Beziehungen
RE: Beziehungen
Beitrag #11
Man muss hier zwischen dem Körpergefühl und der sexuellen Orientierung unterscheiden.
Jeder Mensch kann Hetero-, Homo-, oder Bisexuell veranlagt sein. Das natürlich unabhängig von seinem körperliche, wie empfundenen Geschlecht.

Wenn eine Person ihr Geschlecht nun zeitweise wechselt (TV), dann wird sich sehr wahrscheinlich ihre sexuelle Orientierung nicht sonderlich ändern.
Im Falle eines permanenten Geschlechtswechsels (TS) ist das aber sehr häufig der Fall. Eine Begründung könnte einerseits die Hormontherapie sein, andererseits das Auseinandersetzen mit der eigenen Sexualität, welches im Zuge des Rollenwechsels zwangsläufig passiert.

Hierzu ein Beispiel aus meinem Leben:
Als ich noch als Mann lebte, waren mir homosexuelle Männer ein Dorn im Auge. Im speziellen, wenn ich sie Hand in Hand gehend oder sogar küssend gesehen habe. Ich war durch und durch sexuell auf Frauen fixiert.
Nachdem ich irgend wann doch beschlossen habe mein weiteres Leben als Frau zu verbringen, musste ich mich unweigerlich mit der Frage auseinander setzen, ob ich jetzt mit Männern oder Frauen zusammen sein möchte. Je mehr ich mich mit der Sache beschäftigt habe, desto klarer wurde für mich, dass sich meine bisherige Ansicht im Bezug auf Männer zu verändern begann. Das war bereits vor der Hormontherapie. Mir ist bewusst geworden, dass ich auch Männer sexuell interessant finde.

Das zeigt, dass Männer Aufgrund ihrer Erziehung (meine Meinung) sich nicht wirklich auf Experimente in diese Richtung einlassen, nur um auf keinen Fall in die Ecke schwul oder bi gestellt zu werden.
Meiner Meinung nach sind viel mehr Menschen bisexuell, als sie es sich das eingestehen.
Im Grunde genommen ist ja nichts dabei, wenn ein Mann einmal mit einem Mann oder eine Frau mit einer Frau spielt. Nur ist letzteres gesellschaftlich viel eher akzeptiert. Das wiederum deshalb, weil Männer das sehr erotisch finden.
Frauen haben da viel weniger Probleme auf das eigene Geschlecht zuzugehen. Zumindest ist das meine Erfahrung.

Mit der Hormontherapie hat sich dann sehr viel geändert. Meine Ursprüngliche Ausrichtung auf Frauen, hat sich komplett in Richtung Männer verändert. Ich wollte nur noch ein Leben mit einem Mann verbringen und auch sexuell habe ich seit damals nichts mehr mit Frauen am Hut.
Ist eigentlich sehr erstaunlich, habe ich es doch früher sehr gerne gehabt, meine Frau oral zu verwöhnen. Das Penetrieren habe ich übrigens nie besonders gewollt.
Ich lehne zwar Frauen im gemeinsamen Spiel nicht ab und küsse sie recht gerne, aber das geht mehr in Richtung: Ja, ganz nett.

Wie man an mir sieht, haben die Hormone anscheinend einen großen Einfluss auf die sexuelle Ausrichtung. Ich glaube aber, dass es mehr als Hormone Bedarf, um die Ausrichtung zu ändern. Das zeigt auch die Tatsache, dass viele MzF TS nach der OP in einer lesbischen Beziehung leben.

Ich selbst lebe jetzt mit einer nicht operierten TS zusammen. Die Lust auf Männer, ist immer weniger geworden, bis ich am Ende gar keinen Sex mehr hatte, auch nicht mit meiner Lebensgefährtin. In letzter Zeit wird es aber wieder mehr. Dann sind es aber, abgesehen von meinem Schatzi, nur Männer die mich interessieren. Frauen spielen keine Rolle mehr für mich.

