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Eltern von geoutetem Teenager
Hallo !
Vor etwa einer Woche hat unser 16 jähriger Sohn uns gesagt, dass er sich nicht als Junge fühlt, seinen männlichen Körper nicht mag und denkt, dass er trans ist. Er meinte, dass er das seit etwa 5 Monaten recht sicher weiß. Wir selbst hätten niemals in diese Richtung gedacht, dass auch in der früheren Kindheit nichts in diese Richtung ging. Okay, er/sie ist sehr sensibel und hat es nicht mit Fußball, aber ansonsten...
Das war / ist natürlich für uns Eltern erstmal ein "Schock", gewesen, auch wenn wir, denke ich, ganz gut reagiert haben. Ich und auch seine Geschwister haben ihn gleich umarmt und gesagt, dass das okay ist. Auch mein Mann hat ganz gut reagiert, denke ich.
Auf meine Frage, was das genau für ihn / uns bedeutet, kam, dass er gern als "sie" und mit einem neuen Namen angesprochen werden möchte. Mit dem neuen Namen haben wir Eltern (noch) extreme Probleme, da er auch sehr exotisch ist und irgendwie gefühlt gar nicht passt.
Ich weiß natürlich, dass es ganz wichtig für das Kind ist, dass auch der Name akzeptiert wird, aber irgendwie fällt es uns bzw. meinem Mann ganz besonders, extrem schwer, diesen Namen zu sagen. Wir haben uns daher erstmal darauf geeinigt, einen neutralen Spitznamen, der an den alten Namen angelehnt ist, zu verwenden, was auch soweit akzeptiert wurde. Aber irgendwie habe ich dabei auch ein schlechtes Gewissen, meinem Kind gegenüber.
Nun stehe ich zwischen den Stühlen - einerseits mein Mann, der sich im Nachhinein doch extrem schwer tut mit dem Gedanken, dass aus unserem Sohn ein Mädchen werden könnte. Er ist da scheinbar noch sehr voreingenommen, sieht quasi zukünftig eine Dragqueen durch die Gegend laufen bzw. ist es eben "nicht normal". Auf der anderen Seite mein Kind, für das ich nur das Beste will.
Für mich ist das zwar auch sehr komisch, aber ich denke, wenn es ihn/sie (mir fällt es auch noch sehr schwer, umzuswitchen) glücklicher macht. Ich meine auch schon zu spüren, dass eine gewisse Anspannung von ihr abgefallen ist.
Ich kann jetzt noch nicht sagen, ob mein Mann sich damit irgendwann "anfreunden" kann und habe bisschen Angst, dass diese etwas angespannte Stimmung dauerhaft zu spüren ist und ich ständig zwischen den Stühlen stehe und versuchen muss, zu vermitteln.
Welche Erfahrungen habt ihr nach eurem Outing gemacht ?
Bei uns ist es ja noch ganz frisch und ich denke/hoffe, mit der Zeit wird etwas mehr Normalität einkehren.
Ich habe meinem Mann auch noch ans Herz gelegt, dass er seine Ängste und Bedenken auch unbedingt teilen soll, auch mit unserer "Neutochter". Ich fände es schlimmer, wenn sie denken würde, alles ist okay (kam anfangs ja auch so rüber) und eigentlich ist es eben nicht okay.
Die Geschwister (Junge und Mädel - 13 Jahre) haben übrigens super reagiert, gerade meine Tochter ist da sehr abgeklärt und reflektiert - ganz toll.
Ach ja - seine Clique weiß es auch schon seit einiger Zeit und akzeptiert ihn voll und ganz (wahrscheinlich besser als wir Eltern :-( ) - da bin ich auch echt froh darüber.
So, jetzt habe ich mir so Einiges von der Seele schreiben können und würde mich sehr freuen, Tips und vielleicht ein paar aufbauende Worte von Euch, besonders auch von betroffenen Eltern, die diese Anfangsphase vielleicht schon hinter sich haben, zu bekommen.
