Noch mal 20 sein, und das heute und jetzt
RE: Noch mal 20 sein, und das heute und jetzt
Beitrag #13
Ich habe mich nie als drittes Geschlecht verstanden.
Meiner Erinnerung nach (die nicht ganz soooo sicher ist wie z.B. eine abgespeicherte Datei in der Cloud) war ich immer Mädchen und Frau.
Wann immer ich den Jungen oder den Mann gegeben habe, dann war das ein Spiel, eine Rolle gewesen, und oft hatte ich mich diebisch gefreut, wenn es mir gelungen war, die männliche Rolle besonders überzeugend zu spielen.
 
Doch dieses Theaterspiel wurde um so anstrengender, je älter ich wurde.
Je länger ich diese Rolle spielen musste.
Zum Zusammenbruch kam es, als ich mit einer Frau mit Kindern zusammenlebte und ich 24/7/365 nicht nur den „Mann“, sondern auch noch den „Vater“ geben musste.
 
 
Heute noch mal 20 sein?
Dann aber bitte nur mit den Erfahrungen einer Frau, die als Berufskraftfahrerin, Stahlkocherin, Bandarbeiterin, Security, Soldatin, Moderatorin, Lebenskünstlerin, Studentin, Auszubildende, selbständige Kauffrau tätig gewesen war.
 
Denn trotz dieser Lebenserfahrungen hatte ich in den Anfangszeiten meiner Transition und des „Alltagstestes“ Situationen, in denen ich richtige Angst vor körperlichen Konsequenzen hatte wegen meines Auftretens als Frau.
 
Sicher, wenn ich heute  die Jugendgruppe unseres Stammtisches erlebe, die voller Lebensenergie ist, bis morgens um drei durchdiskutiert und – vor Corona - durch die Stadt zog und sich am nächsten Tag in der Schule ausschlief, okay, die haben keine Probleme mit ihrer Transsein.
Für die ist das geil.
 
Wirklich?
 
Welche Szenen schneiden die trans YTerinnen heraus?
Wie viele Tränen werden hinter Schminke versteckt?
Was fühlen sie, wenn sie abwertende Kommentare lesen?
 
Was fühlen junge trans Menschen, wenn sie sich vor älteren, „fertigen“ trans Menschen outen, und fast als erstes einen Fahrplan zur VÄPÄ und GAOP vorgesetzt bekommen?
 
Wenn von jungen trans Menschen eine Entscheidung verlangt wird, die diese „fertigen“ trans Menschen oftmals erst nach vielen Lebensjahrzehnten getroffen haben?
Oder mit der diese bereits seit vielen Lebensjahrzehnten leben?
 
Wobei es ja nicht einmal bei VÄPÄ und GAOP bleibt, denn dazu kommt ja noch die FFS und Brust- und Hüftvergrößerung hinzu und StimmbandOP und das alles in einem Lebensabschnitt, wo die wenigsten auch nur annähernd die finanziellen Mittel dazu haben, sich zu einem Barbie- oder Ken-Abbild zurechtmodeln zu lassen,
nein, das alles auch noch in einem Lebensabschnitt, in dem Altersgenossen den Grundstein für einen Versdienst legen, der solche OPs zu bezahlen überhaupt erst ermöglicht.
 
 
Im Jahre 2021 20jähriger trans Mensch zu sein ist bestimmt in mancher Hinsicht einfacher als es vor 50 Jahren gewesen ist – hier denke ich besonders an die Beiträge von Jacob Winter hier.
Aber die Anforderungen sind heute ganz anders als damals und ich glaube, sie sind größer und schwerer erfüllbar.
 
Trotzdem…noch mal 20 sein…heute…alles anders machen zu können…

Hug
Nicht zu hassen - um zu lieben bin ich da (Antigone)
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