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ICD-10 F43.2 versus F64
06.07.2016, 18:34
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10.07.2016, 17:50 von Bonita.
Bearbeitungsgrund: Titel korrigiert
)
Hat jemand von Euch auch Erfahrung mit einer Diagnose F43.2 (Anpassungsstörung) an Stelle von F64?
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RE: IDC-10 F43.2 versus F64
Nein, aber nachdem ich eben bei Wiki nachgesehen habe, ist das eine völlig andere Kategorie als Persönlichkeitsstörungen.
Dabei geht es um Ängste und depressive Zustände, also nichts was auf Probleme mit der Identität hindeutet.
Welcher Zusammenhang soll da bestehen?
Zu viel Wahrheit wird nicht erkannt; Zu viel Tod am Wegesrand.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
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Beziehung zu Forum/Thema: Transgender
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RE: IDC-10 F43.2 versus F64
Anlässlich eines Telefonats mit dem JobCenter (ALG-II) wegen einer über 10-Monatigen Sperre (absolut keine Leistungen, weder Gutscheine noch Geld noch Krankenversicherung) äußerte ich, dass ich mich "dann ja gleich aufhängen könne". Keine 10 Minuten später erschien die Polizei und verbrachte mich in die Psychiatrie wegen angeblicher Suizidgefährdung.
Dort hatte ich ein ca. 30-minütiges Gespräch mit dem Arzt. Auf mein äußeres Erscheinungsbild angesprochen (Frauenkleidung, lackierte Fingernägel, Damenschuhe, lange Haare ...) angesprochen, erklärte ich, transsexuell zu sein.
Wenige Stunden später wurde ich mit der Diagnose F43.2 entlassen. Die (von mir unterstrichenen) Passagen aus F64 wurden vom Arzt in F43.2 umgedeutet.
Soviel zum Hintergrund.
http://www.icd-code.de/icd/code/F43.2.html :
Hierbei handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben (wie bei einem Trauerfall oder Trennungserlebnissen) oder das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder soziale Werte (wie bei Emigration oder nach Flucht). Sie kann auch in einem größeren Entwicklungsschritt oder einer Krise bestehen (wie Schulbesuch, Elternschaft, Misserfolg, Erreichen eines ersehnten Zieles und Ruhestand). Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch davon auszugehen, dass das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre. Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Störungen des Sozialverhaltens können insbesondere bei Jugendlichen ein zusätzliches Symptom sein.
Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein.
http://www.icd-code.de/icd/code/F64.-.html :
Dieser Abschnitt enthält eine Reihe von klinisch wichtigen, meist länger anhaltenden Zustandsbildern und Verhaltensmustern. Sie sind Ausdruck des charakteristischen, individuellen Lebensstils, des Verhältnisses zur eigenen Person und zu anderen Menschen. Einige dieser Zustandsbilder und Verhaltensmuster entstehen als Folge konstitutioneller Faktoren und sozialer Erfahrungen schon früh im Verlauf der individuellen Entwicklung, während andere erst später im Leben erworben werden. Die spezifischen Persönlichkeitsstörungen (F60.-), die kombinierten und anderen Persönlichkeitsstörungen (F61) und die Persönlichkeitsänderungen (F62.-) sind tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen zeigen. Sie verkörpern gegenüber der Mehrheit der betreffenden Bevölkerung deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in den Beziehungen zu anderen. Solche Verhaltensmuster sind meistens stabil und beziehen sich auf vielfältige Bereiche des Verhaltens und der psychologischen Funktionen. Häufig gehen sie mit einem unterschiedlichen Ausmaß persönlichen Leidens und gestörter sozialer Funktionsfähigkeit einher.
