Transfrau+Cisfrau - Chancen, Risiken, Erfahrungen
RE: Ich bin Vicky - noch MzF und bald nur F
Beitrag #27
(03.12.2016, 09:58)chipsi schrieb: zum Thema Beziehung: Es ist natürlich überaus erfreulich wenn eine Beziehung die Transition überlebt und dadurch sogar noch intensiver wird als vorher, und ich zähl mich diesbezüglich auch zu den Glücklichen bei denen das so ist.

Dennoch sollte man sich diesbezüglich keinen Illusionen hingeben und man darf auch nicht unbedingt von sich auf andere schliessen. Durch die Transition bekommt die jeweilige Partnerin früher oder später eine vollwertige Frau anstatt des gewohnten männlichen Partners, mit allem was dazugehört. Natürlich könnte man sagen man liebt ja schliesslich den gesamten jeweiligen Menschen, unabhängig vom Geschlecht der Person, nur so einfach ist das eben nicht. Spätestens wenn es um das Thema Sex geht, muss die Partnerin schliesslich eine 180°-Wende hinlegen und ihre diesbezüglichen bisherigen Präferenzen über Bord werfen. Das hat wenig bis gar nichts mit Offenheit oder Toleranz zu tun, denn manche Frauen wollen eben keine gleichgeschlechtliche Beziehung und werden sich schwerlich umpolen lassen.

Wenn es aber klappt, umso erfreulicher, nur erwarten darf man sich das eben nicht von Haus aus. Man kann sich ja diesbezüglich mal ein kurzes Gedankenspiel erlauben. Was, wenn man nicht selbst, sondern stattdessen die Partnerin eine Angleichung ins gegenteilige Geschlecht durchgezogen hätte? Dann hätte man logischerweise früher oder später einen Mann neben sich im Bett liegen und würde sich in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung mit diesem befinden. Genau das passiert eben auch der Partnerin, nur mit umgekehrten Vorzeichen.

Langer Rede, kurzer Sinn, schön wenn eine Beziehung weiter besteht, aber ich finde es ist keine Selbstverständlichkeit, sondern durchaus etwas besonderes.

Reden wir jetzt über eine sexuelle Beziehung oder eine romantische Beziehung? Das muss man nämlich oft trennen bzw. jede Beziehung hat diese unterschiedlichen Ebenen.
Wenn ich so meine Gedanken schweifen lasse, dann könnte ich mir schon vorstellen im Bett etwas mit einem Mann anfangen zu können. Aber auf romantischer Ebene bin ich nur an Frauen interessiert, ich könnte mir nie im Leben eine Beziehung mit einem Mann vorstellen.

Und wenn wir schon über Sex reden, dann sollten wir uns glaube ich von allen gängigen Vorstellungen und Annahmen lösen. Weil das bei uns all zu oft gar nicht mehr zutrifft.
Wer sagt das sich die Partnerin um 180° drehen muss? Jetzt mal ganz platt gefragt: Muss man es als hetrosexuelle Frau toll finden, penetriert zu werden?
Sorry, wenn ich jetzt wieder garstig klinge, aber irgendwo sind das doch alles recht eindimensionale Vorstellungen von Sexualität. Hetero-Paare machen Geschlechtsverkehr und wenn der nicht stattfindet fehlt was beim Sex und Homo-Paare machen Streicheln und so, und das andere mögen sie nicht.
Aber in Wahrheit ist Sexualität doch viel komplexer. Und wenn Transidentität noch dazu kommt, dann wird es richtig komplex.
Ich fand Geschlechtsverkehr noch nie toll, und das obwohl ich immernoch sehr hohe Testosteronwerte habe, also müßte ich das eigentlich für den Gipfel der sexuellen Erfüllung halten. Tue ich aber nicht, ich finde es voll unbefriedigend. Ich weiß noch nicht mal mehr, wann ich das letzte mal Geschlechtsverkehr hatte.
Und meine Bekannte wiederrum hatte eine Partnerin, die fands das schon immer toll, die hatten auch in der HRT regelmäßig Geschlechtsverkehr und waren total glücklich damit.

Ich würde es mal so sagen, als Transfrau bzw. als Partnerin muss man die Sexualität teilweise neu erfinden, weil man sonst der Komplexität nicht Herr wird. Aber dafür muss man dann die alten Vorstellungen über Bord werfen und das hat nichts mit Umpolen zu tun, sondern damit sich mit der Vielschichtigkeit der Sexualität auseinander zu setzen.
Vielleicht wird auch andersrum ein Schuh daraus, ich kenne nämlich auch Frauen für die bedeutet Sex, sich ausziehen, ins Bett legen, die Beine breit machen und passiv warten bis der Mann fertig ist. Das hat für mich aber nichts mit Sexualität zu tun, sondern klingt eher nach einer Erfüllungspflicht gegenüber dem Partner bzw. der Erwartung wie ein Hetero-Paar Sex zu haben hat. Die denken sich wahrscheinlich auch: "Ich bin eine heterosexuelle Frau und muss meinen festen Partner ran lassen, weil normale Frauen das nunmal so machen."
Wer so ein Sexleben als erfüllt oder normal empfindet, der ist in der Beziehung leider sehr naive würde ich sagen. Das wahrscheinlich auch die, die bei der ersten Gelegenheit fremd, weil dann mal was neues erleben.
Zu viel Wahrheit wird nicht erkannt; Zu viel Tod am Wegesrand.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
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