15 Jahre Post-OP und die Folgen...
15 Jahre Post-OP und die Folgen...
Beitrag #1
Hi Leute,

ich heiße Jenny, bin 35 Jahre alt und lebe seit etwas mehr als 15 Jahren als Frau. Meine OP war 2005.

Mein vordergründigstes Ziel war immer, möglichst "normal" in unserer Gesellschaft zu leben, sprich, ein Passing anzustreben, mit welchem ich ein Leben als Frau leben kann, ohne dass jemand meine Vergangenheit kennt. Hierfür bin ich damals in ein anderes Bundesland gezogen (aktuell NRW), damit sich meine Geschichte nicht herumspricht, habe studiert, mein Referendariat absolviert, wurde Grundschullehrerin und letztendlich sogar verbeamtet. Beruflich habe ich also erfolgreich einige Hürden meistern können, was mir aufgrund meiner Probleme mit mir selbst oft schwer fiel. Ich habe also bewusst alles zurückgelassen, was mich mit meiner Vergangenheit in Verbindung brachte und von Grund auf ein neues Leben aufgebaut, keinem meine Geheimnisse erzählt, auch nicht meinen Partnern, schließlich war ich immer der Meinung, dass auch ich ein Recht darauf hätte, ein normales Leben zu führen. Hätte ich es jemandem erzählt, hätte ich immer in der Angst leben müssen, dass es sich herumspricht.

Bei aller Ehrlichkeit und Vertrauen... Niemand kann mit Sicherheit sagen, dass er den Partner seines Lebens gefunden hat, dem er all seine Geheimnisse anvertrauen kann. Mir würde es auch schwer fallen, ein solches Geheimnis für mich zu behalten. Sicher würde ich mit meiner Mutter darüber reden... Oder womöglich mit Freunden, nachdem man sich auf unschöne Weise getrennt hat. Das ist menschlich und das verstehe ich. Und deswegen hielt ich es für besser, andere Gründe für meine Unfruchtbarkeit vorzuschieben.

Ich hoffe, dass mir deswegen jetzt keiner eine Standpauke hält. Das würde sich ohnehin erübrigen, weil ich es mit fortschreitendem Alter ohnehin nicht mehr ertrug, meine Liebsten anzulügen, auch wenn sie eigentlich glücklich waren. Es ist wie es ist: Ich lebe eine Lüge und werde niemals zu einer vollwertigen Frau, ganz gleich für wie hübsch man mich hielt, ich sah das immer anders, weil ich schrecklich selbstkritisch bin und an allem herummakele, was mich ausmacht. Ich kann keine Kinder bekommen und habe andere Probleme, die eine normale Frau nun mal nicht hat. Und auch wenn meine Partner auch ihre Makel hatten, so haben sie dennoch jemanden verdient, der sie nicht belügt und ihnen neues Leben schenken kann. Ich bin mit meinen Problemen und mit mir selbst so sehr beschäftigt, dass ich gar keine Kraft mehr habe, um mich auf einen Partner einzulassen. Jetzt kommt auch noch der Alterungsprozess dazu, ganz schwierig, aber das ist ein anderes Thema, welches ich stundenlang erörtern könnte.

Es fällt mir jedenfalls von Jahr zu Jahr schwieriger, diese Lüge zu leben. Was sich anfangs wie Freiheit anfühlte, schlug ironischerweise nun in eine Art Gefangenschaft um, in der ich alles daran setzen muss, mit anderen Frauen mithalten zu können. Ich habe in den letzten 15 Jahren so viel an mir verändert, so viele Operationen über mich ergehen lassen, nur weil ich meine Lebensqualität steigern wollte, aber zufrieden... war ich nie. Auch mein kompletter Hormonhaushalt geriet völlig aus den Fugen. Ja, ich habe meinen Hormonspiegel regelmäßig überprüfen lassen, ist wohl irgendwie immer ok, schwankt, aber helfen kann meiner Befindlichkeit nichts. Sexuelles Interesse habe ich so gut wie gar nicht und es nervte mich, mich auf die Gelüste meiner Partner einzugehen. Dies ist aber essentiell wichtig in einer Beziehung. Bieten kann ich das anatomisch auch nur bedingt, da ich seit etwa 18 Monaten unter einer starken Verengung meiner Scheide leide, die bei kleinster Berührung stark zu bluten beginnt. Deswegen habe ich mich innerhalb der letzten 9 Monate nochmals bei Herrn Liedl und Frau Dr. Krege vorgestellt. Letztere ließ mich ratlos zurück, konnte mir nicht helfen und Dr. Liedl meint nach einem zehnsekündigen Griff in meine Scheide beurteilen zu können, dass alles in Ordnung sei, während das Blut in Strömen fließt. Es ist schwierig jemanden zu finden, der sich mit diesen Themen wirklich auskennt. Information am Rande: Ich habe eine Darmscheide, die über ein Hautstück mit dem Scheideneingang verbunden ist. Grund war, dass die Darmscheide nicht schrumpft und sich echter anfühlt, sogar Gleitflüssigkeit bildet, aber dieses Hautstück ist das Problem, weswegen ich mich gerne einer neuen OP unterziehen lassen würde. Am 17. Juli werde ich ihn nochmals darauf ansprechen... Hoffentlich wimmelt er mich dann nicht nochmal ab.