Kommt die Frage warum ich nicht mit einem Mann zusammen lebe, wenn ich doch auf Männer stehe, mich extra operieren lies und sexuell nur Männer begehre?
Ganz einfach: Liebe hat kein Geschlecht!

Wenn wir das Glück haben einen Menschen zu finden, mit dem wir viele Dinge gemeinsam haben, dem wir vertrauen, den wir mögen, den man riechen kann, ... kurz einen Lebenspartner, warum soll dieser dann nicht vom eigenen Geschlecht sein dürfen?

Denkt über eure Beziehung nach und was an der Beziehung wertvoll ist. Dann muss man sich mit der Frage des Stellenwertes des Sex auseinander setzten. Dann kann man entscheiden, ob die Beziehung es Wert ist, auch mit umgekehrten Vorzeichen weiter zu bestehen.
Selbst wenn alles OK ist, dann kann ein permanenter Geschlechtswechsel das Aus für die Beziehung sein, weil ein Partner nicht mehr all das bekommt, was er früher bekommen hat. Das muss dann der andere einfach akzeptieren.
Ist die Antwort auf obige Frage Ja, dann würde ich versuchen die Beziehung auf eine neue Basis zu stellen und für den Sex eine Lösung zu finden. Schließlich kann man als TS von seiner Frau nicht verlangen auf Sex mit einem Mann zu verzichten. Umgekehrt kann man als Frau einer TS von seiner neuen Partnerin nicht verlangen auf Sex mit Männern zu verzichten. Das gehört für beide weiterhin zum Leben dazu. Die Lösung Spielzeuge zu verwenden ist nicht das gleiche wie ein Mensch. Es ist und bleicht eine Krücke (meine Meinung).

Noch ein Hinweis auf die MzF TS. Denkt einmal darüber nach wie ihr euch fühlen würdet, wenn eure Frau auf einmal beschließt ein Mann zu sein. Sie nimmt Hormone, die Stimme wird tiefer und sie bekommt einen Bart. Wie würdet ihr euch fühlen, nach außen auf einmal in einer schwulen Beziehung zu stecken?

Offenheit und Ehrlichkeit sollten in jeder Beziehung hoch geschrieben sein und jeder sollte seine Bedürfnisse mitteilen und der andere sollte seinem Partner diese erfüllen.
In der Praxis scheitert vieles am nicht sprechen miteinander und an der Intoleranz der Menschen.

Liebe Romy, was wäre denn so schlimm, wenn dein Mann mal einen Mann ausprobiert?
Möchtest du vielleicht auch mal mit einem anderen oder mehreren Männern? Oder mit Frauen?
Wenn es soweit ist, dann hast du etwas zum "Eintauschen".
Solange ihr solche Dinge besprecht und einer Vereinbarung trefft, fühlt sich auch keiner hintergangen.

Das Leben mit einem TV mag für den Partner irgendwie möglich sein, das Leben mit einer TS ist ein Kunststück, dass viel Arbeit auf beiden Seiten bedarf. Aber wenn die Liebe stark ist, ist vieles möglich!
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RE: Beziehungen
Beitrag #12
Jasminchen,Du bist eine WUCHT !!!Ich bin richtig froh,hier gelandet zu sein,und vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen und das Vertrauen und die Offenheit die auch Du uns hier schenkst.Ja,ich kann mit meinem Partner über alles reden,nur bin halt meistens ich diejenige die die sogenannten Würmer aus der Nase zieht.Männer tun sich beim Reden und formulieren oft sehr schwer,und Frau hat oft das richtige Gespür für gewisse Dinge.Auf Deine Frage,ob es mich stören würde wenn mein Mann mal einen Mann ausprobiert-Nein,wenn er oder Sie es möchte und das Verlangen danach hat-warum nicht.Liebe heißt auch Loslassen können.Einstweilen haben wir dieses Thema mal geklärt,ich weiß aber,dass es sich ja vielleicht mal ändern könnte.Nun,vielen vielen Dank nochmals für alles,Lg Romy
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RE: Beziehungen
Beitrag #13
(15.10.2011, 03:11)jasminchen schrieb: Ich denke man muss da zwischen TS und TV unterscheiden. [hier gekürzt]
Definitiv!
(15.10.2011, 03:11)jasminchen schrieb: Wie das bei einem TV ist weiß ich nicht. Ich weiß aber auch, dass viele nicht wissen wohin die Reise geht. Das kann man nicht erdenken, sondern nur erfahren. Einige TS sind eine Zeit lang TV, um dann doch zu erkennen, dass sie immer Frau sein wollen.

