisch-korrekten Bedenkenträger gerät. Oder vielleicht auch eine TS, die an der weit verbreiteten Krankheit leidet, ihre Situation auf andere verallgemeinern zu müssen.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Familie kann schwierig und einschüchternd sein. Da würde ich abwarten und Tee trinkenJa, das stimmt. Zwar hätte es schlimmer sein können aber ich glaube, seit meiner Transition ist das Verhältnis zu meinem Vater richtig kühl geworden. Er zeigte nie wirkliches Interesse und hat mich auch sonst nie unterstützt. Er hat mich zwar im Krankenhaus besucht, am Tag meiner Op, aber das wars auch schon. Er schien damit nie klarzukommen, seine Tochter an einen Sohn zu verlieren, obgleich ich immernoch dieselbe Person war, nur eben anders. Wie er auf eine erneute Verwandlung reagieren würde, ist mir wirklich schleierhaft. Er könnte eben mit jenen Sprüchen kommen wie 'Ich hab's dir ja gesagt' oder 'Das fand eben alles in deinem Kopf statt. Vielleicht bist du einfach nur krank' oder aber er wäre froh, seine Tochter wiederzuhaben, wovon ich aber eher weniger ausgehe. Er würde mich vielleicht wirklich als krank bezeichnen und das Verhältnis würde komplett zerbrechen.
Ich sehe schon... Wahrscheinlich solltest Du Dich damit im Moment nicht auch noch zusätzlich belasten.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: So wie ich das verstanden habe, läuft das zumindest juristisch einfacher ab. Es gibt da eine Aufhebung auf Antrag (TSG §6). Also kein erneutes Verfahren.Tatsächlich? Das hätte ich erhlich gesagt nicht erwartet. Denn der juristische Weg wäre ebenfalls einer gewesen, der mich ziemlich abgeschreckt hätte, weil die Behörden einem ja gerne einen Strick aus allen möglichen Dingen drehen. Würde eine solche Aufhebung auch wieder kostenpflichtig sein? Und wenn ja, geht das ebenfalls wieder mit einem Antrag der Kostenübernahme?
Wen Du immer noch Anspruch auf Prozeßkostenhilfe hast, sollte das tatsächlich kein Problem werden.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Du mußt jetzt keine überstürzte Entscheidung treffen. Aber wenn Du Dich immer weiter in Richtung Detransition entwickelst, dann ist das völlig ok.Nein, das werde ich nicht. Ich werde mir die Zeit geben, die ich benötige, um mit meinem Gefühlschaos ins reine zu kommen. Mir scheint es jedoch ganz gut zu tun, mich mit den Möglichkeiten auseinanderzusetzen, die ich bei einer Detransition hätte. Es gibt mir Hoffnung auf ein Hintertürchen, sollte mich das Gefühl übermannen und ich mir doch absolut sicher sein, wieder zurück zum Ursprung zu wollen.
Gut.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Ich bin noch gar nicht so überzeugt, daß das notwendigerweise schwieriger werden muß (s.o.).Vielleicht kommen mir die Dinge im Moment auch viel komplizierter vor, als sie eigentlich sind. Das ich noch zu wenig darüber bescheid weiß und mich erst einmal auch bei meinen Ärzten erkundigen muss, was möglich ist und was nicht. Ich fühle mich schon um einiges befreiter, jetzt wo ich mich intensiv damit beschäftige und mir endlich offen eingestehe, dass es nicht nur eine Kleinigkeit ist, die wieder vorbei geht, sondern etwas in mir bewirkt und ich mich darum kümmern muss, wenn ich glücklich sein möchte.
Wenn Du etwas möchtest, und das ist sehr wohl bei realistischer Betrachtung erreichbar, dann denke ich schon, daß es der Mühe wert wäre.
Wäre Dir jedenfalls zu wünschen, daß Du besser mit Dir im reinen und glücklicher sein könntest
Ja, wahrscheinlich gehört das zu den Dingen, die aus der Entfernung groß aussehen, und je mehr man sich ihnen nähert, desto machbarer werden sie
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: Da kann ich Dir beruhigt widersprechen Ich denke sehr wohl, daß das möglich ist. Ich sehe nicht, warum für Dich auch nur irgendetwas zu spät sein sollte. (Und warum Dich wer verhöhen sollte, ist mir auch nicht einsichtig.)Das bestärkt mich wirklich sehr, dankeschön. Ich lese nur eben sehr oft, dass HRT ab einem gewissen Alter nicht mehr so gut anschlägt und vielleicht ist das auch bei mir der Fall, sollte ich die Detransition wählen, ergo es könnte zu spät für eine Umentscheidung sein. Vielleicht sagt auch meine Endo, dass ich zu lange gewartet habe und ich mehr Schäden in meinem Körper anrichte, als das ich mir in irgend einer Weise helfe. Zwar geht es um mein biologisches Dasein aber es sind immernoch synthetisch zugeführte Hormone. Aber ich werde mich von dem Gedanken nicht länger abschrecken lassen. Ich will es nicht.
Die Aussage über das Alter bei ♂ → ♀ TS betrifft doch deutlich ältere Semester, und selbst da läßt sich das nicht so verallgemeinern.
(19.03.2019, 20:34)Mercyful schrieb:(17.03.2019, 23:36)Sunburst schrieb: GerneDas ist okay. Ich habe nun ebenfalls sehr lange gebraucht, zu antworten. Gut Ding will Weile haben. Ich freue mich immer über antworten, ganz gleich wie lange ich auf sie warte. Du hast mir auf jeden fall sehr geholfen, die Dinge ein wenig klarer zu sehen und mich von meinen Zweifeln nicht unterdrücken zu lassen. Dafür bin ich sehr dankbar.
(Muß mich übrigens entschuldigen, daß ich für diese Antwort so lange gebraucht habe.)
Nichts zu danken.
Ich muß nur manchmal ein kleines bißchen nachdenken...
ANMERKUNG: 19 Beiträge abgeteilt nach http://community.transgender.at/showthre...5#pid86505