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Depathologisierung - Stoppt F64.0
Die EU hat Position bezogen: De-Psychiatrisierung!
Siehe auch "Über das Pathologisieren ..."
Wie ist deine Position: Bist du krank?
pS: Es ist nicht jeder krank, der medizinischer Leistungen bedarf und die ICD-Nennung garantiert die Krankenkassenfinanzierung nicht (sonst wären ja alle Maßnahmen zur Angleichung von den Krankenkassen zu finanzieren, ebenso wie notwendiger Zahnersatz etc.)
Eva
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RE: Depathologisierung
31.10.2011, 08:25
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 31.10.2011, 12:57 von Mike-Tanja.)
(30.10.2011, 21:53)Angelika schrieb: Sollte es tatsächlich zur Depathologisierung kommen, dann werden sich die Krankenkassen über eine der größten Massenheilungen aller Zeiten freuen.
[hier gekürzt]
Ich bin dafür, dass alle Diagnosen, ausgenommen F 64.0, aus dem ICD gestrichen werden. Denn sie sind nicht unbedingt erforderlich.
F 64.0 jedoch ist für viele TS überlebensnotwendig. Denn wenn es das nicht mehr gibt, dann gibt es auch keinen Grund mehr den Leidensdruck auf die herkömmliche Weise zu lindern (HRT und/oder GA-OP), sondern es wird dann, und davon ist auszugehen, eine andere Diagnose gestellt werden müssen, welcher nur mehr mittels der konventionellen psychiatrischen Behandlung begegnet werden wird. Also rein mit Psychopharmaka und stationären Aufenthalten in psychiatrischen Krankenhäusern oder Stationen.
Wollen wir das wirklich?
"Krankheitskataloge" wie der ICD-10 haben in erste Linie den Anspruch, Gesundheitsstörungen wissenschaftlich zu erfassen und zu definieren.
Durch die Diagnose "F-64.0" (die psychopathologische Identitätsstörung namens Transsexualismus) hat man rein rechtlich auf gar nix Anspruch. Erst durch den sinngemäßen sozialversicherungsrechtlichen Satz, nach dem Krankenversicherungsträger (insbesondere) nutzbringende (= heilende oder die Gesundheit verbessernde) Behandlungen (= Krankheitsbehandlungen) bezahlen müssen, entsteht der Anspruch. Von HRT oder gaOP steht aber nix im Gesetz. Die Kassen könnten theoretisch auch eine Wagenladung neuer Gutachten auffahren lassen, wonach sich F-64.0 mit neuen Psychopharmaka und neuartiger Psychotherapie viel kostengünstiger "heilen" lässt, ihre Leistungen darauf beschränken, und Betroffene auf den Klagsweg verweisen. Und auf hoher See und vor Gericht....
Natürlich rein theoretisch, mir sind keine derartigen Absichten (oder namhaften wissenschaftlichen Meinungen) bekannt, ich möchte keine Angstschübe auslösen!
Dennoch fazit: Man hat sozialversicherungsrechtlich immer nur auf das Anspruch, was die medizinische Wissenschaft für sinnvoll und zweckmäßig hält.
Statt Angelikas rethorischer Schlussfrage (Antwort = "nein", no-na!) sollten wir uns daher meiner bescheidenden Meinung nach die Frage stellen, ob sich nach wissenschaftlichen Kriterien der "Krankheitswertigkeit" etwa F-64.0 von F-64.1 (Transvestitismus unter Beibehaltung beider Geschlechtsrollen) deutlich genug unterscheiden lässt?
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RE: Depathologisierung
Liebe Angelika,
(30.10.2011, 21:53)Angelika schrieb: Sollte es tatsächlich zur Depathologisierung kommen, dann werden sich die Krankenkassen über eine der größten Massenheilungen aller Zeiten freuen.
Denn das bedeutet dann, dass sie weder die Hormontherapie noch irgendeine Operation mehr zahlen müssen und werden.
Ich halte das für eine Angstpropaganda. Angesichts der Zahlen, kann man bestenfalls eine "marginale Heilungsquote" erwarten. F64.0-Behandlung fallen bei den Krankenkassen de facto nicht ins Gewicht.