Ich bin schlecht darin, beim Thema zu bleiben. Parallel möchte ich aber auch gerne etwas über mich erzählen, damit ihr mich besser einordnen könnt.
Der Punkt ist: Ich glaube, dass ich diese Entscheidung als Frau zu leben bereue, auch wenn es sicherlich nciht die falsche Entscheidung war. Vermutlich wäre ich längst tot, wenn ich mich damals nicht so entschieden hätte. Darüber hinaus hatte ich als Junge/Jugendlicher noch mehr Probleme damit , meinen Platz in der Gesellschaft zu finden.
Und mit der Zeit lernte ich meine männliche Charakterseite in mir zu akzeptieren, gar zu lieben, wo ich sie doch in den ersten Jahren vehement zu verdrängen versuchte. Jetzt weiß ich, dass sie ein Teil von mir ist, manchmal lebe ich sie auch gerne aus, wenn ich allein bin oder in einigen Situationen "meinen Mann stehen muss", auch wenn das natürlich Stereotypen sind.

In meinem Kopf herrscht solch ein Durcheinander, dass ich gar nicht mehr weiß, wer ich eigentlich bin. Ich kann nicht mal ausschließen, dass ich nicht sogar gern beides wäre, mal weiblich, mal männlich. Beides hat seine Vorzüge, sowohl in der Lebensweise, als auch in der Optik. Als Mann galt ich damals als recht gutaussehend, wenn auch zugleich leicht feminin. Einige Jungs meinten zu mir, dass man bei meinem Anblick schwul werde könnte. In meiner Zeit als Frau hingegen habe ich sogar gemodelt und galt für einige Männer als "Traumfrau", nicht zuletzt auch aufgrund meiner Interessen und meiner nicht tussihaften Art. An Karneval habe ich mich als Justin Bieber (Ohja! Schlimm, ich weiß, aber die Kinder meiner Klasse fuhren total auf den ab) verkleidet und mich pudelwohl gefühlt. Es war, als ob ich keine Maske mehr tragen müsse und komplett frei sein könne. Als Frau denke ich immer wieder darüber nach: "Was denken die Menschen, wenn sie mich sehen? Sieht man es mir an? Ich bin zu groß für eine Frau". Es ist auf der einen Seite befreiend, als Frau zu leben, auf der anderen Seite anstrengend und verunsichernd, weil ich doch sehr speziell in meiner Erscheinung bin und es hasse, wenn Menschen über mich reden, mich anstarren... Ich weiß nicht mal, warum sie genau starren, aber es macht mich wahnsinnig, zu angeschlagen ist mein Selbstkonzept.

Bis heute dachte ich darüber nach, dass es mich verraten würde, wenn ich meine Zeit in der Öffentlichkeit mit Gleichgesinnten verbringen würde und dass es mich in meiner Entwicklung zurückwerfen würde, schließlich wollte ich doch all das von mir fernhalten und mein normales Leben führen. Ja, verraten möchte ich mich in meinem Umfeld (vorerst) noch immer nicht, aber ich denke, dass ich meine Zeit mit Gleichgesinnten genießen würde und mich dahingehend gerne herausfordern möchte, vorzugsweise erstmal außerhalb meines direkten Umfelds. Als Lehrerin ist das auch nicht so einfach...

Also... Wer sich meinen Roman zu Gemüte geführt hat und Interesse daran hätte, mich in "Welten" zu entführen, die ich bislang gemieden habe, welcher Art auch immer, ich würde mich sehr darüber freuen. 

LG
Jenny
Zitat

RE: 15 Jahre Post-OP und die Folgen...
Beitrag #2
Liebe Jenny,
Favorite lich Willkommen im Forum von transgender.at!