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RE: IDC-10 F43.2 versus F64
(08.07.2016, 09:52)Tina_noch_Matze schrieb: Anlässlich eines Telefonats mit dem JobCenter (ALG-II) wegen einer über 10-Monatigen Sperre (absolut keine Leistungen, weder Gutscheine noch Geld noch Krankenversicherung) äußerte ich, dass ich mich "dann ja gleich aufhängen könne". Keine 10 Minuten später erschien die Polizei und verbrachte mich in die Psychiatrie wegen angeblicher Suizidgefährdung.
wunderst du dich?suizidankuendigungen nimmt jeder bulle oder arbeitsaemtler ernst.denn rate mal was passiert wenn du dir wirklich was antust.dann zeigt jeder mit den fingern auf den am andern ende der strippe:der ist schuld!der haett's verhindern koennen!
kannst ausschliessen,dass der arzt (doch auch) richtig liegt?ich bin kein arzt.ich kenne dich nicht.ich kann's nicht.
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RE: IDC-10 F43.2 versus F64
Sei es darum, ob der "flachsige Spruch" nun als Suizid-Ankündigung aufzufassen war oder nicht. Darum geht es mir auch gar nicht.
Vielmehr ist mir ein Austausch darüber wichtig, ob oder dass das Leben als "Angehöriger des anderen Geschlechts" (F64.0) umgedeutet wird in eine "Anpassungsstörung" (F43.2).
Eigentlich könnte es mir egal sein, aber im Gegensatz zu F64.0 handelt es sich bei F43.2 um eine Erkrankung, [...] die zu Problemen der sozialen Funktionsfähigkeit führen.
Im Klartext bedeutet das für mich, dass man durch Behandlungen versuchen wird, meine "soziale Funktionsfähigkeit" wieder herzustellen, was gleichbedeutend damit einhergeht, mich von meinem "Leben im anderen Geschlecht" zu heilen.
Wenn dieser Ansatz Schule machen sollte, dann wäre das ein verheerender Rückschritt, der nicht nur mich, sondern auch viele hier im Portal betrifft. Und der "Schwulen-Paragraph" 175 StGB wäre durch die Hintertüre wieder eingeführt.
Kann mich jedoch insoweit nicht wirklich treffen, da ich lesbisch bin.
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RE: IDC-10 F43.2 versus F64
08.07.2016, 21:01
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.07.2016, 06:30 von Bonita.)
Leider werden einige "Diagnosen" zum Gefügigmachen von "unbequemer Sozial-Klientel" mißbraucht, so wohl auch dieses F43.2 aka Anpassungsstörung - da ist man schließlich selbst dran schuld, wenn einem daraufhin eine soziale Hilfe verwehrt wird (weil man zuwenig an sich arbeitet); Macht man jedoch "brav" was von einem verlangt wird, dann wurde in diesem verlogenen System eben erreicht was gewollt wird (billigst lohnsklavern bis zum Umfallen)...
Unverantwortlich, dass da auch noch diese "(stationären) Psychos" mitmachen und einem das Leben noch schwerer machen als es ohnehin schon ist...
Wäre gut, wenn Du Dir Psycho-Personal suchst, das/die/der sich zumindest schon mal mit dem Trans*Thema beschäftigt hat/haben, um eine entsprechende resp richtigstellende Diagnose zu stellen...
Alles Gute und Liebe
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RE: IDC-10 F43.2 versus F64
Der Ansatz wird sicherlich nicht Schule machen, sowohl bei einer Anpassungsstörung als auch bei Transidentität gibt es eine Differentialdiagnose. Die muss jeder Facharzt beachten, bevor er eine gesicherte Diagnose stellen kann. Das kostet Zeit und kann unmöglich mit dem ersten Blick geleistet werden.
Die Syptome einer Anpassungstörung ähneln offenbar auch denen verschiedener anderer Krankheitsbilder, wie z.B. einer Bindungsstörung, Borderline, Autismus, Asperger-Syndrom oder einer schizoide Persönlichkeitsstörung.
Niemand würde sich sofort auf eine Diagnose festlegen, weil keiner die Kriterien der Differentialdiagnose erfüllen kann. Und niemand möchte das Risiko eingehen von den eigenen Kollegen zerpflückt zu werden.
Und noch eine persönliche Frage meinerseits: Wieso haben so viele Betroffene solche Probleme mit Therapeuten und Psychiatern?
Es kann doch nicht sein, dass nur eine Handvoll ihre Betroffenheit glaubhaft vermitteln kann.
Ich verstehe es echt nicht.
