Transfrau+Cisfrau - Chancen, Risiken, Erfahrungen
RE: Transfrau+Cisfrau - Chancen, Risiken, Erfahrungen
Beitrag #37
Meine Frau und ich sind seit 16 Jahren zusammen, sie hat mich als Mann kennengelernt und auch als Mann geheiratet. Ein paar Monate später habe ich mich (ge)outen(t) (müssen). Weil ich einfach nicht mehr mit meinem Leben weiterwusste. Sie weiß seit ungefähr einem Jahr, dass ich mich als Frau fühle und nicht als Mann. Für sie ist das eine radikaler Schnitt, für mich einfach eine Befreiung mit Wehwechen. Schließlich war es nicht einfach gewesen, das zu tun.

Ich will nicht von ihr weg, und sie auch nicht von mir. Aber einerseits wünscht sie sich den Mann im Bett, den Mann, der sie durch das Leben begleitet. Ich bin natürlich sehr verunsichert, weil ich ihr den Mann nicht mehr geben kann, aber selbst nicht weiß, ob ich eine Frau oder einen Mann an meiner Seite haben will. Sie traut sich wieder, mich in der Öffentlichkeit zu küssen.  Kiss Was sehr schön ist. 

Gedanken über die Sexualität mache ich mir jetzt nicht von meiner Seite aus, weil ich aus dieser Sicht sehr offen bin. Ich mache mir Gedanken darüber, wie meine Frau das machen wird, ob sie sich auf die gemeinsame weibliche Liebe einlässt. Die körperliche Liebe ist für uns beide sehr wichtig, weder will sie darauf verzichten noch ich. Jetzt ist es halt schwer, weil ich die Männlichkeit unterdrücken möchte. Daher kommt sie auch selten vor. Ich will als Frau lieben und als solche auch geliebt werden. Da ist es wie bei dir, dass halt Geschlechtsteil und Kopf nicht miteinander wollen, können. 

Wenn die HET zu wirken beginnt, die ersten Anzeichen in den Startlöcher stehen, wie wird sie reagieren? Wenn der Penis nicht mehr steif wird, wenn die Brüste zu wachsen beginnen usw. 
Bei mir kommt die Lust eher am Morgen. Meine Frau ist da sehr unterschiedlich. Sie hat das ganz verschiedene Lustzeiten, und sie liebt den Geschlechtsverkehr. 

Gemeinsam wollen wir das Sexleben als Frau-Frau austesten. Wir wollen es versuchen, entdecken und weiter ausbauen. Vielleicht gefällt es uns ja. Vielleicht sehen wir aber ein, dass das nicht stimmig ist und etwas fehlt. Das kann ich jetzt nicht sagen, wir müssen es probieren. Und das werden wir auch.

Ich freue mich immer wieder, wenn man mich Meandra nennt. Das fühlt sich einfach so gut an. Auch meine jüngste Tochter hat mal  den Namen ausgesprochen. (Für die Kinder bin ich immer der Papa, und meine Frau darf mich weiterhin auch mit dem männlichen Namen ansprechen). Doch bei meinem persönlichen Umfeld ist da sehr viel Sturheit im Spiel. Obwohl sie mir versprochen haben, e bald zu versuchen (vor ca. 10 Monaten), ist irgendwie wieder eine für sie gewisse Normalität angebrochen. Mein männlicher Name wird da wieder herausposaunt, als wäre da nie etwas gewesen. Nächstes Jahr werde ich die PÄ beantragen und dann bestehe ich ohnehin darauf. Da gibt es auch keinen Aufschub mehr. 

Sie jetzt darauf anzusprechen ist mir irgendwie etwas unangenehm. Da bin ich der volle Hosenpfuffi. Da habe ich die Befürchtung, dass sie das noch mehr mit Nachdruck machen, mich quasi mit dem männlichen Namen noch mehr verunglimpfen, oder weil sie sich plötzlich verpflichtet fühlen und es aus schlechtem Gewissen machen, mich mit Meandra anzusprechen. Ich will es aber, dass sie es aus Überzeugung machen, nicht, weil die Dramaqueen es unbedingt verlangt. 

Es ist sehr interessant zu beobachten, dass mich die männlichen Arbeitskollegen als Meandra rufen und mich auch als Frau bezeichnen. Die weiblichen Arbeitskollegen sehen mich als den Mann. Bis heute hat keine Frau mich als Frau bezeichnet. 

Wie soll ich sagen: ich bin mit meiner Transition sehr alleine. ich könnte jeden Tag heulen und jeden volljammern, warum es verdammt so schwer ist, mich als vollwertiges Mitglied des Östrogenenclubs zu sehen. Mir geht auch niemand zur Hand. Ich muss stark sein, um zu bestehen. Immer lächeln. Denn sobald ich Schwäche zeige und man mich so sieht, heißt es nur: "ach, mach dir nichts draus. Hast dir ja selber eingebrockt. Bist selbst schuld. Aber gehe einfach wieder als Mann und dann ist wieder alles gut." Kein Hirngespinst. Solche Worte sind schon mal gefallen. 

Ich pausiere deshalb im Theater, weil es beruflich nicht anders geht und ich auch nicht weiß, wie die HET meinen Körper schwächen wird. Aber ich werde nicht auf der Bühne, sondern hinter der Bühne stehen und bei den Aufführungen soufflieren. Also weg vom Theater bin ich nicht. 