Die Beschreibung Deines bisherigen Lebensweges ist ja ziemlich beeindruckend; Es steht zwar niemandem zu, Dir - auch in Bezug auf Deine Einstellung gegenüber "der Welt" - etwas da auf Deinem Weg dreinzureden; Allerdings könnte das eine oder andere Thema ausreichend/wichtig genug sein, um darüber mit einem Therapeuten zu sprechen, also um es verarbeiten zu können; MOD-Hinweis: in der Rubrik Userbereich kann etwas "abgeschiedener" geschrieben werden - gib bitte Bescheid, wenn Dein Vorstellungsthread dorthin verschoben werden soll...

Was Du in Deinem Vorstellungsbeitrag auch noch verpackt hast, könnte an anderer Stelle im Forum mehr Früchte tragen, also Dein Wunsch nach Kontakt zu anderen "Gleichgesinnten" in bisher von Dir "gemieden Welten" - vermutlich meinst Du damit ebenso dzt alleinstehende Post-OP-TS im Raum Nordrhein-Westfalen - ein Thread mit aussagekräftigem Titel zB in der Rubrik Ausgehen & Treffen, Beziehungskisten, Coming Out, Going Public wär da wohl nicht ganz verkehrt...

Ps: wusste gar nicht, dass es im Anime Sailor Moon trans(-ähnliche) Charaktere gibt, also Sailor Star Fighter aka Seiya Light - aber gut, dieser Anime hat mich nie wirklich interessiert, kenne also nur äußerst wenig davon - tja, mensch lernt halt wirklich nie aus, in seinem Leben...

Alles Gute und Liebe! Favorite
[Bild: avatar_202.jpg] „NATSUME! NATSUMEe! NATSUMEee!“ — Nyanko-Sensei en.wikipedia.org/wiki/Natsume%27s_Book_of_Friends
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Zitat

RE: 15 Jahre Post-OP und die Folgen...
Beitrag #3
Hi und willkommen hier Smile

Ideen wie Passing und Stealth waren zu Deiner Zeit schon standard. Wie Du das gehandhabt hast, ist nichts "besonderes", hat aber durchaus die von Dir genannten Probleme.

(26.07.2020, 20:07)Seiya schrieb: Sicher würde ich mit meiner Mutter darüber reden... Oder womöglich mit Freunden, nachdem man sich auf unschöne Weise getrennt hat.

Das habe ich nicht verstanden. Was soll man sich denn von ehemaligen Freunden erwarten, nachdem man sich mit denen überworfen hat?

Und ist das Verhältnis zu Deiner Mutter so schlecht?

(26.07.2020, 20:07)Seiya schrieb: Es ist wie es ist: Ich lebe eine Lüge und werde niemals zu einer vollwertigen Frau

Es ist selten so wie es ist scheint Big Grin

Das mit der Lüge ist schon ziemlich transphob Sad

(26.07.2020, 20:07)Seiya schrieb: Was sich anfangs wie Freiheit anfühlte, schlug ironischerweise nun in eine Art Gefangenschaft um, in der ich alles daran setzen muss, mit anderen Frauen mithalten zu können.

Du machst Dir viel zu viel Streß. Du bist ein Individuum. Du mußt mit niemandem "mithalten".

(Mit mir kann ja auch niemand mithalten Tongue)

(26.07.2020, 20:07)Seiya schrieb: Als Lehrerin ist das auch nicht so einfach...

Haha... Ja, da steht man unter Beobachtung Big Grin
Zitat

RE: 15 Jahre Post-OP und die Folgen...
Beitrag #4
(27.07.2020, 06:31)Bonita schrieb: Liebe Jenny,
Favorite lich Willkommen im Forum von transgender.at!

Die Beschreibung Deines bisherigen Lebensweges ist ja ziemlich beeindruckend; Es steht zwar niemandem zu, Dir - auch in Bezug auf Deine Einstellung gegenüber "der Welt" - etwas da auf Deinem Weg dreinzureden; Allerdings könnte das eine oder andere Thema ausreichend/wichtig genug sein, um darüber mit einem Therapeuten zu sprechen, also um es verarbeiten zu können; MOD-Hinweis: in der Rubrik Userbereich kann etwas "abgeschiedener" geschrieben werden - gib bitte Bescheid, wenn Dein Vorstellungsthread dorthin verschoben werden soll...

Was Du in Deinem Vorstellungsbeitrag auch noch verpackt hast, könnte an anderer Stelle im Forum mehr Früchte tragen, also Dein Wunsch nach Kontakt zu anderen "Gleichgesinnten" in bisher von Dir "gemieden Welten" - vermutlich meinst Du damit ebenso dzt alleinstehende Post-OP-TS im Raum Nordrhein-Westfalen - ein Thread mit aussagekräftigem Titel zB in der Rubrik Ausgehen & Treffen, Beziehungskisten, Coming Out, Going Public wär da wohl nicht ganz verkehrt...