LG
eine noch etwas verwirrte Mama
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Beziehung zu Forum/Thema: Transgender
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RE: Eltern von geoutetem Teenager
Hallo!
Der Reihe nach:
Erstmal toll, dass Du dich mit Deinen Gedanken nach außen wendest und Deine, wie Du sagst "Neutochter", so akzeptierst wie sie ist und versuchst alles zu verstehen und Harmonie herzustellen. - Das ist leider nicht immer selbstverständlich.
"Unauffälligkeit" in der Kindheit: Ich sprech jetzt mal von mir... Ich war auch "unauffäliig" in meiner Kindheit, sogar mit Fußball, Actionfiguren, Comics etc. - teilweise, weil ich mich wirklich für solche Dinge interessiert habe und noch immer tue und teilweise, weil ich einfach Angst hatte was wäre, wenn andere merken, dass ich eben irgendwie "anders" bin und nicht ganz in die "Burschen-Schublade" passe. "Traditionell weiblich"-konnotierte Interessen wie Malen oder Nähen habe ich erst ausgelebt, nachdem ich meinem sozial-männlichen Kokon entschlüpft war.
Der elterliche Schock: Ich denke, für die meisten Eltern ist es zuerst nicht ganz einfach zu erfahren/erkennen, dass man das eigene Kind die ganze Zeit einem Geschlecht zugeordnet hat, das diesem Kind gar nicht entspricht. Man hat sich daran gewöhnt, es in einer bestimmten Weise anzusprechen, in einer definierten Weise über dieses Kind zu denken und es dementsprechend zu behandeln. Ich würde daher sagen: Keine Sorge, ein Schock ist wohl ganz normal. - War bei meinen Eltern genauso, bei meinem Vater noch deutlich intensiver als bei meiner Mutter, die es eigentlich recht gut aufgenommen hat.
Der Name: Namen sind wichtig, sie sind Teil der Identität. Auch, wenn sich diese gerade erst so richtig entfaltet. Obwohl ich einen Namen als meinen eigenen gewählt habe, den meine Eltern vorgesehen hatten, wäre ich "korrekt ausgestattet" geboren worden, fiel es ihnen anfangs etwas schwer mich auch so anzusprechen. Auch der Sprung von "Susanne" zur von mir eigentlich als selbstverständlich erwarteten Kurz/Kose-Form "Susie" hat ein bisschen gedauert. Und bis dahin war jedes Mal, dass mein "alter Name"/Deadname verwendet wurde, egal ob absichtlich oder nicht, und jedes falsche Pronomen nicht nur ärgerlich, sondern wie ein kleiner, manchmal auch großer Nadelstich ins Herz. Um den Übergang für meine Eltern zu erleichtern, hatten wir uns für eine kurze Zeit auch darauf geeinigt, einen neutralen Spitznamen zu benutzen, der für mich erträglich war. Jedenfalls bis dieser mir dann auch zu blöd war. So gesehen ist die Sache mit dem neutralen Spitznamen, zumindest auf Zeit, wahrscheinlich eine gute Idee.
Der Stil: Wir alle probieren uns wohl irgendwann stilmäßig aus. Mehr oder weniger extrem. Ich will nicht behaupten, dass die Befürchtung Deines Mannes, Eure älteste (Neu)tochter würde wie eine Dragqueen herumlaufen, wird irgendwann wahr. Ich will damit nur sagen, dass es sein kann, dass es vielleicht auch eine Phase geben wird, in der sie ihren persönlichen Stil finden wird. Zumindest bei mir war es so und auch, wenn in dieser Hinsicht die Meinung meiner Mutter bis heute nicht immer vollständig mit meinen Vorstellungen übereinstimmt, bin ich doch bis heute froh über ihren Rat. Wichtig war für mich, dass sie immer ein Gespür dafür hatte, dass ich manche Dinge einfach selbst erkennen musste, wenn ich sicher war, dass z.B. mein Rock nicht zu kurz ist ;-) - Nur am Rande: Die "pubertäre Kurzrock-Phase" ging bei mir recht schnell vorüber und ich fand zu einem dezenten, eher eleganten Stil, mit dem ich aus der "gesamt-weiblichen Menge, wenn dann nur positiv heraussteche.
