Wie "pervers" sind Trans*Menschen?
RE: Wie "pervers" sind Trans*Menschen?
Beitrag #23
(25.09.2017, 15:58)j-unique schrieb: Hihi… Ich glaub das nennt man Schmierenkomödie. Und ich mittendrin Rolleyes

@Katzenmutti: Ich habe in der Tat nur versucht, den (von mir wahrgenommenen) Standpunkt eines Durchschnittsmenschen zum Thema darzulegen. Falls ich dich durch unzureichende Kennzeichnung als Fremdmeinung beleidigt habe, tut mir das leid. Keine Angst, du brauchst mich jetzt trotzdem nicht zu mögen – basiert auf Gegenseitigkeit Wink

@Bonita: Danke, lieb von dir. Allerdings verletzt es mich seit einiger Zeit nicht (mehr), wenn mich hier oder sonstwo Leute absichtlich falsch gendern. Es sagt mehr über Chiara als über mich aus, wenn sie Misgendering als Mittel benützt, um Ablehnung auszudrücken, und gleichzeitig behauptet, sowas würde niemand tun. ?

Zur Untermauerung meines vorigen Beitrags zum Thema »pervers«:

http://www.duden.de/rechtschreibung/pervers schrieb:1. (besonders in sexueller Beziehung) als widernatürlich empfunden
2. (umgangssprachlich, oft emotional übertreibend) die Grenze des Erlaubten überschreitend, unerhört, schlimm; absurd, höchst merkwürdig

Auch in anderen Beschreibungen ist immer wieder "widernatürlich" zu finden, worin meiner Meinung nach die Kernbedeutung liegt. So, und was kann in den Augen derer, die Trans* als Perversion bezeichnen, am Trans-Sein "widernatürlich" sein? Das findet man am besten heraus, indem man nach dem Gegenteil "Natürlichkeit" fragt. Dann wird man hören, dass es "natürlich" sei, dass Mann und Frau ("natürlich" in einer von der gerade herrschenden Kultur vorgeschriebenen Art der Beziehung, also bei uns monogam und vorzugsweise ehelich) Sex haben, um Nachwuchs zu zeugen. Alles, was davon abweicht, ist "widernatürlich". Wenn man dazu nimmt, dass ein Kind, das mit Penis/Hoden zur Welt kommt und mit männlichem Personenstand als Bub erzogen wird, einfach als Mann gilt (ungeachtet dessen, was es selbst empfindet) und somit "männlich ist" (Anführungszeichen für Lydia!), bleiben auf "Mannes"-Seite folgende Möglichkeiten zur Widernatürlichkeit:
  • der "Mann" ist zwar "ganz normal hetero", pflanzt sich aber nicht fort (auch verpönt, aber nicht ganz so schlimm; siehe Umfragen zum Ansehen von Kinderlosen, oder wie andere Kulturen damit umgehen)
  • der "Mann" ist schwul und pflanzt sich deshalb nicht fort ("Perversion Homosexualität")
  • (plus ein paar entschuldbare Ausnahmen wie nicht selbst herbeigeführte Zeugungsunfähigkeit oder sogar Zölibat, die aber nur die Regel bestätigen)

Somit müssen diesen Menschen unbekannte Erscheinungen wie Trans-Sein in eine dieser Kategorien eingeordnet werden. Da Trans-Sein (insbesondere wenn es mit körperlicher Veränderung einhergeht) wohl eher nicht als "ganz normal hetero" gilt, bleibt nur "trans = schwul" übrig. (Bei Leuten, die sehr offen kommunizieren, dann als "Gib da die Schwuchtel, is das ne Transe" oder Ähnliches hörbar.)

(Dass ich mich nur über die "Mannes"-Seite ausgelassen habe, liegt übrigens nicht daran, dass ich nicht wüsste, dass es Transmänner gibt, sondern daran, dass diese auch in der öffentlichen Wahrnehmung des Themas "trans" eine geringere Rolle spielen, genauso wie "Homosexualität" meistens mit "schwul" gleichgesetzt wird. Warum wohl?)

Das Ganze ist für mich in dieser Logik durchaus nachvollziehbar. Wenn man Fortpflanzung als oberste Prämisse, der jedes Individuum ausnahmslos zu folgen hat, heranzieht, ist sowohl "Homosexualität" als auch "Transsexualität" "pervers".