Ps: wusste gar nicht, dass es im Anime Sailor Moon trans(-ähnliche) Charaktere gibt, also Sailor Star Fighter aka Seiya Light - aber gut, dieser Anime hat mich nie wirklich interessiert, kenne also nur äußerst wenig davon - tja, mensch lernt halt wirklich nie aus, in seinem Leben...

Alles Gute und Liebe! Favorite

Liebe Bonita,

wenn du das empfiehlst, bin ich auf jeden Fall dafür. Mir wäre es schon recht, wenn meine Vorstellung dahingehend etwas mehr Aufmerksamkeit erfahren würde... Und ja, Sailor Moon strotzt geradezu vor Charakteren, die sich zwischen den beiden Geschlechtern hin und herbewegen. Haruka, Seiya, Yaten, Taiki, diverse Antagonisten... Toller Anime/Manga!

@Sunburst
Ja, das kam etwas missverständlich rüber. Gemeint war, dass ich anstelle meines Partners bestimmt auch mit meiner Mutter darüber sprechen würde, was mit meiner Freundin los ist. Sowas behält man einfach nicht für sich selbst, dafür ist das Thema zu.... "spannend" und wirft viele Fragen auf.

Transphob würde ich das nicht nennen, lediglich realistisch, aber das ist wohl Ansichtssache. Danke für eure Antworten!
Zitat

RE: 15 Jahre Post-OP und die Folgen...
Beitrag #5
Hm, ich denke ich kenne das auch mit einer "Lüge" zu leben, man versucht immer an ihr fest zu halten, aber manchmal bricht sie über einen herein, man will nicht loslassen weil man sie das ganze Leben lang lebt... Nun denn was ich mir öfters denke ist daß das Leben wie ein Irrgarten in einem Irrgarten ist, manchmal kann man einfach nur entscheiden ob man vorran geht oder zurückblickt. Wenn man steht ist man einfach paralysiert und verloren.

Ich ertappe mich selber oft dabei an mir zu Zweifeln, aber Selbstzweifel sind Gift für die Seele. Und die Welt hat einen selber dann in Ihrem eisigen Griff.

Es ist dann schwer die Schönheit in Details zu erkennen, und wünschen uns nur die Welt würde vor unseren Augen neu entstehen. Weißt du was ich meine? Manchmal sind kleine Dinge wichtig... wie soll ich sagen. Ein Platz an dem wir uns frei fühlen,im Einklang mit unserer Außenwelt, ein Mensch der unsjeden Tag einmal zum Lachen bringt. Nichts komplexes... aber wenn wir diese Dinge haben kann es sein daß wir uns den ganzen Tag darauf freuen können. Vieles erscheint dann in einem anderen Licht... Ich weiß es ist manchmal leichter gesagt als getan. Aber Wert! Sind es diese Dinge allemal.

Wegen dem Arzt... Arzt ist leider nicht gleich Arzt... lieber einmal mehr als einmal zuwenig gehen.
Zitat

RE: 15 Jahre Post-OP und die Folgen...
Beitrag #6
Hallo Jenny,
ich bin seit 23 Jahren Postop und bin 46 Jahre alt. Was das Belügen betrifft.. ja.. so gehts mir zwar nicht mit meinem Mann, mit dem ich schon 22 Jahre verheiratet bin, aber mit dazugewonnenen Freunden.
Es liegt daran, daß wir aus einer TS-Generation kommen, in der man mir zumindest seitens der Psychiater immer eingetrichtert wurde, nicht darüber zu reden. Und ich habe nach wie vor ein Schamgefühl, über Trans zu reden. Es weiß nur mein Mann. Es weiß niemand von meinen Kollegen, niemand von Freunden, Nachbarn.. niemand.... ich glaube, ich komme damit gut zurecht. Wäre ich Single und auf der Suche nach einem Mann, würde ich mir da auch etwas schwer tun... aber die Leute sind heute so aufgeschlossen ud gut aufgeklärt.. es dürfte kein Problem mehr sein.
Bereuen tue ich es NICHT... es war DER Weg, daß ich leben konnte..und ich kann es mir auch nicht vorstelln, anders geboren zu sein.. das mag vielleicht auch daran liegen, dass ich die OP sehr jung durchführen lies, und es schon extrem lange zurück liegt.
Zitat