Zwischen den Stühlen stehen: Da kann meine Mutter ein Lied davon singen. Ich muss dazusagen, mein Vater war anfangs überhaupt nicht begeistert, um es einmal vorsichtig zu formulieren. Sie wollte auch, dass ich glücklich bin, aber ich habe ihr angesehen und es auch live mitbekommen, wie sehr das ihre Ehe belastetet hat. Die Lehre aus den ca. 4 intensiven Jahren bis die Wogen sich geglättet haben: Redet darüber. Redet über alles, das Euch belastet und auch über die Ängste, die mit dieser "Veränderung" einhergehen. Und tut das als Familie. Vielleicht nicht über jede Kleinigkeit, aber wenn das Herz schwer ist oder ein Gefühl einem die gute Laune vermiest, dann auf jeden Fall! Denn das ist nicht nur Unterstützung für Euch, sondern auch für Eure Kinder.
Kurzum: Es wird besser. Die nächste Zeit (eventuell Jahre) könnte etwas stürmisch werden, hart und teilweise ziemlich schwierig, aber als Familie kann man sie durchstehen. Wichtig ist das Reden und nie aufzugeben. Habt den gleichen Mut, den Eure "Neutochter"/Große aufgebracht hat, sich Euch anzuvertrauen und begleitet Sie auf ihrem Weg. Was am Ende zählt ist doch eigentlich nur das Glücklich-Sein, wie auch immer das aussehen mag, und die Liebe zueinander.
LG Susanne
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Beziehung zu Forum/Thema: Angehörige_r
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RE: Eltern von geoutetem Teenager
05.12.2022, 07:03
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05.12.2022, 07:04 von inessa73.)
Hallo Susanne !
Ach, das tat so gut, Deine Zeilen zu lesen (was ich inzwischen mindestens schon 10 x getan habe).
Eigentlich könnte doch alles so "einfach" sein, wenn man seine Schranken im Kopf öffnet bzw. die Vorurteile, die man so hat, gar nicht erst vorhanden wären.
Ich werde natürlich weiter versuchen, meine Neutochter so gut wie möglich zu unterstützen und ich bin mir sicher, dass auch mein Mann sich mit der Zeit immer besser darauf einstellen kann. Das es Höhen und viele Tiefen geben wird, das muss ich mir einfach mehr bewusst machen.
Also - ein ganz dolles Dankeschön für deinen Post.
LG
Ines
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Beziehung zu Forum/Thema: m2f
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RE: Eltern von geoutetem Teenager
Ich wollte auch mal darauf antworten:
Es gibt eine Anlaufstelle von der Courage:
https://www.courage-beratung.at/
Da habe ich auch mal was über gelesen über Transgender Eltern. Und ich glaube die Sorge deines Mannes als Draq Queen wird sich nciht bestätigen. Ich hatte selber und habe sie, dass ich nicht gut passe weil ich ja mit über 40 schon zu den ältereren Transpersonen gehöre.
Aber Hormone können viel tun, vor allem in jungen Jahren wo man ja meistens noch weichere Gesichtszüge hat. Gut die psychologischen Anträge und Wege bis dahin sind halt enorm, das wären wahrscheinlich die nächsten Schritte die deine Tochter bewältigen muss/wird/kann/sollte. Und ich kann dir mal Bilder bzw. Videos von Youtuberinen zeigen von Bildern der Transtition sind meine Vorbilder. Die sidn richtig hübsch wo Hormone und auch OPs schon einiges gebracht haben. Solltest du dir keien Sorgen machen.
https://www.youtube.com/watch?v=fzcn3iZXgTM
https://www.youtube.com/watch?v=mgbI0q_Wj48
https://www.youtube.com/watch?v=9MWRX4SjuVA
Also ich würde mir keien Sorgen machen aber die Courage wäre mal eine gute Anlaufstelle
MfG
Michaela
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Beziehung zu Forum/Thema: Weiblich
Land: Deutschland
RE: Eltern von geoutetem Teenager
13.02.2023, 03:02
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13.02.2023, 03:34 von tagelicht.)
