Als Frau eines Crossdressers….

[Mike-Tanja]

(16.12.2015, 20:22)Miri schrieb: Doch, mich würds sehr interessieren!
Lg Miri

Ein Transvestit - und ich wähle hier bewusst die männliche Form - kann, so wie ich es sehe, seine Motivation aus zwei Quellen schöpfen:

1. Aus dem erotischen "Kick", der mit weiblichen Attributen assoziiert wird, einer Form des Fetischismus (medizinische Klassifizierung nach ICD-10: F-65.1), oder
   
2. aus einer starken femininen Persönlichkeitskomponente, das wäre dann aus meiner Sicht ein Fall von klassischem Transvestitismus oder mildem bzw. "unvollendetem" Transsexualismus (medizinische Klassifizierung: F-64.1).

Doch sind das nur zugespitzte, idealtypische Fälle. In der Praxis kommen 1. und 2. meiner Erfahrung nach immer in Schattierungen vor. Ebenso wie meiner Meinung nach zwischen Transvestitismus und Transsexualismus/Gender-Dysphorie (F-64.0) nur ein gradueller Unterschied besteht. Diese ganzen Einteilungen sind überdies teilweise umstritten und dienen eben nur einer schematischen Einteilung, deren Bedeutung man versteht.

Nach dem, was die Userin Miri geschrieben hat, würde ich ihren Mann eher unter F-65.1 buchen (u.a. wegen der Kombination mit Sex und erotischen Aktivitäten, geringem Wunsch nach einem Coming-out, Lust am versteckten Tragen von Frauenunterwäsche).

Es gibt aber keine "gute" und keine "schlechte" Form von Transvestitismus. Die gute Nachricht für Miri ist, dass sie sich bei F-65.1 kaum Gedanken darüber machen muss, ob ihr Partner seine männliche Gender-Identität aufgeben oder verlieren könnte. Das ist sonst das Hauptproblem für Tivis in Beziehungen bzw. für Beziehungen mit Transvestiten. Und ich spreche da aus Erfahrung. Tivis vermitteln, zusätzlich zu allen anderen Problemen ("Was werden unsere Freunde, Nachbarn sagen?"), den Eindruck einer ungefestigten Identität ("Wer wird er in fünf Jahren sein?"). Partner/innen müssen sich vor Augen halten, dass Transvestiten regelmäßig/sehr oft lieber eine Frau wären, die Männerrolle aber nicht als so unerträglich empfinden, dass Personenstandsänderung, HRT und gaOP für sie erstrebenswerte Alternativen bilden.