RE: 15 Jahre Post-OP und die Folgen...
Beitrag #7
Liebe Jenny,

Dein "Roman" hat mich sehr getroffen. Ich habe mich schon vor langer Zeit gegen eine OP entschieden, aber die Situation, die Du beschreibst, passt auch genau auf mich. Ich will das jetzt nicht so dramatisch klingen lassen, aber ja, ich lebe auch in dieser Lüge, eben nur anders herum. Mit der Zeit, bin ich zwar gewohnt, mit dieser Lüge zu leben, aber es gibt kein "sich fallen lassen können" bei einem anderen Menschen. Mit meinen Partnerinnen hatte ich zwar Sex, aber es war mir nie möglich meine männliche Rolle zu erfüllen. Ich hatte eine ganz andere Lust, wenn ich mit einer Frau zusammen war. Damit habe ich bestimmt große Irritationen hervorgerufen. Obwohl ich voller Liebe war, konnte die nie so richtig fließen!

Nun stehen wir beide an ganz verschiedenen Punkten der Welt und es kommt mir doch so ähnlich vor.
Inzwischen bin ich auch ganz weg vom Thema, noch eine Partnerin zu suchen (ich habe heute etwas unter Vorstellungen "Mal wieder hier!" gepostet.)
Es geht mir eigentlich gut, allein. Wenn ich, mir besonders sympathisch scheinende Frauen treffe, habe ich eher das Problem, Ihnen klar zu machen, daß ich sie zwar nett finde, aber eben auf gar keinen Fall mit Ihnen ins Bett will.

Meine lesbischen Bekanntschaften kamen damit übrigens auch nicht klar. (Der Begriff lesbisch passt hier vielleicht nicht ganz, denn wenn ein lesbischer Mensch heftig mit einem Mann flirtet, ist sie wahrscheinlich eher bi).

Jedenfalls habe ich zwar ein paar liebe Freundinnen, aber die wissen nur von meiner männlichen Fassade und es hat mit Ihnen allen eine schwierige Phase gegeben, wo ich deutlich machen mußte: "keinen Sex, bitte" (Und das während ich verheiratet war! Ich muß eben immer mit meiner Selbstwahrnehmung , nett zu sein, ausgestrahlt haben: ich wolle mehr; oder es wurde zumindest so interpretiert).

Liebe Jenny, hoffentlich erreichen Dich meine Zeilen überhaupt noch! Du hast das ja schon im September 20 geschrieben.
Es ist irgendwie  blöd, niemanden zu haben, dem man ganz und gar vertrauen kann, das sehe ich genauso. Aber es geschehen manchmal so Geschichten, da sieht man, daß es anderen ähnlich geht.

Kurz vor Weihnachten letztes Jahr bekam ich abends Überraschungsbesuch, (was ich nicht so liebe, denn meistens bin ich voll encased und wenn die Strumpfmaske vor kurzem ausgezogen wurde, ist mein Gesicht immer leicht verquollen) er hatte vorher aber noch rechtzeitig genug angerufen und so ging es wohl einigermaßen. Ich sah vielleicht eher etwas verpennt aus.

Jedenfalls kommt er an mit zwei Flaschen Wein und es hat  ziemlich lange gebraucht, bis er dann mit seinem Thema rausrückt:

er hatte vor Jahren mal eine Liebschaft und die Flamme im Herzen lodert immer noch, obwohl er inzwischen verheiratet ist und drei Kinder hat und seine alte Liebe auch inzwischen verheiratet ist.

Tja, da hat es mächtig in mir rumort.
Herzerweichend, wie voller Liebe er so dasaß und mir erzählte, er hätte sie heimlich angeschrieben und wäre bei ihr sofort auf die gleiche Situation gestoßen und sie hätte ihm gestanden, daß es ihr genauso ging. Einerseits so wunderschön von den beiden Liebenden zu hören und andererseits so traurig, in was für einem Käfig beide saßen.

Ich habe ihm daraufhin  zu Weihnachten die Trilogie von Kieslowski besorgt: blau, weiß rot.

Tja , wer die noch nicht kennt, versteht das jetzt nicht so ganz, aber die im Film geschilderten Situationen gehen auch sehr zu Herzen.

Ja, ich glaube auch an die Liebe, auch wenn sie manchmal nur in unserem Herzen wohnt und den Weg nicht zum Anderen findet.
Liebe Jenny, mach es gut. Du bist nicht allein, es gibt noch mehr Leute, denen es ähnlich (!) geht.

Und glaube mir, mit der Lüge nicht gut leben zu können, ist auch eine Form der (Nächsten)Liebe.
Zitat



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