Hallo,
erstmal finde ich es super dass du dir in dem Forum hier Hilfe suchst! Auch wie du eure Reaktion auf das Outing beschrieben hast, klingt für mich gut. Ich kann auch verstehen dass ihr damit Probleme habt... so etwas ist wohl für keine Eltern der Welt einfach...
Was das mit dem Namen angeht, die Lösung mit dem "neutralen" Namen finde ich nicht so gut, denn neutral heißt ja es wäre entweder männlich oder weiblich, ich könnte mir vorstellen dass sie das verletzt, auch wenn sie es vielleicht nicht sagt. Ich kann aber verstehen, dass ihr euch mit einem "komischen" Namen unwohl fühlt, vielleicht ist der ja auch etwas im Überschwang gewählt worden... aber wenn ihr als "Ersatznamen" einen klar weiblichen nehmt (vielleicht ja den, den ihr sowieso gewählt hättet, wäre euer Kind mit weiblichen Geschlechtsorganen geboren worden), würde sie diesen vielleicht besser annehmen können und sie vielleicht sogar dazu bringen, ihre Entscheidung zum Namen zu überdenken?
Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich nur sagen, für das Kind ist es am wichtigsten dass ihr als Eltern, grade in so einer Zeit, da seid und sie das Gefühl hat, dass ihr sie liebt und auch unterstüzt, oder zumindest nicht dagegen arbeitet... das hat bei mir zu schlimmen Problemen mit meinen Eltern gefühlt, mit meiner Mutter ist die Beziehung nach über 10 Jahren immer noch kaputt, wir haben überhaupt keinen Kontakt mehr, mit meinem Vater rede ich zwar wieder und sehe ihn gelegentlich, aber das hat auch Jahre gedauert... Eure Tochter scheint euch ja zu vertrauen, deswegen hat sie sich ja auch euch gegenüber geöffnet, jetzt seid ihr gefragt
Und was die Ängste angeht, ich denke die sind gerade in der Anfangszeit, in der ihr mit dem Thema zum ersten Mal "richtig" in Kontakt kommt, wahrscheinlich normal. Mit der Zeit wird sich hoffentlich das Bild deines Mannes von "Transfrauen" ändern... auf jeden Fall sollte eure Tochter ja auch Kontakt mit Psychiatern aufnehmen, auch um das Thema Hormone etc. möglicherweise (in dem Alter ist sie da natürlich von eurer Zustimmung abhängig...) anzugehen. Das wäre ja auch wichtig, da sie gerade durch die Pubertät geht.
Vielleicht könnte das auch mit den Ängsten etwas weiterhelfen, denn bei einem Psychiater würde natürlich auch einmal von ärztlicher Seite geschaut werden, ob sie auch wirklich Trans ist. Und wenn sie es ist, dann sollten alle anderen Ängste eurem Kind zuliebe vielleicht erst einmal hinten angestellt werden... oder wie gesagt, zumindest nicht dazu führen, dass ihr versucht sie von Hormontherapie etc. abzuhalten, das könnte die Beziehung zu eurem Kind vielleicht zerbrechen...
aber das ist nur meine Meinung, und ich habe keine Kinder, also...
LG
PS. dass das mit meinen Eltern so kaputt gegangen ist, war auch nicht nur wegen ihrer Einstellung zum Thema Trans... ich will hier ja auch nicht den Teufel an die Wand malen. Aber wenn sie das Gefühl hat sie steht alleine da, wird kaum etwas gutes dabei heraus kommen...
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