Meiner persönlichen Meinung nach ist aber schon die Frage nicht zu stellen. Es geht Menschen einfach nichts an, wie "widernatürlich" das Verhalten Anderer ist und haben ihre Vorstellung von "Natürlichkeit" auch nicht als Norm durchzusetzen. Um das Zusammenleben zu regeln, gibt es bessere Maßstäbe als "Natürlichkeit". Somit stellt sich die Frage erst gar nicht, was "natürlich" und "widernatürlich" ist.

Vielleicht seh ich das Ganze auch etwas zu dunkel, weil ich eben indirekt viel mit religiösen Fundis zu tun habe und mir meine Zeugungsunfähigkeit zB von familiärer Seite zum Vorwurf gemacht wurde. Auch in quasi jeder Diskussion, die ich hatte und in der es um homo/trans/etc ging, wurde das Kinder-Argument als Vorwurf benutzt (ungeachtet dessen, dass es LGBTI-Menschen mit Kindern gibt, aber ja, erzählt's nicht mir). Wie es mir damit geht, keine Kinder haben zu können, hat niemand gefragt. (Habe eh kein starkes Bedürfnis danach, aber dass ich die Option nicht habe, macht mich manchmal schon ziemlich traurig. Aber egal, nochmal tief rein in die Wunde und kräftig umrühren, so ist die Welt Smile)

Also Zeugungsfähigkeit oder Unfähigkeit ist sicher kein Maßstab für Natürlichkeit oder Unnatürlichkeit.
Wer so argumentiert reduziert menschliche Sexualität und Beziehungen letztlich auf bloße Fortplanzung. Und nein, das tut keine Religion, leider sind die meisten Anhänger einer Religion zu faul oder zu unfähig sich im Kontext ihrer Religion mit diesen Themen auseinanderzusetzen.
Aber auf eine religöse Debate habe ich im Moment eh keinen Bock. Ob man es nun religös sieht oder rein wissenschaftlich, die menschliche Sexualität ist einfach zu komplex, um rein biologische Maßstäbe anzusetzen. Da sind Begriffe wie Natürlich und Unnatürlich nicht mehr anwendbar.

Und was die Zeugungsunfähigkeit angeht, habe ich erlebt, dass genau das als Beweis angeführt wurde, dass ich kein Mann bin, sondern eine Frau. Ich habe mehr als einem gläubigen Menschen erzählt, dass meine Ehefrau und ich gerne Kinder hätten, aber das geht nicht, weil ich von Natur aus zeugungsunfähig bin. Die Antwort war meistens: "Siehst du, Gott hat dich eben als Frau erschaffen, sonst würde es bei dir so gehen wie bei einem Mann." Warum er mich dann anders als die meisten Frauen erschaffen hat, die Frage habe ich mir verkniffen.
Das ist alles sehr subjektiv, wie man es auslegen möchte.

Ich glaube, viele Menschen versuchen einfach nur einen Sinn oder einen Zweck hinter irgendetwas zu erkennen und wenn sie es nicht schaffen lehnen sie es einfach ab.
Welchen Sinn hat es, dass ich mit einem weiblichen Körper geboren wurde, aber mit männlichen Geschlechtsteilen?
Welchen Sinn hat es, dass ich Hoden habe, die niemals Samenzellen produziert haben? Und mein Körper und mein Gehirn haben niemals richtig auf die Hormone aus den Hoden reagiert.
Also kann auch fragen, ist die Natur unnatürlich? Oder ist das ein göttlicher Scherz, so einen Menschen zu erschaffen? Oder gibt es weder natürliche Gesetzmäßigkeiten, noch einen göttlichen Plan und alles ist reiner Zufall?
Keine Ahnung, ich habe es auch aufgegeben nach irgendeinem Sinn und Zweck zu suchen. Ich lasse den unlösbaren Widerspruch, dass ich eine Frau bin, die dummerweise mit männlichen Genitalien geboren, im Raum stehen. Sollen sich doch andere den Kopf darüber zerbrechen.
Mit ihren Vorurteilen kommen die Menschen bei mir eigentlich gar nicht weiter, weil sie nicht auf mich anwendbar sind.

Auf mich reagieren die Menschen eher mit Verwirrung und Verwunderung und nicht mit Ablehnung.
Zu viel Wahrheit wird nicht erkannt; Zu viel Tod am Wegesrand.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
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