Jede Art von Versprechungen sind unglaubwürdig! Ich habe meiner Ex versprochen, ich werde mich nicht operieren lassen. 5 Monate später habe ich ihr gesagt, dass ich mir nicht mehr sicher bin. Heute bin ich auch körperlich eine Frau.
Wir lügen hier nicht unsere Partnerinnen an, sondern wir wissen es selber nicht. Im Gegenteil, wir sind selbst oft schockiert wie weit die Sache sich entwickelt. [hier gekürzt]
Ich weiß aus eigener, schmerzhafter Erfahrung, wie schwer das ist. Derzeit ist es z.B. so, dass meiner Partnerin Bemerkungen in der Art, dass "ich immer weiblicher ausschaue", Angst und Unbehagen bereiten. Jemand aus ihrer Verwandtschaft, der über Tanja Bescheid weiß, hat so etwas fallen lassen, seither werde ich ständig aus dieser Perspektive kritisch betrachtet. Als Ergebnis behandle ich Sachen wie Bartentfernung derzeit als Tabu. Das Thema muss gründlich überlegt und wenn, dann offen zwischen uns diskutiert werden. Undecided
(15.10.2011, 03:11)jasminchen schrieb: Wenn man einander wirklich liebt, dann kann die Beziehung nach der Pubertät der Trans-Frau auf einer neuen Basis weiter geführt werden. Wahrscheinlich sogar um einige Facetten bereichert und viel tiefer, als das jemals möglich gewesen wäre.
Leider ist das bei TS wohl ein seltener Glücksfall.

(15.10.2011, 05:13)Romy schrieb: Danke,Danke.Danke,......so in etwa waren auch meine Gedankengänge liebes Jasminchen.Da stellt sich mir aber trotzdem die Frage aller Fragen,steckt hier doch auch Homosexualität dahinter???Denn wenn ich als Mann eine Frau sein will und auch so fühle,dann möchte ich doch auch von einem Mann begehrt werden und mit ihm Sex haben.Oder sehe ich das falsch???Mein Partner behauptet zwar dass niemals ein Mann für Sie in Frage käme,ich weiß aber nicht ob ich das so glauben kann.
Ich denke bzw. es ist meine Erfahrung, dass sehr viele Tivis offen oder uneingestanden bi sind, es aber unter Tivis nicht mehr und nicht weniger homosexuelle "Männer" gibt als im Schnitt der Menschheit.

Ich selber bin deklariert bi. Ich hatte als Frau und als Mann schon das eine oder andere Mal Sex mit Männern. Sex ist für mich keine Frage des Geschlechts sondern meiner Libido und der wechselseitigen Ausstrahlung-Anziehung. Aber insgesamt finde ich viel mehr Frauen als Männer anziehend.

Das dürfte keine untypische Selbstbeschreibung sein.

Meine Bisexualität verstärkt in einer Beziehung natürlich das Treueproblem.
- Sag' Du mir, in welche Schublade ich passe! Wave   -
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RE: Beziehungen
Beitrag #14
(15.10.2011, 20:27)Mike-Tanja schrieb: Ich denke bzw. es ist meine Erfahrung, dass sehr viele Tivis offen oder uneingestanden bi sind, es aber unter Tivis nicht mehr und nicht weniger homosexuelle "Männer" gibt als im Schnitt der Menschheit.

Ich selber bin deklariert bi. Ich hatte als Frau und als Mann schon das eine oder andere Mal Sex mit Männern. Sex ist für mich keine Frage des Geschlechts sondern meiner Libido und der wechselseitigen Ausstrahlung-Anziehung. Aber insgesamt finde ich viel mehr Frauen als Männer anziehend.