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RE: IDC-10 F43.2 versus F64
Tja, es gibt nunmal solche und solche, egal in welcher Branche...
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RE: IDC-10 F43.2 versus F64
(08.07.2016, 21:40)Eva_Tg schrieb: [...]
Und noch eine persönliche Frage meinerseits: Wieso haben so viele Betroffene solche Probleme mit Therapeuten und Psychiatern?
Es kann doch nicht sein, dass nur eine Handvoll ihre Betroffenheit glaubhaft vermitteln kann.
Ich verstehe es echt nicht.
In meinem Fall hätte ich dafür schon eine Erklärung:
Einweisungsgrund war je der Satz "da kann ich mich ja gleich aufhängen". Bezogen auf diese, meine Äußerung wäre vielleicht F43.2 zu rechtfertigen. Ich war schließlich nicht wegen F64 eingewiesen.
Was mir in der Diagnose fehlt ist der Hinweis, dass z.B. bezüglich F64 eine Differenzialdiagnose notwendig/sinnvoll ist. Man wollte in der Klinik mit F64 offensichtlich nichts am Hut haben.
Als ich mich als Transgender bezeichnete kam sofort die Frage: "Nehmen Sie Hormone? Da haben wir nichts da ..." Damit war F64 vom Tisch.
Es erfolgte auch keinerlei Abklärung, ob die angebliche "Suizidankündigung" nicht auch aus dem Genderkonflikt heraus entstanden sein könnte.
Für mich entstand der (auch durch die schriftliche Diagnose gefestigte) Eindruck, dass der Arzt mein feminines Erscheinungsbild ausschließlich als Auswirkung der Anpassungsstörung gesehen hat. Dass das feminine Erscheinungsbild auch andere Ursachen (z.B. F64) haben könnte, stand zu keinem Zeitpunkt zur Debatte.
Keine Empfehlung zu einer weiteren Abklärung - "Keine Eigengefährdung" diagnostiziert und raus aus der Klinik.
Vielleicht hätte ich schon lange vorher mich um eine Diagnose F64 kümmern sollen. Ich sah aber nicht wirklich eine Notwendigkeit, da ich auch ohne für mich zurecht gekommen bin.
Jetzt, wo ich die Notwendigkeit des "amtlichen Testtat" erkannt habe, wird es natürlich noch ein wenig schwieriger ...
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RE: IDC-10 F43.2 versus F64
Nun, aber genau davon rede ich. Das man erst einen Therapeuten aufsucht, wenn es gar nicht anders geht.
Dabei ist es gar nicht so schwer einen Therapeuten zu finden, der Menschen mit Transidentität behandelt. In Deutschland gibt es so viele Vereine und Selbsthilfegruppen, die eine große Auswahl an guten Therapeuten benennen können.
Und wenn man den kompletten Rollenwechsel will, egal welchen Grad der körperlichen Anpassung man anstrebt, ist das so oder so ein notwendiger Schritt. Den kann man also gleich machen.
Kein Therapeut, der tagtäglich Menschen mit Transidentität behandelt, wird einen heutzutage noch auf den Prüfstand stellen. Die werden die Transition eher begleitetend unterstützen und bestimmt nicht irgendetwas krampfhaft umdeuten wollen.
Ich meine, was habe ich gemacht? Ich habe gesagt, dass ich nach meinen Empfindungen eine Frau bin und habe aus meinem Leben erzählt und das war mehr als ausreichend.
Natürlich werden Therapeuten Probleme und Konflikte besprechen, aber Sinn und Zweck ist es individuelle Lösungstrategien zu erarbeiten, um den Umgang damit zu erleichtern.
Das Ziel der Therapie, und aller weiteren Behandlungen, ist es doch den Zustand der Betroffenen weitestgehend zu stabilisieren und es ihnen zu ermöglichen sich in alle Felder des gesellschaftlichen Lebens integrieren zu können.
Ob dieses Ziel immer erreichbar ist, sei mal dahin gestellt, trotzdem sollte man im Laufe der Transition eine deutliche Verbesserung verspüren.
Zu viel Wahrheit wird nicht erkannt; Zu viel Tod am Wegesrand.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
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