Ich bin da ganz hoffnungsvoll, dass diese Widerstände bald enden. Vielleicht, wenn ich die Transition abgeschlossen habe, wird es besser werden. Ich weiß es nicht. Aber ich gebe nicht auf. 

Ehrlich gesagt, bin ich noch sehr unentschlossen, was Männer und Frauen betrifft, welche Beziehung ich eher mag oder ablehne. Das kann man nur herausfinden, wenn man es probiert. Aber hier eröffnen sich wieder neue Probleme. Sollte man es in der Beziehung probieren oder nach der. Wie stellt man das an, wenn man als Frau mit einem Mann Sex hat? Das ist ja das komplett umgekehrte. Sicher sind die Bilder im Kopf anders als die Realität jemals sein wird. Ich habe noch nie mit einem Mann geschlafen und habe das auch vor der OP nicht vor. Was danach geschieht, weiß ich nicht. Aber ich habe mal gehört, dass gerade die getane OP die Neugier auf das andere Geschlecht steigert. Und das ist: Neugier. Bei mir ist es aktuell auch nur die pure Neugier. Keine Ahnung, was die weiblichen Hormone dann anstellen. 

Die liebe Verwandtschaft. Die von meiner Frau haben mich von anfang an abgelehnt. Weil ich nicht reich bin, sondern ganz normal. zB meine Schwägerin hat einen Mann, der sie vor anderen niedermacht, betrunken nach Hause kommt, sie und den Sohn vollbrüllt....aber wird er abgelehnt:  nein. Weil er Geld hat. Und mit meiner Transition wird die Ablehnung um nur einen Punkt erweitert. Also eigentlich hat sich die Beziehung zu mir nicht verändert. Daher juckt es mich auch weniger. Was mich juckt, ist, dass sie meiner Frau nur übles erzählen, mich soweit auf Abstand halten, als hätte ich  eine ansteckende Krankheit. Mein Neffe ist  für mich die größte positive Überraschung. Meine Schwägerin hat gesagt, wenn er mich in Frauenkleidung sieht, wird er mich auslachen und wird nie mehr bei uns nächtigen wollen. Tja....er hat mich weder ausgelacht, ganz im Gegenteil, der Umgang mit mir hat sich nicht geändert. Und übernachten bei uns tut er immer noch. Mein großer Halteturm ist die Tante von meiner Frau. Weil sie selbst, mit mir jetzt, 3 Leute kennt, die in der Transition stecken. Einen hat sie sogar in ihrer Arbeit. Vorallem wegen ihr ist der Sturm nicht sehr groß. Weil sie eigentlich der große Polterer ist. Daher ist nur Ruhe, aber die Ruhe ist ärger als das Gesagte. Meine Schwiegermutter reibt sich die Hände, weil sie wartet, bis sich meine Frau von mir trennt (sie ist mein größter Ablehner von Beginn an)

Meine Verwandtschaft hält mich ohnehin auf Abstand. Meine Großmutter  träumt immer davon, dass ich endlich wieder in Männerkleidung herumlaufe und normal werde. Mein Bruder weicht mir generell aus, meine Schwester bezeichnet mich als ihre Schwester, hat mich aber seit meinem Outing nicht mehr gesehen. Hängt das mit ihrem Mann zusammen (er ist Mormone)? Keine Ahnung. Und meinen Vater kenne ich nicht. Daher ist zumindest dieser Teil geglättet. Und meine Mutter macht immer so ein sehr freundliches Gesicht, wenn sie mich sieht. Da könnte ich umkehren. 

Ich weiß: Transition. Ich stecke da voll drinnen und bin mit meiner persönlichen Entwicklung sehr zufrieden. Ich bemühe mich. Und das merke ich auch draußen bei den Leuten, die mich nicht kennen. 

Oh nein, ich habe mich nicht aus der Beziehung verabschiedet. Ich bin mitten drin. Aber ich will es mir nicht unnötig schwer machen. Und ehrlich gesagt hat sie mit meiner Transition große Probleme. Wir haben schon mal darüber geredet, was wäre wenn....wir würden uns nur als Liebespaar trennen, aber niemals als Familie. Nur halt ist sie auf zwei Wohnungen aufgeteilt. Aber der aktuelle Stand ist: wir wollen es probieren, weiterhin als Paar zusammenzuleben.

Ich weiß nicht, wer mich mal rettet. Ist es meine Frau, die mich rettet? Ich selbst? Oder auch ein Prinz? 

Im Jänner beginnt die HET. Der Termin ist fixiert, die Freigabe habe ich. Es ist ein ganz neuer Weg für uns alle. Ich wünsche mir, dass wir zusammen das bestehen und freue mich, wenn es auch so bleibt.
Wir Transfrauen sind etwas Besonderes, mit einem speziellen Gen Heart
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Nachrichten in diesem Thema
RE: Transfrau+Cisfrau - Chancen, Risiken, Erfahrungen - von Meandra - 08.12.2016, 14:00
RE: Mein Freund hat sich geoutet...und nun? - von Cappuccetto - 25.05.2014, 18:48
RE: Mein Freund hat sich geoutet...und nun? - von Cappuccetto - 26.05.2014, 15:45
RE: Mein Freund hat sich geoutet...und nun? - von Cappuccetto - 27.05.2014, 14:05

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