Das dürfte keine untypische Selbstbeschreibung sein.

so ist das bei mir auch ungefähr Smile


Black is the light that shines on my path
Black is the colour of freedom
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RE: Beziehungen
Beitrag #15
(13.10.2011, 11:03)Sabrina-Ina schrieb: Ich möchte einige Fragen in die Runde stellen.

1. Leben die meisten ihr Hobby alleine und im verborgenen aus ?
2. Wissen eure Partner über euer "zweites ich" Bescheid und wie
reagieren oder haben sie reagiert ?
3. Wie hat sich euer Hobby auf eure Beziehung ausgewirkt ?

Danke für euer Feedback

liebe Grüße Sabrina-Ina


Was heißt eigentlich Hobby? Ich glaube nicht das man es so sehen kann.Es ist eine Lebenseinstellung nicht mehr und nicht weniger
Was heißt denn Hobby? Das ist doch eine Lebenseinstellung und kein Hobby
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RE: Beziehungen
Beitrag #16
Oh Mann, die Fragen sind ja schon sugestiv gestellt.

1. Leben die meisten ihr Hobby alleine und im verborgenen aus ?

Das ist kein Hobby, zu mindestens nicht für mich. Hobbies sind Dinge sammeln oder Modell-Autos bauen oder Computerspiele spielen. Menschen, deren Geschlechtsempfinden nicht zu ihrem biologischen Geschlecht paßt als Hobby abzutun ist ja fast noch schlimmer als das als Geistesstörung zu bezeichnen. Also das ist mehr als oberflächlich, diese Sichtweise.
Aber um diese banale Frage zu beantworten, ich laufe als Frau rum, wann und wo es mir paßt und alle Menschen in meinem Umfeld, die mir was bedeuten, wissen, daß ich männlich und weiblich bin.
Und um die Frage jetzt mal absolut ad adsurdum zu führen, wenn es ein Hobby wäre, warum muß man es dann heimlich und im Verborgenen ausleben?

2. Wissen eure Partner über euer "zweites ich" Bescheid und wie
reagieren oder haben sie reagiert ?
Zweites Ich? Sowas besitze ich nicht, es geht nur um die Frage, wie viel ich von meiner Persönlichkeit bzw. Person ich jemanden preisgebe oder erzähle. Genauso wenig, wie ich nicht jedem erzähle, was welche Musik ich höre oder womit ich meine Freizeit verbringe, erzähle ich nicht jedem Menschen das ich TG bin.
Aber um auch diese Frage kurz und knackig zu beantworten: Ja, meine Freundin weiß es. Zu erst war sie geschockt, aber kurz danach war sie völlig begeistert.

3. Wie hat sich euer Hobby auf eure Beziehung ausgewirkt ?
Das gehört ja eigentlich mit zu Punkt 2, aber wir wollen mal nicht kleinlich sein.
Ich bin seit 10 Jahren mit meiner Freundin zusammen und seit ich mich ihr geöffnet habe, ist unsere Beziehung mit den Jahren immer intensiver und tiefer geworden. Sie hat mich auch immer unterstützt. Außer wenn ich ihr als Frau auf die Nerven gehe, dann streiten wir uns.

@jasminchen und Mike-Tanja:
Ich denke, daß die Unterscheidung zwischen TS und TV fließend ist.

Bei meiner Freundin löst die Tatsache, daß ich immer weiblicher aussehe, eher Stolz anstatt Angst aus. Das ich mir den Bart weglasern lasse ist auch kein Problem, sie freut sich sogar noch, das nichts mehr beim küssen pickst.

Und was die sexuelle Orientierung angeht, ich kann mit Männern nichts anfangen und habe auch kein Verlangen es mal zu versuchen. Aber ich finde es sehr wohl schön, wenn Männer mich anziehend finden. Vielleicht stehe ich ja auf die kleine Gemeinheit, daß sie begehren, was sie nicht bekommen können. *lächel*
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