F64 ist ein nettes Argument, dass man gegen Leistungskürzungen einbringen kann, aber eindeutig nicht die Grundlage der Leistungserbringung.
Wie immer, gerade nach der Initiative des EU-Parlaments ist es kaum vorstellbar, dass F64.0 in der jetzigen Form im ICD11 überlebt. Anstatt des ewiggestrigen Jammerns um mögliche Leistungskürzungen sollten wir
- unsere Argumente für die Leistungserbringung ohne ICD-Referenz stärken (nachdem der Personenstand ohne OP möglich ist, erscheinen doch auch NeoFrauen mit einer 8cm Klitoris und verkümmerter Scheide behandlungswürdig)
- Unsere Position zur Krankheitswerigkeit von Transidentitäten grundlegend (und nicht so paranoid) reflektieren.
Ich glaube ja, dass das Krankheitsbild in Österreich weniger Diskriminierung schafft als es die soziale Reintegration erleichtert (die oamen Transen). Bei einem Switch im Job sind, wie u.a. auch der Fall Andrea S. gezeigt hat, entsprechend Gutachten für eine Weiterbeschäftigung fast notwendig. Aber dazu hätte ich gerne auch die Meinung anderer.
Einen Missbrauch der Pathologisierung für die Anerkennung des Personenstands lehnen wir wohl alle ab.
eVa
Ich bin zwar auch blöd, aber wenigstens F64.0!
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RE: Depathologisierung
(31.10.2011, 12:51)Angelika schrieb: [hier gekürzt]
(31.10.2011, 08:25)Mike-Tanja schrieb: Krankheitskataloge" wie der ICD-10 haben in erste Linie den Anspruch, Gesundheitsstörungen wissenschaftlich zu erfassen und zu definieren.
Stimmt. Und Krankheit bedeutet eine "regelwidrigen Körperzustand". Daher sind die Kosten zu Beseitigung dieses Zustandes und der Wiederherstellung eines "regelkonformen Körperzustandes" (Gesundheit) zu tragen.
Tja, und was als Krankheit gilt, steht eben im ICD. [hier auch gekürzt]
Tja, wir hätten wahrscheinlich allesamt kein oder nur ein geringeres Problem, wenn "Transsexualismus" und "Transvestitismus" im ICD-10 nicht gerade nicht unter den körperlichen (somatischen) Erkrankungen sondern unter Kapitel V, Notation F00–F99, Psychische und Verhaltensstörungen, eingereiht wären.....
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RE: Depathologisierung
(30.10.2011, 21:29)Eva schrieb: [hier gekürzt] Wie ist deine Position: Bist du krank? [hier auch gekürzt]
Ich persönlich fühle mich nicht im geringsten "krank".
Ich betrachte den Wunsch und die Fähigkeit zu "switchen" mehr als Gabe denn als Fluch. Zum einen macht es mich zu einem besonderen Menschen, zum anderen ermöglicht es Erfahrungen und Grenzüberschreitungen, die anderen versagt bleiben.
Wenn ich, selten genug, mit meinem Tivi-Sein ein Problem habe, dann ist es eher gesellschaftlicher Natur. Im erweiterten Wortsinn wäre das gewissermaßen ein "soziopathisches" aber ganz sicher kein psychopathisches Problem!
Ich habe es schon einmal wo geschrieben, iirc, aber findet ihr es nicht faszinierend, dass Transsexualität eine "Krankheit" ist, die unter "Psychische und Verhaltensstörungen" firmiert, bei der aber in vorderster Linie weder die Seele noch das Verhalten therapiert werden, sondern vielmehr der Körper verändert wird?
Ist das nicht allein schon irgendwie der Beweis dafür, dass jedenfalls die geltende Einordnung im System komplett falsch ist?
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RE: Depathologisierung
(01.11.2011, 15:06)Angelika schrieb: (01.11.2011, 10:46)Mike-Tanja schrieb: Ist das nicht allein schon irgendwie der Beweis dafür, dass jedenfalls die geltende Einordnung im System komplett falsch ist?[/color][/size][/font]
Ja, die Einordnung sollte eine andere sein. Aber offenbar wird ja nicht das gefordert, sondern die Entpathologisierung durch das ersatzose Streichen.
Und damit habe ich massive Probleme.
Wer fordert was?
Die EU-Resolution "calls in particular for the depsychiatrisation .." und Kostendeckung durch die Sozialversicherung (Abs. 13). Das ist durchaus mit einer Reklassifikation vereinbar.
Die Position der spanischen STOP-P-2012 Initiativen lese ich als politische Forderung mit Verhandlungspuffer - wenn's ernst wird.
Ich selbst halte eine völlige Streichung im ICD11 derzeit für unrealistisch (siehe Standard). Im DMS5 wird's ja wahrscheinlich auch noch eine abgemilderte Klassifikation für unsere Perversität geben. Ob die WHO viel unpsychiatrischer als die APA-Psychiater hinter dem DSM sind ist fraglich.
Der ICD ist ein normatives Werk. Lesenswert sind insbesondere die erfassten Persönlichkeitsstörungen: Abnorme Gewohnheiten (F63), SM (F65.5), Sodomie (F65.8), Voyeurismus (F65.3), ungelebtes sexuelles Begehren (F66.1), Pädophilie (F65.4) - wohlgemerkt nicht Päderastie! etc.
Dieser Katalog dient der Diskreditierung von mit Scham belegten Lebensformen!
Ich bin sehr froh, dass wir als TGs diesen Wahn in die öffentliche Diskussion einbringen und würde auf eine breite De-ICD'isierungs- Bewegung hoffen.
Die OP-Finanzierungsfrage ist auf jeden Fall eine politische. Hier geht's aber um den pseudowissenschaftlichen Missbrauch der Medizin: Normalitäskonstruktion durch Brandmarkung der Abnormalität. Das brauchen wir nicht!
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RE: Depathologisierung
02.11.2011, 19:27
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 02.11.2011, 19:37 von signo.)
(02.11.2011, 13:30)Eva schrieb: (...) Ich bin sehr froh, dass wir als TGs diesen Wahn in die öffentliche Diskussion einbringen und würde auf eine breite De-ICD'isierungs- Bewegung hoffen.
(...) Hier geht's um den pseudowissenschaftlichen Missbrauch der Medizin: Normalitäskonstruktion durch Brandmarkung der Abnormalität. Das brauchen wir nicht!
das unterschreibe ich voll und ganz
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RE: Depathologisierung
(02.11.2011, 13:30)Eva schrieb: Die OP-Finanzierungsfrage ist auf jeden Fall eine politische.
Damit ist doch alles beantwortet, wobei ich glaube damit war nicht "Parteifarbenkonstellationskaffeesudlesen" in mini-at gemeint.
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RE: Depathologisierung
02.11.2011, 20:53
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 02.11.2011, 22:04 von Mike-Tanja.)
Liebe Angelika.
(02.11.2011, 19:54)Angelika schrieb: Strebst Du eine HRT oder eine GA-OP an?
[Moderationseingriff. Bitte keine rote Farbe in Postings, da diese zur Kennzeichnung von Moderationseingriffen dient (Punkt 8.11.4 der Forumsregeln) Mike-Tanja] Die Frage ist untergriffig und unfair! Du unterstellst, dass gesellschaftspolitische Meinungen nur der Sicherung persönlicher Vorteile dienen. Dein Bild ist sicher durch deine Erfahrungen in der SPÖ geprägt, aber es ist unpassend das einer Community-Teilnehmerin zu unterstellen.
Aber es ist ja noch schlimmer: Du unterstellst sogar, dass sich S. persönlicher Vorteile auf Basis deiner nun wirklich übertriebenen GaOP-Finanzierungsparanoia sichern will. Und das ist einfach unrealistisch.
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RE: Depathologisierung
Bremst euch bitte ein wenig ein! Man muss nicht transsexuell sein, um eine Meinung zur Frage der Depathologisierung haben zu dürfen. Und parteipolitisch motivierte oder gefärbte Angriffe halte ich ebenfalls für nicht angebracht.
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